Bühnenmonitor mit Flexibilität in der Anwendung
Die Tage der Spezialisten im Consumer-Bereich scheinen gezählt zu sein. Wer heutzutage im semiprofessionellen oder Hobbybereich mit einer reinen Insellösung in Sachen Beschallung um die Ecke kommt, kann eigentlich schon gleich wieder sein Säckle packen. Insbesondere im Bühnenmonitor-Bereich scheint es keine Lösungen mehr zu geben, die nicht auch noch Sidefill oder bei kleinen Events sogar Gesangsanlagenfunktionen übernehmen, umgekehrt natürlich genau so. Kaum eine 12/1 oder 15/1 Box, die in ihrer Form nicht als Trapez aufgespannt ist und damit auch Bühnenmonitor- (Wedge) Funktionen übernimmt. Bei der dB Technologies Flexsys FM10 handelt es sich um erstere Variante, die in ihrer Hauptfunktion als Floormonitor antritt.
Über die Sinnhaftigkeit von Bühnenmonitoren
„Floormonitore, ist das in Zeiten von In-Ear-Systemen überhaupt noch sinnvoll?“ wird sich der eine oder andere im Vorfeld fragen. Genauso könnte man fragen „Vollröhrenverstärker, ist das in Zeiten von Kemper überhaupt noch sinnvoll?“ oder etwas provokativer formuliert „Live spielen, ist das in Zeiten von Backing-Tracks überhaupt noch sinnvoll?“ Dieses Spielchen kann man beliebig mit allerlei Abwandlungen immer weiterführen, aber unterm Strich sprechen für Floormonitore vor allem zwei Punkte, zum einen Betriebssicherheit und zum anderen Klang.
Natürlich sind Funkstrecken heutzutage bis hinunter in den Amateurbereich Standard, sie unterscheiden sich jedoch massiv in der Betriebssicherheit und im Klang. Kaum ein Künstler, der nicht schon einmal von Dropouts geplagt, sich genervt mindestens ein Ohr freigelegt hat, um mitzubekommen, was sich so alles auf der Bühne tonal abspielt. Von dem Chaos bzgl. freigegebener Frequenzen bei großen Festivals, bis hin zu den teils massiven Einstreuungen durch den Bühnenfunk, was frei durch die Luft übertragen wird, läuft immer wieder Gefahr, gestört zu werden und sei es durch den Handybetrieb der Besucher.
Hier kann man sich mit Wedges entspannt zurücklehnen, Einstreuungen oder Dropouts sind für (gepflegte) Bühnenmonitore ein Fremdwort. Dazu kommt die Körperlichkeit des Signals. Die wenigsten Künstler möchten mit Ohrhörer und Kabelsträngen im Nacken spielen, wäre da nicht die die Unabhängigkeit vom Abstrahlwinkel einer Boxenkonstruktion. Steht man aber im perfekten Winkel zum Lautsprecher, ist jegliche Form der Wiedergabe mit einem natürlicheren Gefühl verbunden, was sich selbst mit den besten In-Ear-Systemen gezwungenermaßen nicht reproduzieren lässt.
Die Konstruktion des dB Technologies Flexsys FM10
Bei dem dB Technologies Flexsys FM10 handelt es sich in Sachen Leistung und Ausstattung um die mittlere Variante des Flexsys Trios. Das System basiert auf der Koaxial-Technik und verbindet einen 10 Zoll Woofer mit 160 Watt RMS und einen 1 Zoll Kompressionstreiber mit 40 Watt in der Achse, wobei die Übergansfrequenz bei 1950 Hz liegt. Beide Lautsprecher werden von einem massiven Gitter geschützt, das sich über die halbe Gehäusekonstruktion zieht. Mit den Abmessungen 370 x 290 x 410 mm ist die Box aufgrund der koaxialen Anordnung sehr handlich und mit einem Gewicht von nur knapp 12,8 kg vergleichsweise leicht. Um das System zu transportieren, wurde auf der vorderen Unterseite ein Tragegriff eingelassen. Im Prinzip reicht ein einzelner Griff für dieses Gewicht aus, allerdings wurden die seitlichen Kanten relativ scharf ausgeschnitten, sodass man bei seitlichen Krafteinwirkungen auf die Außenseite seiner Zeige- und kleinen Finger achten sollte.
Der Abstrahlwinkel liegt bei 60 x 90 Grad im Hornbereich, der Übertragungsbereich liegt laut Werksangaben bei 70 Hz bis 20.000 Hz, der maximale SPL bei 120 dB. Die Box kann in zwei Winkeln aufgestellt werden und somit sowohl im Nah- als auch im etwas weiter entfernten Bereich platziert werden. Interessant ist der Gehäuseaufbau des Systems. Das eigentliche Gehäuse besteht aus Multiplexholz, das zur besseren Abschirmung gegen Feuchtigkeit etc. mit PVC überzogen wurde, die beiden Seitenteile bestehen aus Polypropylen. Um der erweiterten Funktion in Sachen Beschallung nachzukommen, befindet sich auf der linken Seite des Gehäuses ein Standard 35 mm Flansch, um die dB Technologies Flexsys FM10 bei Bedarf auch im Hochständerbetrieb zu verwenden. Das ganze System ruht auf vier gummierten Füßen, die aufgrund der unteren Riffelung der Box auch auf glatten Flächen einen sehr guten Stand bieten.
In Sachen Verstärkung wurde im Preamp ein DSP verbaut, der ständig Frequenzgang, interne Clippings und Phasenlage überwacht. Leider verfügt der dB Technologies Flexsys FM10 nicht über ein Multispannungsnetzteil, von daher ist darauf zu achten, dass man bei Kauf im Ausland nicht aus Versehen die Überseevariante mit 110 V Betriebsspannung erwirbt. Der gesamte Regel- und Anschlussbereich ist vorbildlich um ca. 2,5 cm im Gehäuse nach innen versetzt, sodass Regler oder Stecker deutlich weniger Gefahr laufen, während des Transportes durch äußere Einwirkung abgebrochen zu werden.
Überhaupt macht das Gehäuse, das bis auf den Tragegriff ausschließlich mit Inbusschrauben verschraubt wurde, einen hervorragenden Eindruck, was auf eine lange Lebensdauer schließen lässt. In Sachen Input baut der italienische Hersteller mit Fertigung in China auf eine einzelne, verriegelbare XLR Buchse, die das Signal bei Bedarf ebenfalls über einen XLR-Output für den Daisy-Chain-Betrieb durchschleift. Bzgl. der Vorverstärkung kann man mittels eines Schiebereglers zwischen einem Mikrofon- bzw. Line-Pegel wählen, der dann über ein Drehpotentiometer nochmals zwischen 0 bis +4 dB stufenlos geregelt werden kann. Der Drehregler hat im Übrigen keinerlei Wirkung auf den anliegenden Pegel, dieser wird ohne Pegeländerung durchgeschleift. Zwei LEDs (grün/rot) überwachen den Einschaltvorgang und evtl. eintretende Clippings. Rechts außen befindet sich neben dem Kaltgerätestecker noch der On/Off-Schalter und eine von außen zugängliche Hauptsicherung.
Der interessanteste Teil des dB Technologies Flexsys FM10 ist die über den DSP gesteuerte Preset-Abteilung. Insgesamt acht verschiedene Presets helfen bei der optimalen Einstellung für den jeweiligen Verwendungsbereich. Im Einzelnen:
1. LIVE MONITOR – wird für die Live-Anwendungen verwendet als Bühnenmonitor, geeignet für Instrumentalisten und Sänger.
2. PLAYBACK MONITOR – zur Wiedergabe von Musikaufnahmen. Hebt tiefe und hohe Frequenzen in einer Art Loudness-Kurve an.
3. COUPLED MONITORS – für die gleichzeitige Verwendung mehrerer FM Monitore. Kompensiert den Kopplungseffekt der Woofer bei niedrigen Frequenzen.
4. MALE SINGER – speziell für Männerstimmen entwickelt, die Tiefmitten werden verstärkt und die Rückkopplungsgefahr in den unteren Frequenzen auf ein Minimum reduziert.
5. FEMALE SINGER – speziell für Frauenstimmen entwickelt, die Hochmitten werden verstärkt und die Stimme dadurch deutlich besser im Klang positioniert. Ebenfalls werden die Rückkopplungen der Stimme auf ein Minimum reduziert.
6. ANTIFEEDBACK – speziell für Cardiodid- und Hypercardiodid-Mikrofone entwickelt. Soll ebenfalls das Feedback speziell für diese Mikrofontypen reduzieren.
7. LIVE ON STAND – für die Verwendung des FM-Monitors auf einem Hochständer, optimiert für den Gesangsbetrieb.
8. PLAYBACK ON STAND – für die Verwendung des FM-Monitors auf einem Hochständer, geeignet vor allem für die Musikwiedergabe (MP3-Player, CD usw.).
Der dB Technologies Flexsys FM10 in der Praxis
Der erste Aufbau, den ich zwecks Praxis-Check durchführe, ist von ganz simpler Natur. Gesangsmikrofon per XLR in die Monitorbox, fertig! Dieses Setup wird wahrscheinlich bei den meisten Proben Anklang finden, bei der es nur darum geht, den eigenen Gesang ohne Pult oder erweiterte Mixe zu überprüfen und was soll ich sagen, das Ergebnis ist hervorragend. Bereits in Preset 1 setzt sich der Gesang sehr gut durch, die relevanten Frequenzen werden sehr gut übertragen, überflüssige Leistungsfresser wie Tiefbässe radikal abgeschnitten. Das Ergebnis ist ein lauter Klang, der selbst im Grenzbereich nicht mit einem Feedback aufwartet. Zwar wären gegenüber einem dynamisch spielenden Drummer in nächsten Nähe noch ein paar Leistungsreserven wünschenswert, für den normalen Musikbetrieb hingegen dürfte diese Lautstärke problemlos ausreichen.
Für die Musikübertragung hingegen muss man mit Abstrichen rechnen, sofern man echte Körperlichkeit über den Wedge erfahren möchte. Eine knallige Kick oder aber einen druckvollen Bass kann die Konstruktion weder als Floormonitor, noch im Hochständerbetrieb gewährleisten, dafür ist diese Art der Tiefbassübertragung nicht ausgelegt. Im Gegenzug hingegen zeichnet das System diese Instrumente klanglich sehr gut ab, d. h. ihrer eigentlichen Funktion, dem Monitoring, kommt die dB Technologies Flexsys FM10 hervorragend nach.
Unter dem Strich bleibt ein herausragender Gesangsmonitor für sehr kleines Geld mit großer Flexibilität übrig. Eine überzeugende Vorstellung!