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Test: Death by Audio Micro Dream, Gitarren Delay Pedal

Micro Delay - Macro Noise!

9. August 2018

Death by Audio Micro Dream title

Bei einem Test des Death by Audio Micro Dream muss gegebenenfalls ein bisschen ausgeholt werden. Es gibt Effekthersteller, die polarisieren mehr als andere. Die Gründe hierfür können vielfältig ausfallen, manche Unternehmen bedienen ganz bewusst nur bestimmte Nischen, während andere wie beispielsweise Strymon Wert darauf legen, Allrounder zu kreieren, die in viele Band- oder Soundkontexte passen. Viele Pedalbauer zeichnen sich durch eine eigene Handschrift aus, und wenn es etwas gibt, für das Death by Audio stehen, dann zweifelsohne der hohe Gain-Anteil, der viele Pedale auszeichnet. Aber das ist bei Weitem nicht alles!

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Die New Yorker Pedalschmiede hat sich in den letzten Jahren durch sehr eigensinnige Kreationen hervorgehoben. Eines der bekanntesten Beispiele hierfür dürfte zweifelsohne die Reverberation Machine sein, die wir euch ja bereits in einem Review vorgestellt haben. Während viele Nutzer und Tester sich an dem metallischen, sehr speziellen Sound der Hall-Maschine gestoßen haben, schaffte es das Pedal trotzdem, eine nicht unbedeutende Schar von Fans hinter sich zu vereinen, die Sound, Ästhetik und Charakter der Reverberation Machine zu schätzen wussten. Und so verhält es sich mit den meisten Kreationen aus dem Hause Death by Audio: Was nicht jedermanns Sache ist, kann in bestimmten Kreisen trotzdem einen hervorragenden Ruf genießen.

Fakt ist: Wer eine Vorliebe für rauschende, kratzige, eigensinnige Maschinen mit abgefahrenem Design hat oder sich in Industrial- oder Noise-Gefilden bewegt, dürfte mit Death by Audio den Heiland gefunden haben. Das vorliegende Produkt, das Micro Dream Delay, ist ein weiterer Beleg hierfür: Death by Audio wissen, was sie tun – aber vor allem wissen sie, für wen!

Sofort sollte hier also die Idee verbannt werden, es beim Death by Audio Micro Dream mit einem herkömmlichen Tap-Delay zu tun zu haben. Die bisherigen Delay-Iterationen aus dem Hause Death by Audio haben hier klar vorgelegt und sich vor allem durch einen ansprechenden Lo-Fi-Charakter hervorgehoben. Der Echo Dream 2 gilt als rauschender Tausendsassa, der mit seiner Square-Wave-Funktion und abgespaceter Chorus-Modulation viele Nutzer überzeugen konnte. Der Ghost Delay ist ein dreistufiges Digital Delay, das ebenfalls mit ganz viel Charakter aufwartet und bei Bands wie The Immaculates immer wieder zum Einsatz kommt. Und der Death by Audio Micro Dream ist eine kleine, vergleichsweise unscheinbare Box mit ungeahnten Kräften – hier wackeln die Wände, hier ist das Delay eher ein Werkzeug der Zerstörung als eine dezente Ergänzung der Melodieführung. Doch auch die leisen Töne kann der Death by Audio Micro Dream durchaus anschlagen- eine unerwartet vielfältige Box, die ein enormes Spaßpotential mit sich bringt.

Death by Audio Micro Dream – Facts and Features

Death By Audio Micro Dream

Zwei Dinge fallen sofort auf, wenn man die Maschine aus der Verpackung holt: die überschaubare Menge der Features und – da möchte man sich am liebsten zunächst die Haare raufen – die fehlende Tap-Funktion. Auch beim zweiten Hingucken offenbart sich keine versteckte CV- oder Expression-Buchse für einen externen Tap-Schalter. Also was bringt der Death by Audio Micro Dream mit? Je eine 6,3-Input- und Output-Buchse sowie eine 9-Volt-Buchse für den Strom – that’s it. Die Frage nach der Tap-Funktion ist ein vielfach diskutiertes Thema in der Pedalgemeinde. Manche sind der Auffassung, dass es ein überschätztes Feature ist, andere, dass eine Tap-Funktion bei einem Delay eigentlich eine Selbstverständlichkeit ist und vor allem die Live-Funktionalität erheblich vereinfacht. Für wen eine Tap-Funktion unverzichtbar ist, den dürfte dieses Manko hier also zunächst abschrecken.

Das Gehäuse ist klein, macht aber einen stabilen und gut verarbeiteten Eindruck, bei einer Höhe von 60, einer Breite von 65 und einer Länge von 119 mm. Der Death by Audio Micro Dream ist also kompakt und in seiner Funktionalität zunächst scheinbar aufs Wesentliche reduziert – immerhin zählt das Pedal „nur“ drei Potis, die folgende Funktionen übernehmen:

  • Delay pegelt das Dry/Wet-Verhältnis des Echosignals ein. Grundsätzlich lässt sich damit einfach die Lautstärke der Echos einstellen, wobei das Dry-Signal hier nie vollständig verschwindet, sondern bei maximalem Anschlag bestenfalls ein 30/70-Verhältnis erreicht.
  • Time übernimmt die Funktion, die Verzögerungsdauer einzustellen. Auch wenn hier die Tap-Funktion fehlt, sind zumindest um das Poti herum die Verzögerungszeiten in Millisekunden angegeben und ermöglichen somit eine grobe Orientierung, wenn noch im Spiel die Verzögerungsdauer verändert werden muss. Grundlegend und viel interessanter ist hierbei jedoch das Zusammenspiel des Potis mit dem Feedback-Poti.
  • F Back übernimmt mehrere Funktionen. Vereinfacht ausgedrückt ist das Poti vor allem zuständig dafür, die Trail des Delays einzustellen, das heißt, mit wie vielen Repeats sich das Signal trägt. Ist der Poti auf minimalen Anschlag eingestellt, passiert nicht viel – das Delay-Signal bleibt bei einer Wiederholung. Grundsätzlich gilt: Je länger die Verzögerungszeit eingestellt ist, desto akzentuierter sind die Repeats. In Bereichen zwischen 200 und 600 ms sind die Repeats eher verwaschen. Und überschreitet man die 3-Uhr-Stellung, beginnt die Selbstoszillation des Pedals – der eigentliche Spaß, der hier in Death by Audio-typischer Manier für eine Menge Krach sorgt!

Das Zusammenspiel zwischen Feedback und Time ist also der eigentliche Reiz, der dieses Pedal ausmacht. Delay-Puristen werden dem hier also nicht so viel abgewinnen können wie Noise-Akrobaten, die gerne mit oszillierenden Signalen arbeiten und Drones eskalieren lassen wollen. Für solche Zwecke rentiert es sich fast, das Pedal neben sich auf einer Erhebung oder einem Tisch zu haben, um schnell auf die Potis zugreifen zu können.

Death by Audio Micro Dream Delaypedal

Die Selbstoszillation des Signals ist ungemein intuitiv, will heißen: Es schwillt langsam, aber spürbar an, wenn man sich der 3-Uhr-Grenze nähert. Überschreitet man den kritischen Punkt, wechselt die Trail in den Self-Oscillation Modus, Rückkopplung und Zersetzung des Signals beginnen damit, tonale Kaskaden loszutreten, die gebremst werden können, wenn man das F Back-Poti zurückfährt. Spannend wird es, wenn man im Zuge der Oszillation mit dem Time-Poti spielt: Die Oszillation kann sich vom High-Pitch-Noise in schwelende, dunkle Wolken mit rhythmischen Anwandlungen verwandeln, und das alles nur mit der Oszillation eines einzigen Tons. Natürlich ist hier Vorsicht geboten: Der Micro Dream ist klein, aber ungemein machtvoll und man muss aufpassen, die Wände nicht zum Einsturz zu bringen!

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Trotzdem gilt: Die Handhabe ist einfach und ungemein intuitiv, schnell merkt man, wo die kritischen Grenzen der Oszillation verlaufen und wie sich diese Seite des Pedals am besten nutzen lässt.

Death by Audio Micro Dream – in der Praxis

Death By Audio Micro Dream

Steckt man das Pedal ein, stellt man zunächst erfreulicherweise fest, dass das Signal weder ausdünnt noch in zu starkem Maße verwässert wird – es sei denn, man legt es drauf an. Allerdings lässt sich nicht leugnen, dass auch der Death by Audio Micro Dream wie fast alle anderen Death by Audio Maschinen ein gewisses Rauschen mit sich bringt. Für ein glasklares, edles Klangbild eignet sich das Gerät also wirklich nicht – hier kratzt und knistert es an jeder Ecke!

Wir haben es hier also im Grunde mit einer Dr. Jekyll und Mr. Hyde-Situation zu tun: Einerseits sind hier warme, harmlose Delay-Repeats in bester Lo-Fi-Manier problemlos möglich, anderseits kann sich der Micro Dream vor allem im Zerrkanal in eine regelrechte „Noise-Machine“ verwandeln, die gezähmt werden will.

Für Delay-Puristen ist natürlich die Frage zunächst wichtig: Taugt das Feeling? Wie warm ist das Delay-Signal? Vor allem mit einer vorsichtigen Handhabe des Feedback-Potis lassen sich warme und regelrecht knisternde Trails erschaffen.

Bei 300 Millisekunden bleibt genug Raum für die Führung von Melodien innerhalb eines warmen Lo-Fi-Beats, das durch eine 12-Uhr-Stellung des F Back-Potis zustande kommt und sich sehr angenehm anlässt – trotzdem lässt sich nicht leugnen, dass das warme Klangbild durch das leichte Rauschen getrübt wird.

 

Bei 1 Sekunde gibt man dem warmen Lo-Fi-Klang den Raum, um sich zu entfalten zu können und aufzugehen. Ein für Death by Audio-Verhältnisse nahezu untypisches, liebliches Klangbild.

Kommen wir zu den ungestümen Seiten des Micro Dreams: Hier wird bei circa eine Sekunde Verzögerungszeit mit dem Feedback-Poti die Oszillation auf ein konstantes Level gehalten und anschließend gepitcht.

Von seiner besonders „hässlichen“ Seite zeigt sich der Micro Dream vor allem, wenn man die Oszillation auf die Spitze treibt, indem man sie rausdreht und immer wieder zurückholt, bis von dem Signal nur noch ein rhythmisches Kratzen übrig ist. Deutlich wird vor allem eins, was für eine Kraft doch in dieser kleinen Box steckt!

Zu guter Letzt zeigt das Micro Dream, das es sich als schlichter Noise-Generator ebenfalls bestens eignet!

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Fazit

Fans der Firma Death by Audio wissen, was sie hier erwartet: Im Grunde eine kleine, abgespeckte Version des Echo Dream, minus den Modulationsmöglichkeiten aber plus den Noise-Optionen. Es muss im Vorfeld klar sein: Death by Audio legen keinen Wert auf ein glasklares, bezauberndes Klangbild. Es darf und soll wehtun und auch wenn das Pedal anfällig für Rauschen ist, schafft es der Micro Dream trotzdem, eine gewisse Lo-Fi-Magie zu transportieren. Gleichzeitig eignet sich das Pedal hervorragend als kleine Noise-Maschine, will heißen: Wer mit Rückkopplung, Oszillation und Noise arbeitet und experimentiert, bekommt in dieser kleinen Box ein potenzielles Biest mitgeliefert.

Ein Drittel Lo-Fi-Delay, ein Drittel Noise-Generator, ein drittel Feedback-Machine: Death by Audio hat wieder ein eigenwilliges Produkt geschaffen mit Charakter und Charme. Das konstante Rauschen ist dem warmen Lo-Fi-Potenzial des Delays nicht immer zuträglich und die fehlende Tap-Funktion ist einfach nur unnötig. Insgesamt also ein Geheimtipp, ungeeignet für Puristen aber interessant für Krachmacher und Lo-Fi-Fans!

Plus

  • warmer Klang
  • einfache, intuitive Handhabe
  • Feedback-Funktion gut zu zähmen und anregend

Minus

  • konstantes Rauschen
  • fehlende Tap-Funktion

Preis

  • Ladenpreis: 229,- Euro
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Klangbeispiele
Forum
  1. Profilbild
    AMAZONA Archiv

    Das Rauschen ist unter aller Sau!
    Optisch würde sich das Dingen perfekt in einem Set mit dem Erebus V3 von Dreadbox machen. Hehehe, nur wäre in dem Fall der Rauschgenerator vom Synth überflüssig….
    Das Pedal hier ist ein Rauschgenerator mit Delay.

    • Profilbild
      Dimitri RED

      Rauschgenerator mit Delay – musste lachen, danke dafür. Fakt ist, dass man speziell mit hohem Gainanteil oder im Zerrkanal keine stille Minute mit dem Micro Dream hat, ohne Frage.

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