Solider Recorder fürs Studio
Den Überblick über die zahllosen 1 HE Rack-Geräte von Denon zu behalten, ist inzwischen schon eine Wissenschaft für sich. Mein erster Gedanke, als der Solid State Recorder Denon DN-300R MKII bei mir eintraf: „Hatten wir den nicht schon mal im Test?“ Nein, das war der Zuspieler Denon DN-300Z MKII, den wir Anfang 2016 vorgestellt hatten. Nicht zu verwechseln mit dem Denon DN-300 C MKII (einem CD-Player) oder dem Denon DN-300 DH (einem Radio/Digitaltuner). „What a difference a day makes“ – sang Dinah Washington mal. Na, und ein Buchstabe erst. Nun im Test also der Audiorecorder Denon DN-300R MKII, der kleinste in der Familie der Denon-DN-Recorder; darüber/daneben gibt es ja noch den DN-500R und den DN-700R, um mal eben die Namensverwirrung hier komplett zu machen. Aber wenden wir uns der grundsätzlichen Frage zu: Wozu brauche ich den – wo ich doch heutzutage eigentlich Audios auch ganz bequem am Rechner, Smartphone, Laptop oder Tablet aufzeichnen kann? Was hat der Denon DN-300R MKII, was diese Geräte nicht haben? Schauen wir doch einfach mal nach.
Denon DN-300R MKII: Ausgepackt
Zum Lieferumfang gehören – neben dem Recorder selber – ein Netzkabel Marke „Kaltgerätestecker massiv“, ein mehrsprachiges gedrucktes Handbuch plus vier Gummifüßchen, falls der 300R nicht im Rack, sondern auf dem Tisch platziert werden soll; in dem Fall lassen sich die Rack-Ohren natürlich dann auch entfernen. Beim Einbau des 1 HE Gerätes in ein Rack sollte man seine Tiefe von 277 mm im Hinterkopf behalten; die ist jetzt nicht ungewöhnlich groß, kann aber bei einigen abgeschrägten Tisch-Racks in der obersten bzw. untersten Etage eventuell zu Problemen führen. Mit seinen gut 3 kg Gewicht ist der DN-300R MKII äußerst robust und stabil. Fehlt irgendwas? Hm – eine Fernbedienung wie beim Modell 300Z wäre vielleicht auch hier nicht schlecht gewesen. Nicht bei jeder Aufnahmesituation hockt ein Techniker am Gerät; ich denke da an Konferenzen, Theater oder ähnliches. Aber gut, das ist jetzt kein Minuspunkt, sondern ein frommer Zusatzwunsch.
Denon DN-300R MKII: Angeschaut
Im Rack gibt sich der DN-300 MKII mit seiner mattschwarzen Lackierung völlig unauffällig – er will nicht im Mittelpunkt stehen, kein hippes Designgerät sein, sondern still und unsichtbar zwischen all den anderen Rack-Kollegen seinen Dienst tun. Die Bedienoberfläche gibt sich aufgeräumt und übersichtlich und ist so ziemlich selbsterklärend; da kommt man auch ohne Ton.-Ing.-Studium (fast immer) gut klar. Ganz links der Power-Schalter, der seitlich durch zwei kleine Ohren gegen versehentliches Betätigen einigermaßen abgesichert ist. Eine Schutzkappe (wie sie zum Beispiel in Kampfjets bei Waffensystemen zum Einsatz kommt – auch wenn der Vergleich jetzt etwas zu martialisch erscheinen mag) wäre da vielleicht noch sicherer, aber ok – da muss man im Falle eines Einsatzes mit nicht-autorisierten (und eventuell alkoholisierten) Personen im Umfeld einfach mal ein Auge drauf haben.
Daneben dann der SD-Karten-Einschub (SDHC von 4 GB bis 32 GB/SDXC von 64 GB bis 128 GB) und der USB-Anschluss plus ein Sixpack an Buttons, zuständig Menü, Folder und Wiedergabe-Modi wie Random oder Repeat, samt zugehörigem Push-Encoder. Letzterer ist leider – anders als die übrigen Bedien-Buttons – nicht gummiert (warum eigentlich nicht?), aber trotzdem ganz griffig. Mittig dann das – auch aus größerer Entfernung oder schrägerem Winkel – gut ablesbare Display, das alles Wissenswerte zu Medium, Tracks, Laufzeit oder Format anzeigt.
Rechts davon schließlich die Abteilung Aufnahme/Wiedergabe mit den üblichen Transport-Buttons inklusive Track/Search, eine fünfgliedrige Pegelanzeige, die mit ihren Viererschritten (von -12 bis +4) recht grob gerastert, aber alltagstauglich ist. Anzeigen für die Aufnahmefunktion, Regler für Input und Kopfhörer (letzterer doch sehr schwergängig und zudem glatt, da weder gummiert oder geriffelt – bitte nachbessern) und eine 6,3 mm Klinkenbuchse für die Phones beschließen das Angebot auf der Frontplatte.
Rückseitig dann die Anschluss-Pärchen für die Audioein- und Ausgänge, jeweils einmal XLR (symmetrisch) und Cinch/RCA (unsymmetrisch) sowie die Buchse für das Netzkabel – das war es auch schon. Das größere Modell, der DN-500R (ca. 500 Euro), verfügt außerdem noch über digitale Ein- und Ausgänge sowie RS-232C-Anschluss und einen Parallel-Port zur externen Kontrolle. Wer das also beim 300R MKII vermisst, muss eine Klasse aufsteigen. Und um die Familiengeschichte kurz rund zu machen: Der 700R (ca. 650 Euro) ist überdies noch netzwerktauglich
Denon DN-300R MKII ausprobiert: Achtung, Aufnahme!
Na, dann los. Gleich mal ein paar herumliegende USB-Sticks und Festplatten sowie einige SD-Karten nacheinander angeschlossen und ausprobiert. Erste Erkenntnis: Lange nicht alle sind beim ersten Versuch zur Mitarbeit am DN-300R MKII bereit. Der nämlich ist da etwas wählerisch und lässt sich nur mit Speichergeräten ein, die mit FAT16 bzw. FAT32 formatiert sind. Da ist der Speicherplatz für eine Aufnahme dann zwar bekanntlich auf 4 GB begrenzt, doch das sollte selbst im – neben dem MP3-Format – angebotenen WAV-Format immer ausreichen; mehr als sieben Stunden am Stück will man wohl eher selten aufzeichnen.
Der Aufnahmeprozess ist fast schon selbsterklärend. SD-Schacht und USB-Anschluss mit den passenden (FAT-formatierten) Medien bestücken, Soundquelle an die Eingänge, Mixer oder Boxen an die Ausgänge, fertig. Na ja, fast, zumindest beim ersten Mal sollte man im Menü noch einige Voreinstellungen vornehmen bzw. selbige überprüfen und ggf. ändern. Wer mag, kann da zum Beispiel die Auto-Level-Funktion (die den Pegel automatisch um die -3dB hält) abschalten oder im „Rec Mode“ für eine der Aufnahme-Varianten entscheiden: Mono, Stereo, Dual-Mono und Dual-Stereo. Auf die letzten beiden komme ich gleich noch. „Mono“ heißt hier übrigens nicht, dass die beiden Stereo-Kanäle auf einen Mono-Kanal zusammengelegt werden, vielmehr wird hier dann nur der linke Kanal aufgezeichnet.
Weitere Recording-Funktionen sind „Pre-Rec“ (mit einem 2-Sekunden-Puffer) und „Auto Track“; letzterer legt automatisch neue Tracks an, entweder Level- oder zeitgesteuert zwischen einer Minute und 24 Stunden.
Etwas seltsam: Das Aufnahmeformat findet sich nicht unter „Record“, sondern unter „System“. Wo der Begriff „Format“ dann doch erst einmal für Verwirrung sorgt und man recht vorsichtig mit einer möglichen Bestätigung durch den Push-Button umgeht – nicht, dass am Ende noch der Datenträger formatiert wird. Nein, das passiert dann im Punkt „Utility“ – ebenfalls unter „Format“. Dass es dann auch noch unter System/Info/Format einen dritten Format-Menüpunkt gibt – hier wird das aktuelle Aufnahmeformat angezeigt – macht die Sache auch nicht besser. Das hätte auf jeden Fall besser und klarer gelöst werden müssen. Aber zurück zum Aufnahmeformat: Angeboten werden da MP3 (192 oder 256 Kbps) oder WAV (44,1 kHz/16 Bit oder 48 kHz/24 Bit). Eine platzsparendere 128 Kbps-Möglichkeit für MP3-Dateien ist leider nicht im Angebot; gerade bei Info-Mitschnitten würde die doch völlig ausreichen.
Über den Taster SD/USB wähle ich das Speichermedium aus, das dann per roter LED am Gehäuse seine Aufnahmebereitschaft anzeigt. Dabei ist es auch möglich, USB und SD gleichzeitig zu wählen und so doppelt aufzunehmen. Die Aufnahme wird dann über das einmalige Betätigen der REC-Taste gestartet; hat man sich im Menü zuvor für die Aktivierung der Autotrack-Funktion entschieden (was das Gerät dann durch die blinkende Rec-Taste anzeigt), startet die Aufnahme automatisch bei Überschreitung des vorgegebenen Schwellwerts (-24 dB bis -48 dB). Womit die Autostart-Funktion zur AutoRec-Funktion wird, aber eben nicht so heißt.
Bei der Aufnahme legt der DN-300R auf dem Speichermedium automatisch einen eigenen Ordner (mit dem Namen „DN-300R“) an; so findet man später die Dateien leicht wieder, danke dafür. Die Infos zu Mediengröße, verfügbarem Speicherplatz oder der noch verbleibenden Aufnahmezeit werden auf Wunsch über die Menü-Funktion angezeigt – aber eben nur, wenn gerade keine Aufnahme läuft. Das Display lässt sich da leider nicht konfigurieren, sondern zeigt „nur“ den Tracknamen, Tracknummer, Laufzeit und Format an.
Der Hersteller gibt eine Signal-to-Noise Ratio von >95 dB an. Nicht gerade ein Spitzenwert, aber die Aufnahme- und Wiedergabequalität ist ok, ein sauberer Klang ohne Auffälligkeiten.
Denon DN-300R MKII: Tücken des (dualen) Recordings
Neben dem üblichen Mono und Stereo findet sich – wie eben erwähnt – auch das nicht ganz neue, aber interessante Feature von „Dual Mono“ bzw. „Dual Stereo“; dabei werden zwei Dateien gleichzeitig auf einem Gerät aufgezeichnet, die zweite dann mit -10 dB – praktisch, falls man die erste aus Versehen übersteuert. Praktisch auch, dass der DN-300R MKII die Speichermedien vorab überprüft, ob sie mit der zu erwartenden Datenmenge klar kommen, da dabei ausschließlich im WAV-Format aufgezeichnet wird. Weniger praktisch dagegen: Der Test ist nicht immer zuverlässig. Mehrere ältere SD-Karten wurden im Test ebenfalls als „geeignet“ markiert, um dann bei der Aufnahme mit wilden Sprüngen und Abbrüchen zu patzen. Besser also, das vorher selber mit einer Probeaufnahme zu testen. Mit einer aktuellen SDHC/SDXC-Karte der Klasse 10 sollte man aber auf der sicheren Seite sein; Micro-SD mit Adapter haben im Test ebenfalls funktioniert.
Nebenbei bemerkt: Überhaupt scheint der DN-300R MKII so seine gelegentlichen Probleme mit der Erkennung von Speichermedien zu haben. Im Test wurde beispielsweise eine SDHC-Karte, auf der zuvor noch problemlos aufgenommen wurde, beim erneuten Einstecken mit „not support!“ zurückgewiesen. Erst half da noch vielfach bewährte (und von sämtlichen Technik-Hotlines immer als erstes empfohlene) Aus- und wieder Einschalten, später dann die erneute Formatierung, bevor dann am Ende gar nichts mehr ging. Das scheint mitunter also auch Tagesform abhängig zu sein.
Zurück zum Dualen Recording: Da ist es übrigens nicht möglich, die beiden Aufnahme auf zwei Medien zu verteilen: „Normaler Pegel“ z. B. auf USB und die -10 dB-Version auf die SD-Karte. Zwar kann ich das Dual-Recording auch auf SD und USB gleichzeitig ausführen; dann aber werden eben auf beiden Medien zwei Dateien angelegt. Ebenso wenig ist es vorgesehen, für SD und USB bei gleichzeitiger Aufnahme unterschiedliche Aufnahmekriterien anzulegen, also zum Beispiel Auto-Level auf dem einen und von Hand gepegelter Level auf dem anderen – oder MP3 und WAV gleichzeitig.
Denon DN-300R MKII: Und was kann der sonst so?
Kaffee kochen, Fenster putzen … ok, schön wär’s, aber die Wiedergabe von Audiodateien muss hier reichen. Dabei liefert der DN-300R MKII aber eher rudimentäre Funktionen ab und beschränkt sich beispielsweise auf die Formate MP3 und WAV – eben die, die damit auch aufgezeichnet werden können. Er ist also kein echter Medienplayer – dafür hat Denon dann zum Beispiel den DN-300Z MKII im Angebot. Vielmehr dient das Player-Feature mehr dazu, das gerade Aufgezeichnete abzuhören. Dafür finden sich dann verschiedene Repeat-Funktionen (Alles, kompletten Ordner, einzelnen Track etc.) und/oder eine Zufallswiedergabe – die beiden Features lassen sich auch miteinander kombinieren.
Bei der Gelegenheit bin ich dann auf eine weitere kleine Merkwürdigkeit gestoßen: Ich kann zwar die aufgenommenen Dateien auch über den Browser im Menü starten – muss dafür dann aber beim ersten Mal den Push-Decoder betätigen und nicht die Start-Taste. Zum Stoppen dann aber die Stop-Taste und zum neuerlichen Start nicht mehr den Push-Decoder, sondern – Sie ahnen es sicher schon – dann doch die Start-Taste. Muss man erst mal drauf kommen. So ganz bis zu Ende gedacht ist die Bedienung nicht überall.
Denon DN-300R MKII: Die Konkurrenz
Der Monacor IMG DPR-10 ist mit 199,- Euro etwas günstiger und liefert MP3 mit 96/128/192 kbps, kommt aber ohne Dual-Record und ohne WAV-Unterstützung (dafür WMA) und steckt auch nicht in einem 1 HE Rackgehäuse. Das bietet dann der Monacor DPR-110 (ca. 250,- Euro), mit Fernbedienung, aber ebenfalls mit den oben genannten Einschränkungen. Der Tascam SD-20M (249,- Euro) ist bereits seit Mitte 2016 erhältlich, kommt mit Dual-Aufnahme, zwei (getrennt regelbaren) Mikro-Eingängen mit schaltbarer Phantomspeisung, XLR/Klinke-Kombibuchsen, Notfall-Batteriebetrieb, 19“ Gehäuse, MP3 von 32-320 Kbit/s plus zwei zusätzliche (Hilfs) Spuren über Cinch als Zugabe, verzichtet aber auf die USB-Unterstützung und symmetrischen Ausgänge.
Danke für den spannenden Test, aber eine Sache irritiert mich: Hast Du mal SDXC-Karten jenseits von 64 GB ausprobiert? Bei der SDXC-Spezifikation ist ExFAT/NTFS als Dateisystem vorgegeben, so dass der Rekorder doch eigentlich ExFAT auch lesen und schreiben können müsste. Ansonsten wäre bei 32 Gb Schluss oder man müsste alternativ SDXC-Karten mit h2format oder ähnlichen Tools auf FAT32 umformatieren. Das klappt häufig, aber leider auch nicht in jedem Gerät.
@Stephan Merk Ja, ich hatte auch eine 128 GB SDXC-Karte getestet.