Herbert lässt schön grüßen!
Momentan scheint es ein Trend unter Boutique-Amp-Herstellern zu sein, ein Stück des Klangs und der Dynamik ihrer in aller Regel sehr teuren Verstärker in ein kompaktes und relativ kostengünstiges Pedal zu packen. So bereits gesehen und von uns getestet beim K.O.D.A. Overdrive von Komet Amplification, dem BE Overdrive von Friedman, oder aber heiß erwartet in Form der drei neuen Preamp-Pedale von Victory. Das kann uns ja nur gefallen, denn für viele von uns wird der Kauf eines Boutique-Amps rund um die 3000-Euro-Marke vermutlich ein tiefes und schmerzhaftes Loch in die Kasse reißen. Da könnte man es doch zumindest mal mit einem Stück vom großen Kuchen probieren und wer weiß, vielleicht reicht das ja aus? Auf diesen Gedanken kam auch schon die Firma Diezel mit dem VH-4 Pedal, dessen Sound auf dem gleichnamigen Verstärker basiert und das bei uns im Test damals einen sehr beeindruckenden Auftritt hinlegte. Nun legt der Hersteller nach und präsentiert mit dem Diezel Herbert Pedal erneut einen Overdrive bzw. Preamp, der uns Einblicke in den Klang und die Dynamik des monströsen, 180 Watt starken Diezel Herbert Röhrentops verschaffen soll. Ob das Teil ähnlich knallt wie das VH-4, werden wir im folgenden Test erfahren!
Diezel Herbert Pedal – Facts & Features
Einen dicken Pluspunkt gibt es direkt nach der ersten Betrachtung, denn sämtliche Buchsen befinden sich an der Stirnseite des Pedals, das in einem robusten Blechgehäuse erscheint. Die Regler auf dem oberen Teil sowie die beiden Metallschalter im unteren Teil des Frontpanels wurden so weit auseinander angebracht, das sie sich beim Schalten mit dem Fuß nicht in die Quere kommen. Besonders tragisch wäre das nicht, denn die neun Potis mit ihren griffigen Knöpfen machen einen sehr robusten Eindruck und würden sicher den einen oder anderen fehlgeleiteten Fußtritt locker überstehen. Sie laufen zudem allesamt wie Butter und frei von jeglichem Spiel auf ihren Achsen und wurden, wie es sich für ein Pedal dieser Preisklasse gehört, mit einer Sechskantmutter fest am Gehäuse gesichert. Auch besteht genügend Abstand zwischen den einzelnen Potis, sodass man sie ganz einfach mit zwei oder mehr Fingern umgreifen und somit gefühlvoll den gewünschten Parameter regeln kann.
Das Diezel Herbert Pedal bietet zwei Grundsounds, die irgendwo zwischen dem zweiten und dritten Kanal des Original Herbert Amps abgegriffen wurden. Zum eigentlichen Overdrivesound (Normal) gesellt sich ein weiterer Kanal (Midcut), der sich ganz speziell dem Mittenbereich des Signals widmet. Zu den Funktionen des Dreiband-EQs kommt also noch eine potente Waffe hinzu, mit dem Regler „Midcut Intensity“ lässt sich ein vorgefertigtes und auf die Zielgruppe abgestimmtes Mittenspektrum durchfahren, das Poti „Midcut Master“ sorgt für die Lautstärke des Signals. Dieser Regler arbeitet vollkommen unabhängig vom eigentlichen Mastervolume des Normalkanals, somit hat man faktisch zwei Zerrsounds auf Knopfdruck und auf Wunsch in unterschiedlichen Lautstärken zur Verfügung.
Diezel Herbert Gitarren Pedal
Apropos Knopfdruck: Die beiden Schalter zur Aktivierung des Midcut-Modus und zum Anschalten des Pedals insgesamt sind leider mechanische Typen, die beide ein ordentliches Knacken oder fast schon Krachen beim Betätigen von sich geben. Bei einem Pedal dieser Preisklasse und mit diesem ehrwürdigen Namen hätten es meiner Meinung nach auch ruhig zwei relaisgesteuerte Schalter sein dürfen. Das war bzw. ist beim VH4-Pedal übrigens nicht anders und auch die Regler für „Presence“ und „Deep“ finden sich beim Diezel Herbert Pedal erneut auf dem Bedienpanel und sorgen für weitere Abstimmungen im Sound bzw. das Anpassen an den benutzen Amp oder Endstufe.
Den Abschluss bilden das Gain-Poti sowie drei blaue LEDs: zwei im oberen Bereich zur Anzeige zwischen dem Normal- und dem Midcut-Channel sowie eine weitere im unteren Bereich des Panels, die über den Betriebszustand informiert. Alle drei LEDs haben eines gemeinsam – sie sind extrem hell und machen das Einstellen der Regler in dunkler Umgebung für die Augen fast unmöglich. Hier helfen also im Extremfall nur das Gehör und die Fingerspitzen, über eine Skalierung verfügen die Potis ohnehin nicht.
Diezel Herbert Pedal – rein und raus
Dass die Anschlüsse beim Diezel Herbert Pedal Pedalboard-freundlich an die Stirnseite gelegt wurden, hatte ich ja weiter vorne im Text bereits erwähnt. Interessant ist, dass es wie beim VH4-Pedal wieder zwei Ausgangsbuchsen gibt: eine für den Betrieb des Pedals VOR einem Gitarrenamp (TO CLEAN GUITAR AMP IN) und eine weitere entsprechend frequenzkorrigierte (TO POWER AMP IN) zum Einklinken in eine Endstufen-Boxen-Kombination. Doch Vorsicht, ähnlich wie beim VH-4 Pedal wurde das Signal hier nicht so weit korrigiert, dass es als eine echte Speaker-Simulation durchgehen könnte. Zur direkten Aufnahme mit dem Herbert Pedal in eine DAW ist also in jedem Falle noch zusätzliche Hardware erforderlich, da würde der Neunaber Iconoclast zum Beispiel prima passen.
Es spricht aber auch nichts dagegen, beide Ausgänge zu verwenden, die Auswahl zwischen den beiden Ausgangssignalen übernimmt die Remote-Buchse, die als Stereovariante ausgelegt ist und zusätzlich noch das Zu- bzw. Abschalten des Midcut-Modus ermöglicht. Um diese Funktionen zu nutzen, kann ein ganz normales Stereoklinkenkabel in gewünschter Länge verwendet werden.
Da mit Batterien dem Diezel Herbert Pedal kein einziger Ton zu entlocken ist, liegt dem Gerät ein passender 12-Volt-Netzadapter bei. Der aktiviert die schwarze Kiste nach Einstecken und das unabhängig davon, ob sich nun in der Eingangsbuchse ein Kabel befindet. Die blaue LED erfüllt den dann Raum mit ihrem hellen Licht – und wir hören rein in den Sound!
Diezel Herbert Pedal – Sound & Praxis
Ich hatte bisher leider nicht die Gelegenheit, einen echten Diezel Herbert zu testen, man möge mir verzeihen! Was das Herbert-Pedal jedoch an Pfund liefert, lässt die Qualität seines großen Bruders erahnen – brutale Distortion in vielen Facetten und eine unglaublich fette, glühende Dynamik prägen hier den Grundsound. Dabei hält sich der kleine Herbert mit Rauschen sehr zurück – auch dann, wenn man den Gain-Regler Richtung Vollanschlag dreht, trüben keine Nebengeräusche dieses fast schon „explosive“ Klangbild. Um den Klang möglichst unverfälscht beurteilen zu können, sollte man das Pedal natürlich an eine Endstufe plus Box hängen und genau das habe ich auch für die Klangbeispiele getan. Das Diezel Herbert Pedal wurde für die folgenden Tracks in den Effekt-Return meines Orange Micro Dark eingeklinkt, der kleine Amp war mit einer 1×12″ Celestion V-30 Box verbunden, als Instrument wurde eine Music Man Silhouette Special benutzt.
Beginnen wir im ersten Beispiel mit einem Sound aus dem Normal-Channel. Die Klangregelung befindet sich in 12-Uhr-Position, die beiden Regler für „Presence“ und „Deep“ ebenso. Das Gain-Poti wurde gut drei Viertel aufgeregelt – weil es reicht!
Klangbeispiel 2 zeigt einen weiteren Sound des Normal-Channel, jetzt mit etwas abgesenkten Mitten des Dreiband-EQs. Der Equalizer arbeitet übrigens verblüffend ähnlich wie der eines typischen Röhrenamps – jede Bewegung eines Potis beeinflusst nicht nur das vorgegebene Frequenzspektrum, sondern beeinflusst das Klangbild insgesamt mehr oder weniger stark.
Bevor wir zu den Sounds des Midcut-Channels kommen, hören wir in Klangbeispiel 3 noch einen Crunchsound des Normal-Channels. Auch die Disziplin der angezerrten Sounds meistert das Diezel Herbert Pedal mit Bravour und verwöhnt mit einem milden, warmen Zerrsound und einer auch in diesem Fall nach wie vor beeindruckend guten Dynamik!
Nun zum Midcut-Channel, zunächst ein Beispiel mit dem Midcut-Regler auf 12 Uhr positioniert. Der Dreiband-EQ, der ja auch hier wirksam ist, wurde wieder zurück in Neutralstellung gebracht, das Gain-Poti bleibt mit rund drei Viertel seines Regelwegs fast voll aufgedreht.
Nun das volle Scoop-Brett: Der Midcut-Regler befindet sich auf Vollanschlag rechts.
Sympathischer, kleiner Drecksack! Macht soundmäßig Appetit. Optisch wirkt das Dingen allerdings so, als ob da jemand mit ADHS, der gerade auf Ritalinentzug ist, dran rum gefuhrwerkt hätte. Sehr nervöse Optik, da kriegt man beim Draufgucken ja schon fast ’nen Rappel (und das beziehe ich nicht mal auf die kritisierten blauen LEDs).Sieht echt so aus, als würde Norman Bates in seiner Gummizelle REDRUM an die Wand kritzeln.
„….Sieht echt so aus, als würde Norman Bates in seiner Gummizelle REDRUM an die Wand kritzeln …“
Fantastisch ;) Hahahaha
Wirkt irgendwie ein bisschen wie Custom-Bastelbude .. in jedem Fall aber echt solide!! Ansonsten: TOPP Pedal!!
Ich hatte mal einen Herbert und muss sagen, dass ich den Sound wiedererkannt habe. Die Höhen fand ich bei meinem Orginal Herbert angenehmer, als bei den Soundfiles.
Ich habe den Herbert verkauft, weil er mir zu schwer war. 28kg plus Flightcase und dann keine Rollen.
Jetzt besitze ich den Kemper. Bin zufrieden. Um einen Diezel Sound aus dem kemper zu bekommen, muß man aber eine Gitarrenbox anschließen, die den Punch bietet. Sonst fehlt der Druck in der Magengegend.
Was ich nicht verstehe: wie bekommt man den Sound eines Vollröhrenamps in so einen preamp ohne Röhre?