Multi Fusstreter!
„Modeling Guitar Processor“…. Was wollen uns diese Worte sagen? Ja, es hat sich bezüglich der Virtualisierung von Sounds wirklich eine Menge getan in den letzten Jahren. Wer hätte gedacht dass die Simulierung klassischer Gitarrensounds jemals ein solch gigantisches Mainstream-Produkt wird. Was auf der einen Seite den Künstler ungemein entlastet sorgt gerade beim ambitionierten Neueinsteiger für völlige Überforderung, sei es nun bei der Definition der Original-Sounds bis hin zum Anschluss an den Gitarrenamp (wie viele User haben bei ihrer klassischen Schaltung Gitarre > FX > Amp die Speakersimulation noch eingeschaltet…). Im Zuge dieser Entwicklung sind die Hauptaugenmerke neben des Sounds natürlich insbesondere auf die Übersichtlichkeit der Effektketten und eine User-freundliche Handhabung zu richten.
Als ein langjähriger Hersteller von Effektgeräten verfügt DigiTech, welches mit dem RP350 ein typisches Floorboard vorstellt, über ein entsprechendes Know-How in Sachen Konfiguration der einzelnen Komponenten. Mit dem RP350 liegt mir eine Variante zum Test vor, welche sowohl für den Live-Betrieb als auch für die Studio-Arbeit konzipiert wurde.
Konstruktion:
Das in den USA (! nix Asien…) gefertigte Gerät erscheint in einem massiven Guss-Gehäuse und vermittelt einen sehr stabilen Eindruck. Durch das damit verbundene Gewicht erfährt das Gerät auf 6 kleinen Hartgummi-Füßen genügend Festigkeit um auf dem Bühnenboden nicht durch steife Kabel oder wild, bisweilen wirr performende Sänger ins Rutschen zu geraten. Drei stabile Schalter aus Kunststoff sorgen für den Programmwechsel (up and down) respektive einem Kanalwechsel in einer zuvor eingestellten Amp-Simulation. Ein ebenfalls aus Metall gefertigtes Expression-Pedal, welches je nach Programmierung Volume-, Wah- oder Modulationsbefehle ausgibt, befindet sich am rechten Rand des Gerätes. Gummiauflagen auf der Trittfläche des Pedals erschweren ein Abrutschen des Schuhs während des Einsatzes. Mittels einer Schraube am rechten Rand lässt sich die Gängigkeit des Pedals einstellen.
Oberhalb der Fussschalter befinden sich sechs Endlosdrehregler welche den gesamten Editierbereich abdecken, nebst einem prall gefüllten Display und einem eingebauten Tuner. Obwohl der Displaybereich leicht versenkt ist, stehen die Endlosregler ca. 5mm über der Gehäuseeinfassung hervor, welches bedeutet dass man je nach „Trampeleinsatz“ und Schuhform (ja, es gibt sie noch, die Stiefel-tragende Zunft…) die Regler bei einem Schalteinsatz von oben bzw. von vorne mit traktiert. Dies erweist sich als zuweilen ungünstig, da insbesondere der Tone Library Regler als Push-Poti ausgeführt ist und es so im Eifer des Bühnengefechtes zu ungewollten Schaltbefehlen kommen kann. Durch eine Umkehr der Anordnung innerhalb des Display (Kanalanzeige weiter unten, Drehregler weiter oben) würde dieses Manko aufgehoben.
Grosse Freude kommt bei der Betrachtung der Stirnseite des Gerätes auf. Sämtlichen relevanten Anschlüsse bzgl. Ein- und Ausgabe des Signals sind hier vertreten, sei es nun unsymmetrische Mono-/Stereoanschlüsse, Kopfhörerausgang, Aux in als auch die eher seltener ausgeführten symmetrischen XRL-Männchen nebst eines USB-Ports. Sowohl der unsymmetrische als auch der symmetrische Bereich ist unabhängig voneinander mittels eines kleinen Druckschalters auf Speakersimulation (Mixer) oder ohne Speakersimulation (Amp) schaltbar. Eine sehr lobenswerte Handhabung, so hat man direkten Sichtkontakt zu dieser wichtigen Vorauswahl und muss sich nicht verzweifelt durch das Menu kämpfen um die jeweilige Einstellung zu verifizieren.
Beim Einschalten des Gerätes begrüßt uns wie bei vielen DigiTech Geräten ein übersichtliches grünes Display mit einer zweistelligen roten Speicherplatz-Anzeige. Was ich als sehr gelungen empfinde ist die Tatsache dass das Display kurz per Einblendung darüber informiert welcher Ausgang und in welcher Konfiguration gerade belegt wird wenn man einen Stecker einführt. Auch so wird eine Fehlbelegung im Ansatz minimiert. Auch der Druckschalter Amp / Mixer und die im Mixer-Mode einprogrammierte Cabinett-Simulation wird eingeblendet.
Gemäß der Unterlagen hat sich DigiTech bzgl. der Emulation folgender Amp-Modelle angenommen:
– ´57 Fender Tweed Champ
– ´57 Fender Tweed Deluxe
– ´59 Fender Tweed Bassman
– ´65 Fender Twin Reverb
– ´65 Fender Deluxe Reverb
– ´65 Marshall JTM-45
– ´68 Marshall 100 W Plexi
– ´68 Marshall Jump Panel
– ´77 Marshall Master Volume
– ´83 Marshall JCM 800
– ´93 Marshall JCM 900
– ´62 Vox AC15
– ´62 Vox ACF30 Top Boost
– ´69 Hiwatt Custom 100
– ´81 Mesa Boogie Mark II
– Mesa Boogie Rectifier
– Matchless HC30
– Soldano SLO-100
und einiger firmeninterner DigiTech Lösungen.
Sehr gut ist auch die Lösung im Manual die Original Bezeichnungen nebst Trademark-Nennung der Original Hersteller nennen zu dürfen. Andere Hersteller von Emulationsprodukten leiden öfter unter der Auflage, die Original Modelle nur zu beschreiben, respektive zu umschreiben, da zum Beispiel aus Markenschutz-technischen Gründen die Nennung der Bezeichnung „Fender“ oder „Mesa Boogie“ verboten ist!
Als Cabinetts kommen mehrere geschlossene 4×12″ Simulationen von Marshall, Hiwatt, VHT und Johnson zum Einsatz, zudem offene Combo-Lösungen wie 1×8″, 1×12″, 2×12″ und 4×10″.
Auch in Sachen vorgeschalteter Verzerrer Pedale bzw. eingeschliffener Chorus / Flanger Effekte hält man sich neben Werksgeräten auch an vertraute Namen wie z.B. Ibanez (TS-9 / TS-808), MXR (Distortion +, Flanger), Pro Co (Rat), Boss (DS-1, MT-2, CE-2) , TC Electronic oder aber auch Arbiter Fuzz Face, Roger Mayer Octavia oder auch die Pedale von „Tretminen-Original“ Mike Matthews und seinem Electro-Harmonix Sammelsurium (Big Muff, Electric Mistress).
Natürlich darf auch nicht das Whammy-Pedal aus dem eigenen Haus fehlen, rätseln doch bis heute noch unzählige Gitarristen wie zum Beispiel Tom Morello bei „Rage Against The Machine“ seiner Gitarre ein Spektrum von 3 Oktaven pro Seite spendiert hat. Das Whammy Pedal macht´s möglich ;-)
Logarithmen sogar drin! :-) Hit-me-with-your-Logarhytm-Stick!
Ist doch eigentlich völlig schnurz, ob z.B. der Soldano XYZ realistisch abgebildet wird, klingt er gut, ok.. wenn nicht, Schwamm drüber. Dafür haben wir doch die zwei angeborenen Messgeräte seitlich am Kopf
Laut Aussage des Herstellers handelt es dabei um Logarithmen welche vom Hallexperten Lexicon lizenziert wurden.
Hahahahahahahahahahahahaha. :-D
Nicht nur die Vorgegebenen Sounds und Modulationen sind Spitzenklasse, auch die Sounds, welche man in der Community oder entsprechenden Seiten (einfach unter Google suchen) runterladen kann, sind fantastisch, nein auch die Soundvielfalt von Country über POP/Rock, Blues bis hin zu Heavy Metal ist großartig. Diese Sound lassen sich mit dem kostenlosen Digitechprogramm X-Edit problemlos vom PC auf das Gerät laden.
Auch die Artist Simulationen sind mehr als nur Gut. Ich habe das RP 350 im Live wie auch im Studio und Heimbetrieb. Ich möchte das Gerät auf keinen Fall mehr missen. Kann ich jedem der tolle Sounds und / oder Simulationen haben will, aller bestens Empfehlen. Nur leider wird das RP 350 nicht mehr gebaut. Aber der Nachfolger das RP 355 ist genauso Fantastisch. Die Geräte bekommt man mit ein bisschen Glück in 1a Zustand zum vernünftigen Preis auch mal gebraucht bei einem bekannten Online Auktionshaus.