Bassdrum-Mikro mit Raffinessen
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Der dänische Mikrofonhersteller DPA mit Sitz in Alleroed, Dänemark hat seine Produktpalette um ein neu entwickeltes Kondensator-Kickdrum-Mikrofon, dem DPA 4055, erweitert und ich durfte es bereits vor der offiziellen Veröffentlichung am 1.6.2022 testen.
Das DPA 4055 Kondensator-Kickdrum-Mikrofon
Das DPA 4055 kommt in einem hochwertigen Case inklusive Schraubklemme und einer weiteren kleinen Tasche, die als Staubschutz dienen kann. Das Format des Kondensatormikrofons ist im Vergleich zu anderen Bassdrum-Mikrofonen erstaunlich klein. Es passt durch jedes Resonanzloch und auch am Schlägel selbst nimmt es entsprechend wenig Platz ein, wenn man eine Bassdrum von der Schlagfellseite her aufnehmen möchte. Das ist mit vielen anderen bekannten Mikrofonen allein aufgrund der Größe eher nur schwer möglich.
Die Besonderheiten des DPA 4055
Neben der angenehmen Eigenschaft der handlichen Größe, kommt dieses Mikrofon mit weiteren Besonderheiten, die man eher nicht einem Kickdrum-Mikrofon zuschreiben würde. Wie schon an mehreren Stellen erwähnt, handelt es sich beim DPA 4055 um ein Kondensatormikrofon. Das ist im Vergleich zu den mir bekannten Bassdrum-Mikros, die dynamisch sind, eine absolute Rarität!
Was ist nun der Vorteil eines Kondensator-Bassdrum-Mikrofons im Vergleich zu einem dynamischen? Oder gibt es Nachteile?
Kondensatormikrofone haben die Eigenschaft, dass sie aufgrund ihrer Bauweise und verbauter Membrantechnik detailgetreuer arbeiten können als ein eher kräftig klingendes dynamisches Mikrofon. Das könnte also gerade bei kurzen Schallimpulsen wie einer Bassdrum von Vorteil sein.
Der maximale Schalldruckpegel des 4055 ist enorm und wird von DPA mit 164 dB (!) bzw. 156 dB bei 1 % THD angegeben. Um diesen Pegel mit der Bassdrum zu erreichen, muss ich nochmal kurz ins Fitnessstudio gehen …
Praxistest
Für den Test des DPA 4055 habe ich das Mikrofon sowohl auf der Schlagfell als auch auf der Resonanzseite meiner 20“ x 17“ Yamaha Bassdrum ausprobiert. Bei den Aufnahmen dieser Bassdrum habe ich keine weitere Instrumente des Drumsets gespielt.
Aufnahme am Schlagfell
Auf der Schlagfellseite habe ich das Mikrofon auf Höhe des Beaters in verschiedenen Distanzen zum Fell platziert. Alle vollkommen unbehandelten Klangbeispiele sind unten aufgeführt.
Ca. 8-10 cm Entfernung zum Schlagfell
Bei dieser Entfernung vor dem Schlagfell hat mir das Ergebnis am besten gefallen. Der Sound beinhaltet sowohl den gewünschten Attack, als auch ordentlich Low-End. Auf Letzteres wäre ich nicht unbedingt aus, wenn ich das Schlagfell einer Bassdrum aufnehmen möchte, aber wegnehmen kann man im Mix ja immer.
Ca. 20 cm Entfernung zum Schlagfell
In 20 und 30 cm Entfernung wird das Ergebnis sehr luftig und der Snaredrum-Teppich wird hörbar(er).
Ca. 30 cm Entfernung zum Schlagfell
In 30 cm Entfernung gefällt mir persönlich der Sound nicht mehr. Die Charakteristik der Bassdrum wird doch zunehmend verfremdet und klingt nun irgendwie „hohl“.
Aufnahme am Resonanzfell
Auch bei der Aufnahme am Resonanzfell habe ich verschiedene Entfernungen gewählt:
Eingang zum Resonanzloch
Hier macht das DPA 4055 genau das, was man von einem richtig guten Bassdrum-Mikrofon erwarten darf: dicke Backen!
Genau, es gibt gut das wieder, was meine 20“ Yamaha Birch Custom Bassdrum auf Lager hat und das komplett ohne EQ und ohne Kompression.
Ca. 5 cm innerhalb der Bassdrum
Klassisch ist die Positionierung eines Bassdrum-Mikrofons innerhalb der Bassdrum.
Ich finde, dass auch hier ein sehr ausgewogenes Ergebnis aus Bassanteilen und Attack aufgrund der Nähe zum Schlagfell zustande kommt.
Aufnahme einer 16“ Bassdrum mit geschlossenem Resonanzfell
Neben meiner „großen“ Bassdrum habe ich außerdem weitere Aufnahmen an einer geschlossenen 16“ Bassdrum gemacht. Zusätzlich zur Bassdrum habe ich hier zusätzlich die Snare gespielt, die daher ebenfalls hörbar ist.
Direkt vor dem geschlossenen Resonanzfell kam folgendes Ergebnis zustande:
Aufgrund der Positionierung des DPA 4055 und seiner Richtcharakteristik „offene Niere“ ergibt sich natürlich ein zu erwartendes „Bleeding“ der Snaredrum.
Trotz der geringen Entfernung zwischen 16″ Kickdrum und Snare ist letztere dennoch angenehm leise.
Die offene Niere ist eine Ausnahmeerscheinung bei Kickdrum-Mikrofonen. Laut Hersteller sind der Entscheidung für diese Richtcharakteristik zahlreiche Hörproben vorausgegangen und die offene Niere wurde als bestklingende Charakteristik für diesen Einsatzzweck beurteilt. Wer hier Bedenken vor Rückkopplungen hat, kann beruhigt sein – selbst bei lauter PA bleibt das 4055 frei von Feedback.
Frequenzgang des DPA 4055 Kickdrum-Mikrofons
Wichtig zu erwähnen ist der lineare Frequenzgang des DPA 4055. Im Gegensatz zu den üblichen Vertretern dieser Mikrofongattung bietet das Mikrofon von DPA einen neutralen Klang ohne Färbung, sodass der Toningenieur alle Freiheiten bei der Klanggestaltung hat. Dadurch lässt es sich eben nicht nur für die Kickdrum einsetzen, sondern auch für andere pegelstarke Instrumente.
Je nach Winkel zum Schlagfell wird eine leichte Änderung des Frequenzgangs in den Höhen deutlich hörbar, wie auf der Grafik oben zu sehen ist. Hier kann man also nach Lust und Laune ein paar Experimente machen und komplett ohne EQing zu gewünschten Ergebnis kommen.
Der neutrale Klang dieses Mikros macht es zum Schweizer Taschenmesser im Studio. Egal ob Jazz, Rock, Pop oder Metal, das DPA 4055 nimmt auf das auf, was „da“ ist und lässt für den Mix freie Hand.