Werte
Die Daten der Einzelkomponenten haben wir ja schon vorgestellt, hier also nur noch der Vollständigkeit halber Gesamtgröße (170 x 19 mm) und Gewicht (158 Gramm). Zu erwähnen ist noch das Rauschverhalten, das laut Kalibrierung mit 16 dB/A um 2 dB besser abschneidet, als in den offiziellen Werten angegeben. Das ist mir schon des Öfteren aufgefallen, dass der Hersteller hier seine Angaben eher etwas konservativ gestaltet, wohl um in jedem Fall auf der sicheren Seite zu stehen.
Verarbeitung
Hier erwarte ich von „Made in Denmark“ natürlich einen perfekten Job. Genau so präsentiert sich das d:dicate 4011A auch. Die Metallarbeiten fallen sehr akkurat aus, die Gewinde laufen sahnig, die Kontakte der XLR-Buchse sind vergoldet, auf der Innenseite der Kapsel ist die Seriennummer aufgebracht.
Die mattschwarze Oberfläche ist sehr schlicht gehalten, alleine ein dünner messingfarbener Ring zwischen Kapsel und Preamp kann als Schmuckelement durchgehen.
Soweit, so gut. Aber das Mikro ist keine Neuware mehr, sondern seit nunmehr sechs Jahren im Testeinsatz. Das sieht man ihm wahrlich nicht an, die geringen Gebrauchsspuren muss man schon fast mit der Lupe suchen. Das lässt auf sehr lange Freude am Produkt schließen.
Obwohl es natürlich auch beim PAD-Schalter qualitativ nichts zu beanstanden gibt, finde ich seine Positionierung im XLR-Stecker doch etwas fragwürdig. So lässt er sich nur bei abgestecktem Mikro bedienen. Das mag im Studiobetrieb noch angehen, im Livebetrieb ist es aber mehr als unpraktisch.
Einsatzzweck
DPA sieht das 4011A vorwiegend zur Abnahme von Instrumenten im Nahbereich. Akustikgitarre, Flügel, Overheads, Percussion und Bläser werden als primäre Einsatzzwecke angegeben. Aber auch als Gesangsmikrofon, hier natürlich mit Windschutz, wird der Kleinmembraner empfohlen. Als Zeugnis dafür hat DPA das Video eines Sting Konzertes online gestellt, bei dem sämtliche Voices mit dem 4011A abgenommen wurden.
Das lässt sich sicher noch erweitern, z.B. bietet DPA die 4011 Kapsel mit dem MMP-C Body ja auch als Bassdrum-Mikro an. Auch mit etwas Entfernung eingesetzt möchte ich mir den Kleinmembraner genauer anschauen, taugt das 4011A als Chor- oder Orchestermikrofonierung?
Praxis
Zunächst beginnen wir aber mit der Akustikgitarre. Ich platziere das Mikro in die Nähe des Hals-/Korpusübergangs. Der Sound klingt sehr linear und natürlich. Die Höhen sind fein aufgelöst, die kleine 10 kHz Anhebung fügt eine angenehme Transparenz hinzu. So klingen meine Saiten deutlich frischer als sie sind. Die hohen Mitten sind gut akzentuiert und fügen eine Räumlichkeit hinzu. Auch die tiefen Mitten bis in den oberen Bassbereich sind voluminös vertreten, ohne dass der Klangabbilder jemals zum Wummern neigt. Das zeigt sich ganz deutlich, als ich das Mikrofon näher zum Schallloch platziere. Insgesamt bietet das 4011A hier eine sehr erfrischende, dynamische Performance, die zudem völlig problemlos abzurufen ist.
Weiter geht es mit Overhead und Percussion. Dafür kommt das d:dicate 4011A zunächst als einzelnes OH über mein Wooden-Drum/Percussion Set. Da die Niere nicht allzu breit abbildet, ist darauf zu achten, das Mikro nicht zu tief zu hängen. Das Overhead liefert hier einen ausgeglichenen Sound, der trotz der von mir verwendeten kleinen und scharfen Becken (Ride 12“, Crash 10“ und 8“, HiHat 8“) nie zu spitz wird. Statt dessen bewahren die Höhen immer eine angenehme Seidigkeit.
Nun nehme ich mir nur die Wooden Bongos vor und setze das Mikro etwa 60 cm darüber. Trotz des Abstandes klingt die Abnahme recht direkt. Im Vergleich dazu gehe ich nun auf 10 cm an die Trommeln ran.
Erstaunlicherweise ändert sich die neutrale Klangcharakteristik kaum, nur das Gain muss natürlich angepasst werden. Hier mache ich nun auch eine Aufnahme, um die Formbarkeit des Sounds zu überprüfen. Am Natürlichsten gelingt das mit einem passiven EQ, der von mir in Plug-in-Form benutzt wird. Hier lässt sich das Signal wirklich in alle Richtungen formen, ohne dass es in irgendeiner Weise aufreißt. Das ist ein deutliches Qualitätsmerkmal.
Um die Schnelligkeit der Ansprache zu überprüfen, wird wieder mit meinem Shaker-Handschuh gearbeitet. Auch hier ein seidiges, angenehmes Klangbild, das direkt ohne zu verschmieren anspricht.
Gespannt bin ich auf die Performance als Gesangsmikrofon. Dafür muss der Kapsel natürlich der Puschel übergezogen werden.
Zunächst interessiert mich nun die Poppempfindlichkeit, aber selbst bei maximal naher Ansprache und willentlichem Übertreiben bekomme ich das Mikro nicht zum Poppen. Grundsätzlich funktioniert das d:dicate 4011A für diese Anwendung also. Aber wie ist der Sound? Nun, auch hier arbeitet das Mikro sehr neutral und direkt, die Stimme stellt sich weit vorne dar. Der Nahbesprecheffekt ist minimal, wer damit arbeiten möchte, für den ist sicher ein herkömmliches Gesangsmikro die bessere Wahl. Durch diese Charakteristik ist es aber auch weniger problematisch, wenn der Abstand zum Mikro mal etwas variiert.
Nun wollte ich das d:dicate 4011A ja auch noch als Chormikro testen. Mangels Mitglieder muss ich das alleine machen und besinge das Mikro mit zunehmendem Abstand. Bis ca. 60 cm bleibt das Signal schön direkt und klar, eine kleinere Besetzung lässt sich also wunderbar mit einem Paar d:dicate 4011A in XY- oder ORTF-Anordnung abnehmen. Auch bei größerem Abstand bleibt das Kleinmembran-Mikro schön fokussiert, nimmt aber natürlich etwas mehr Raum mit auf. Hier würde sich eine Abnahme mit 4 bis 5 Einzelmikrofonen anbieten. Also ist das d:dicate 4011A auch für Abnahme in etwas größeren Entfernungen durchaus gut geeignet.