Hemdsärmeliger Speaker mit Charakter
Die Dynaudio BM 15A sind 2-Wege Aktivmonitore klassischer Bauart, die sich für den Einsatz in mittleren und größeren Tonstudios empfehlen und entgegen dem aktuellen Trend auf komplexe DSP-Regelungen und vielfältige Klanganpassung verzichten. Sie sollen auch so einfach nur neutral und exakt klingen, wie man es von einem guten Studiomonitor erwartet. Ob das gelingt, schauen wir uns gemeinsam an, ok?
Inhaltsverzeichnis
Worum geht es bei den Dynaudio BM 15A?
Aktuell gibt es drei Lautsprecherserien vom dänischen Hersteller Dynaudio:
Die Core Modelle stellt den aktuellen Stand der Technik dar. Die Serie besticht durch integrierte AD-Wandlung, Word Clock und digitalen Schnittstellen (AES3) und kann mittels einer umfangreichen Matrix an die klanglichen Bedürfnisse angepasst werden.
In meinem Test der Core 5 hat sich gezeigt, dass Dynaudio hier definitiv den letzten Rest an „HiFi“-Klang verlassen und einen grundehrlichen Studiolautsprecher auf die Beine gestellt hat.
Die LYD-Serie richtet sich überwiegend an Besitzer von Homestudios und findet sich im unteren bis mittleren Preissegment wieder. Class-D-Verstärker und eine ausreichend gute Anpassung an Raum und Aufstellung machen die LYD-Serie zu einer Empfehlung, wenn man auch gerne Musik zum reinen Genuss hören möchte. Die LYD-Serie kann die Verwandtschaft zu HiFi-Sparte nicht leugnen, überzeugen aber dennoch auch viele Toningenieure.
Der Name BM Classic der dritten Dynaudio Range sagt eigentlich schon alles. Die älteste Baureihe wurde immer wieder überarbeitet und soll auch ohne digitale Unterstützung neutral und überzeugend klingen. Die hier getestete BM 15A ist das größte Modell der Serie und verfügt als 2-Wege System über einen 10 Zoll Tiefmitteltöner und eine 1,1 Zoll Gewebe Kalotte.
Die Ausstattung der Dynaudio BM 15A
Bei der BM 15A kann man definitiv von Lautsprecherbau in der ursprünglichsten Art und Weise sprechen. Eine große Holzkiste, ein Tiefmitteltöner, ein Hochtöner, ein Bassreflexrohr und ein klassischer Verstärker mit integrierter Frequenzweiche, der die beiden Chassis bei 1.800 Hz voneinander trennt.
Auf der Front befinden sich zwei LEDs: Die Status-LED zeigt den Betrieb an, wobei grün für „alles OK“ und „Rot“ für Störung steht. Daneben eine LED, die sich in der Dynaudio-Sprache „true clip“ nennt und das Verzerren der Leistungsverstärker anzeigt.
Ebenso klar und einfach die Rückseite: Der Level-Switch stellt die Empfindlichkeit ein: +4 dB bei 1 m Entfernung für Volllast oder -10 dB/m (unbalanced).
Der HF-Trim-Drehregler regelt die Hochtonwiedergabe ab 1.500 Hz und LF-Trim ermöglicht eine Bass-Anpassung unterhalb von 200 Hz. Dann haben wir noch den Level dB-Schalter, um die Empfindlichkeit zwischen +4 und -10 dB einzustellen. Das Signal wird analog über XLR zugeführt und dann haben wir noch einen Power-Schalter. Eine Standby-Funktion gibt es nicht.
Der Lautsprecher hat ein schwarz furniertes MDF-Holzgehäuse mit den Maßen 45,5 cm (Höhe), 29,0 cm Breite und 38,8cm (Tiefe) und wiegt stolze 18,6 kg. Durch die asymmetrische Anordnung der Chassis gibt es eine linke und rechte Version und man kann bei den Farben zwischen schwarz, schwarz und schwarz wählen.
Die Schallwand ist mit 10 fetten Schrauben am Gehäuse befestigt. Wie bei Dynaudio üblich, sind die Chassis von feinster Qualität. Im Hochtonbereich arbeitet die bekannt gute 28 mm Esotec-Gewebekalotte (mit einem einfachen, abnehmbaren Draht-Schutz), die mit bis zu 1.000 W (Peak) belastet werden kann.
Im Tiefmitteltonbereich haben wir ein mächtiges 10 Zoll Chassis, das mit einer riesigen Aluminiumschwingspule ausgestattet ist und bei Dynaudio von Hand gefertigt wird.
Die Frequenzweiche hat eine Phasenoptimierung, damit das Signal der beiden Chassis im Nah- und Midfield gleichzeitig und phasenkorrekt beim Hörer ankommt. Die Frequenzweiche trennt die beiden Speaker sehr steilflankig mit einem Filter 5ter Ordnung. Und nicht zuletzt darf erwähnt werden, dass im Inneren der Dynaudio BM 15A noch echte MosFET-Verstärker arbeiten: 100 W für den Hochtöner und 200 W für das 10 Zoll Chassis.
Die technischen Daten der Dynaudio BM 15A
- Maximum SPL (1 m, pair) 124 dB
- Verstärkerleistung Tieftöner (W) 200 W
- Verstärkerleistung Hochtöner (W) 100 W
- Untere Grenzfrequenz (Hz @85 dB +/-3 dB) 40 Hz
- Obere Grenzfrequenz (kHz @ 85 dB +/-3 dB) 21 Hz
Die untere Grenzfrequenz scheint mir sehr konservativ angegeben. Wie sich im Hörtest herausgestellt hat, reichen die Bässe bis unter 30 Hz. 124 dB als maximalen Schalldruck ist auf jeden Fall eine Ansage. Selbst mein recht großes Studio mit 35 Quadratmeter in einem Dachstudio mit viel Raumvolumen wurden spielerisch in höchster Lautstärke beschallt.
Die Dynaudio BM 15A in der Praxis
„Hemdsärmeliger Speaker mit Charakter“ habe ich in der Überschrift geschrieben und schon beim Hieven der jeweils fast 19 kg auf meine Speaker-Stands wird die Aussage untermauert. Und rein optisch wirken die 15er ebenfalls sehr mächtig. Die massive Front, der große Tiefmitteltöner und die prominent platzierte Bassreflexöffnung zeigen. Hier geht was.
Und in der Tat, die Dynaudio BM 15A spielen mit der Effizienz eines kanadischen Holzfällers. Eine Axt, ein Hemd und eine Jeans und los geht es. Bei Dynaudio ist es der Verzicht auf jegliche digitale und andere vermeintlich klangverbessernden Hilfsmittel. Den Vergleich mit dem Holzfäller können wir aber gleich wieder fallen lassen, denn tatsächlich gehören die BM 15A zu den besten Monitoren, die ich seit Langen in meinem Studio hatte.
Zunächst ist da die sehr überzeugende räumliche Abbildung. Schon nach den ersten Tönen fällt auf, da ist alles sehr plastisch im Raum verteilt. Jede Klangquelle hat genug Raum und nichts fühlt sich gedrängt oder verwaschen an. Die Höhen sind seidig und sehr transparent. Diese Schnelligkeit kennt man sonst nur von den Beryl Hochtönern von Focal. Selbst die hochauflösenden AMTs (Air Motion Transformer) können hier nach meinem Empfinden nicht mithalten. Diese Balance zwischen Transiente und natürlichem Ausklang ist wirklich sehr überzeugend.
Am unteren Ende des Spektrums merkt man ebenfalls, dass die Dänen eine sehr lange Tradition im Lautsprecherbau haben und nicht nur nach der bestmöglichen Physik streben, sondern auch danach, wie Klang vom Hörer wahrgenommen wird. Der Bass hat nicht die unnachgiebige Härte, die ich von meiner KSD C88 Reference kenne, aber dennoch wirkt das Geschehen im Frequenzkeller sehr organisch und homogen. Der Bass wirkt nie weich oder mulmig, sondern trotz seiner Macht sehr aufgeräumt und strukturieret.
Die tiefen Töne eines Flügels, die knarrenden Grundtöne eines Cellos oder Kontrabasses? Die Dynaudio schafft einen gelungenen Spagat zwischen Kontrolle und Laissez-faire und transportiert tiefste Töne ohne Zeichen von Anstrengung ins Studio.
Die Mitten klingen sehr natürlich und – das mag mein einziger Kritikpunkt sein – etwas zurückgenommen. Hier fehlt vielleicht ein Hauch an Detailreichtum im Vergleich zu den Höhen und Bässen. Nicht, dass die Details nicht vorhanden wären, sie sind nur etwas leiser, was dem gesamten Hörerlebnis aber etwas sehr Entspanntes gibt. Auch unterstützt diese Zurückhaltung der mittleren Frequenzen den weiträumigen Charakter des Lautsprechers.
Ich habe im Vergleich zur Dynaudio BM 15A auch aktuell die neue Core 5 im Studio, die in Kürze in einem Vergleich von Mittelklasse-Monitoren teilnimmt, und so konnte ich mir die beiden Dynaudio Generationen anhören.
Die Dynaudio Core 5 spielt im Vergleich die Rolle des modernen Abhörmonitors. Sie ist viel mehr ein Tool als ein Lautsprecher. Exakte Mitten, Höhen und Bässe straff und exakt und im direkten Vergleich mit der BM 15A ein echter Musterschüler – oder vielleicht sogar ein Streber? Die BM 15A mimt in diesem Bildnis den erfahrenen Lehrer. Sie behält den Überblick, ohne in Hektik zu verfallen und kann, wenn notwendig, mit ihrer schieren Bassgewalt die Klasse mühelos bändigen.
Der junge, moderne Produzent wird sicher auf die Core 5 setzen. Sie macht es dem Toningenieur einfacher, schnell und effektiv zu produzieren. Die BM 15A ist mehr für den erfahrenen Profi: Mit ihr kann man bis in die Nacht an Produktionen arbeiten und eine perfekte Klangbalance zaubern.
Die Mitbewerber der Dynaudio BM 15A
Rein vom klanglichen Charakter kann man die BM 15A sehr gut mit den Monitoren von Focal vergleichen, die es bei Ihren Speakern ebenfalls schaffen, den Spagat zwischen Klanglupe und Abhörmonitor hinzubekommen, ohne den Hörer dabei zu überfordern.
Ansonsten finden sich über 20 Monitore in der Preisklasse von 1.250, – bis 1.600, – Euro (pro Stück) bei Thomann.de. Hier eine konkrete Empfehlung abzugeben, ist sehr schwierig. Vielleicht hilft mein Testbericht von vier aktuellen Monitoren in dieser Preisklasse, der hier in Kürze erscheinen wird? Stay tuned!
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Danke für den Test. Also ein Monitor, der auch als Grenzgänger in den Hifi-Bereich fungieren kann, d.h. Auch zum Musikhören?
Mich würde eine (natürlich subjektive) Aussage zum Klang im Vergleich mit den Neumann KH 150 sehr interessieren.
@Unimoog Hallo Unimoog.
Zum Dynaudio BM15 kann ich nichts sagen aber zum Neumann KH 150 AES67.
Der Neumann KH 150 ist, nüchtern, neutral, „ehrlich“ abgestimmt.
Du musst dich schon ein wenig anstrengen beim Mix,
sofern dein Aufnahme über den Neumann KH 150 überzeugen soll.
Schmeicheln gibt es hier nicht.
Ich nutze die Neumann KH 150 AES67 Monitore mit dem Subwoofer KH750 AES67.
Amazona hat den KH150 auch bereits getestet.
https://www.amazona.de/test-neumann-kh-150-studiomonitore-mit-dsp/
Gruß
SlapBummPop
@SlapBummPop Vielen Dank!
Danke für den Test.
Was ich interessant finde sind die (auch als Negativpunkt gelisteten) „zurückgenommenen Mitten“: ich kannte Dynaudio (in allen Bereichen, d.h. Heim/Profi/IVI) eher als „fast schon zu agressive (Hoch)Mitten – was für mich (Neutralität hin oder her) immer gut war, da ich die Tendenz habe, davon eher zu viel unterzubringen.
Interessant deshalb, daß Dynaudio da anscheinend seine Ästhetik geändert hat.
@moinho Guten Morgen moinho.
Geht mir auch so. Dynaudio mochte ich eigentlich immer gerade wegen ihrer Mitten und Höhen.
Dänen lügen nie“… behauptete der dänische Traditionshersteller Dynaudio in seinem legendärsten Slogan.
Ein zusätzlicher Mitteltöner würde dem Dynaudio BM 15A sicher nicht schaden, aber eben den Preis erhöhen.
Zwei Wege, (ein 10 Zöller mit einem Hochtöner, kein Horn),
ist vielleicht auch ein wenig gewagt.
Gruß
SlapBummPop
Danke für den guten und interessanten Test, Jörg Hoffmann.
Da habe ich leider nicht den Raum dazu.
Kein DSP – Top.
Je eine grüne und eine rote LED – Kuhl, wirklich kuhl.
Gruß masterBlasterFX
@masterBlasterFX und ich nicht das Geld und Raum 😉
„Hemdsärmelig“ bedeutet laut Duden „betont gelassen“, nicht „grobschlächtig oder unsensibel“. Irgendwie geht das Wortspiel im Artikel nicht ganz auf.
Hab den Testbericht mit Interesse gelesen, bin ein Fan (unter anderem) von Dynaudio.
Seit zwei Jahren habe ich ein Pärchen LYD 7 in meinem „Rentner-Studio“, welche ich hier auf AMAZONA vor längerer Zeit einem Test unterzogen habe. Die haben mich damals so begeistert, dass sie mir nicht mehr aus dem Ohr gegangen sind.
Ich kann diesen ehemaligen Slogan „Dänen lügen nicht“ durchaus bestätigen, man kann sehr gut mischen auf ihnen und ich denke, dass hier auch die preiswertere BM-Serie keinen Ausrutscher nach unten darstellt.
Bei meinen LYD 7 bemerke ich einen markant trockenen Klang der Mitten, was man fälschlicherweise für einen zurückhaltenden Mittenbereich halten könnte. Spätestens nach zwei Stunden Mischen damit merkt man aber, dass die Ohren ganz entspannt diesen Bereich bestens wahrnehmen.
Jörg wird mich schon nicht gleich fressen, wenn ich meinen damaligen Testbericht der LYD 7 hier verlinke, denke ich…..
https://www.amazona.de/test-dynaudio-lyd-7/
Musikalische Grüße aus Haag in Oberbayern