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Test: E-MU SHORTboard & LONGboard

E-MU SHORTboard

28. April 2010

Mit den originell benannten Neuheiten SHORTboard 49 und LONGboard 61 hat E-MU nach längerer Zeit wieder zwei Keyboards mit integrierter Klangerzeugung im Programm. Das Marketing untertitelt die beiden Geschwister, die sich nur im Tastaturumfang unterscheiden, als „Professional Performance Instruments“ und empfiehlt sie ebenso für das Studio wie für die Bühne. Sie bieten neben Masterkeyboard- und Controllerfunktionen 128 Stimmen mit voller General-MIDI-Kompatibilität und einer zusätzlichen Auswahl an traditionellen Keyboard- und Synthesizersounds, allerdings ohne tiefere Eingriffsmöglichkeiten in die Klangstruktur. Eine exklusive Besonderheit ist die Integration eines Senders für die drahtlose Audio-Übertragung, der auf E-MUs Eigenentwicklung PIPEline basiert. Da kein PIPEline-Empfänger zur Verfügung stand, konnten wir dieses Feature allerdings nicht testen.

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Im Folgenden haben wir das SHORTboard genauer unter die Lupe genommen.

Langes Brett, kurzes Brett

Langes Brett, kurzes Brett

Auspacken

So, wie der UPS-Mann mit dem Paket unterm Arm die Treppe hochspringt, wird schon vor dem ersten Sichtkontakt klar, dass das Testgerät keine Hanteln ersetzt. Tatsächlich wiegt das SHORTboard 49 bei kompakten Abmessungen von 82 x 29 x 7 cm nur fünfeinhalb Kilo. Am Gehäuse ist leider weit und breit kein Stück Metall zu sehen, dennoch wirkt das eierschalenweiße Kunststoffkleid vergleichsweise fest und wertig. Das sollen wahrscheinlich auch die in schneeweißer Klavierlackoptik gehaltenen Seitenteile unterstreichen, die allerdings im alltäglichen Einsatz schnell zerkratzen und dann nicht mehr ganz so wertig aussehen dürften.

2_Seitenteile und Wheels.JPG

Die Tastatur ist zwar mit 13cm Tiefe sehr kurz ausgefallen (zum Vergleich: Standard bei Digitalpianos ist 15cm), fühlt sich aber trocken angespielt dank der massiven, leicht gewichteten Tasten und des dämpfenden Filzstreifens am oberen Rand sehr ordentlich an. Wegen der kompakten Bauweise und des daraus resultierenden kurzen Hebels lassen sich die Tasten allerdings am oberen Ende nur mit viel Kraft drücken – einer pianistischen Spielweise, bei der die Finger tief in der Tastatur liegen, sind damit von vornherein Grenzen gesetzt. Die mit angenehmem Widerstand laufenden Drehregler sind ungewöhnlich groß und durch die Gummierung perfekt griffig, außerdem stehen sie in einem solchen Abstand zueinander, dass sich wirklich niemand wegen seiner Wurstfinger diskriminiert fühlen kann. Ein Fader zur Dateneingabe, eine dreistellige LED-Anzeige, einige Tasten sowie Pitch- und Modulationsrad komplettieren das Angebot an Bedienelementen.

3_Anschlüsse.JPG

Auf der Rückseite finden sich die Anschlüsse für Netzteil (leider ohne Kabelsicherung), Audio-Out (Klinke), Volume- und Sustain-Pedal, MIDI I/O und USB. Strom fließt, wenn der etwas billig wirkende Dreiwege-Schiebeschalter nach rechts (USB-Buspower) oder links (Netzteil / Batterien) bewegt wird. Der Kanal für die Funkübertragung wird ebenfalls auf der Rückseite eingestellt, und sogar an ein Kensington-Lock zur Diebstahlsicherung wurde gedacht. Vorne gibt es zwei parallele Kopfhörerausgänge. Zum Lieferumfang gehört ein Netzteil mit drei internationalen Adaptern, ein dickes USB-Kabel und ein gedrucktes Handbuch, aber interessanterweise kein Stück Software.

Optisches Zentrum der Bedienoberfläche ist die Matrix zur direkten Anwahl von 32 Sounds. Um deren riesige, runde, rot beleuchtete Taster mit dem Finger zu verfehlen, müsste man schon sehr lange ohne Schlaf musiziert haben. Um herauszufinden, ob der Testkandidat wohl tatsächlich zu dergestalt durchwachten Nächten verführt, müssen wir ihn erst mal…

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Einschalten

Das SHORTboard arbeitet mit Batterien, Netzteil oder USB-Buspower, wobei die Line- und Kopfhörerausgänge ausgerechnet im mittleren Drittel des Volume-Regelwegs ein deutliches Rauschen von sich geben. An den Rechner angestöpselt, wird das Instrument sofort erkannt; erst wenn man es in mehreren gleichzeitig geöffneten Anwendungen benutzen will, muss man einen Treiber von der Herstellerseite laden und installieren. Die MIDI-Buchsen an der Rückseite fungieren als vollwertiges MIDI-Interface, wenn das SHORTboard via USB am Computer hängt. So können auf einfache Weise externe Controller oder Klangerzeuger ins Setup eingebunden werden.

Im Gegensatz zur USB-Leitung verschickt der eingebaute Funksender übrigens Audio-Signale, und zwar in hoher Qualität von 48kHz bei einer Latenz von ca. 5ms, was laut Hersteller die gängigen Sende-/Empfangsanlagen der Konkurrenz übertrifft. MIDI wird leider nicht drahtlos übertragen, womit der Einsatz als Remote-Controller flachfällt.

Kontrollieren

Die Optik der neuen „Performance Instruments“ lässt auf den ersten Blick auf gewöhnliche Controller-Keyboards schließen, und für diesen Einsatz sind sie natürlich auch gerüstet. Als Erstes fallen da die sechs Potis auf, die geradezu danach schreien, mit den Parametern von Softsynthesizern, EQs oder Ähnlichem verlinkt zu werden. Da sie allerdings auf fest eingestellten Controllernummern senden, ist man auf die Learn-Funktion in Softsynth oder DAW angewiesen. Wer beispielsweise Hardware ansteuern will, deren interne Parameternummern ihrerseits festgelegt sind, hat unter Umständen schlechte Karten.

4_Controls.JPG

Wenn die ausgegebenen CCs also nicht zufällig die passenden sind, gibt es immer noch den großen Slider, der alle 128 Controller des MIDI-Protokolls zugänglich macht. Außerdem kann er Programmwechselbefehle senden und erledigt die Anwahl von MIDI-Kanal und Velocity-Kurve im Instrument. Ist der Slider mit der Datenausgabe beauftragt, werden die Octave- übrigens zu Plus/Minus-Tasten zur zielgenauen Werteeingabe. Programm- und Bankwechsel lassen sich außerdem über die Matrix bewerkstelligen. Gesendet wird immer nur auf einem Kanal, die Split- und Layer-Funktionen der Klangerzeugungsebene stehen also nicht für externe Instrumente zur Verfügung. Insgesamt sind die Masterkeyboard-Features damit etwas mager.

Spielen

Da der Testkandidat von der Firma E-MU kommt, die nicht zuletzt in den Neunzigern mit Soundmodulen wie dem Proteus hohe Standards gesetzt hat, sind die Erwartungen an ein Keyboard wie dieses trotz des günstigen Preises hoch. Dies umso mehr, als hier erstmals ein neu entwickelter Soundchip mit einem 64MB-Soundset zum Einsatz kommt, der laut E-MU dank „Pitch-Interpolation“ mit wenig Speicherbedarf „superbe Sounds“ zaubert, die auch noch perfekt auf die Interaktion mit der Tastatur abgestimmt sein sollen.

Neben dem GM-Soundset sollen SHORT- und LONGboard vor allem durch die klassischen Keyboard-Sounds bestechen, die direkt über die Matrix erreichbar sind. In den Kategorien Piano, E-Piano, Organ, Electronic, Synth, Orchestral, Lead Synth und Combo sind insgesamt 64 Programme organisiert, die auf Klassikern wie beispielsweise Fender Rhodes, Hammond B3, SC Prophet 10, Minimoog oder Solina Strings beziehungsweise Kombinationen davon basieren. Man kann aber auch selbst zwei Sounds per Split und Layer über die Tastatur verteilen, wobei der Data-Slider dann ganz bequem die Lautstärkebalance zwischen beiden Klängen regelt.

5_Matrix.JPG

Um es ehrlich zu sagen: Angesichts der großen Worte bin ich ein wenig von den Sounds enttäuscht. Daran, dass Presets erstmal mit Hall zugekleistert sind, hat man sich als Keyboard spielender Mensch ja im Laufe der Zeit gewöhnt. Aber das Piano zum Beispiel, auf das die Entwickler so stolz sind, klingt tendenziell nasal und etwas topfig und spielt sich mit der kurzen Tastatur hakelig. Erstaunlicherweise scheint der Klang mit zunehmender Anschlagsstärke dumpfer statt heller zu werden, erst bei Vollanschlag wird deutlich hörbar auf ein Fortissimo-Sample umgeschaltet. Das Pianissimo klingt wie ein leise gedrehtes Forte.

Gut, Sounds sind immer Geschmackssache, und in Anbetracht des Straßenpreises sind die Klänge, wenn auch nicht besonders modern, sicher zu gebrauchen. Im Licht der selbstbewussten Vorankündigung und im Vergleich zu dem, was man heute sogar von Freeware im Computer gewohnt ist, sind sie aber eben doch eher Durchschnitt. Insbesondere die Synthesizer-Sounds klingen statisch und etwas plastikhaft, atmosphärische Flächen und digitale Klänge fehlen.

Abgesehen von eingangs erwähnter Einschränkung spielt sich die Tastatur des SHORTboard gut, wenn auch der Abstand zur Oberklasse deutlich zu spüren ist. Der Aftertouch ist recht sensibel eingestellt, was je nach Spielweise und Sound von Vor- oder Nachteil sein kann. Leider gibt es keinen Mono-Mode und kein Portamento für einstimmige Moog-Soli oder Sequenzerartiges. Ein Kaufargument könnte für manchen die intuitive Manipulation der internen Sounds mit den Reglern Cutoff, Resonance, Attack und Decay/Release sein, die es etwa beim spontanen Jammen ermöglicht, die internen Sounds an den Kontext anzupassen. Allerdings reagieren die Filterparameter ungewohnt: So hat der Cutoff einen geringen Einsatzbereich, der auch nur in der ersten Hälfte des Regelweges hörbare Ergebnisse zeitigt, und eine Änderung des Resonance-Wertes wirkt sich erst nach erneutem Tastenanschlag aus. Auf gehaltenen Tönen lässt sich also nicht synthesizertypisch mit Cutoff und Resonanz herumschrauben. Unverständlich, wurde doch bei der Soundauswahl viel Wert auf Vintage-Synthesizer-Sounds gelegt. Laut deutschem Vertrieb lässt sich das Betriebssystem aber prinzipiell updaten; vielleicht wird ja eines Tages die Echtzeitfähigkeit der Resonanz nachgeliefert. Immerhin lassen sich die Reglerpositionen mit den Programmen speichern.

Hall und Chorus sind keine Offenbarungen, klingen aber der Preisklasse angemessen und sind natürlich gern genommen, um Sounds anzudicken und aufzuhübschen. Schade nur, dass keine anderen Modulationseffekte wie Phaser, Wah oder Vibrato an Bord sind, denn die würden manchen Vintage-Sound erheblich authentischer wirken lassen.

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Fazit

Was professionell ist und was nicht, entscheidet ja letztlich jeder Benutzer für sich und seine spezifischen Bedürfnisse. Wenn aber übliche Maßstäbe wie roadtaugliche Konstruktion, flexible MIDI-Controller oder State-of-the-Art-Sounds angelegt werden, erscheint der Titel „Professional Performance Instrument“ für das SHORTboard doch etwas hoch gezielt.

Um Missverständnissen vorzubeugen: Für den Preis ist das Gebotene völlig in Ordnung. Das SHORTboard ist eine gute Empfehlung beispielsweise für Songwriter, die auch mal musizieren wollen, ohne gleich den Rechner anwerfen zu müssen und das Keyboard auch gelegentlich in den Proberaum mitnehmen. Aus dem gleichen Grund werden es Heimstudio-Neulinge zu schätzen wissen, die mit den Reglern auch den einen oder anderen virtuellen Parameter „anfassen“ können.

Für den Bühneneinsatz sprechen die blitzschnell anwählbaren Sounds, die viele der in einer (nicht zu experimentellen) Rock- oder Popband benötigten Standards abdecken, außerdem die Split- und Layer-Funktion und der Aftertouch. Als günstiger Einstieg oder als einfache Erweiterung eines bestehenden Keyboard-Rigs ist das SHORTboard eine Überlegung wert, auch wenn die Hardware dafür etwas zart wirkt und die weiße Oberfläche schnell Schmutz anziehen wird. Seltsamerweise hat E-MU trotz Funk und Batteriebetrieb übrigens nicht an eine Möglichkeit für eine Gurtbefestigung gedacht, obwohl Keyboarder heutzutage doch wieder häufig am vorderen Bühnenrand gesichtet werden.

Direkte Konkurrenz gibt es in dieser Preisklasse nicht, schon gar nicht mit integriertem Audio-Sender. Wer mehr ausgeben kann, bekommt mit einem Roland Juno-Di oder Yamaha MM bereits einen richtigen Synthesizer; für weniger Geld gibt’s MIDI-Keyboards ohne Klangerzeugung, dafür mit mehr Reglern. Wer das SHORTboard von der Ausstattung her reizvoll findet, sollte also auf jeden Fall die internen Sounds und das Spielgefühl der Tastatur auf Kompatibilität mit dem persönlichen Geschmack hin abklopfen.

Plus

  • sehr große, griffige, weit auseinanderstehende Regler
  • solide Tastatur mit Aftertouch
  • integriertes MIDI-Interface
  • drahtlose Audio-Übertragung (mit optionalem PIPEline-Empfänger)
  • 128-stimmig polyphon
  • Batteriebetrieb
  • USB-Bus-Powered

Minus

  • MIDI-Controllernummern der Regler nicht veränderbar
  • kurze, im oberen Bereich schwergängige Tasten
  • Grundrauschen
  • Verhalten der Filter-Regler
  • fehlender Mono-Mode für einstimmiges Spiel
  • wackelige Anschlüsse
  • mittelmäßige Sounds

Preis

  • SHORTboard 49, 299 €
  • LONGboard 61, 399 €
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