Verzerrt und zerstört
EastWest LO-FI Sample Library: Dunkle, düstere Texturen treffen auf modern produzierte, kantige Sounds, die weit über die Möglichkeiten klassischer Hip-Hop- und EDM-Toolkits hinausgehen – so beschreibt EastWest seine neueste Library LO-FI, die sowohl als Lifetime-Lizenz als auch im Rahmen des ComposerCloud-Abonnementmodells erhältlich ist.
Kurz & knapp
- Soundästhetik: Rau, schmutzig und charakterstark – ideal für Hip-Hop und darüber hinaus.
- Vielfalt: Frische, ungewöhnliche Presets mit hohem Einsatzpotenzial für verschiedenste Genres.
- Automationen: Umfangreiche Echtzeitsteuerung via X/Y-Pad und DAW-Integration.
- Usability: Intuitive Bedienung und gute Spielbarkeit trotz überschaubarer Synthese-Optionen.
- Preis-Leistung: Für 99 Euro ein klanglich und kreativ überzeugendes Paket.


Inhaltsverzeichnis
EastWest LO-FI Sample Library
Nachdem EastWest mit den Hollywood Strings 2 sowie dem Hollywood Fantasy Orchestra Score- und Game-Score-Produzenten als Zielgruppe angesprochen hat, war insbesondere die zuletzt erschienene und hier getestete Iconic Library auch für Synthesizer-Enthusiasten interessant.
EastWest LO-FI bietet hingegen keine hochglanzpolierten Sounds, sondern stark bearbeitete Klänge für den Einsatz in moderner elektronischer Musik. EastWest selbst beschreibt sie als „verzerrt und zerstört“. Ob und wie das gelungen ist, soll dieser Test zeigen, der wie immer mit der Installation beginnt:
Installation
Zunächst ist das EastWest Installation Center herunterzuladen und zu installieren. Es verwaltet die Downloads und ermöglicht die Installation der Library auf die SSD des Studiorechners. LO-FI ist für EastWest-Verhältnisse nicht besonders umfangreich, dennoch werden rund 23 GB Speicherplatz für die fast 350 Presets der in 44,1 kHz und 16 Bit aufgenommenen Samples benötigt.
Bezüglich der Wortbreite ist das im Vergleich zur Iconic Library ein Rückschritt, da diese hervorragend klingende Library mit 44,1 kHz und 24 Bit ausgeliefert wird. Da man bei EastWest jedoch sein Handwerk versteht, ist anzunehmen, dass dieses Format zugunsten der speziellen Soundästhetik – rau, dreckig und Hip-Hop-typisch – bewusst gewählt wurde.
Als Kopierschutz kommt bei EastWest LO-FI erneut iLok zum Einsatz. Die nach dem Kauf erhaltene Lizenz muss daher mittels der iLok-Software entweder direkt auf dem Rechner oder auf einem iLok-Kopierschutzstecker der zweiten oder dritten Generation hinterlegt werden.
Als Sample-Player dient OPUS, der die altgediente PLAY-Software abgelöst hat und deutlich erweiterte Synthese- und Skriptmöglichkeiten bietet. Für die Entwicklung von OPUS konnte EastWest unter anderem Wolfgang Kundrus (führender Entwickler von Cubase/Nuendo) und Wolfgang Schneider (führender Entwickler von Native Instruments Kontakt) gewinnen. Auch LO-FI nutzt die erweiterten Möglichkeiten dieses Sample-Players intensiv.
Funktionsumfang und Browser
Da ich die grundlegenden Funktionen der OPUS-Engine bereits in meinem Testbericht der EastWest Iconic Library beschrieben habe, hier eine kurze Zusammenfassung:
OPUS gliedert sich in die vier Bereiche Browse, Play, Perform und Mix. Nachdem man über den Browser die gewünschten Sounds geladen hat, lassen sich auf der Play-Page grundlegende Sound-Anpassungen sowie der Einsatz von MIDI-Tools und Automationen vornehmen. In der Performance-Page können Multi-Instrumente mittels Stacks und Splits erstellt werden.
In der Mix-Page von EastWest LO-FI wird schließlich das Ganze über ein virtuelles Mischpult gemischt – unter Einsatz professioneller Dynamics-, EQ- und Effekt-Plug-ins, unter anderem von SSL. So ist ein Mischen auf absolut professionellem Niveau direkt in der Library möglich, ohne dass eine Nachbearbeitung in der DAW zwingend erforderlich wäre. Dank Multichannel-Output stehen aber auch dort alle Optionen offen.
Der Browser des Opus-Players – übersichtlich und funktional. Also losgelegt und das erste Instrument geladen. Die Sounds der EastWest LO-FI Sample Library sind in die Kategorien Bass, Drums & Percussion, Guitars, Keys & Synths, Leads, Orchestral, Pads, Textures und Vocals unterteilt. Die Sounds der gewählten Obergruppe werden dann links im Browser-Fenster angezeigt und können vorgehört werden.
Das ist insbesondere bei der Nutzung der ComposerCloud sinnvoll, da man über dieses Modell auch einzelne Sounds einer Library gezielt downloaden und installieren kann, was hilfreich ist, da eine Komplettinstallation der ComposerCloud-Library sehr schnell den Speicherplatz des Studiorechners überfordern würde.
Ebenfalls nützlich ist die über den Browser-Spalten eingeblendete Kurzbeschreibung des jeweils angewählten Sounds. Die häufig verwendeten amerikanischen Superlativ-Beschreibungen wirken aus europäischer Sicht allerdings gelegentlich unfreiwillig komisch – Drama, Baby!
User-Interface und Sound-Manipulation
Hat man sich für einen Sound entschieden, wird dieser per Mausklick entweder direkt von der SSD geladen (bei Vollinstallation) oder – bei erstmaligem Aufruf im ComposerCloud-Modell – zunächst heruntergeladen und installiert. Spätestens dann wird das Play-Fenster zur zentralen Schaltstelle.
Bei genauerer Betrachtung ist das Play-Fenster – abgesehen von der grafischen Gestaltung – funktional zu 100 % identisch mit dem der EastWest Iconic Library.
Links oben befindet sich die Eingangssektion mit einem Gain-Regler, einem Regler zur Einstellung der Anschlagsdynamik sowie einem Stereo-LED-Meter zur Anzeige des Ausgangspegels. Darunter sind Portamento-Funktionen, die Einstellungen des Arpeggiators, Auto-Pan, Stereo-Doubling, ein Ringmodulator sowie eine Drive-Funktion zu finden, die das Klangbild andicken – damit ist die linke Hälfte des Interfaces vollständig ausgestattet.
In der Mitte des GUIs befindet sich unter dem prägnanten LO-FI-Logo ein Oszilloskop, das die ausgegebene Schwingungsform visualisiert. Direkt darunter liegt das Herzstück für spontane Klangeingriffe: ein großes X/Y-Touchpad mit den vier Effekten Stutter, Dream, Space und Grid.
Effekte
Von diesen vier Effekten der EastWest LO-FI Sample-Library kann jeweils nur einer gleichzeitig aktiv sein und über das Pad angesteuert werden. Allerdings lässt sich über Automation zwischen den Effekten umschalten und auch die Bewegungen auf dem Pad können in der DAW aufgezeichnet und automatisiert werden.
- Stutter steuert die Intensität des LFO und den Cutoff des Lowpass-Filters.
- Dream kontrolliert Auto-Pan, Stereo-Doubling und Reverb-Mix.
- Space regelt Chorus und Delay.
- Grid steuert Phaser und Bitcrusher.
Die Effekte sind genretypisch gut ausbalanciert und insbesondere durch Automationen lassen sich damit sehr lebendige Klangverläufe erzeugen.
Filter und Modulation
Unter dem X/Y-Pad befindet sich die Filter-Sektion, die über ein Highpass-Filter (2- und 4-Pol State-Variable-Filter) und ein Lowpass-Filter (LP 4-Pol Ladder-Filter, 2- und 4-Pol State-Variable-Filter) verfügt. Beide Filter lassen sich klassisch über Cutoff- und Resonance-Regler steuern und automatisieren.
Die Modulationssektion mit je einer dedizierten ADSR-Hüllkurve für Amp und Filter sowie dem – leider einzigen – LFO befindet sich auf der rechten Seite des GUIs. Darunter liegt die Effektabteilung mit Chorus, Phaser, Delay und Reverb.
Eine Modulationsmatrix oder tiefergehende Synthesemöglichkeiten sucht man – wie schon bei Iconic – auch hier vergeblich. Immerhin können Filter und Ringmodulator über Anschlagsdynamik, Hüllkurve und LFO moduliert werden, die entsprechenden Regler befinden sich jeweils direkt in den zugehörigen Sektionen.

In der Play-Sektion können Parameter für Automation in der DAW und für Fernsteuerung über MIDI-Controller zugewiesen werden. Die Nutzung ist für das Erzielen von lebendigen Sounds essentiell.
Im Vergleich zur Iconic Library hat sich in dieser Hinsicht bei EastWest LO-FI nichts geändert. UVI Falcon bietet deutlich mehr Synthesemöglichkeiten, Native Instruments Kontakt 8 sehe ich – je nach verwendeter Library – in etwa auf Augenhöhe. Letztlich kommt es jedoch vor allem auf die Qualität der Samples und der daraus erstellten Patches an.
LO-FI bedeutet raue Samples
Die Sounds der EastWest LO-FI Sample Library sind allesamt erfrischend anders – rau, räudig, aber keineswegs nur für Hip-Hop-Produzenten interessant. Sie lassen sich universell einsetzen: als besondere Elemente im Arrangement oder als Dopplung auf anderen Sounds, um eine Portion Schmutz und Charakter hinzuzufügen.
Die Bässe schieben ordentlich, bei den Drums überzeugen insbesondere die auf Band aufgenommenen TR-808-Sounds, die sich im Arrangement hervorragend durchsetzen. Die Leads sind teils herrlich quengelig und bestens geeignet für Hooklines mit dem gewissen Etwas.
Die Orchester-Sounds sind angenehm verzerrt, Pads und Texturen lassen sich hervorragend mit analogen Synths kombinieren. Auch die Vocal-Sounds wissen zu gefallen – wobei „gefallen“ vielleicht nicht ganz der richtige Ausdruck ist …
Mit den Sounds lassen sich zahlreiche Genres abdecken: Natürlich an erster Stelle Hip-Hop, aber auch Pop-Songs, Game-Scores oder instrumentale Tracks können mit der EastWest LO-FI-Library klanglich veredelt werden. Die Library ist schlichtweg erfrischend anders.
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Mein OPUS Player will neben dem USB ilok auch noch Internet beim ersten Start haben… sonst schmiert er ab. Etwas hampelig bei nem Studiorechner ohne Internet…
@dadda_dave Hallo, das ist leider richtig, das der Opus Player hin und wieder eine Internet Verbindung verlangt (besonders nach Updates) , aber ich habe es inzwischen aufgegeben, den Studiorechner offline zu lassen, Ilok, Softube, und sonstige regelmäßige Updates, man kommt ohnedies nicht drum rum.
Meist gehe ich offline, wenn cubase läuft und alle Plugins geladen sind und gut. Ich habe auch Kollegen die ständig online sind.
@toneup Tendenziell hab ich auch kein Problem mit nem Studiorechner der online ist. Ich bin nur (noch) zu geizig in unserem Studio für so nen Käse Internet zu bezahlen. :)
Da reicht dann ab und an der Hotspot vom Handy.
Wollte das auch nur ergänzend zum Kopierschutz sagen, seitdem ich das weiß überlege ich 3x, ob ich noch eine EastWest Library brauche. Für die einsame Insel ist das auch nix 😅
Grüüße!
@dadda_dave HotSpot ist ja ohnedies ausreichend, aber downloaden muss man das ganze ja auch. Dafür ist ein HotSpot je nach Anbieter und Vertrag dann doch etwas schwachbrüstig
Verstehe ich es richtig, dass hier ein Haufen Samples mit Kopierschutz in einem zu installierenden Softwaresample-Player mit rudimentären Editionsmöglichkeiten und Onlinezwang eingesperrt werden?
@massenvernichtungswaffe.de Der Haufen Samples wurde speziell für diesen Zweck produziert und optimiert, das hört und spürt man beim Spielen, da steckt viel Arbeit und Know How drinnen.
@toneup Die Qualität der Samples in Frage zu stellen war nicht meine Intention ;-)
Voll daneben. Würde ich alleine wegen iLok nicht kaufen. Dass obendrein ich noch online sein müsste, die haben doch einen Vogel.
@toneup Viel Arbeit steckte auch in der Libraries von East West in den Neunzigern. Der „Kopierschutz“: eine CD.