ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE

Test: Electro Harmonix Dirt Road Special, Gitarrenverstärker

Die Rückkehr eines Kultamps

22. Oktober 2019
Electro Harmonix Dirt Road Special

Electro Harmonix Dirt Road Special Gitarrenverstärker

Normalerweise kennen und lieben wir alle ja den etwas schrägen Mike Matthews und seine Firma Electro Harmonix wegen der vielen, vielen Effektpedale, die uns gefühlt seit Anfang der Zeitrechnung auf Schritt und Tritt begleiten. Übrigens: Wer sich für die Geschichte von Mike Matthews und seinen Wunderkisten interessiert, dem sei unser Artikel „Die electro-harmonix Story“ empfohlen, mit einem Klick HIER ist der Weg dort hin nicht weit. Doch nicht nur eine schier endlose Anzahl von Bodentretern füllt das Programm von EHX – mit dem Electro Harmonix Dirt Road Special Gitarrenverstärker holt EHX nun einen kleinen Amp auf die Bildfläche zurück, den es zu Beginn der 70er Jahre schon einmal gab. Was dieses Remake uns zu bieten hat, werden wir im folgenden Artikel versuchen zu klären.

Electro Harmonix Dirt Road Special Gitarrenverstärker Panel

ANZEIGE

Electro Harmonix Dirt Road Special – Facts & Features

Beim Electro Harmonix Dirt Road Special haben wir es mit einem einkanaligen Gitarrenverstärker auf Transistorbasis zu tun, der eine Ausgangsleistung von 40 Watt über einen 12″ Lautsprecher in einem Combogehäuse liefert. Für einen Amp dieser Leistungsklasse ist das Gehäuse mit seinen 445 x 267 x 394 mm recht kompakt ausgefallen und auch das Gewicht von rund 13 kg überrascht erst mal positiv. Vielleicht ist es auch ganz einfach auf die dünne Wandstärke des Gehäuses zurückzuführen, denn bei einem Verkaufspreis von deutlich unter 400,- Euro sollte man keine massive finnische Birke oder Ähnliches erwarten.

Ein ausreichend dimensionierter Griff auf der Oberseite ermöglicht einen sicheren Transport des Gitarrenverstärkers, während auf der Unterseite vier massive Gummifüße für einen sicheren Stand sorgen. Schön ist, dass alle Ecken einen Kantenschutz aus Metall bieten, so werden kleinere Stöße problemlos weggesteckt. Weniger schön präsentiert sich allerdings die Befestigung des Verstärkerchassis im hinteren Teil des Gehäuses, an dieser Stelle wurden die Stützeinlagen ein gutes Stück zu tief unter dem eingesetzten Verstärkerteil angebracht, was trotz ausreichend angezogener Verschraubung zu einem deutlichen Spiel (etwas böser ausgedrückt könnte man auch Klappern dazu sagen) der Konstruktion führt. Wenn der Amp auf seinen Füßen steht, ist davon nichts zu bemerken, ich habe dieses Problem erst beim Rangieren des Amps festgestellt. Möglich, dass dieses Manko nur unser Testmodell betrifft, man sollte es in einem Review aber dennoch erwähnen.

Electro Harmonix Dirt Road Special

So spartanisch die Bedienung und die Ausstattung des Amps vor gut 50 Jahren schon waren, so identisch zeigt sich dieses Bild auch im Jahr 2019. Beginnen wir mit den Anschlüssen, von denen sich ganze zwei auf der Unterseite befinden. Eine der Buchsen sorgt für den Anschluss des eingebauten Lautsprechers, der von EHX stammt und mit seinen 75 Watt Belastbarkeit an 8 Ohm eine gute Reserve bzw. ausreichenden Headroom für die 40 Watt starke Endstufe bieten dürfte. Ein weiterer dient zum Anschließen eines Fußschalters, mit dem der integrierte DSP-Hall zugeschaltet wird und der sich zusammen mit einem ausreichend langen Kabel im Lieferumfang des Verstärkers befindet. Hier hat EHX die Algorithmen des Holy Grail Max Reverb Hall-Pedals integriert, wählbar in den Variationen Spring, Hall, Plate und einem Rückwärts-Hall (Reverse). Die Intensität sowie die Tiefe des Effektsignals kann über die zwei Regler „Reverb“ und „Time“ justiert werden.

Weitere Effekte lassen sich nicht in den Signalweg des Electro Harmonix Dirt Road Special integrieren, denn es mangelt schlicht und ergreifend an der entsprechenden Hardware, einem Effektweg nämlich. So wird der sinnvolle Einsatz von Geräten zumindest aus der Kategorie der Modulationseffekte deutlich erschwert, was ja in Anbetracht der Tatsache, dass es sich bei Electro Harmonix um einen der größten und traditionsreichsten Effektgerätehersteller des Planeten handelt, schon ein wenig seltsam anmutet.

Und damit sind wir schon beim Bedienpanel des Dirt Road Special angelangt!

ANZEIGE
Electro Harmonix Dirt Road Special

Dirt Road Special Reverb Section

Sechs Drehregler befinden sich auf dem Bedienpanel, über drei von ihnen haben wir im Rahmen der Betrachtung der Effektsektion bereits gesprochen. Bleiben also, neben dem Power-Schalter und der Eingangsbuchse, noch drei übrig. Zunächst einmal wäre da das Volume-Poti, das ohne Umwege direkte Auswirkungen auf die Endstufe nimmt – ein Mastervolume existiert nicht. Die beiden Regler für „Tone“ und „Bite“ versuchen ihr Bestes, um eine Klangregelung zu ersetzen. Die mechanische Qualität der Potis geht für einen Gitarrenverstärker dieser Preisklasse in Ordnung, nichts wackelt oder kratzt etwa. Allerdings verläuft der Regelweg des Volume-Potis alles andere als linear, das kann ich an dieser Stelle schon mal verraten. Bereits der erste Millimeter Bewegung hat einen unangenehm starken Pegelsprung zur Folge, gefühlt drückt die Endstufe da bereits schon locker 10 Watt ab, was besonders beim Üben oder Aufnehmen für den einen oder anderen Schockmoment (bei den Nachbarn) sorgen könnte. Ein typisch rüpelhaftes Verhalten für Potis bei günstigen Amps, könnte man sagen. Hier ist also extremes Fingerspitzengefühl beim Einpegeln der gewünschten Lautstärke angesagt!

Electro Harmonix Dirt Road Special Gitarrenverstärker  in der Praxis

Noch bevor der erste Ton aus dem Speaker erklingt, sollte man sich möglichst gut die Ohren zuhalten – oder aber den Reverb-Regler sicherheitshalber zudrehen. Denn kurz nach Umlegen des Netzschalters meldet sich der Dirt Road Special nicht nur mit der aufleuchtenden roten Power-Lampe, sondern auch mit einem ohrenbetäubenden Krachen zu Diensten, was wohl an der Implementation des Digitalhalls liegt, wenn sich dieser (noch) im Signalweg befindet. OK, kein besonders guter Beginn, jedoch weht nach dem etwas rauen Start nur ein ganz laues Lüftchen aus der schwarzen Kiste, in Sachen Grundrauschen wirkt das hingegen sehr positiv und beruhigt die Gemüter wieder etwas.

Der Klang des Electro Harmonix Dirt Road Special Gitarrenverstärkers ist in der Tat sehr offen, luftig und mit einem ziemlich zerrungsresistenten Headroom ausgestattet, der das Erreichen eines auch nur annähernd nach Overdrive klingenden Sounds nahezu unmöglich macht. Zumindest ich konnte mit keiner der mir zur Verfügung stehenden E-Gitarren dem DRS eine Art Verzerrung entlocken. Vielleicht ist das ja mit aktiven Pickups möglich, aufgrund der Transistorschaltung des Amps sollte man aber hier keine Wunder erwarten, wohl aber einen Sound, der in die berühmt-berüchtigte „Rasierapparat-Ecke“ passen könnte. Die Domäne des kleinen Würfels sind ganz klar frische, bissige und vor allem laute Cleansounds, die sich mit einem erstaunlichen Schalldruck Respekt im Bandgefüge verschaffen sollten und zudem mit den hervorragend klingenden Hallsounds verfeinern lassen. Spontan würde mir der Bereich „Funk“ als ideales Einsatzgebiet für den Amp einfallen.

Beim Thema Hall ist EHX hingegen schon immer ganz vorne mit dabei und mit der Implementierung der Algorithmen des Holy Grail sowie der fein abgestimmten Möglichkeit der Dosierung mittels der zwei Potis sind die vier Reverb-Programme mit Abstand das Highlight des Electro Harmonix Dirt Road Special. Effekte bauen können sie eben bei EHX, den abgedroschen Spruch mit den „Schuster und bei den Leisten bleiben“ erspare ich uns aber an dieser Stelle besser.

Electro Harmonix Dirt Road Special

Electro Harmonix Dirt Road Special – Die Klangbeispiele

Für die folgenden Klangbeispiele habe ich meine Music Man Silhouette Special benutzt, als Mikrofon vor dem Electro Harmonix Dirt Road Special wurde ein AKG C3000 verwendet. Die Tracks 1 bis 4 wurden ohne weitere Effekte aufgenommen, hier hören wir den Sound des DRS pur. Im letzten Beispiel hingegen habe ich einen Booster zwischen Amp und Gitarre geschaltet, um einen Eindruck davon zu präsentieren, wie sich der Amp im möglichen Zerrbetrieb verhält. Da gibt es ganz sicher ganz viel Besseres am Markt.

ANZEIGE
Fazit

Wer bei seinem Repertoire bzw. Stil überwiegend mit unverzerrten Sounds auskommt und dabei einen sehr gut klingenden Hall gerne als Extra mitnimmt, der könnte im kompakten und vor allem recht günstigen Electro Harmonix Dirt Road Special einen passenden Partner gefunden haben. Einfach wird der Amp es aber bei dieser Konkurrenz in der Mittelklasse jedoch nicht haben, dazu ist er schlicht zu unflexibel im Klang und zu mager ausgestattet.

Plus

  • Lautstärke/Schalldruck und Headroom
  • hervorragende Hallsounds
  • klein und kompakt

Minus

  • Verarbeitungsmängel (lockeres Verstärkerchassis)
  • heftiges Einschaltknacken (bei aufgeregeltem Reverb im Signalweg)
  • Klang wenig flexibel
  • Volume-Poti nicht linear im Verlauf
  • kein Effektweg

Preis

  • 375,- Euro
ANZEIGE
Klangbeispiele
Forum
  1. Profilbild
    harrymudd AHU

    Das verbaute Poti IST linear – deshalb dieser abrupte Lautstärkeanstieg.
    Als Lautstärkeregler werden gewöhnlich logarithmische Potis verwendet, dessen Kennlinie dem Lautstärkeempfinden des menschlichen Ohres entspricht.
    Meine Theorie: Verstärker mit linearen Potis sind auf ‚2‘ gestellt schon brüllend laut während einer mit logarithmischem Volumenregler für die gleiche Lautstärke auf 7 gestellt werden muss. Der Lineare ist also ‚lauter‘ dh besser:)

  2. Profilbild
    Cristian Elena RED

    Reverse Hall? Ungewöhnliches Feature für einen so kleinen Amp – ob sich dabei Shoegazer und Dream-Poper angesprochen fühlen sollten …? ;-)

  3. Profilbild
    El Pony

    Die Cleansounds sind ja laut dem Bericht die Domäne des DRS. Daher ist es schade, dass bei den Klangbeispielen der Amp nicht clean bzw. ohne Reverb zu hören ist.

  4. Profilbild
    AMAZONA Archiv

    Bin zu dem Amp gekommen wie die Jungfrau zum Kind. Wollte gar keinen Verstärker mehr kaufen (hab ja genug) aber das Teil hat mich in seinen Bann gezogen. Der Amp ist nicht vielseitig, das stimmt aber er hat Charakter: mir gefällt der Cleansound mit dem Headroom ohne zu verzerren und das Reverse Deleay, welches wenn man es niedrig einstellt ein schönes Slapback Echo erzeugt. Der Einschleifweg fehlt mir überhaupt nicht. Wer seine Effekte nutzen möchte, schaltet sie einfach vor den Amp und gut is‘. Bei 375 Öcken kann man wirklich nicht meckern, manch ein Pedal kostet mehr. Eines sollte aber klar sein: das ist kein Bedroom Amp! Trotz seiner geringen Größe hat der Brüllwürfel das Zeug sich in einer Band gut durchzusetzen. 40 Transistorwatt können verdammt laut sein! Für mich klingt er am besten mit einer Tele. Zusammen mit einem Boost und Low-Overdrive bekommt man tolle, angezerrte Sounds, die wirklich überzeugen. Geiler Amp!

Kommentar erstellen

Die AMAZONA.de-Kommentarfunktion ist Ihr Forum, um sich persönlich zu den Inhalten der Artikel auszutauschen. Sich daraus ergebende Diskussionen sollten höflich und sachlich geführt werden. Politische Inhalte und Statements werden durch die Redaktion gelöscht.

Haben Sie eigene Erfahrungen mit einem Produkt gemacht, stellen Sie diese bitte über die Funktion Leser-Story erstellen ein. Für persönliche Nachrichten verwenden Sie bitte die Nachrichtenfunktion im Profil.

ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
X
ANZEIGE X