Freaky vollparametrischer Equalizer
Die US-High-End-Schmiede Empirical Labs legt mit dem 19″ 1 HE Lil FrEQ einen 4-bändigen vollparametrischen Equalizer der preislichen Oberklasse auf. In dieser Region ist die Luft recht dünn, die Konkurrenz übersichtlich, die Käuferschicht sicher nicht in der breiten Masse zu finden.
Empirical Labs El-Q Lil FrEQ – Hintergrund
Empirical Labs wurde Ende der 1980er Jahre gegründet. Der Gründer Dave Derr hatte als Ingenieur bei Eventide gearbeitet und war an der Fertigung des H3000 und des DSP 4000 Ultra-Harmonizer beteiligt. 1994 begann das junge Unternehmen mit seiner ersten eigenen Fertigung, der Distressor wurde geboren und ab 1996 ausgeliefert. Zu dieser Zeit stieß Gil Griffith ins Unternehmen, der sich fortan um die nötige PR kümmern sollte. Die Firmenbeschreibung liest sich erfreulich erfrischend und irgendwie anders, als man es sonst von Global Playern gewohnt ist.
Die TOP 3 der hergestellten Produkte komplettieren das Empirical Labs Sortiment durch den FATSO Jr. Kompressor mit Bandsättigung. Im digitalen Zeitalter hat Empirical Labs auch Plugins seiner Produkte und weitere analoge aber digital gesteuerte Hardware im Portfolio, auch ein DIY 500er Bausatz ist erwähnenswert. Doch eines eint die Sicht auf Empirical Labs Produkte: Das sind doch die mit den großen weißen Knöpfen.
Empirical Labs Lil FrEQ Equalizer – der Name ist Programm
Lil FrEQ, ausgesprochen kleiner Freak, das ist ein lieb gemeinter Kosename für einen Fachidioten, einen Tüftler, einen Perfektionisten oder in diesem Fall jemand, der ganz mit seiner Audiowelt verschmilzt.
Der Empirical Labs Lil FrEQ hat ganze 8 Sektionen, die den anliegenden Sound manipulieren können. Ich stelle alle Sektionen kurz einzeln vor, danach deren Ineinandergreifen.
Alle Sektionen können per Bypass einzeln deaktiviert werden, alleine dieses Feature zeigt schon Weitblick, denn so kann fein und punktuell angesetzt werden.
Jeder Musiker nutzt einen EQ, ob direkt am Instrument, am Amp oder beim Recording. Selbst ein Sänger, der seine Mundwinkel und Gesichtsmimik absichtlich verformt, verändert Frequenzen.
Empirical Labs Lil FrEQ – Hipass-Funktion
Das Signal wird um wahlweise 30, 60, 80, 100, 140, 200, 270 bzw. 330 Hz beschnitten, d. h. nur die jeweils darüber liegenden Frequenzen werden zu weiteren Bearbeitung durchgelassen. Ausdünnung im Bassbereich ist das Stichwort. Sinnvoll, wenn Tieffrequentes eher stört und im Originalsignal nicht relevant ist.
Empirical Labs Lil FrEQ – Shelf-, Bass- und Höhenbearbeitung
An dieser Stelle kann der Gesamtsound im Bassbereich um 120 Hz und im Höhenbereich um 4 kHz bis zu 10 dB geboostet oder abgesenkt werden. In manchen Fällen macht das einen weicheren Klang, grade wenn der restliche EQ voll aktiv ist oder nur der Shelf-Bereich aktiv ist. Die Wirkungsweise ist rein optisch vergleichbar mit dem Bild einer ansteigenden bzw. abfallenden Sinuskurve. Klanglich wirkt das erzielte Ergebnis auf mich weich und doch kraftvoll. Im Mastering kann die Shelf-Funktion alleine schon die Stereospur auf Kurs bringen.
Empirical Labs Lil FrEQ – 4-Band parametrischer EQ
Parametrisch bedeutet, die zu verändernde Frequenz kann meist stufenlos aber immer gezielt angewählt werden. Die vier Bänder des Empirical Labs Lil FrEQ sind in LF, Lo Mid, Hi Mid und HF aufgeteilt. Die wichtigen Mitten bekommen mit der zweifachen Regelmöglichkeit eine noch feinere Justierung zugedacht, da das menschliche Ohr diese Frequenzen als besonders durchsetzungsfähig und warm wahrnimmt. Jede der vier Bänder hat Einstellmöglichkeiten zu Bandbreite, also den Wirkungsgrad um die gewählte Kernfrequenz, Anhebung bzw. Absenkung und Anwahl der Frequenz, die gefärbt werden soll.
Im Gegensatz zum grafischen EQ kann die Parametrik viel gezielter eine gewählte Frequenz färben, ein grafischer EQ hat feste Frequenzwerte, die Parametrik regelt stufenlos, der Empirical Labs Lil FrEQ bietet in allen 4 Bändern übersprechend einzustellende Frequenzen.
Empirical Labs Lil FrEQ – DS De-Esser
Empirical Labs hat den Lil FrEQ mit einer weiteren Sektion ausgestattet, die im Studioalltag gerne Anwendung findet. Die De-Esser Funktion kann störende Zischlaute gezielt glätten. Zischlaute kommen entweder direkt aus dem Munde der Vokalisten, oder entstehen durch ungünstiges Zusammenspiel von Equipment und Stimme. Natürlich kann diese Funktion zweckentfremdet genutzt werden, denn alle Sounds, die sich um 1 kHz bis 10 kHz tummeln, können sanft bis hart gestaucht werden, ein zuschaltbarer HF-Limiter sägt unerwünschte Peaks gleich ganz weg.
Empirical Labs Lil FrEQ – Eingänge
Der Empirical Labs Lil FrEQ kann in zwei Hauptmodi betrieben werden. Das Signal wird mit den rückseitigen I/Os mit der DAW verbunden, so kann der Lil FrEQ mono eingeschleift oder für einzelnes Signal bzw. einer Mono-Subgruppe vor der Summierung genutzt werden. Die 1 HE Einheit bietet frontseitig auch einen Instrumenteneingang, der mit einer Klinkenbuchse ausgestattet ist.
Bass, E-Gitarre, E-Geige usw. werden vorverstärkt, um dann den EQ zu durchlaufen und am Ende, wie ein vorgemischtes DI-Signal in die DAW eingebunden zu werden. Dieses Feature macht den Lil FrEQ zur 2-in-1 Lösung. Auch hier wurde studiotauglich mitgedacht.
Empirical Labs Lil FrEQ – Aussehen
Als letztes frontseitiges Feature müssen unbedingt die zur Corporate Identity gewordenen großen weißen Knöpfe erwähnt werden. Diese zieren Inputs und Outputs und regeln Eingangs- und Ausgangslautstärke des Lil FrEQ. Der Input-Drehregler reagiert entweder auf das rückseitig anliegende Line-Signal oder das frontseitige anliegende Instrumentensignal und ist mit einer Clip-Anzeige versehen, wenn zu großzügig eingespeist wird.
Das verlinkte Video zeigt die Basisfunktionen des kleinen Freaks.
Empirical Labs Lil FrEQ – Klangverhalten des paramtetrischen Equalizers
Gleich vorweg, viele auf dem Markt erhältliche EQs haben vier parametrische Bänder und auch ähnliche Stellschrauben, die das Audiosignal verändern können. Doch der Empirical Labs Lil FrEQ kann mit der Kombination all seiner Features extra punkten. Zwar ist die Testeinheit nur mono, doch lässt das schon die Einsatzmöglichkeiten im Stereobetrieb oder gar mit vielen Einheiten erahnen.
Das Teilchen ist ne echte Waffe, wenn es im übertragenen Sinne um gewolltes Hüftgold oder punktuelles Behandeln von Zahnschmerzen geht. Ein genauer Blick ins Handbuch lohnt, denn dort stehen sehr detailliert beschriebene Kniffe, wie man für verschiedene Anwendungsgebiete schnelle und gute Ergebnisse erzielen kann. Das menschliche Ohr nimmt das Frequenzspektrum vielschichtig wahr.
Besonders der Mittenbereich, dort wo die Wärme und Durchsetzungskraft eines Instruments entsteht, erfährt besondere Aufmerksamkeit. Der Bassbereich, der mal druckvoll, mal fett, aber weich abgebildet werden will, kann auch nur durch die Shelf-Funktion aufgehübscht werden. Zuletzt die Höhen, die zugleich Fluch und Segen sein können. Diese sind ebenfalls per Shelf-Funktion seidig zart bis brillant zu manipulieren, störende Zischlaute können per De-Esser Funktion minimiert werden. Alle Bänder gehen stufenlos und mit regelbarer Flankensteilheit einher und sind immer in die nächste Sektion übersprechend angelegt. Das ist sehr schlau, denn oft sind es die Überschneidungen, die im Mix den Unterschied ausmachen. Empirical Labs Lil FrEQ steht, mit meinen Ohren gehört, für zielgenauen fein justierbaren EQ-Eingriff, mit sattem Subbass-Anteil, facettenreichen Mitten und crispen Höhen.
Gilt das auch für die DI-Funktion?
Der Instrumenteneingang mit DI-Funktion bestätigt das genauso, beispielsweise beschrieben sind sogar angezerrte Bass-Sounds möglich. Der Lil FrEQ ist jetzt als reine Vorstufe eingesetzt, er beschert einen große Dynamikumfang, schnell werden Clippings und Peaks generiert, jetzt ist moderate Spielweise gefragt oder man lässt genügend Headroom bei der Aussteuerung zur DAW.
Equalizer, Boost oder Cut?
Das Handling mit einem EQ lässt 2 Philosophien zu:
- Klassischerweise zur Entzerrung werden dem aufgenommenen Signalen störende Frequenzen genommen.
- Oder es werden aufgenommenen Signalen gezielt Frequenzen zugesprochen, sprich geboostet.
Viele Wege führen nach Rom, der Empirical Labs Lil FrEQ erweist sich als vielseitiger und top vorbereiteter Reiseführer.
Tipps und Tricks, Neve 1073 Emulation
Es kann z. B. die NEVE 1073 emuliert werden. Empirical Labs hat dazu Markierungen auf der Frontplatte, die genau die Frequenzen und Kurven des NEVE1073 Preamp EQs nachahmen, mit zwei Symbolen gekennzeichnet. Ein „N “ sowie ein kleines „Donut“-Symbol.
Um die richtige Kombination von Frequenz und Bandbreite einzustellen, sollten die Parameter auf die Symbole eingestellt sein, um die Emulation zu vervollständigen, sollte der Transformatoren-XLR-Output verwendet werden. Leider liegt mir keine Neve 1073 Vergleichsmöglichkeit vor, sollte jemand den direkten Vergleich haben, bitte postet eure Erfahrungen.
Soundbeispiele zum Empirical Labs Lil FrEQ
Ich habe als DI-Signale E-Bass und Piezo-Nylon-Gitarre eingespielt, verschiedene EQ-Settings sowie ein Bypass-Signal aufgenommen. Ferner eine 12-saitige Westerngitarre, diese wurde mono mit einem Beyerdynamic MC 930 mikrofoniert. Dazu ein paar Stimmübungen und geloopte Drums vom Sampler, mono summiert.
Die DI-Signale vom Bass haben die meisten Variationen, da ich während des Spielens am EQ rumdrehen konnte, hier ist jedes Band einzeln zu hören. Ein Beispiel zeigt 4 linear aufgenommene Gitarren, alle mittig mono platziert, dem gegenüberstehen dieselben 4 Gitarren, aber jeweils einzeln mit je einem Band manipuliert.
Das Bild unten zeigt die beiden Feinsicherungen, die bei Bedarf sehr schnell gewechselt werden können.
Echt jetzt? Nicht einmal eine Stereoverlinkung hat das Mono-Monster? Funktional mag es ja gemeint sein, aber diese Panelüberfrachtung macht Augenkrebs. Fast hätte ich trotzdem zwei bestellt, der Klang scheint ja schon okee zu sein – da las ich das mit der fehlenden Verlinkung. Nee, also alles am Zweitgerät nochmal einstellen zu müssen, ertrag ich bei dem Design nicht. Da relativiert sich der Schnäppchenpreis dann schon deutlich! Warum besprecht ihr auch immer so Billigteile, das ist doch nix Halbes und nix Dreivierteltes! ;-)
Hi Eibensang, volle Zustimmung, deshalb gab es auch ein Minus für den fehlenden Stereo Link. Der Distressor hat das und man spart ne Menge Fummelei. Trotzdem hat der LilFrEQ so vielseitige Features, die heilen auch den Augenkrebs.
Wie soll ein Stereolink bei einem analogen Gerät sinnvoll und bezahlbar funktionieren?
Und EQs müssen für Stereobetrieb im Gegensatz zu einem Kompressor auch nicht verlinkt werden, nur gleich eingestellt.
Was soll also dieser Minuspunkt?
Vollkommen richtig. Stereolinks sind bei analogen EQs ohne digitale Steuerung nur durch gemeinsame Potis für den rechten und linken Kanal umsetzbar. Das schliesst aber dann die Verwendung als zwei separate Mono Kanäle aus. Alternativ werden im Mastering Bereich dann kanal-separate Schalter mit einrastenden Positionen verwendet um den Abgleich präzise hinzubekommen.
Zumindest ist mir da keine Ausnahme bekannt. Einen Minuspunkt sollte das definitiv nicht geben.
Gearporn vom feinsten … ich finde es super das Amazona auch in dieser Sparte Testberichte liefert!
Ja, finde ich auch super. …und dann noch mit so guten Klangbeispielen.
Top!
Endlich besitze ich einen Lil FrEQ, den wohl am umfangreichsten ausgestatteten EQ mit DI, Filter, Shelf, Parametric EQ und DeEsser/HF-Limiter. Ein besseres Frontend für Synthesizer kann man sich nicht wünschen.
Hatte sehr viele hochwertige EQs für das Tracking hier, und besonders bei brachial klingenden Vintage-Synths ist das EQing oft nicht einfach. Aber der Lil FrEQ meistert fast alles, greift genau im richtigen Maß in die Signale ein und lässt keine Wünsche in der Bearbeitung offen.
Lange Rede, kurzer Sinn: der beste EQ für das Tracking, mit umwerfenden Sound am Transformer-Out. Negative Bewertungen kann es hier also nur von Personen geben die das Teil noch nie im Studio hatten oder sich nur mit PlugIns auskennen!