Powerwürfel
Der Engl Fireball 25 – alles dran, viel drin, kompakt, leicht. Test beendet … So einfach könnte es gehen, geht es aber nicht. Der Zwerg aus dem Hause Engl bedarf eines genauen Tests und genau den starte ich jetzt. Und im Gegensatz zum Kollegen Artisan aus meinem letzten Test kommt der Postbote diesmal zum richtigen Zeitpunkt, hat aber auch nur 11 kg in den 2. Stock zu schleppen.
Engl Fireball 25 – Facts & Features
Kleine, kompakte Röhrenamps haben immer das Problem, dass auf kleinstem Raum ziemlich viel Wärme erzeugt wird. Dementsprechend kommt dem Engl Fireball 25 das Engl-typische Frontgitter natürlich sehr entgegen, dominiert es doch knapp Zweidrittel der Frontansicht. Um die gute Durchlüftung zu fördern, gibt’s oben noch mal ein kleines Lüftungsgitter, direkt hinter dem stabilen, bequemen Handgriff aus Leder. Auf insgesamt gerade mal 42 x 23 x 20 cm verbergen sich 25 Watt Röhrenpower mit zwei Kanälen, Master-Volume, Power-Soak, Noise-Gate. Doch der Reihe nach.
Schauen wir uns die stabile Frontplatte an, finden wir ganz links zunächst die Klinkenbuchse fürs Instrument. Daneben befinden sich die beiden Gain-Regler für den Clean- und den Lead-Kanal. Darauf folgt die klassische 3-Band Klangregelung mit Bass, Middle und Treble, nebst dem separaten Volume-Regler für den Lead-Kanal. Zwei kleine Druckschalter mit roten LEDs schalten wahlweise einen Mid-Boost oder zwischen den Kanälen hin und her. Der Master-Volume-Regler schließt sich an, gefolgt von dem für Röhrenamps typischen Presence-Regler. Der Standby- und der beleuchtete Power-Schalter runden die Frontplatte ab. Die ziemlich leichtgängigen Potis werden von Chicken-Heads gekrönt, deren Spitzen von einem kleinen, weißen Pfeil geziert werden. Die Position der Potis dürfte auf schwach beleuchteten Bühnen gut zu erkennen sein, die Beschriftung der Frontplatte in Hellgrau dagegen scheint mir etwas zu kontrastarm, um auf den ersten Blick lesbar zu sein. Da Mid-Boost und Kanalumschalter direkt nebeneinander liegen, ist auf größere Entfernung auch eher raten als wissen angesagt. Design hin oder her, eine von beiden LEDs hätte gern in einer anderen Farbe leuchten dürfen.
Apropos leuchten: Schaltet man den Amp ein, beleuchtet eine rote LED im Inneren des Topteils die Röhren dramatisch. Das sieht schick aus, verhindert aber den kontrollierenden Blick auf die Glühwürmchen. Das dürfte dem Otto-Normal-Gitarristen aber egal sein. Springen wir mal ums Eck und betrachten die Rückseite des Engl Fireball 25. Links befindet sich die Netzbuchse mit eingebauter Sicherung, das Fach dafür beinhaltet netterweise direkt eine Ersatzsicherung. Das Öffnen des Sicherungsfachs ist etwas fummelig, gelingt aber mit einem kleinen Schraubendreher oder der Haarnadel der Freundin ganz gut. Daneben befinden sich zwei Buchsen für die nicht im Lieferumfang enthaltenen Fußschalter. Dafür bieten beide Anschlüsse aber jeweils eine Doppelfunktion, die so nicht auf den ersten Blick ersichtlich ist. Der erste schaltet den Mid-Boost und zusätzlich den Effektweg, der zweite schaltet neben den Kanälen noch einen zusätzlichen Master-Volume-Boost. Will man das alles mit möglichst wenig Aufwand verschalten, bietet Engl hier optional den Z4-Fußschalter an, von dem dann 2 Stück benötigt würden, was noch mal mit rund 150,- Euro zu Buche schlagen würde. Alternativ kann hier natürlich jeder andere Footswitch mit Stereoklinkenkabel verwendet werden. Dass Effektweg und Master-Volume-Boost nicht auf der Frontplatte schaltbar sind, wollte ich zuerst als Minuspunkt verbuchen. De facto ist es aber so, dass diese beiden Funktionen eigentlich nur im Live-Betrieb benötigt werden und dann sowieso ein Fußschalter im Einsatz sein dürfte.
Weiterhin befinden sich auf der Rückseite die Buchsen für den Effektweg, ein Regler für das eingebaute Nois- Gate für den Lead-Kanal, ein 0 dB Line-Out ohne Frequenzkorrektur, zwei Speaker-Anschlüsse sowie oben mittig der Power-Soak, das neben den vollen 25 Watt die Endstufenleistung auf 5 oder 1 Watt reduziert. Will man nur den Line-Out nutzen, kann hier der Speaker auch komplett abgeschaltet werden. Wozu überhaupt ein Line-Out ohne Frequenzkorrektur? Nun, ganz einfach: Ein frequenzkorrigierter Ausgang bietet einen vorbehandelten Sound, der nicht mehr grundlegend bearbeitbar ist. Da immer mehr Gitarristen beim Recording auf sogenannte Impulse-Responses setzten – also vereinfacht ausgedrückt virtuelle Boxen – und damit wesentlich mehr Einfluss auf das Klangergebnis haben, ergibt so ein Line-Out tatsächlich Sinn. Im meinem Workshop zum Aufnehmen der Gitarre im Heimstudio habe ich genau das gemacht.
Engl Fireball 25 – das Eingemachte
Genau wie der große Bruder Fireball 100 arbeitet der kleine Fireball 25 mit 6L6GC Röhren in der Endstufe. Diese Glaskolben stehen im Ruf, exzellente, klare Sounds mit rundem, sauberen Bass zu produzieren, weshalb sie von vielen Gitarristen vor den ebenfalls sehr gebräuchlichen EL34 bevorzugt werden. In der Vorstufe arbeiten 4 der bewährten ECC83 nebst einer 12ACX7 Gleichrichterröhre. Was, nebenbei bemerkt, ein weißer Schimmel ist, denn 12AX7 ist nichts anderes als die europäische Bezeichnung für die amerikanische ECC83. Aber vielleicht verkauft es sich besser, wenn mehr Informationen als nötig auf des Käufers Netzhaut treffen. Wie auch immer, die Verarbeitung ist Engl-typisch sauber, stabil und dürfte zuverlässig auch den einen anderen Stoß vertragen. Übrigens steht nirgendwo auch nur das kleinste Millimeterchen eines Reglers über den Gehäuserand. Prima!
Der Effektweg ist laut beiliegendem englischsprachigen Handbuch in der Lage, Signale von -20 dB bis 0 dB zu verarbeiten und in der Praxis gibt es auch keinerlei Probleme. Über die genauen Daten des Noisegates gibt es in der Betriebsanleitung keine näheren Angaben, damit beschäftige ich mich später im Praxistest. Die beiden Speaker-Ausgänge können entweder mit einer 8-16 Ohm Box oder zwei 16 Ohm Boxen betrieben werden, wobei der linke Ausgang für die Verkabelung mit nur einer 8-16 Ohm Box gedacht ist. Das Handbuch weist zu Recht ausdrücklich darauf hin, dass Fehlverkabelungen hier zum Defekt der Endstufe führen können! Ist der Power-Soak in Stellung „Speaker off“, wird die komplette Leistung der Endstufe in Wärme umgesetzt. In dieser Stellung kann der Amp also ohne die Last eines Speakers betrieben werden, dafür wird das Brüllwürfelchen aber ziemlich warm und es sollte stets für gute Luftzirkulation gesorgt werden.
Die Praxis – laut, lauter, am lautesten
Um den Sound des Engl Fireball 25 zu testen, kommt bei mir ein 1×12″ Cabinet in halboffener Bauweise zum Einsatz, in dessen Innerem ein 25 Watt starker Celestion Greenback seinen Dienst verrichtet. Um die Klangbeispiele einzuspielen, bediene ich mich der gleichen Methode wie in meinem oben schon verlinkten Workshop, ich nutze den Line-Out des Engl Fireball 25 und schließe diesen direkt an die Native Instruments Komplete Audio 6 Soundkarte an. Der nun nicht frequenzkorrigierte, recht fürchterliche Sound, wird in der DAW durch den Control-Room des Guitar Rig 6 Plugins geschickt. Hier wähle ich das Model eines 2×12″ Cabinets und eine Auswahl aus zwei Mikrofonen, um der Charakteristik des Sounds, wie ich ihn im Raum wahrnehme, nahe zu kommen. Dies dürfte ein in der Praxis recht häufiges Recording-Szenario darstellen, hat also seine Berechtigung. Der Sound, der aus den Abhörmonitoren tönt, entspricht dem Eindruck, den ich von diesem Amp auch mit angeschlossener Box habe. Zum Einsatz kommt meine Ibanez AZ226 mit verschiedenen Pickup-Kombinationen sowie eine Gibson Les Paul mit P90-Pickups. Für etwas feinen Reverb sorgt das „Raum“-Plugin von Native Instruments.
Zunächst hört ihr den cleanen Kanal mit einem Gain-Regler auf 9 Uhr, die Klangregelung steht auf 12 Uhr, gespielt wird mit Singlecoil einzeln und in Kombination. Danach schalte ich während des zweiten Klangbeispiels den Mid-Boost zu. Dann das gleich noch mal mit dem Humbucker am Steg. Klingen die ersten drei Beispiele noch komplett clean, treibt der eingeschaltete Mis-Boost im Zusammenspiel mit dem Steg-Humbucker den Kanal schon in leichte harmonische Verzerrung. Der Grundklang ist glockig klar mit sattem Bassfundament, perligen Höhen und gesunden, kräftigen Mitten. Der cleane Sound ist in allen Stilrichtungen zu Hause und dürfte dem Funk-Freund genauso gut zu Gesicht stehen, wie dem Rocker.
Der Blueser mag’s ja lieber crunchig. Ein Sound, der sich so anhört, wie Chips schmecken. Also Gain-Regler aufdrehen und die P90-Paula auspacken. Ergebnis ist ein klarer, rockiger Sound mit ordentlich Fundament und harmonischer Verzerrung, mit dem man ganz vortrefflich kämpfen kann. Ihr kennt das, wenn man die Saiten so anhaut, dass die Gitarre sich verbiegt? Genau darum geht’s hier. Die Nebengeräusche kommen jetzt langsam hervor, sind aber noch im vertretbaren Rahmen.
Die Ibanez wieder an den Gurt geschnallt und den Lead-Channel aktiviert. Die nächsten beiden Klangbeispiele entstammen der 12-Uhr-Einstellung, also alle Regler in der Mittagssonne. Und da wird’s schon brutal. Ein singender, brachialer Sound, dem man die Gain-Reserven des Amps schon anhört. Im letzten der drei Beispiele dann noch mit dem eingeschalteten Mid-Boost. Die Nebengeräusche werden jetzt störend, das Noisegate bleibt aber vorerst aus.
Um das eingebaute Noisegate zu testen, wähle ich einen Highgain-Sound, drehe bei zugedrehter Gitarre so lange am Noisegate-Regler, bis das Brummen verschwindet. Dann schlage ich einen Akkord an und lasse den Amp ausklingen. Das Gate kennt nur eins und null und schneidet für meinen Geschmack den Ton zu früh ab. Um den Amp im Live-Betrieb zu bändigen und die schon sehr deutlichen Nebengeräusche dieses kleinen Highgain-Monsters zu unterdrücken, ist es aber sicherlich ein ganz passables Werkzeug. Ich persönlich würde ein Gate mit mehr Regelmöglichkeiten im Effektweg bevorzugen.
So, dann wollen wir mal scoopen. Ich bin kein Metaller, aber wenn ich schon mal einen Engl in der Hand habe, muss ich auch die schwermetallischen Qualitäten checken. Also Gain, Bass und Treble hoch, Mitten raus. Bei dieser Spielart ergibt das Noisegate absolut Sinn, da die Spielpausen und die Dynamik im Spiel komplett fehlen. Enorm, was der Zwerg jetzt aus den Monitoren drückt, dabei geht trotzdem die Klarheit im Sound nicht verloren, es metallert allerliebst.
Hören wir uns noch einen Leadsound an, wie ich ihn bevorzuge. Gain steht jetzt wieder auf 12 Uhr, Bass auf 1 Uhr, Middle und Treble auf 2 Uhr, der Mid-Boost ist an. Etwas Delay kommt aus der DAW dazu. Das Klangbeispiel beginnt mit dem Hals-Pickup der Ibanez AZ226 und ich schalte später auf den Steg-Pickup um. Gerade beim Hals-Pickup hört man wunderbar dieses tolle Schmatzen des Anschlags, während dann der Sound beim Kollegen am Steg gern in Obertöne kippt und Pinch- und Artificial-Harmonics den Weg ebnet. Sehr schön.
Toller Test, toller Amp, tolle Klangbeispiele!! Vielen Dank.
@Jörg Hoffmann Sehr gern und vielen Dank:-)
Seit einem Monat bin ich jetzt stolzer Besitzer des ENGL Firewall 25, mein erster Röhrenverstärker übrigens. Ich kann den Eindruck aus dem Test nur bestätigen. Der Klang ist Wahnsinn, die Lautstärke reicht locker aus, Das mit den LED’s stört mich jetzt nicht so sehr.
Übrigens betreibe ich ihn auch, gerade Abends, mit ausgestellten Lautsprecherausgang, und dem LineOut. Ich finde, die Hitzeentwicklung hält sich in Grenzen. Ich hatte noch nicht das Gefühl, das er mir zu heiß wird.
In jedem Fall, ein toller Test, bitte weiter so.
@Stephan S. Hey Stephan,
vielen Dank für Blumen und Erfahrungsbericht :)
Ja, das Teilchen hat sich bei mir auch beliebt gemacht und ich denke tatsächlich drüber nach, mir auch einen anzuschaffen.
Bin immer wieder erstaunt, das sich der Mythos „mid Scoop“ im Sinne von Mitten komplett auf Null selbst unter Gitarristen so nachhältig hält. Das ist m.E. ein Relikt aus Zeiten, als die Klangregelung von Amps weniger effizient war (Marshall) oder man sehr mittig-fokussierte Amps (Mesa Mark, dann in der Regel mit dem 5-band EQ) in die „Breite ziehen“ wollte, wie auf vielen 80ies Thrash-Platten zu hören. Ein zeitgemäßer Metalsound ist das überhaupt nicht mehr und ich kenne niemanden aus meinen 30 Jahren Banderfahrung der ernsthaft für harte Musik mit so einem Setting spielt, auftritt oder aufnimmt. Erst recht nicht, mit einem modernen High Gain-Amp wie Engl, Mesa etc.