Profi-Case für Gitarristen und Bassisten
Die Zeiten ändern sich, wieder mal. Als der Autor dieses Artikels seine ersten Gitarren erwarb, war ein hochwertiger Koffer ein fester Bestandteil eines jeden Kaufabschlusses. Der Koffer bestand zumeist aus einfachem Schichtholz, hatte einen grob passenden Formausschnitt, die passenden Schnapper und einen Tragegriff, bespannt mit schwarzem Tolex. Für den Hochpreisbereich gab es dann noch den „Luxusformkoffer“ mit einem zumeist in blendenden Pink oder Purpur gehaltenen Formausschnitt nebst „Auflagelappen“, einem gepolsterten Griff und Kunstlederbezug in Nappalederoptik. Ein Instrument ohne Koffer? Völlig undenkbar! Das hat sich wohl auch die amerikanische Firma Enki mit seinen Enki AMG Cases gedacht …
ENKI AMG-2 Double Case – Ursache und Wirkung!
Der Niedergang der Schutzkoffer begann mit der Einführung der Gitarrentasche. Seinerzeit der ultimativste Schlauch, wenn es um die labberigste Verpackung einer klassischen/spanischen Gitarre ging, hielt der Kunstlederlappen gerade einmal ein paar Kratzer von der Oberfläche fern. Die Zahl der verbogenen Stimmmechaniken, die diese Hüllen auf dem Gewissen haben, lassen sich nur schwer schätzen. Aber sie waren billig in der Herstellung und passten so wunderbar zum „Einsteigerinstrument“. Was im akustischen Bereich geht, müsste doch auch mit ein paar Abwandlungen im E-Gitarrenbereich gehen, sagten sich einige findige Hersteller und verkauften ihre gefütterten Taschen mit dem zusätzlichen Argument der Tragegurt-Transportabilität wie warme Semmeln solange, ja solange bis man mit dem Kombi oder dem Transporten zum ersten Gig fahren musste …
Heutzutage ist die Verpackung eines Instruments nahezu komplett in die Verantwortung des Käufers übergegangen. Selbst Instrumente jenseits des dreistelligen Verkaufspreises werden zum Teil in billigster Presspappenverpackung mit Gummibändern geliefert, ein despektierliches Verhalten dem Instrument gegenüber sondergleichen. Erst im ambitionierten Mittelfeld gibt es eine Tasche dazu, die Kofferverpackung bleibt dem Hochpreisbereich vorbehalten. So weit, so gut. Was aber, wenn unsere freundlichen Transportmitarbeiter der Fluglinien oder die Stagehands des lokalen Promoters einen schlechten Tag haben? Ihr denkt, ihr habt alles gesehen? Euch kann geholfen werden!
Schlimmer geht nimmer
Ich habe in meinen Anfangszeiten auch die verschiedensten Horrorstorys bzgl. der Verladung von Instrumenten gehört und sie solange als Übertreibung abgetan, bis ich selber mehrfach Opfer von sinnloser Gewalt gegen Instrumente wurde. Ich selber musste mit ansehen, wie ein Gepäckmitarbeiter einen Gitarrenkoffer eines Kollegen auf dem Rollfeld als Trittunterlage missbrauchte, um an einen Stutzen an der Tragfläche des Flugzeugs zu gelangen. Meine eigenen Instrumente flogen bei maximaler Geschwindigkeit vom Transportwagen bzw. wurden über 2 Meter weit geworfen. Meine Sammlung von abgebrochenen 3-Wegeschaltern, abgesplittertem Lack und als Krönung ein zertrümmertes Hardshell Case füllen ganze Schränke. Ein normaler Koffer kann hier nicht mehr standhalten, so dass man sich nur noch in den Bereich Flightcase flüchten kann.
Natürlich kann man diese Cases nahezu unzerstörbar gestalten, was aber auch die Tatsache mit sich bringt, dass man sie aus Gewichtsgründen als einzelne Person faktisch kaum noch transportieren kann und viel schlimmer, man die gängigen 23 kg Maximalgewicht im Cargo-Bereich der Fluglinien überschreitet. Von daher liegt die Prämisse darin, ein ultra-stabiles, aber dennoch möglichst leichtes Case zu generieren, in dem das/die Instrument(e) optimal vor der Zerstörungswut Dritter geschützt sind.
Dieser Markt ist weltweit sehr, sehr klein, um nicht zu sagen, es gab bisher nur einen Hersteller, der neben einigen Quereinsteiger aus dem Waffenmarkt (Gewehrkoffer mit anderem Formausschnitt) die oben genannten Kriterien allesamt erfüllte. Es handelt sich um die Firma Scott Dixon Cases aus UK, die ihre Cases aus Aluminium fertigen. Je professioneller ein Musikfestival aufgezogen ist, umso mehr stapeln sich besagte Cases im Backstage-Bereich. Es wurde wahrlich Zeit für einen neuen Mitstreiter.
Das Konzept der Enki AMG Cases
Ich selber war in der Situation, dass meine Bariton-Gitarren nicht in meine Scott Dixon Cases passten und ich für meine Touraktivitäten ein neues Case mit den ultimativen Schutzmechanismen mit Basskofferabmessungen benötigte. Enki Cases waren mir bis dato kein Begriff, bis ich durch Zufall folgendes Video zu sehen bekam, das mich vom Fleck weg begeisterte:
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Bei den Enki AMG Cases liegt der komplette Fokus auf Stabilität und Schutz, verbunden mit einem möglichst geringen Gewicht. So schafft es der wahrlich sehr imposante Koffer mit den Abmessungen 140 x 28 x 48 cm und einem Nettogewicht von 11,8 kg inklusive meiner beiden Gitarren, unter 21 kg zu bleiben. Wohlgemerkt, es handelt sich um einen Basskoffer! Bei den Enki Cases handelt es sich immer um ein Doppelcase, es sei denn, man nimmt die Ausführung für die Akustikgitarre, bei der erwartungsgemäß nur ein Instrument im Innenraum Platz findet.
Als Material wird Roto-Molded-Polyethylen verwendet, das sehr robust und dennoch vergleichsweise leicht ist. Im Gegensatz zu steifen Materialien wie Holz oder Aluminium ist die Hülle dehnbar, so dass kleine bis mittlere Einwirkungen auf das Case abgefedert werden können. Für einen leichteren Transport verfügt das Case über zwei stabile Kunststoffrollen und einen massive Griff.
Um die Instrumente an sich im Inneren zu schützen, ist nach wie vor EA-Schaumstoff das Mittel der Wahl, so verwundert es auch nicht, dass die Enki AMG Cases sich reichlich damit eingedeckt haben. Nicht nur die Ränder sind komplett gepolstert, auch der Korpusbereich besitzt einen Einsatz aus Schaumstoff mit einer sehr wichtigen Trennscheibe, die das Aufeinanderschlagen der Instrumente bei einem Stoß verhindert. Ein wenig Druck bedarf es schon bei der Platzierung der Instrumente im Inneren, was aber der Transportsicherheit zugute kommt.
Die Gitarrenhälse stecken ebenfalls in einem großen Schaumstoffblock, der sich in der Höhe arretieren lässt. Der Block ist so gefräst, dass er geraden Kopfplatten bis hin zu Abwinklungen einer Les Paul einen guten Halt verpasst. Wer Instrumente mit sehr stark abgewinkelten Kopfplatten besitzt, sollte gegebenenfalls einmal „Probeplatzieren“. Den Abschluss bietet dann ein Block oberhalb der Kopfplatten der Instrumente, der das Aufschlagen der Kopfplatten bei einem Sturz auf die Oberseite des Case verhindern soll.
Eine Besonderheit stellt der abnehmbare Deckel der Enki AMG Cases dar. Entfernt man den Deckel, hat man automatisch einen hochwertigen Gitarrenständer für die Bühne, in der das Haupt- oder das Ersatzinstrument während der Show verbleiben kann. Als Führung besitzt der Deckel am unteren Rand zwei Hülsen, die seitlich über zwei Führungsstifte geschoben werden und die am Koffer angebracht wurden. So lässt sich dieser bei ein wenig Fingerspitzengefühl innerhalb von 10 Sekunden an- und abmontieren. Innerhalb des Deckels befindet sich noch mal ein kleines, herausnehmbares Case, in dem man kleine Sachen wir Gitarrengurt, Inear-System oder Kabel unterbringen kann. Bei entsprechend intelligenter Platzierung dürfte aber auch der Gitarrengurt im Inneren des Cases neben den Gitarren seinen Platz finden.
Der Deckel ist mittels eines Gummiwulstes gegen eindringendes Regenwasser geschützt und besitzt einen massiven Schnappverschluss zwecks Arretierung. Zu guter Letzt kann man das Case auch noch mit zwei Vorhängeschlössern sichern. Aber Vorsicht, was in der EU noch funktionieren mag, sieht bei Interkontinentalreisen völlig anders aus. Amerikanische und russische Sicherheitsbeamte lieben es, verschlossene Cases aufzubrechen, hier bleibt zu überlegen, ob man den Inhalt eventuell nur mit einem Kabelbinder sichert.
Die Enki AMG Cases in der Praxis
Im Prinzip kann ich mir jeglichen Kommentar sparen, wer das oben genannte Video gesehen hat weiß, was von dem Case zu halten ist. Ich gebe zu, ich war schon immer ein großer Fan von massiven und stabilen Cases, die den Inhalt sichern, von daher trifft das Case bei mir voll ins Schwarze. Das Case lässt sich für seine Größe leicht transportieren, sowohl der Griff im Allgemeinen, als auch die Rollen auf ebenem Grund sind eine große Erleichterung. Man darf allerdings nicht vergessen, dass das Case mit seinen Abmessungen mindestens einen Kombi für den Transport voraussetzt, aber da es ja ohnehin nur noch sehr wenige Fahrzeuge mit Stufenheck gibt, kann man dieses Problem wohl auch als gelöst betrachten.