Let it snow, let it snow, let it snow ...
Die gute alte Les Paul, auch sie hat in ihrer Zeit des Daseins bereits einiges über sich ergehen lassen müssen. Besonders kommen einem da natürlich die unglücklich designten Modelle in den Sinn, die Gibson noch vor dem großen Knall versuchte, dem seit jeher vom Geschmack eher traditionell gestimmtem Publikum zu verkaufen. Das ging gründlich schief, wie wir ja alle wissen und auch auf unserer Website gab es diesbezüglich kontroverse Diskussionen in den Kommentaren. Etwas Ähnliches erwartet uns nun mit der zum Test vorliegenden Epiphone Matt Heafy Snofall LP, deren optisches Erscheinungsbild garantiert die Welt der Saitenzupfer in zwei Lager spalten wird …
Epiphone Matt Heafy Snofall LP – Facts & Features
Nun gut, die Matt Heafy Snofall LP ist jetzt nicht direkt von Gibson, sondern entstand innerhalb der Low-Budget-Reihe von Epiphone, die ja wie immer schon für erschwingliche Kopien der Originale aus dem Mutterhaus sorgen. Die schneeweiße Paula ist das Signature-Instrument von Matt Heafy, dem Sänger und Rhythmusgitarristen der US-Metalband Trivium, ihr Design wurde inspiriert vom 2015er-Album der Band „Silence in the Snow“. Die wunderschöne Maske auf dem Frontcover des Albums gibt es zwar nicht zur Gitarre dazu, dafür aber liegt dem mitgelieferten Gigbag ein Echtheitszertifikat sowie ein Foto des Künstlers Matt Heafy bei.
Bei den Spezifikationen des Korpus, seiner Decke und beim Hals hält sich die Matt Heafy Snofall LP ganz traditionell an die bewährten Zutaten aus dem Hause Gibson/Epiphone. So besteht der Body aus Mahagoni mit einer aufgeleimten Ahorndecke (so sagt es zumindest der Hersteller) und besitzt einen eingeleimten Hals, der ebenso aus Mahagoni besteht. Ob hier wirklich eine massive Ahorndecke verwendet wurde, lässt sich aufgrund der extrem deckenden weißen Hochglanzlackierung natürlich nicht erkennen. Ein leicht vergilbtes Binding ziert den Rand der Decke und setzt sich auch an den Rändern des Griffbretts und der ebenso schneeweiß lackierten Kopfplatte fort.
Wenn man bislang noch keinen Unterschied zwischen einer Standard-Paula und unserem Testmodell entdecken konnte, so ist doch der Hals-Korpus-Übergang definitiv anders ausgefallen, als es bei „der alten Dame“ in aller Regel der Fall ist. Hier zeigt die Matt Heafy Snofall LP ihre moderne Seite in Form eines homogen bzw. ergonomisch geformten Übergangs, mit dem die Greifhand überhaupt keine Mühe hat, den allerletzten Bund auf dem Griffbrett zu erreichen.
Epiphone Matt Heafy Snofall LP – Hals & Griffbrett
Eine E-Gitarre mit schneeweißer Lackierung ist ja an sich noch nichts Besonderes, auffällig wird das Ganze erst durch das ebenfalls weiße Griffbrett, das bei der Matt Heafy Snofall LP aus Phenol besteht. Hierbei handelt es sich um einen Kunststoff, der aus Papier und einem Harz besteht, die beide unter hohem Druck und eben so hohen Temperaturen zusammengepresst werden. So ganz neu ist das nicht, dafür aber günstiger, als ein Griffbrett aus einem echten Stück Holz aufzuleimen, um es dann weiß zu lackieren. Um sich über die Vor- bzw. Nachteile dieses Materials und dessen Auswirkungen auf den Klangcharakter der Gitarre ein Urteil bilden zu können, müsste man dasselbe Instrument mit den gleichen Spezifikationen, aber mit eben einem Griffbrett aus Holz, vergleichen.
Das wird aber nur schwer möglich sein, denn die Matt Heafy Snofall LP ist eine limitierte Serie und nur genau so erhältlich. Na ja, nur fast, denn es gibt noch eine siebensaitige Variante, die ansonsten aber technisch absolut identisch ist und auch im Preis nur geringfügig höher liegt. Eines kann ich aber schon verraten: Bendings (Saitenzieher) und Slides laufen auf dem Phenol-Griffbrett wunderbar flüssig von der Hand, hier ist zu keiner Zeit und in keiner Position auf dem Hals ein Unterschied gegenüber Hälsen mit Holzgriffbrettern zu bemerken. Das alles würde sicher noch viel besser funktionieren, wenn denn das äußerst dürftige Werkssetting nicht wäre, rund 4 mm (!) beträgt der Abstand der Saiten in Höhe der Oktavlage zu den Bundoberkanten – das geht gar nicht!
Ein Lob hingegen verdient die Verarbeitung der Bünde, allesamt sitzen sie sauber abgerichtet und ausreichend poliert in ihren Schlitzen. Einige von uns schätzen ja die Bundmarkierungen auf dem Griffbrett als (grobe) Orientierung, bei der Epiphone Matt Heafy Snofall LP muss man jedoch gänzlich auf solche verzichten – es ist weiß, wohin das Auge auch blickt!
Ganz traditionell im Gibson-Stil hält sich die schneeweiße Epiphone mit ihrer 628 mm langen Mensur und der Sattelbreite von 43 mm. Das heißt aber noch lange nicht, dass der Hals federleicht zu bespielen wäre, das hier verwendete 1960s SlimTaper D-Profil ist (im wahrsten Sinne des Wortes) schon ein echter Knüppel, bei dem man entsprechend zupacken muss!
Epiphone Matt Heafy Snofall LP – Elektronik & Hardware
Mittlerweile so gut wie zum Standard auf Metal-Gitarren geworden, sorgen auch bei der Matt Heafy Snofall LP zwei EMG-Pickups für die elektrische Abnahme. Um das Gesamtbild nicht zu zerstören, wurden hier Ausführungen in Weiß gewählt, die in ebenso weißen Rahmen in die Decke eingesetzt wurden. Beide Tonabnehmer, das Modell 81 an der Brücke und das Modell 85 an der Halsposition, erhalten ihre benötigte Power von einem 9-Volt-Block, der in Sekundenschnelle über einen Schnellverschluss auf der Rückseite gewechselt werden kann.
Ein besonderes Merkmal der Schaltung versteckt sich innerhalb des Tone-Reglers des Front-Pickups: der „Kill-Switch“. Sicherlich auch nichts Neues, aber so oft sieht man dieses nette Gimmick an einer Seriengitarre ja nun auch nicht. Die vier Potis, wie üblich zweimal Volume und zweimal Tone sowie der Dreiwegeschalter zeigen sich eben so von guter Qualität. Besonders das Tone-Poti mit dem Kill-Schalter wirkt sehr robust und hat einen nur sehr kurzen Schaltweg, sodass hier sehr schnelle Stakkatoeffekte möglich sind.
Die typische Hardware einer Paula finden wir auch bei unserem Schneewittchen: Tune-o-Matic Brücke und ein Tailpiece, beides aber nicht in Weiß, sondern verchromt. Eingefädelt werden die Saiten in sechs ebenfalls verchromte Mechaniken an der Kopfplatte, die aus fernöstlicher Produktion stammen und zu den echten Schwachpunkten der Gitarre gehören. Abgesehen von immer mal wieder auftretenden Stimmproblemen, was aber auch an einem unsauber gefeilten Sattel liegen könnte, wird das Stimmen mit diesen Mechaniken zu einer wahren Herausforderung. Sie sind sehr unpräzise zu bedienen, haben massig Spiel und fühlen sich so an, als sei im Innern eher Gummi, als eine Verzahnung aus Metall am werkeln. Ein fast klassischer Schwachpunkt bei E-Gitarren dieser Preisklasse, zum Glück aber auch hier mit relativ wenig Kosten- und Zeitaufwand zu beheben.
Epiphone Matt Heafy Snofall LP – ein Zwischenfazit
So weit, so gut. Oder sollte man besser sagen „so weiß, so gut“? Nun, viel zu bemängeln gibt es ehrlich gesagt nach dem ersten genauen Check-up nicht. Negativ hervorstechen eigentlich nur die sechs minderwertigen Mechaniken und die Tatsache, dass unser Testinstrument über eine Saitenlage verfügt, die einen Ausflug jenseits des 12. Bundes eigentlich verbietet. Aber Matt Heafy ist ja auch nur Rhythmusgitarrist und verzichtet vielleicht darauf … Und damit ab zum Soundcheck!
Epiphone Matt Heafy Snofall LP – Sound & Praxis
Sie drückt – und das ganz mächtig! Schon im unverstärkten Zustand kann die Gitarre ihre Stammeszugehörigkeit nicht leugnen und eine Mahagonivollkonstruktion ist nun mal in Dingen wie Lautstärke, Druck und Sustain nur schwer zu toppen. Dieser Eindruck wird auch im Verstärker eingeklinkt bestätigt, die EMGs ergänzen den wuchtigen Grundsound noch einmal um die bekannten Vorzüge, wenn es um Sounds im verzerrten Bereich geht. Und darum geht es ja schließlich und fast ausnahmslos bei der Musik von Trivium bzw. in diesem musikalischen Spektrum wird die Gitarre ja überwiegend eingesetzt. Dort ist der flache Charakter des Sound auch nicht so zu bemerken, wie wenn man das Instrument auch mal unverzerrt oder im „Grenzbereich“, dem Crunchbereich, einsetzt. Mit Dynamik ist hier nicht viel drin, mit strahlenden Obertönen ebenso wenig – ob das vielleicht doch am Phenogriffbrett liegt? Wie bereits erwähnt, in der Praxis zeigt sich das Griffbrett nicht viel anders beim Bespielen als eines aus echtem Holz. Wenn halt nur die gruselige Saitenlage nicht wäre …
Hören wir rein in den Sound der Epiphone Matt Heafy Snofall LP, für die folgenden Klangbeispiele wurde ein Orange Micro Dark Verstärker mit angeschlossener 1×12″ Celestion V-30-Box benutzt. Davor war ein AKG C3000 Mikro platziert, ehe das Signal in Logic Audio ohne weitere Effekte aufgenommen wurde.
Im ersten Beispiel hören wir den unverzerrten Sound beider Pickups mit einem gepickten Muster.
Jetzt im zweiten Beispiel ist ein angezerrter Crunchsound mit beiden EMGs zu hören. Besonders hier macht sich die zähe Dynamik beim Spielen bemerkbar.
Nun aber hoch mit der Zerrung! In Klangbeispiel 3 hören wir ein Riff, eingespielt mit dem EMG 81 an der Brücke, hier zeigt die Epiphone Matt Heafy Snofall LP eindeutig ihre Stärken und genau dafür wurde sie ja schließlich auch gemacht. Die Schwächen in der Dynamik werden von den aktiven Pickups bei hohem Gain-Anteil ausreichend kompensiert. Am Ende des Tracks ist übrigens kurz der Kill-Switch im Einsatz!
Nun die Leadsounds der Pickups im Einzelnen, zunächst schalten wir auf den Front-Pickup, den schneeweißen EMG 85. Auch hier gibt es nichts auszusetzen, der Sound ist enorm fett, dick und rund und mit dem beliebten und typischen „Schmatzen“ beim Anschlagen der Saiten bestückt.
Abschließend noch ein Beispiel für den Leadsound des EMG 81 am Steg.
Der Albino unter den Gitarren.
Über 800€ und dann minderwertige Tuner?
Ich habe eine ältere epi les Paul die hat um die 400€ gekostet und die hat wunderbare grovertuner.
@Numitron Dann sei froh …
Hach, ich seh die Kleinen schon die Buntstifte auspacken….
Diese Gitarre eignet sich vor allem für Songs wie „Ganz in Weiß mit einem Blumenstrauß“, eher weniger für „Paint It Black“.
@tantris Aber bitte dann nur für die Riffs, Soli spielen bei der Saitenlage bringt früher oder später Sehnenscheidenentzündung ;)
@tantris Whiter shade of pale?
@Numitron Noch nicht mal Walther Scheel aus P ….
Gibt das Gerücht, dass demnächst eine Firebird Variante auf dem Markt kommen soll, im gleichen bunten, farbintensiven Lack. Johnny Winter Special Edition eben.