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Test: Erica Synths Fusion Drone System, Eurorack

Dunkle Macht

8. November 2017

Erica Synths Fusion Drone System 1

Es gibt Instrumente, die man nicht nach Ausstattung und Funktion beurteilen sollte, man könnte rasch enttäuscht werden, ohne den wahren Wert zu erkennen. Dies trifft auch auf das Erica Synths Fusion Drone System der lettischen Firma Erica Synths zu, dessen Spezifikationen auf dem Papier etwas mager wirken: je ein Oszillator, Filter, LFO und Hüllkurve sowie zwei Effektmodule (Ringmodulator und Flanger). Dabei ist der Oszillator nicht einmal ein waschechter VCO. Und ein MIDI-Interface sucht man auch vergeblich. Das Ganze für stolze zweitausend Euro. Ein überteuerter Synthesizer für Leute, die schon alles haben? Oder eine klangliche Offenbarung, die “jeden Cent wert ist”?
Wie so oft, ist die Realität etwas komplexer. Und spannender. Wer eine einfache “Kauf!”- oder “Finger weg”-Empfehlung erwartet, wird mit meinem Testbericht kaum glücklich werden. Doch gehen wir der Reihe nach.

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Erica Synths Fusion Drone System ist ein für Drohnensounds konzipiertes Modularsystem im Eurorack mit acht Modulen, deren Funktionen allesamt Standard sind, jedoch durch eine Besonderheit auffallen: Elektronenröhren. Bei fünf der insgesamt acht Modulen schimmern dezent eine oder zwei Röhren zwischen den angenehm griffigen Potentiometern und wecken Hoffnungen auf warme und durchsetzungsfähige Klänge: die typischen Attribute, die man mit der Röhrentechnologie verbindet. Hier ein erster Höreindruck:

Das Erica Synths Fusion Drone System wird im passenden Eurorack-Rahmen mit 104 TE Breite geliefert. Zwei dunkelrot gebeizte Holzseitenteile verströmen eine edle Wertigkeit und sind schräg geschnitten, so dass das System in liegender Position leicht angekippt ist. Die Stromversorgung verläuft extern über ein handelsübliches Netzteil mit 12 Volt und etwas über 3 Ampere. Ausreichend Strom, um die kurzzeitigen Stromspitzem der Röhren beim Einschalten abzufedern. Danach bewegt sich der Strombedarf der Fusion Module auf üblichem Niveau.

Erica Synths Fusion Drone System 2

Steckbrief des Erica Synths Fusion Drone System

  • Oszillator:
    – digitale Schwingungsformen (Dreieck, Rechteck, Sinus) mit Formkontrolle
    – exponentielle Frequenzmodulation
    – röhrenbasierter Frequenzteiler (ein oder zwei Oktaven unter dem Originalsignal)
  • Filter:
    – analoges Tiefpassfilter, umschaltbar 2-Pol und 4-Pol
    – integrierter 3 -> 1 Mischer mit eigenem Ausgang
    – Röhre zur Verstärkung und Verzerrung des Signals
  • Ringmodulator:
    – Röhrenringmodulator mit zwei Betriebsarten
  • VCA:
    – Röhren-VCA mit zwei Eingängen
  • Modulator:
    – LFO mit drei Schwingungsformen: Dreieck, Sinus, Rechteck
    – Rauschgenerator White Noise, Pink Noise und Digital Noise
    – Sample&Hold-Schaltung
  • Hüllkurve:
    – ADSR
    – loopbar
  • Multiple:
    – zwei 1 -> 4 Multiples
  • Flanger/Delay:
    – Effektanteil spannungssteuerbar
    – Delayzeiten: 20 bis 200 ms
    – Röhre zwecks Verstärkung und Verzerrung des Ausgangs- und Feedback-Signals
Erica Synth Fusion VCO, Ringmodulator

Oszillator und Ringmodulator

Oszillator des Erica Synths Fusion Drone System

Von allen Modulen des Fusionsystems nimmt der Oszillator aufgrund seines digitalen Kerns eine Sonderstellung ein. Ja, richtig gelesen: Die Schwingungsformen werden digital erzeugt, die Bezeichnung Fusion VCO ist strenggenommen falsch. Bei Erica Synths weist man darauf hin, dass das Tracking röhrenbasierter Oszillatoren für tonales Spiel zu ungenau sei. Und obwohl der Fokus von Fusion klar auf Drone-Sounds liegt, möchte man sich die Tür zu konventionelleren, musikalischen Anwendungen nicht vollends verbauen.

So entschied man sich für einen digitalen Oszillator, dessen Tracking selbstredend perfekt dem 1 Volt pro Oktave Standard folgt. Die Schwingungsformen basieren auf Dreieck, Rechteck und Sinus, die alle in ihrer Form moduliert werden können. Aus Dreieck wird Sägezahn, aus Rechteck Puls, während die Sinusschwingung von einer logarithmischen Schwingung (siehe Abbildung) zu verzerrter Sinusschwingung verformt wird. Eigentlich genau gleich wie beim VCS3 / Synthi A von EMS. Im Gegensatz zu vielen anderen Oszillator-Modulen des Eurorack Systems, kann man beim Fusion die Schwingungsformen nicht parallel abgreifen.

Erica Synths Fusion Drone System 3

Die Formkontrolle des Erica Synths Fusion Drone System ist selbstredend spannungssteuerbar, ebenso übrigens die Lautstärke des Suboszillators, bei dem jetzt endlich die Röhre zum Einsatz kommt. Das mittels Oktavteilern erzeugte Signal liegt eine oder zwei Oktaven unter dem Eingangssignal. Übrigens funktioniert dies auch mit externen Klangquellen. Somit ist es nichts als konsequent, wenn die Lautstärke des Suboszillators (eigentlich müsste es Oktavteiler oder Octaver heißen) über einen Dry/Wet-Regler gesteuert wird.

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Der Eingang des Octavers kann ordentlich überfahren werden, die Röhre geht in eine angenehme Zerrung, so dass dem Klang nicht nur bloß mehr Fundament gegeben wird, sondern auch Obertöne. Das Signal wird also in beide Richtungen des Frequenzspektrums erweitert. Und dies notabene auch spannungsgesteuert.
Dennoch vermag mich dieser Oszillator nicht gänzlich zu überzeugen. Zum einen ist das Tuning etwas fummelig, ein Poti für die Feinstimmung wäre höchst willkommen. Und außerdem wäre eine lineare Frequenzmodulation eine interessante Dreingabe gewesen, zumal das akkurate Tracking des digitalen Kerns eine besondere Qualität an FM-Sounds versprechen würde.

Logarithmische Schwingung

Logarithmische Schwingung

Ringmodulator

Ringmodulatoren sind eigentlich eher simple Schaltungen, die von zwei Eingangssignalen die Summe und Differenz der Frequenzen erzeugen. Das Ganze basiert auf Modulationen der Lautstärke: Der Modulator (hier Signal genannt) steuert über einen bipolaren VCA die Lautstärke des Carriers. Dabei kommt es zu Überlagerungen der Frequenzen und den besagten Effekten. So weit, so einfach und verständlich. Da dies das Funktionsprinzip aller Ringmodulatoren ist, müssten sie alle gleich klingen. Tun sie aber nicht und das hat natürlich seine Gründe.

Der Erica Synths Fusion Drone System Ringmodulator basiert auf teuren Germanium Dioden und hat zwei Betriebsarten für einen helleren oder dunkleren Klang, passend markiert mit Sonne und Mond. Die Röhre dient der Verstärkung der beiden Eingangssignale, wobei diese auch ordentlich verzerrt werden können. Klanglich gehört dieser Ringmodulator zu den vielseitigsten, interessantesten und wärmsten seiner Art.

Erica Synth Fusion VCF, Modulator, VCA

Erica Synth Fusion VCF, Modulator, VCA

Filter

Das Erica Synths Fusion Drone System Filter-Modul ist als Tiefpass mit wahlweise 12 oder 24 dB pro Oktave Flankensteilheit ausgelegt. Eingangsseitig finden sich drei Inputs mit eigenen Volume-Potis, was einen zusätzlichen Mischer obsolet macht. Übrigens kann das Mixer-Signal vor der Filterschaltung abgegriffen werden. Ein kleines und feines Detail. Verbindet man den Mixer Out mit einem seiner Eingänge, erhält man eine Feedback-Schlaufe, die unabhängig von der Selbstoszillation der Resonanz zu schwingen vermag. Die Röhre ist abermals für die Verstärkung verantwortlich und liegt in der Signalkette zwischen den Filterpolen.
Den Klang des Filters würde ich mit erdig, voll und teils schmutzig beschreiben. Es klingt organisch und druckvoll, was nicht zuletzt der guten Lautstärke-Kompensation bei höheren Resonanzwerten zu verdanken ist.

So spannend dieses Filter auch zu klingen vermag, stellt sich früher oder später eine gewisse Frustration ein, da nur ein CV-Eingang vorhanden ist, was schon für die meisten Standard Konfigurationen zu wenig ist. Das Multiple hilft auch nur bedingt weiter, da sich die verschiedenen Modulationen nicht getrennt regeln ließen. Für einen wirklich freien und experimentellen Einsatz dieses Filters wird man um einen dedizierten Steuerspannungsmischer nicht umhin kommen. Die Resonanz ist übrigens nicht spannungssteuerbar. Kein Weltuntergang und trotzdem ein bisschen schade.

Erica Synths Fusion Drone System 11

VCA

Der Fusion VCA basiert auf einem russischen Design mit einer sogenannten Miniatur-Pentode. Mit zwei Audio- und einem CV-Eingang ist der VCA nicht gerade üppig mit Eingängen versorgt, womit die eben genannte Kritik am Filter-Modul auch für den VCA gilt. Das ist aber auch der einzige Wermutstropfen, die weitere Ausstattung und vor allem auch der Klang sind state of the art. Mittels Kippschalter lässt sich zwischen Hard- und Smooth-Drive umschalten, während sich hinter dem Parameter Deform ein potenter Waveshaper verbirgt, der das Signal ordentlich zu verbiegen vermag.

Mit Feedback steht eine weitere Resonanzschleife zur Verfügung, die dem Signal angenehme Obertöne hinzufügt. Eher banal und dennoch sehr praktisch ist der Regler Bias, mit dessen Hilfe eine negative oder positive Grundspannung angelegt werden kann, um beispielsweise den VCA dauerhaft zu öffnen oder um die negativen Ausschläge des LFOs zu kompensieren. Qualitativ stellt dieser VCA durch seinen warmen Sound manche seiner Konkurrenten in Schatten. Hingegen muss ich ihm auch eine gewisse Trägheit attestieren, die extrem perkussive Hüllkurvenverläufe etwas weicher abbildet als erwünscht.

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Klangbeispiele
Forum
  1. Profilbild
    Son of MooG AHU

    Fusion ist sicher ein ganz spezielles Teil, aber Drones kann ich auch aus meinem Dark Energy MK l herausholen. OK, keine Röhren…
    Angesichts der Vielfalt an ER-Systemen wird die Anzahl der Fusion-Besitzer wohl überschaubar bleiben.

  2. Profilbild
    t.goldschmitz RED

    Hi Martin!

    Zu Drone1 und Drone2: ist das kaputt oder muss das so? Auf jeden Fall wäre eine Vorwarnung nett gewesen.

    Guter Test!

    Grüße,
    T

  3. Profilbild
    AMAZONA Archiv

    Hahaha… nett. Drone 2 hat mir die Monitore zerlegt. Nee, spassemacht.
    So’n Dronespezi macht schon Sinn.
    Kann schön abartig, mag ich.
    Könnte mir ein ganzes Album mit dem Teil plus Filterbankgezuppel vorstellen.
    Leider für mich ’nen Tacken zu teuer, der Oschi. Naja, und die Euroracklösung ist leider auch nix für Jedermann.

  4. Profilbild
    AMAZONA Archiv

    Klingt wie eine gestörte Biene in Rückwärtsgang. Wenn einer damit sogenannte Musik machen will, der kann auch mit dem Hammer in einen alten 1983 Röhren Fernseher einmal hinten reinhauen und dann den Stecker rein machen. Macht das Ding sicher musikalischere Geräusche als diese kosmische Röhren Apparatur.
    2000€ für Störgeräusche! Tut mir leid, Musik ist auch Kunst, aber das hier ist krank. Und ja drones? Das sollte eher an Raumschiff Enterprise Kommandobrücke und dann die ganze Crew hält die Luft an…. Das Motorengeräusch erinnern! Ja das ist ein Drone! Aber net kaputte TV Geräte, psychisch kranke Fliegen oder sterbende elektrische Rasierapparate!

    Und? Gibt es das schon bei Thomann…. Hahaha

    Trotzdem, I’m Video klingt es etwas anders, besser als die schrecklichen Klangbeispiele

    • Profilbild
      ctrotzkowski

      …na Mensch, da sind doch Röhren aus der guten alten Zeit drin, als die Radios noch viel besser klangen als unsere Echodots, wir von deren magischem Auge beobachtet wurden statt von unserer Webcam, und die Fernsehröhren ein viel besseres Bild hatten als der heutige 4k Flatscreen Müll. Also muß es a) teuer und b) überlegen gut sein.

      Auf jeden Fall 3 Sterne!

  5. Profilbild
    AMAZONA Archiv

    „Es gibt Instrumente, die man nicht nach Ausstattung und Funktion beurteilen sollte, man könnte rasch enttäuscht werden, ohne den wahren Wert zu erkennen.“
    .
    Ich würde sogar sagen, kein Instrument sollte nach so undurchsichtigen und manipulativen Gesichtspunkten wie Ausstattung und Funktion beurteilt werden. Oder genauer, gar nichts. Ausstattung und Funktion sind keine Fakten, allerhöchstens Versprechen.
    .
    Seit ich mich für technische Geräte interessiere werde ich durch Poeten von eigenen Gnaden hinters Licht geführt, die in ihren Prospekten Ausstattung und Funktionen in allen Farben des Lichtes hervorheben, die sich am Ende aber nur unter deutlich schmerzhafter Auslegung der geschriebenen Worte mit der Realität in Einklang bringen lässt. Wenn man nicht von einer plumpen Lüge sprechen will. Im Marketing nennt man das Feature-F*cking.
    .
    Wer auf solche Listen vertraut, oder sie sogar zur Entscheidungshilfe erhebt, ist eine willkommene Beute dieser Machenschaften. Ich weiß wovon ich spreche, ich bin jahrelang auf so was reingefallen …

  6. Profilbild
    Raul Otto

    Den Artikel habe ich gerne gelesen, die Soundbeispiele sind mir etwas sehr zahm, folgen zu sehr harmonisch, musikalischen Konventionen, ich finde das Demo Video von Erica Synth zeigt schon besser, was mit diesem schönen System möglich ist, nämlich schöne Verzerrung die man auch dezent einsetzen kann, aber als Gesamtsystem mich persönlich schon mehr dazu animieren würde, wild zu werden und dabei die Grenzen auszuloten.

    Abgesehen davon, das zum guten, eben nur eher wenige dazu tendieren, so viel Geld zu investieren, die eben sich über den Unterschied bewusst sind, das eben eine kleine Firma, hochklassige Module entwickelt, die sich auch ganz bewusst absetzen, durch Bautechnische unterschiede, die am Ende den alles entscheidenen Klang ausmachen.

    Für diejenigen die sich ernsthaft interessieren, der kleine preisliche unterschied von ca. 300 € besteht wenn man dieses Komplettystem, statt alle einzelnen Module + Case kaufen würde.

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