Orange is the new Black
Die ESI nEar i7 ist das mittlere Modell aus der neuen Nahfeldmonitor-Serie der ESI Audiotechnik GmbH. Damit begeben sich die Stuttgarter mitten in das Haifischbecken der Preisklasse um 200,- Euro pro Speaker. Optisch differenziert man sich schon mal durch die orangefarbenen Membrane der Tiefmitteltöner. Aber so speziell das auch aussieht: Wir wollen Fakten und einen studiotauglichen Klang, denn immerhin werden die i7 auf der ESI Website als „hochwertige Studioreferenzmonitore“ bezeichnet. Wir werden sehen, ob sie diesem Anspruch gerecht werden.
Inhaltsverzeichnis
Worum geht es bei den ESI nEar i7?
Zunächst geht es um ein Paar aktive Studiomonitore des Leonberger Herstellers ESI Audiotechnik GmbH. Der Gründer Claus Riethmüller konnte im Jahr 2010 alle Designs der koreanischen Firma Ego Systems Inc. erwerben und hat sein Unternehmen im Jahr 2023, die RIDI multimedia GmbH, in die ESI Audiotechnik übertragen.
Die gesamte Entwicklung der ESI Produkte findet also im Raum Stuttgart in Baden-Württemberg statt. Um Kosten zu sparen, findet die Fertigung in China statt, wie man einem Schriftzug auf der Rückseite des Lautsprechers entnehmen kann.
Mit einem Stückpreis von nur 179,- Euro hat man sich in eine sehr stark besetzte Preisklasse begeben, denn von 170,- bis 220,- pro Stück finden sich bei Thomann.de immerhin 27 verschiedene Lautsprecher. Darunter illustre Namen wie Presonus, ADAM Audio, Mackie, Kali, Yamaha und auch die Marktführer von KRK.
Laut eigener Aussage werden die ESI Produkte in Zusammenarbeit mit Musikern, DJs und Produzenten entwickelt. Das klingt nach einem spannenden Bericht!
Die Ausstattung der ESI nEar i7
Auf den ersten Blick haben wir es mit einer sehr klassischen Konstruktion zu tun. Auf der Front haben wir eine 1“ Zoll Seidenkalotte für den Hochtonbereich …
… und einen Tiefmitteltöner mit 6,5“ Zoll Durchmesser und der charakteristischen orangenen Papiermembran.
Unter dem Chassis befinden sich dazu noch zwei fast dreieckige Bassreflexöffnungen für die Unterstützung in den untersten Frequenzlagen.
Der Tweeter ist in der Schallwand zurückgesetzt und mit einem trichterförmigen Waveguide versehen. Dies hilft zum einen, dass die akustischen Zentren der beiden Chassis nah beieinander liegen und dass der Hochtöner etwas mehr Pegel macht und die Abstrahlcharakteristik gebündelt wird, was bei einem Nahfeldmonitor durchaus Sinn ergibt.
Die Chassis werden von Class-D-Verstärkern mit 40 W für den Hochtonbereich unf 50 W für die Bässe befeuert. Die Trennfrequenz liegt bei klassenüblichen 1,9 kHz. So soll ein Frequenzbereich von 39 Hz bis 20.000 Hz abgedeckt werden und in den Peaks sollen maximal 101 dB (SPL) erreicht werden.
Zwischen den beiden Chassis befinden sich die Betriebs-LED, die die Modi An (orange), Standby (rot) und Clipping (rot blinkend) anzeigt. Das Herstellerlogo wurde fast schamhaft unauffällig auf der Schallwand zwischen den Bassreflexöffnungen platziert.
Anschlüsse und Technik
Die Rückseite der Studio-Lautsprecher ist mit einer XLR-Buchse für den symmetrischen Eingang sowie einer TRS-Buchse (unsymmetrisch) sehr übersichtlich gestaltet. Darunter befindet sich der Volume-Regler mit feiner Rasterung, der Ein/Aus-Schalter und die Kaltgerätebuchse für die Stromversorgung.
Laut ESI ist die nEar i7 ein DSP-basierter Class-D-Studiomonitor. DSP steht für „Digitale Signalprozessoren“ und wird in der Studiotechnik gerne für eine Klangsteuerung verwendet, die auch Faktoren wie Phase und Abstrahlcharakteristik beeinflusst.
ESI interpretiert dies einfacher, nämlich für umschaltbare Frequenzen für High- und Low-Shelf mit jeweils +2 dB, 0 dB, -1,5 dB, -3 dB Anpassung.
Eine Besonderheit ist der „Charakter“-Schalter, der die Optionen „Mix & Listen“ und „Reference“ bietet. Erstere dient einer Anhebung der Bässe und Höhen für das entspannte Musikhören und der Möglichkeit, beim Mixing besonders auf Veränderungen bei hohen und tiefen Frequenzen einzugehen. Die Stellung „Reference“ wiederum sorgt für einen ausgeglichenen Frequenzgang ohne Betonung spezieller Bereiche.
- Frequenzgang der nEar i7
- High Shelf Filter
- Low Shelf Filter
Bauform und Verarbeitung des ESI nEar i7
Das Gehäuse des Lautsprechers wurde aus Holz gefertigt, mit einer aufgesetzten Schallwand aus Kunststoff im schraubenlosen Design. Der streng wissenschaftliche Klopftest und das Gewicht von immerhin 5,8 kg pro Lautsprecher vermitteln einen sehr robusten Eindruck. Die Abmessungen liegen bei 30,7 x 21,6 x 26,4 cm (Höhe x Breite x Tiefe) und der gesamte Speaker wirkt insgesamt sehr stattlich.
Die Verarbeitung ist gut, wenn auch nicht perfekt. Die Schallwand aus Kunststoff sitzt nicht ganz passgenau auf dem Korpus, was bei indirekter Beleuchtung nicht so gut aussieht. Der optische Eindruck der Chassis ist ebenfalls gut. Beim Tiefmitteltöner kann man erahnen, dass ein orangefarbenes Stück Papier in Trichterform auf die eigentliche Membran aufgeklebt wurde.
Die Elemente auf der Verstärkereinheit machen einen soliden Eindruck, wenn auch die bedruckte Metallplatte etwas massiver sein könnte. Bei tieftonreicher Musik spürt man, wie diese im Takt der Musik vibriert. Belässt man die Kirche im Dorf und betrachtet die ESI nEar i7 preisbezogen, dann geht die Verarbeitung schon in Ordnung.
Die Monitore werden in einer bedruckten Retail-Verpackung inklusive vier (sehr dünner) Klebepads geliefert, um ein Zerkratzen der Lautsprecher und/oder des Studiotisches zu vermeiden. Eine dämpfende Wirkung darf man sich davon nicht erhoffen.
Dazu gibt es ein Netzkabel und eine deutschsprachige Anleitung mit Aufstellungshinweisen im Lieferumfang.
Die ESI nEar i7 in der Praxis
Die Inbetriebnahme der Stuttgarter Monitore gestaltet sich sehr einfach: Stromkabel und Input anschließen, fertig! Ich habe beide Pegelregler auf Maximum gestellt und verschiedene Hörtests in Charakterstellung Reference und Mix & Listen durchgeführt. Als Quelle dient mir das Universal Audio Apollo TWIN X Quad und hochauflösende Musik in Hi-Res vom Streaming-Dienst Qobuz.
Ich muss zugeben, dass mir eine Bewertung der ESI nEar i7 nicht so leichtfiel, wie ich dachte. Meist merkt man bei Monitoren der unteren Preisklasse sehr schnell, wo die Stärken und Schwächen liegen. Dies würde ich zumindest mal als recht gut einordnen, denn es gibt kaum eine klangliche Eigenschaft bei den ESI, die nicht gut oder gar als schlecht einzuordnen ist.
Sie klingen neutral, haben eine anständige räumliche Abbildung und je nach Einstellung der Schalter auf der Rückseite mit etwas mehr oder weniger Bass bzw. Höhen. Die Dynamik ist ebenfalls gut, denn bei modernen Produktionen von Ed Sheeran, Billie Eilish & Co. klingen die Leonberger Speaker sehr angenehm.
Der Charakter-Schalter wird seiner Aufgabe gerecht: In Stellung „Reference“ ist keine Betonung eines bestimmten Frequenzbereichs vernehmbar und in „Mix & Listen“ gibt es einen Effekt, den man früher in der HiFi-Technik als „Loudness-Schalter“ bezeichnet hat. Dies hat nichts mit dem starken Einsatz eines Kompressors im Sinne des Loudness-War zu tun, sondern beschreibt einfach die Betonung von Bass und Höhen, um den biologischen Eigenschaften des menschlichen Gehörs bei niedrigen Lautstärken entgegenzukommen.
Kritisch betrachtet fehlt es mir bei den nEar i7 einfach an Hochtonauflösung und auch die Mitten haben zu wenig Obertonspektrum.
Percussion, akustische Gitarre oder auch ein offenes Cutoff-Filter eines analogen Synthesizers haben einfach zu wenig Glanz und Strahlkraft. Es fehlen Details und selbst ein Anheben der Höhen mittels High-Shelf-Filter hilft hier auch nicht. Der Hochtöner löst einfach nicht fein genug auf.
Die Mitten klingen deswegen auch zu dumpf und bei komplexen Stimmen, wie bei Adele oder Beyoncé, fehlen Nuancen und Farben. Am unteren Ende Frequenzspektrums neigen die ESI Monitore leicht zum Dröhnen und hier könnte man die mitschwingende Verstärkerplatte als Verursacher ausmachen. Tiefgang und Volume gehen ansonsten in Ordnung, wenn auch die angegebenen 39 Hz als untere Grenzfrequenz eher von theoretischer Bedeutung sind. Der kleine 6,5 Zöller kann bei diesen Frequenzen kaum noch Pegel erzeugen.
Die Mitbewerber der ESI nEar i7
Wie eingangs erwähnt, gibt es in diesem Preissegment Mitbewerber en masse und genau hier sehe ich auch das größte Problem der Leonberger Lautsprecher. Ohne direkten Vergleich denkt man, dass doch alles da ist und man mit ihnen auch ordentlich arbeiten kann, was sicher für einen Einsteiger stimmt.
ADAM Audio T7V
Aber bei 190,- Euro pro Stück für eine ADAM Audio T7V, einer KRK Rokit RP7 (219,- Euro) oder einer koaxialen Fluid Audio FX80 V2 (209,- Euro) ist die Konkurrenz stark – zu stark. Diese Einsteiger-Monitore bieten bei vergleichbarer Neutralität mehr Informationen, mehr Feinauflösung, Dynamik und Spielfreude und wären leider auf meiner persönlichen Anspielliste weiter oben als die recht braven ESI Monitore.
‚geringe Auflösung in den Höhen‘. Ich habe den Begriff Auflösung bisher noch nicht in diesem Kontext gehört. Ist das ein wissenschaftlicher Begriff im Bezug auf Lautsprecher bzw. gibt es dazu ein Wiki-Artikel?
@beni Das ist ein Höreindruck schriftlich verfasst meiner Ansicht nach. Eine Möglichkeit, einen Höreindruck irgendwie zu erklären. Heißt das die Höhen nicht detailiert bzw. transparent wiedergegeben werden. Und ja: Solche Unterschiede hört man in direkten Vergleich mit sehr hochwertigen oder meinetwegen höhenlastigen (klanglich crispen) Monitoren durchaus.
@Filterpad Korrekt – und leider verfasst mit Begriffen, die auch mir wenig sagen.
Als ich von meiner früheren Abhöre umgestiegen bin auf ein Paar preiswerte Studio-Monitore, da habe ich in einem meiner Lieblingslieder Details gehört, die die alte Abhöre einfach nicht „geliefert“ hat. Das würde ich mit „Auflösung“ beschreiben. Aber eine Auflösung speziell in den Höhen, deren Fehlen die Mitten stumpf klingen lässt? Ist wohl ein Fall von „Writing about music is like dancing about architecture“.😮
@Filterpad Tja, schreiben und lesen ist eben nicht hören.
Nur der direkte Vergleich schafft dann einen wirklichen Eindruck, der auch immer individuell ist, Selbst ein kurzer, schneller im Geschäft kann nur einen Eindruck geben kein endgültiges Bild.
Hier ist die Frage, wie stark vertraut man Jörg mit seiner Einschätzung?
Ich mache gerade den Umstieg von den KRK Rokit RP8 G4 auf die Neumann KH 310 A durch und kann so auch wunderbar einen A B Vergleich machen.
Klanglich sind beide im gleichen Team. Bedeutet, betritt man den Raum ist nicht sofort klar wer da spielt.
Das wir erst klar, wenn man genauer hinhört. Da zeigt Neumann dann doch mehr Details.
Beide haben aber eine sehr ähnliche Abstimmung. Ich hatte letztes wieder mal die Gelegenheit einige Kandidaten zu vergleichen.
Es war mir schnell klar geworden, ich bin Team Neumann und eher nicht Team Genelec und auch nicht Team Adam die ich auch damals als Vergleich gehört hatte gegen die KRK. Wobei ich mir schwer tue das in Worte zu fassen.
KSD kommt meinen Vorstellungen auch entgegen, trifft den Punkt aber nicht so gut wie Neumann (für mich).
Deshalb immer anhören, vor allem wenn es teurer wird. Die Unterschiede sind da und jeder ordnet die anders ein. Es die Zeit und Reise ins Geschäft jedenfalls Wert.
Und dann ist auch immer die Frage, was sind einem die Unterschiede Wert.