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Test: Eventide, Newfangled Audio Generate, Softsynth

Chaosbändiger mal 5

23. September 2020

Eventide / Newfangled Audio haben mit dem Generate Softsynth für Mac und Windows eine 8-fach polyphone Version ihres kürzlich veröffentlichten kostenlosen Pendulate (Amazona.de berichtete). 

Was sind also die Unterschiede. Pendulate wird auch weiterhin kostenlos und lizenzfrei bleiben. Generate wird dagegen über eine iLok-Lizenz freigegschaltet und unterstützt iLok-Dongles Version 1,2 und 3, Soft-iLok (Computerauthorization) und iLok-Cloud (permanente Internetverbindung). Es werden zwei Lizenzen zur Verfügung gestellt.

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Klangerzeugung Newfangled Audio Generate

Chaotic Generator

Pendulate bot nur den Chaososzillator PENDULUM auf dem Modell des Doppelpendels an. Ein Doppelpendel ist ein Pendel, das an einem Pendel hängt und die Interaktion zwischen beiden wird gerne zur Beschreibung von chaotischen Vorgängen benutzt. Sehr gut für Bässe und Orgelartiges.
Generate bietet aber noch vier weiter Chaososzillatoren.

VORTEX basiert auf einer Nicht-Linearität, welche das Osc-Pendel immer wieder in das Zentrum zieht, was zu sehr harten Übergängen und einem hohen Anteil an zusätzlichen Harmonien führt. Gut für beißende Klänge.

PULSAR ist ähnlich wie Pendel, aber unstabiler, was zu unsteten Sprüngen führen kann und daher einen sehr eigenen „Vintage“-Klang bietet.

DISCHARGE ist sehr verwandt mit Rauschen und pendelt daher zwischen weich und grobkörnig und kann auch sehr Vintage klingen.

TURBINE ist das letzte und unvorhersehbarste Modell. Der Name kommt von der Propellerform, die es annimmt, wenn der Osc-Sync aktiviert ist. Während dieses Modell mit OSC-Sync erst so richtig zum Leben erwacht, scheinen die anderen Modelle weniger vom Sync zu profitieren.

Als Basisschwingung für alle Modelle dient im übrigen eine Sinusschwingung, die dann von den Modellen entsprechend moduliert wird. Doch abgesehen von all dem Chaos und den Pendeln basiert die Klangerzeugung im Kern aber auf Physikal Modelling. Nur werden hier eben nicht alle möglichen reellen Instrumente nachgebildet, sondern die reell unmöglich existierenden.

Zur weiteren Klangmanipulation kommen die Chaos-Parameter. AMOUNT blendet zwischen dem gestimmten Sinus-Osc und dem harmonienerzeugenden Chaosgenerator um, SHAPE beeinflusst die Vorhersehbarkeit im Verhalten des Chaosgenerators, aber auf nicht immer vorhersehbare Weise und ANIMATE verstimmt den Chaosgenerator gegen des Sinus-Osc, was zu mehr Bewegung im Klang führt. Dazu gesellen sich noch Osc-Sync und zwei Sub-Oszillatoren.

Entwickler Dan Gillespie hat hier 20 Jahre an professioneller DSP-Code Programmierung (bei Eventide) hinter sich (gelassen) und für Generate ein ganz neues Level an Code-Optimerung erreicht, indem er alles in SIMD-Struktur auslegte.
 SIMD kommt üblicherweise in Großrechnern zum Einsatz und bedeutet „Single instruction, multiple data“. Das bedeutet ein einzelner Dateneingang wird von vielen parallel ähnlichen Prozessen (an verschiedenen Stellen) verarbeitet. In Desktop-CPUs lassen sich SIMD Einheiten als IBM AltiVec, AMD NEON oder Intel SSE, AVX finden.
 Man merkt schon, die Klangerzeugung ist hier etwas komplexer als bei den meisten Synthies.
 Dazu kommt noch, dass weder der Synthie noch die Benutzer das erzeugte Chaos kontrollieren können, sondern beide (können) nur versuchen das Chaos zu bändigen. Auch darin unterscheidet sich Generate von anderen Synthies.
Es gab laut Gillespie die Überlegung und Experimente mit herkömmlichen subtraktiven Synthesestukturen. Doch erst mit einer Buchla/ West Coast-Anpassung mit Wavefolder und Low-Pass-Gate ergab für ihn das Ganze erst den richtigen Sinn.

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Wavefolder

Der Wavefolder faltet das eingehende Signal auf sich selbst mehrmals zurück, wodurch mannigfaltige Harmonien erzeugt werden und er der Additiven Synthese zugeordnet wird. Es gibt drei Modi: 259 ist dem gleichnamigen Buchla-Modul nachmodelliert, ANIMATE basiert auf einer gefalteten und animierten Sinus-Schwingung und FRACTAL basiert auf mathematisch fraktaler Geometrie und kann sehr viele harmonische Anteile erzeugen.

An Parametern gibt es FOLDS, welches die Anzahl der Faltungen angibt und damit die Anzahl der Harmonien, während SYMMETRY eine Verschiebung der Nullkennlinie („DC-Offset“) bewirkt und damit die Faltung assymmetrisch werden lässt, was wiederum gerade harmonische Frequenzanteile erzeugen kann, anstatt sonst nur unharmonische. Dieser Modus gilt allerdings nur für die Modi 259 und FRACTAL. ANIMATE wirkt nur auf das gleichnamige Wavefolder-Modell und animiert die Sinuswelle, aber auf eine andere Weise als eine übliche Modulation, da hier auch Harmonische erzeugt werden können.

 Der SHAPE-Parameter gilt nur für ANIMATED und FRACTAL, wo er entweder die Art der Faltung des Sinus regelt oder die Körnigkeit des fraktalen Musters beinflusst, während der 6dB/ Oktaven CUT-OFF nur für das 259-Modell verfügbar ist.
Welcher Parameter für welchen Modi gilt, muss man sich aber nicht merken, denn Dank modernster Oberflächenprogrammierung passt sich die Beschriftung der Auswahl an.
Dazu gibt es noch einen kleinen Taster, der zwischen analog modelliertem Vactrol-Verstärker und einem digitalen Modell umschaltet.

Das Low-Pass-Gate ist eine, frei nach Buchla, designte Kombination aus Verstärker und Tiefpassfilter. Das Einzige was es hier zu beachten gibt, ist das Filter, welches kontinuierlich zwischen einem VCA-Style 1-Pole (6dB) und einem 3-Pole (18dB) Tiefpass moduliert werden kann und die Rensonanz erst ab einem Pole-Werte größer als „1“ aktiviert wird.

Die Schwingungsanimationen sind sind zwar nett, nerven aber auf Dauer beim Soundesign etwas und lassen sich daher auch abschalten, was auch etwas Rechenleistung freisetzt, allerdings ist Generate auf meinem Mac Mini mit i7-8700B mit max 1.9% Last auch nicht gerade anspruchsvoll.

Klangformung des Eventide Synthesizers

Hüllkurven

Zur Klangformung gibt es noch zwei ADRS-Hüllkurven, zwei LFOs mit Re-Trigger, freilaufend und synchron, dazu eine Sample & Hold-Einheit und einen 8-Step-Sequenzer. Alle diese Module bieten vier Modulationsausgänge, die beliebig auf die Parameter geschaltet werden können.

LFO

S&H

Sequenzer

Global

Settings

Patchkabel im Newfangled Audio Generat

VIrtuelle Patchkabel

Der Modulationsanteil kann dabei bipolar eingestellt werden. Virtuelle Patchkabel werden per Klick auf Quelle und Ziel bewerkstelligt und mit einem Rechtsklick wieder gelöscht. In den SETTINGS kann auch festgelegt werden, ob die Verbindungen immer sichtbar sind oder nicht. Beides hat seine Vor- und Nachteile was die Übersichtlichkeit angeht.
Mit dem „+“-Zeichen neben jedem Parameter können auch gleich mehrere Modulatonsquellen auf ein Ziel gelegt werden. Es können so viele Quellen auf einen Parameter gelegt werden, dass nicht mehr alle Verbindungen (mehr als drei) angezeigt werden können und mit „(…)“ dargestellt werden. Die Modulationsquellen können aber noch eingestellt werden, die Verbindungen werden aber nicht mehr angezeigt. Ob das ein Bug ist, ist z.Z. nicht klar. Aber Newfangled arbeiten fleißig an Updates und so sind als nächstes MIDI-CCs / MIDI-Learn für alle Parameter und eine größere Darstellung der Bedienoberfläche schon bestätigt.

Sollte einem das Verkabeln einmal zu viel werden, gibt es noch den sehr gut abgestimmten Zufallsgenerator.

Effekte des Plug-Ins

Zum Schluss kommen noch, als vier hochwertige Effekte mit vierbandigem parametrischem EQ, Chorus, Delay und Reverb. Am Ende des Signalpfades sitzt ein abschaltbarer Limiter, der den Sound zwar noch durchsetzungsfähiger macht, aber ihm auch etwas die Feindynamik raubt, weil er eben alles auf einem konsistenten Lautstärkeniveau hält.

EQ

Chorus

Delay

Reverb

AUDIODEMOS

Unbearbeitet, Peak – 10 bis -0.4 dBFS,
nur interne Effekte

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Fazit

Pendulate ist der Teaser, Newfangled Audio Generate bietet um einiges mehr. Der Sound von Generate wirkt stets lebendig und trotz all seiner Tendenz zur Härte immer organisch und wie aus einem Guss. Das macht Generate so spannend wie angenehm. DAWinisten, die denken sie bräuchten einen neuen Softsynth so dringend wie ein Loch im Knie, könnten hier durchaus sehr angenehm überrascht werden. So ging es zumindest mir.

Plus

  • Klang
  • MPE-Unterstützung
  • Guter Zufallsgenerator

Minus

  • Kabelpatchen ist manchmal etwas unübersichtlich

Preis

  • UVP: 149 USD
  • Einführungspreis bis zum 19. Oktober 2020: 99 USD
  • Crossgrade von Newfangled Elevate Mastering Bundle: 69 USD (-30 USD zum aktutuellen Preis)
  • Crossgrade von einem beliebigen Newfangled-Plugin: 79 USD (-20 USD zum aktutuellen Preis)
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Klangbeispiele
Forum
  1. Profilbild
    Flowwater AHU

    Ach DESWEGEN der Teaser-Synthesizer Pendulate … die wollten noch einen nachschieben. 😅

    Mir soll es sehr recht sein, Pendulate gefällt mir ganz hervorragend; vermutlich werde ich mir Generate kaufen (wobei der monophone Pendulate durchaus seinen Reiz hat), und Eventide ist sowieso eine großartige Firma. 👍

  2. Profilbild
    Sinusmeter

    Zitat aus dem Testbericht: „Die Schwingungsanimationen sind sind zwar nett, nerven aber auf Dauer beim Soundesign etwas und lassen sich daher auch abschalten (…)“

    Umgekehrt wird ein toller Schuh daraus: Gerade die einzigartige Darstellung der Wellenformen, interaktiv, eröffnet ganz neue Sichtweisen auf die Interdependenz der Harmonien. Mann kann sich hierzu die Schwingungsformen alleine anzeigen lassen, und sie dennoch modifizieren.

  3. Profilbild
    AMAZONA Archiv

    Haut mich jetzt klanglich nicht unbedingt aus den Latschen. Und wo wir beim Thema DAWinismus sind…. schon aufgrund seiner Optik würde er, rein artentechnisch betrachtet, auf der Strecke bleiben.
    Aber zumindest isser übersichtlich gestaltet.

  4. Profilbild
    janschneider

    Eigentlich brauch ich ja keine synthies mehr, da ich die gar nicht soviel einsetze, aber den generate habe ich mir dennoch gekauft. Für 69€ (Crossgrade vom Equivocate-EQ, denn es mal für Elan gab) musste ich auch nicht allzu lange überlegen.
    Im Gegensatz zu vielen anderen Synthesizern (egal ob Hardware oder Software) hat es einen wirklich organischen Klang, bei vielen Sounds klingt das für mich wie eine verrostete alte elektromechanische Orgel, die bei Tom Waits im Schuppen steht :)
    Ich sehe die Schwerpunkte und Stärken eher so bei Pad/Keys/Organ-Sounds.

    Ich würde mir wünschen, man könnte sich die Visualisierungen in einem separaten Fenster anzeigen lassen, so schön sie sind, bin ich auch der Meinung, dass sie beim editieren nerven.

  5. Profilbild
    harrymudd AHU

    ich finde ein wirklich eigenständiger Synth mit hohem Kreativpotential. Die Synthese erfordert anfangs ein wenig Umdenken, aber die Ergebnisse sind es wert.

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