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Test: Fender Deluxe Tele Thinline CAR, E-Gitarre

Die Feder unter den Fender

7. Februar 2017

Was ist nicht schon alles über diesen Gitarrentyp geschrieben worden. Für den einen die langweiligste und hässlichste Gitarrenform überhaupt, für den anderen der Inbegriff des ultimativen „Twäng“, wobei sich die „Gelehrten“ bis heute streiten, wie das überhaupt zu definieren ist. Fakt ist, dass die Fender Telecaster ihre Geburt im Jahre 1952 erlebte und gleichzeitig zur ersten in Serie hergestellten E-Gitarre aufstieg. Dass dieses aus rein pragmatischen und Kostengründen von einem gelernten Maschinenbauer so konstruierte Instrument eine Ansammlung von bahnbrechenden Details werden sollte, hätte Leo Fender wohl in seinen kühnsten Träumen nicht gedacht. Dass ihm dieser Clou zwei Jahre später noch einmal um ein Vielfaches höher mit der Stratocaster gelingen sollte, wohl noch weniger.

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Mittlerweile haben in den knapp 64 Jahren unzählige Versionen des „Bretts“ ihre Sternstunden erlebt und sich zum Teil auch bereits wieder von der Bildfläche verabschiedet. Eine der Abwandlungen der klassischen Solidbody-Version hält sich hingegen tapfer in der zweiten Reihe. Die Rede ist von der Thinline-Version, die uns als Fender Deluxe Tele Thinline CAR zum Test vorliegt. Genug der Geschichtsstunde, auf zum Test!

Facts & Features Fender Deluxe Tele Thinline 

Telecaster! Nun, das bedeutet in ihrer klassischen Auslegung ein Brett mit zwei Singlecoil-Tonabnehmern, dazu einen Ahornhals und den üblichen E-Gitarren Kram wie Tuner etc., fertig! War damals schön billig und setzte sich in Verbindung mit einem Twin Reverb in einer seiner Zeit unfassbaren Lautstärke auch im schwersten Bigband Gewitter problemlos durch. Es aber nur bei diesen rudimentären Eckdaten zu belassen, würde der Deluxe Tele Thinline CAR wahrlich Unrecht tun, immerhin wurde fast jedes Detail in den letzten Jahrzehnten verändert, verbessert oder einfach nur gepimpt. Aber stop, da war noch etwas, was hat es denn mit der Bezeichnung Thinline auf sich?

Thinline?

Mit „Thinline“ bezeichnet Fender eine Telecaster, die als mehr oder minder Antwort auf die ES-Serie von Gibson zu verstehen war. Zwar könnten Konstruktion und Konzeption diametraler nicht sein, aber sobald der Kunde ein F-Loch sieht, sucht er nach Vergleichbarem. Oberhalb der Saitenführung ist die Telecaster in der Tat ausgehöhlt, was insgesamt zu einem „hohleren“ und weicheren Sound im Vergleich zu Solidbody führt. Wirklich akustisch lauter wird das Instrument nicht, aber es nimmt etwas der je nach Ausführung beißenden Schärfe einer Tele. Über Rückkopplungen wie bei den „Vollresonanz-Bertas“ von Gibson muss man sich jedoch keine Sorgen machen, der Sustainblock in der Mitte des Instrumentes sorgt für genügend Abschirmung in Sachen Bassfeedback.

Hombre … E-Gitarre aus Mexiko

Wie bereits erwähnt, hat Fender bei der in Mexiko gefertigten Gitarre einige Punkte verändert, die gerade von Nicht-Tele-Puristen gerne als Kritikpunkt verstanden wurden. Ob die gesamte Produktion mittlerweile in Mexiko stattfindet oder ob wie früher alle Bauteile in den USA gefertigt wurden, um aus Lohnkostengründen über die Grenze geschippert und dann in Mexiko zusammengeschraubt zu werden, sprich eigentlich USA-Instrumente waren, wer weiß. Vielleicht steht ja aufgrund der aktuellen politischen Lage in den USA demnächst der wirtschaftlichen Zusammenarbeit eine Mauer im Weg.

Der Hals der Fender Deluxe Tele Thinline CAR

Der Tradition verhaftet sind neben der klassischen Korpusform der Hals aus Ahorn, dessen aufgeleimtes Griffbrett ebenfalls aus Ahorn besteht. Obwohl man den Trussrod nun von oben einführen kann, hat man nicht auf den „Skunk“-Streifen auf der Rückseite des Halses verzichtet, der seiner Zeit für die One Piece Maple Necks eingeführt wurde. Wird wahrscheinlich preisliche Gründe haben, um nicht ein weiteres CNC-Pattern laufen zu lassen. Das Shaping darf als moderates C angesehen werden, typisch Fender, ohne dabei den „Average-User“ zu verprellen. Der Hals sitzt in einer abgerundeten Version des Halsfußes, was die Bespielbarkeit in hohen Lagen verbessert. In Sachen Korpusholz kommt einmal mehr die universell verwendbare Erle zum Einsatz, neben Esche das beliebteste Korpusholz im Hause Fender.

Auch die zur Verminderung der seitlichen Saitenreibung am Sattel seitlich versetzten sechs Stimmmechaniken dürfen nicht fehlen, allerdings hat man sich für einer Locking Version entschieden, die aufgrund der geringeren Windungszahl der Saite für mehr Stimmstabilität und schnelleren Saitenwechsel sorgt. Dass das CAR in der Typenbezeichnung für die Farbe „Candy Apple Red“ steht und es sich dabei um eine der bekanntesten Fender Kreationen handelt, dürfte wohl jedem Fender Freund ein Begriff sein.

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Verabschiedet hat man sich auf von der „Drei-Reiter-Tod-Der-Intonation-Aschenbecher Brücke“, die zwar klassisch, aber unter uns gesprochen auch tonal echter Schrott war. Nicht ein Musiker, der nicht das große Heulen bekam, sobald er das Lagenspiel verließ und in höhere Bundregionen wechseln musste. Sechs einzelne Reiter aus Edelstahl im Stratocaster Flair, wobei die Saiten durch den Korpus geführt werden, sorgen bei der Fender Deluxe Tele Thinline CAR für eine deutlich verbesserte Oktavreinheit.

Die Elektrik der Fender Deluxe Tele Thinline CAR

Als Tonabnehmer kommen zwei hauseigene Wicklungen mit der Bezeichnung „Noiseless“ zum Einsatz, weitere Infos über Widerstand etc. ließen sich leider nicht in Erfahrung bringen. Ein Volumeregler, ein Toneregler, soweit, so gut, aber was bitte macht ein Vierwegeschalter auf einer Tele? Nun, neben der typischen Dreiwegeschaltung wurde auf der Position 1 eine serielle Schaltung der beiden Singlecoils ermöglicht – eine Art Humbucker mit riesigem Spacing zwischen den Spulen. Mal sehen, ob diese zusätzliche Schaltung die Tele in ihrem ursprünglichen Habitat nach vorne bringt.

— Fender Deluxe Tele Thinline CAR Headstock —

In der Praxis mit der Fender Deluxe Tele Thinline CAR

Im Prinzip erklärt es sich von selbst, aber für alle hoffnungsvollen Nachwuchsklampfer, der das hier beschriebene Instrument neugierig beäugen, da sie es zuvor noch nicht wahrgenommen haben. Tele = High Gain = NEIN! Tele = Heavy = NEIN! Natürlich kann man in seine Tele Mini Humbucker einsetzen und dem Instrument dadurch gute Rock-Leads entlocken. Aber es ist das Gleiche, als wenn man mit einer Gibson Explorer in einer Dire Straits Coverband spielt. Geht alles, aber passt nicht wirklich!

Ein dezentes Crunch mag man dem Countryklassiker durchaus zugestehen, vielmehr noch, die Tele ist ein Paradebeispiel dafür, wie eine gute Classicrock Rhythmusgitarre zu klingen hat. Aber das große Schaulaufen liegt bei der Tele eindeutig im cleanen Bereich. Dabei wissen die verbauten Pickups durchaus zu überzeugen, da sie nicht ganz so stark beißen wie einige ihrer Vorgänger, aber dennoch genügend Charakter besitzen, um sich in bester Tele Marnier im Bandkontext durchzusetzen.

Fender Deluxe Tele Thinline CAR - Halsfuss

— Fender Deluxe Tele Thinline CAR – Halsfuss —

Fährt man den Amp nun dezent in die Sättigung, kann die Fender Deluxe Tele Thinline CAR ihre zweite Stärke ausspielen. Ein Hauch von Crunch, mehr Kompression als Halbwellen-Cut, lässt das Instrument sehr ausdrucksstark rüberkommen. Hier kann auch die erste Schalterposition mit einem sinnvollen Humbucker-alike aufwarten und für ein ordentliches Fundament sorgen. Hier ist viel Platz für andere Instrumente und der Sänger hat nicht ständig Angst, im Kompressionshub eines „echten“ Humbuckers jenseits der 14 kOhm zu ersaufen.

Ja und da wäre noch das sagenumwobene Twäng, das seine Charakteristik besonders durch Fingerpicking nach vorne schiebt. Da jeder Hörer seine eigene Vorstellung vom ultimativen Twäng hat, ist es sehr schwer, diesbezüglich eine definitive Aussage  zu treffen. Meines Erachtens verfügt die Fender Deluxe Tele Thinline CAR über genügend Twäng, um ihrer Familie alle Ehre zu machen. Vielleicht etwas weniger als eine Solidbody, dafür schmeichelt sie dem Ohr aber etwas mehr und ist zudem deutlich leichter als ihre vor allem in den Achtzigern meist übergewichtigen Schwestern.

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Fazit

Mit der Fender Deluxe Tele Thinline CAR kann man als Fender-Fan nichts falsch machen. Das Instrument verfügt über alles, was die Tele berühmt gemacht hat und verabschiedet sich von den Details, für die sie berüchtigt ist. Zudem erleichtert sie sich in der Thinline-Version um einige Gramm an Gewicht und nimmt etwas die Härte aus dem Ton.

Allerdings trifft sie mit einem Ladenpreis von knapp über 900,- Euro auch auf reichhaltige Konkurrenz, die jedoch wohl ein Leben lang gegen die stärkste Trademark der Welt im Gitarrensektor ankämpfen muss. Hier muss jeder für sich selber entscheiden, wo seine Prioritäten liegen.

Plus

  • Sound
  • Klassiker
  • sehr geringes Gewicht
  • erweitertes Soundspektrum

Preis

  • Ladenpreis: 915,- Euro
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Klangbeispiele
Forum
  1. Profilbild
    Chick Sangria

    „Vielleicht steht ja aufgrund der aktuellen politischen Lage in den USA demnächst der wirtschaftlichen Zusammenarbeit eine Mauer im Weg.“
    Das wäre doch mal Thema für einen größeren Artikel – was könnte sich ändern für die Industrie und den hiesigen Markt in der Ära Trump?

    • Profilbild
      Zetahelix

      @Chick Sangria Denkst du wirklich, ein Musikmagazin braucht einen politischen Anstrich?? Ich bin froh, dass man hier nicht über den Namen Trump stolpert, das gibts in 1000en von Gazetten

    • Profilbild
      AMAZONA Archiv

      @Chick Sangria Ich spekuliere dass die Mexico strat und die China strat gestrichen werden, und alles in gute kommt dann auch wieder aus USA, und nicht nur assembled in the USA. Schöne Vorstellung! Ob der Traum wahr wird? Achja die Preise pendeln sich auf Mexiko ein! Dann sag ich, Trump for president Hurra.

  2. Profilbild
    AMAZONA Archiv

    Die neue Brücke ist cool. Schade dass es die noch nicht in die American Standard geschafft hat. Eine American Standard mit dieser Brücke und den Noiseless Pickups würde ich sofort kaufen. (Hätten die nicht immer den schmaleren 42mm Hals, würde ich auch das Mexiko-Modell kaufen.)

  3. Profilbild
    Chick Sangria

    Das ist die naheliegende Spekulation. Aber wenn hier mal jemand mit Kenntnis der Industrie kommentieren könnte, wäre ich sehr dankbar. Und andere sicher auch. Denn davon hängt ja letztlich das Timing größerer Kaufentscheidungen ab.
    Auch die Zollsituation ist mir nicht ganz klar – falls die EU auf die Strafzölle von Amerika mit ähnlichen Zöllen reagiert, schauen ja diejenigen in die Röhre, die auf dem Gebrauchtmarkt in Übersee einkaufen.

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