Ehre, wem Ehre gebührt!
Eigentlich kaum zu glauben, dass es von der Strat bislang keine Semihollow-Version gab. Doch tatsächlich ist die Fender Eric Johnson Thinline Strat die erste halbakustische Variante des ewigen Dauerbrenners, die das Werk von Fender in Corona/Kalifornien verlässt. Der Namensgeber bzw. Künstler, der natürlich auch an der Entwicklung der Gitarre beteiligt war, gehört zweifellos in den Zenit der Saitenartisten: Eric Johnson. Dem Mann mit dem außergewöhnlichen Ton und der einzigartigen Technik ist nicht erst seit den G3-Touren in der Szene ein Begriff und einige unter uns werden sicherlich mit Johnsons Meisterwerk Cliffs of Dover etwas anzufangen wissen. Die Zusammenarbeit zwischen Fender und Eric Johnson begann 2015 und nun steht die Fender Eric Johnson Thinline Strat in den Shops dieser Welt – und auch bei uns zum Test.
Fender Eric Johnson Thinline Strat – Facts & Features
Wir haben es hier mit einer US-Strat der oberen Preisklasse zu tun. Klar also, dass die Eric Johnson Thinline Strat in einem entsprechend hochwertigen Tweed-Case ausgeliefert wird. Darin befinden sich neben der Gitarre weiterhin die Einstellschlüssel für die Hardware, ein verkürzter Vibratohebel sowie die „Aschenbecherabdeckung“ für das Vibratosystem – falls der neue Besitzer die Vintage-Optik noch ein Stück erweitern möchte.
Nach dem Aufklappen des Deckels erwartet das Auge des Betrachters zunächst einmal die vertrauten Formen einer typischen Strat. Unser Testmodell besitzt eine Vintage-White-Lackierung, erhältlich ist die Gitarre noch in einer weiteren, klassischen Farbgebung, nämlich in 2-Color-Sunburst. Die Maße und Formen des Korpus sind unverändert gegenüber denen einer Standard-Strat, es erwartet uns also auch hier wieder eine nahezu perfekte Ergonomie mit den bekannten Fräsungen auf der Vorder- und Rückseite des Korpus, für den ein Stück Erle Verwendung fand. Den Unterschied macht der Hohlraum im oberen Zargen aus, der durch ein Resonanzloch in F-Form zu erkennen ist und der den Klang des Instruments spürbar erweitern soll.
Dass dies sehr gut funktionieren kann, zeigen auch unsere Tests von Instrumenten anderer Hersteller, bei denen der zusätzliche Resonanzraum dem Sound noch einmal eine ganz andere Note und einen speziellen Charakter hinzufügt. Auch die Fender Eric Johnson Thinline Strat profitiert von dieser Maßnahme ganz deutlich, das kann ich an dieser Stelle ruhig schon mal vorab verraten.
Lack, wohin das Auge auch blickt
Umschlossen wird der gesamte Korpus von einem Nitrozelluloselack, hier wurde erwartungsgemäß sehr sauber gearbeitet, von Schleifspuren oder geschweige denn Lacknasen ist weit und breit keine Spur zu sehen. Der Lack schützt zweifellos und ist natürlich enorm wichtig, doch die Arbeit der Lackierpistole endete leider nicht beim Body – auch der Hals inklusive des Griffbretts besitzt eine dicke Lackschicht, die zumindest bei mir die Spielfreude schon im Kein erstickt. Es klebt einfach zu stark nach meinem Geschmack – kaum zu glauben, dass Eric Johnson unter dieser Voraussetzung ein derart virtuoses Gitarrenspiel an den Tag legen kann! Das Halsprofil hingegen zeigt sich als moderate V-Form und liegt angenehm in der Hand, ein Satz Jumbobünde sorgt für eine sichere und saubere Intonation auf der gesamten Länge des Griffbretts.
Und noch eines sollte man wissen, wenn man sich für die Eric Johnson Strat interessiert bzw. entscheiden sollte: Die Einstellschraube für den Halsstab befindet sich am Halsfuß, was das Justieren des Halswinkels wohl eher zum Fall für einen Fachmann macht. Der Stab selbst wurde nach dem Einsetzen mit dem bekannten „Skunk-Stripe“ verschlossen, so wie man es von einer Strat eben kennt. Und wer bis hierher irgend eine Art von Hinweis auf den Künstler in Form eines Schriftzugs oder dergleichen an der Gitarre gesucht hat, der wird an der Halsplatte mit den eingravierten Initialien von Eric Johnson fündig.
Fender Eric Johnson Thinline Strat – die Elektrik
Was kann es anders sein, als drei Singlecoil-Pickups? Selbstverständlich hatte Eric Johnson beim Sounddesign der Tonabnehmer ein Wörtchen mitzureden, zusätzlich wurden auf seinen Wunsch hin die Schrauben der drei Singlecoils versenkt eingesetzt. Apropos Schrauben – ein paar mehr hätten es für das Anbringen des Pickguards schon sein dürfen, hier und da schließt das Stück Plastik nämlich nicht ganz sauber mit der Decke ab und wölbt sich daher. Die Schaltung entspricht dem Standard einer Strat, die Qualität der Potis und des Fünfwegeschalters wiederum entspricht einem Instrument dieser Preisklasse vollkommen: Der Schalter rastet knackig ein und die Regler laufen wie in Butter auf ihren Achsen.
Fender Eric Johnson Thinline Strat – die Hardware
Auch hier begegnen uns alte Bekannte und zwar in Form des berühmt-berüchtigten Vintage-Vibratos und der sechs Mechaniken an der Kopfplatte, die ebenfalls ein Vintage-Design besitzen. Die Mechaniken wurden gegenüber der regulären Strat versetzt angebracht, so konnte auf einen oder mehrere String-Trees verzichtet werden. In der Praxis zeigt sich das Vibratosystem erstaunlich stimmstabil, das mag aber auch damit zusammenhängen, dass das System unseres Testinstruments zum einen mit fünf Federn voll gespannt war und zum anderen der Vibratoblock fest auf der Decke auflag. Tonhöhenveränderungen nach oben waren somit nicht möglich, der Vibratohebel ließ sich lediglich nach vorne bewegen. Das schränkt natürlich ein, ist aber immer noch besser, als nach jeder Nutzung des Hebels die Gitarre nachzustimmen. Denn allzu viel Hoffnung auf einen verstimmungsfreien Einsatz dürfte auch dieses System in frei schwebendem Zustand nicht machen, aber die Stratspieler haben ja damit Leben gelernt …
Sound & Praxis
Die Strat an sich ist ja schon kein Schwergewicht, durch den Resonanzraum und die damit verbundene Gewichtsabnahme allerdings mutiert die Fender Eric Johnson Thinline Strat fast schon zu einem Fliegengewicht! Wie zu erwarten war, wirkt sich der zusätzliche Hohlraum zudem deutlich positiv auf die Grundcharakteristik der Gitarre aus, das betrifft sowohl das Sustain als auch die Tonentfaltung insgesamt. Der Klang „atmet“ regelrecht. Davon profitieren auch die drei Singlecoils, die den warmen und singenden Grundsound mit einer eigenen, zusätzlichen Note an den Verstärker liefern. Wenn auch wieder mit dem typischen Brummen, das bei einer originalen Strat aber wohl genau so dazugehört, wie das störrische Vintage-Vibrato.
Das niedrige Gewicht der Gitarre und der Hals mit seinem komfortablen Profil bieten eigentlich ideale Voraussetzungen für einen virtuosen Spielstil, wie ihn ja Eric Johnson zu zelebrieren pflegt. Wäre da nicht der Hals und die klebrige Nitrolackierung, die schon bei trockener Greifhand der rechten Hand ordentlich Widerstand entgegenbringt und Bendings, Slides etc. zu einem völlig neuen Erlebnis macht. Hier sollte man sich eine Menge Zeit nehmen und ich bin mir sicher, dass Spieler von naturbelassenen oder nur offenporig lackierten Hälsen die Fender Eric Johnson Thinline Strat schnell wieder in die Ecke stellen werden. Kompliment an EJ, unter solchen Voraussetzungen spielt nicht jeder einen derart technisch anspruchsvollen und virtuosen Stil!
Hören wir rein in den Sound der Eric Johnson Thinline Strat, für die folgenden Klangbeispiele habe ich die Gitarre in meinen Orange Micro Dark eingeklinkt. Angeschlossen war eine H&K 1×12″ V30-Box, für die Aufnahme diente ein AKG C3000 Mikro.
Im ersten Klangbeispiel hören wir den unverzerrten Sound des Singlecoils am Hals.
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Im zweiten Beispiel nun die Kombination Neck- und Middle-Pickup, ebenfalls ohne Zerre. Im Vergleich zur „normalen“ Strat ist hier deutlich mehr Pfund vorhanden.
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Dieses mehr an „Pfund“ bemerkt man auch bei den verzerrten Sounds, die aber von deutlichen hörbaren Nebengeräuschen begleitet werden. In Klangbeispiel 3 der verzerrte Sound des Singlecoils am Hals.
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Die Mitarbeit von EJ bei der Entwicklung der Pickups scheint sich trotzdem gelohnt zu haben, denn der Einspuler am Steg verschont das Gehör mit dem gefürchteten Glasschneider-Sound, zu hören im vierten Klangbeispiel.
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Abschließend ein Beispiel für den Klang der Kombination Steg- und mittlerer Pickup, zusammen mit dem Overdrivesound des Micro Dark.
Was hat es eigentlich mit der offenen rückseite auf sich? Klingt es dann besser?
Klanglich ist sie erhaben.
Wow! Klingt sehr schick!