Praxis des Focusrite ISA Two
Damit kommen wir zum Praxisteil. Der ISA Two wird als neutraler Preamp beworben, also wird er von mir direkt mal im Vergleich mit dem Millennia HV-3C getestet.
Zuerst kommt wieder mein Lieblingsmikro AKG C414 B-ULS zum Einsatz.
Als erstes Ergebnis ist beim Focusrite mehr Rauschen wahrzunehmen als beim Vergleichsgerät. Das ist nun nicht verwunderlich, der Millennia ist ja auch ein äußerst rauscharmer Geselle und spielt zudem preislich in einer ganz anderen Liga. Auch in der Neutralität muss sich der ISA Two geschlagen geben, hier agiert der HV-3C doch eine Spur präziser und detaillierter. Schlecht schlägt sich der ISA Two allerdings beileibe nicht, es darf nicht vergessen werden, dass der Focusrite zwar mit einen sehr färbungsfreien Eingangsübertrager bestückt ist, der Millennia jedoch komplett übertragerfrei aufgebaut ist.
Grundsächlich liefert der ISA Two, der nur ca. ein Drittel des Rivalen kostet, hier einen wirklich guten und brauchbaren Sound.
Als zweiten Test vergleiche ich das Testmodell mit den internen Mic Pres meines UA Apollo Twin Interfaces.
Auch diese Mikrofonvorverstärker arbeiten sehr verfärbungsfrei und tatsächlich kann das Apollo gut mithalten und liefert einen gleichwertigen Sound. Im Grundrauschen schneidet es sogar noch ein Quäntchen besser ab.
Aber der Focusrite Preamp hat ja noch mehr zu bieten, als nächstes ist die Impedanzanpassung dran.
Hier bieten sich mit dem AKG Großmembraner deutliche Klangunterschiede. Die Low-Variante klingt etwas matt, besser gefällt die originale ISA 110 Anpassung, die dezent kernige Mitten hinzufügt. Med ist die neutralste Einstellung, High fügt luftige Höhen hinzu und ist damit die modernste Klangnuance.
Auch einige andere Mikros aus meiner Sammlung werden nun hinzugezogen. Das Audio-Technica ATM710, ein Kondenser Gesangsmikrofon, liefert ein ähnliches Bild, die Unterschiede fallen hier aber geringer aus. Als dynamisches Mikro nehme ich ein sE V7X, hier liefern die ersten beiden Stufen ein dünnes Signal, das bei Low auch noch recht dumpf klingt. Med ist hier recht neutral, am besten gefällt die Stellung High, die mehr Druck durch einen strafferen Mittenbereich anbietet.
Neu in meiner Sammlung ist das Bändchenmikrofon Voodoo VR2 von sE. Die Ergebnisse entsprechend weitgehend dem AKG C414. Interessant wäre gewesen, wie der ISA Two mit einem passiven Bändchen zurecht kommt, das gehobene Ansprüche an die Gain-Struktur stellt. Das VR2 ist aber „leider“ mit einem aktiven Preamp ausgestattet.
Zum Schluss packe ich noch ein weiteres altes Schätzchen, ein KM140 von Neumann aus. Das kommt mit der Low-Impedanz von 600 Ohm am besten zurecht, hier klingt der Kleinmembraner sehr natürlich und offen, die anderen Anpassungen zeigen untereinander wenig Unterschiede.
Es zeigt sich, dass die Impedanzanpassung des Focusrite ISA Two eine sehr gute Möglichkeit bietet, verschiedene Mikrofone optimal anzupassen. Dabei liefert die Faustformel Impedanz Preamp als Zehnfaches des Mikros einen guten Richtwert. Oft sind aber auch durch vermeintliche Fehlanpassungen interessante Klangvariationen zu erzielen, also bitte einfach mal ausprobieren, gerade wenn es, wie beim ISA Two, so einfach gemacht wird.
Nun kann der Preamp nicht nur Mikrofonsignale verstärken, sondern auch mit Line-Pegel und Instrumenten arbeiten. Dafür schließe ich zunächst meinen Nord Lead 2 an den Focusrite und parallel an das Apollo Interface an.
Beide machen hier ihre Arbeit auf gleichem Niveau, klar und neutral. Der ISA Two ist hier definitiv kein Klanggestalter, wie z. B. der von mir kürzlich getestete Warm Audio WA73, ein Klon einer weiteren berühmten Neve Entwicklung. Hier setze ich nun mal das Lowcut-Filter ein.
Der glänzt durch einen ungewöhnlich weiten Wertebereich und ist somit sehr gut nicht nur zum Entrumpeln einsetzbar ist, sondern kann auch klanggestalterisch eingesetzt werden.
Das gilt auch beim Instrumenteneingang. Hier nehme ich als Vergleichsgerät meinen TLAudio A1 Preamp her. Hier kann stufenlos eine Röhrenschaltung mit einfließen. Auch ohne Röhre klingt der TLA mit meiner Akustikgitarre druckvoller und durchsetzungskräftiger. Als zweites Instrument nehme ich eine E-Bass, hier kann sich der ISA Two besser in Szene setzen, der die tieferen und strafferen Bässe anbietet.
Bisher wurde im Studio gearbeitet, während des Testzeitpunkts stand aber auch wieder eine Orchesteraufnahme an. Dabei arbeite ich inzwischen mit dem Allen&Heath Qu-24, die Mikros werden durch die AR 2412 Stagebox verstärkt. Da meine Hauptmikrofonierung aber direkt am Pult anliegt und die internen Preamps nicht ganz die Qualität der Stagebox erreichen, nehme ich da gewöhnlich den Millennia mit. Dieses Mal darf er im Studio verbleiben, der Focusrite übernimmt seinen Part. Und das macht er wahrlich nicht schlecht, deutlich detaillierter, offener und direkter wird das Signal aufgezeichnet, hier haben die Pult-Preamps keine Chance.
Danke für den interessanten Test und das Bild vom Inneren. Ich habe den Eindruck, dass das ISA Konzept etwas in die Jahre gekommen ist. Es gibt mittlerweile einfach bessere Vorverstärker der sauberen Gattung.
Der technische Aufbau des Geräts ähnelt dem sehr aufwendigen und anfälligen Original ISA110 auch nur noch was die Eingangsübertrager und die Teile der Schaltungslogik angeht. Ansonsten kommen hier günstigere Bauteile und eine andere Netzteiltechnologie zum Einsatz. Der Preis und die schicke Frontplatte sind hier wohl das einzige Argument für eine Anschaffung.
Hi,
sehe ich nicht ganz so.
Ich denke der Test hat gezeigt, dass Besitzer eines Audio Interfaces mit wirklich guten Mik Preamps nicht unbedingt einen externen Preamp dieser Klasse benötigen. Für Interfaces der unteren und mittleren Klasse ist hier aber schon eine deutliche Aufwertung möglich.
Zudem ist der Preis mit ca. 400,- Euro pro Kanal wirklich günstig, wenn man sich mal die Mitbewerber anschaut.
Dazu kommt die wirklich gute und übersichtliche Bedienung und praktische Detaillösungen.
Wenn ich nicht den Millennia hätte, den ich natürlich v.a. für Studioarbeit habe, hätte ich den ISA Two für den genannten Live Recording Einsatzzweck behalten.
Was natürlich stimmt, gleiche Technik wie die alten Geräte ist ganz klar eine Werbeaussage. Auch der schon von mir getestete Red 1 500 beruft sich auf das ISA 110 Konzept, klingt aber doch anders. Hat ja auch noch einen Ausgangsübertrager drin.
@Armin Bauer Das ist mir auch schon länger aufgefallen: Focusrite macht eigentlich ständig mit dem ISA-Sound Werbung. Auch die Clarett-Interfaces sollen ja per Knopfdruck den ISA-Sound haben – dann wird immer noch der Name Rupert Neve erwähnt und fertig ist der Eindruck: das ist High-End.
Wobei ich nichts gegen Focusrite habe, die machen gute Geräte – nur die Werbemasche ist eben oft diesselbe.
@Armin Bauer @ Armin: Du hast es doch in Deiner Antwort selbst gut beschrieben. Der ISA sitzt zwischen den Stühlen. Er ist einerseits nicht wirklich high-endig und macht andererseits gerade mal ein wenig mehr Sound (und das dafür mit Rauschteppich) als MicPres die man heute in Semi-Pro Audio Interfaces findet.
Das Teil sitzt zwischen den Stühlen und ist nicht mehr zeitgemäss.
Für 400€/Kanal bekommst Du z.B. schon einen Lake People Mic-Amp F311 D der sogar mit dem Millenia (ist ja auch nicht mehr ganz die neueste Technik) um die Wette spielt.
Also ich sehe da eigentlich nur noch den legendären Namen als Kaufargument. Ein Kumpel hat gerade seinen vintage ISA110 vertickt, weil der ihn nur noch mit Reparaturen genervt hat und der Sound nicht mehr wirklich konkurrenzfähig ist. Dafür gibt es, was Mic Pres angeht, mittlerweile einfach zu viele gute Alternativen in allen Geschmacksrichtungen.
Hi psv-ddv,
dass Lake People gute Geräte baut ist unbestritten. Hast du den 311 schon gehört? Der 355 ist ja durchaus Referenz, liegt in der Class-A Ausführung finanziell aber auch im HV-3C Bereich. Kann mir nicht vorstellen, dass Lake People für nicht mal die Hälfte des Preises ein gleichwertiges Produkt entwickelt haben. Falls ja, muss ich mir unbedingt schnellstens anhören.
Nicht vergessen darfst du auch nicht die Ausstattungsdetails des ISA, Insert, Impedanzanpassung, Line/Instr Input, kalibrierbare Meter. Wer´s nicht braucht zahlt es natürlich umsonst, wer es haben möchte kann sich umschauen, wo er es her bekommt.
Bleibe dabei, in die Jahre gekommen oder nicht, der ISA Two ist ein grundsolides Arbeitstier zum ordentlichen Kurs. Konkurrenzfrei ist er aber sicher nicht.
@Armin Bauer Ja, habe ich. Da die LPs sehr neutral klingen sind die Unterschiede nicht sooo riesig. Ich persönlich würde den 355 über dem HV-3C einordnen und den 311 knapp darunter, je nach Anwendung und Mikrofon. Ist definitiv ’ne Empfehlung.
Na, dann werde ich doch probieren ob wir den 311 zum Test kriegen können.
Grüße
@Armin Bauer Top! Ich bin auf Dein Urteil gespannt :)
Das ist mir auch schon länger aufgefallen: Focusrite macht eigentlich ständig mit dem ISA-Sound Werbung. Auch die Clarett-Interfaces sollen ja per Knopfdruck den ISA-Sound haben – dann wird immer noch der Name Rupert Neve erwähnt und fertig ist der Eindruck: das ist High-End.
Wobei ich nichts gegen Focusrite habe, die machen gute Geräte – nur die Werbemasche ist eben oft diesselbe.