Premium-Kopfhörer in offener Bauweise
Im Juli 2024 stellte Fostex zwei neue Oberklasse-Kopfhörer vor, von denen uns der deutsche Fostex-Vertrieb Mega Audio den offenen Studiokopfhörer Fostex TH1100RP für einen Test zur Verfügung stellte. Wie der Kopfhörer aufgebaut ist, für wen er geeignet ist und in welchen Bereichen seine Stärken – und vielleicht auch Schwächen – liegen, erfahrt ihr im folgenden Test.
Inhaltsverzeichnis
Der Aufbau des Fostex TH1100RP
Bei solch einem hochpreisigen Kopfhörer setzt der japanische Hersteller Fostex natürlich auf hochwertige Materialien. Für die Ohrmuscheln kommt u. a. massives Ahornholz zum Einsatz, das mit Awa Aizome gefärbt wird. Indigoblau ist der Kopfhörer und insgesamt macht er einen sehr schicken und edlen Eindruck. Natürlich sollte jedem klar sein, dass es sich beim TH1100RP um keinen 0815-Kopfhörer handelt, sondern dass hier neben ausgewählten technischen Komponenten auch viel Wert auf Handarbeit und eine insgesamt hohe Verarbeitungsqualität gelegt wird. In diesem Kontext sollte man den Kopfhörer und seinen Preis betrachten und wer jetzt bereits sagt, dass das alles unnötig ist, mag durchaus Recht haben – allerdings scheint es ausreichend viele Interessenten zu geben, die bereit sind, für einen Kopfhörer eine gute viertstellige Summe auf die (virtuelle) Ladentheke zu legen. Aber vollkommen klar – das haben unsere vielen Tests bereits gezeigt: Es gibt auch durchaus günstigere und gleichzeitig sehr gute Kopfhörer.
Die Grundkonstruktion des Fostex Kopfhörer besteht aus einem Metall-Kunststoff-Mix, wobei alle „tragenden“ Elemente wie der Kopfbügel und die Aufhängung der Ohrmuscheln aus Metall bestehen. Der Kopfbügel ist mit Schafsleder ummantelt und unterhalb des Bügels hat Fostex ein Kopfband angebracht, mit dem Kopfhörer auf dem Kopf aufsitzt. Seitlich lassen sich die Ohrmuscheln jeweils um einige Zentimeter ausfahren, so dass der Kopfhörer auf unterschiedlich große Kopftypen passen sollte. Dank der drehbaren Aufhängung passen sich die Ohrmuscheln auch im Bereich der Ohren gut an die Kopfform an und sie lassen sich dazu auch leicht vertikal im Winkel verändern. Die Ohrmuscheln kleidet Fostex mit Kunstleder aus, das einen sehr weichen und angenehmen Eindruck hinterlässt. Die Außenseiten der Ohrmuscheln sind, wie oben beschrieben, in indigoblau gehalten und verfügen im Vergleich zum geschlossenen Modell TH1000RP über ein luftdurchlässiges Gitter.
Mit einem Gewicht von 420 g gehört der TH1100RP klar zu den schwereren Kopfhörern. Das Gewicht merkt man natürlich, vor allem bei längeren Sessions, aber dank des hohe Tragekomforts wird der Kopfhörer nicht unangenehm.
Geliefert wird der Fostex in einem schwarzen Pappkarton, in den der Kopfhörer sicher in Schaumstoff eingelegt ist. Neben dem Kopfhörer ist darin ein Kunstlederbeutel zur Aufbewahrung sowie ein ca. 2 m langes Anschlusskabel zu finden. Die Anschlussstecker sitzen nach Anschluss an den Kopfhörer fest in ihrer Verankerung. Das Kabel endet auf einem vergoldeten 6,3 mm Klinkenstecker, ein Adapter liegt nicht bei.
Technische Informationen zum TH1100RP
Beim TH1100RP handelt es sich um einen Planar-Kopfhörer, der auf Basis der 1974 entwickelten RP-Planarmembran-Treibertechnologie arbeitet. Dieses Prinzip kommt vor allem in höherpreisigen Kopfhörern vor, als Beispiel sei hier neben Fostex der Hersteller Audeze genannt, wobei Fostex dies auch in günstigeren Studiokopfhörern wie dem T50 RP Mk4 einsetzt.
Im Gegensatz zu früheren Modellen kommt beim TH1100RP eine vergrößerte Planarmembran und eine neu gestaltete Magnetflussverteilung zum Einsatz, was unerwünschte Resonanzen minimieren soll. Insgesamt soll dies laut Entwickler zu einer präziseren Wiedergabe über den gesamten Frequenzverlauf hin führen. Dieser erstreckt sich über beachtliche 5 bis 40.000 Hz. Zwar kann das menschliche Ohr die äußeren Bereiche dieses Frequenzverlaufs nicht wahrnehmen, allerdings hatte ich in der Vergangenheit öfters das Gefühl, dass Kopfhörer mit solch breiten Frequenzbereichen einen entspannteren/luftigeren Klangeindruck hinterlassen. Entscheidend ist aber letztlich, wie sich der Fostex-Kopfhörer im Praxistest schlägt. Die Impedanz gibt Fostex bei vergleichsweise niedrigen 32 Ohm und die Empfindlichkeit mit 96 dB (@1 kHz, 1 mW) an.
Wie klingt der Fostex TH1100RP?
Während des Tests muss sich der TH1100RP an unterschiedlichen Signalquellen beweisen. Neben meinem typischen Setup, das aus SPL Phonitor Mini, einem älteren iPhone SE, dem Monitorcontroller Drawmer CMC2 und einem Mackie 1604 Pult besteht, habe ich mir für den Test einen Violectric HPA V550 organisiert, um dem Fostex einen adäquaten Zuspieler zur Seite zu stellen. Als Vergleichskandidat dient ein AKG K812 Pro.
Bereits bei den ersten Tönen wird schnell klar, dass der TH1100RP einen warmen Grundsound bietet, der vielleicht nicht auf dem aller-neutralsten Niveau ist, dafür aber Signale ungemein detailliert ans Ohr bringt. Vor allem bei Live-Aufnahmen wie beispielsweise dem „All this time“-Album von Sting zeigt der Fostex wie gut er einzelne Signale platzieren und gekonnt wiedergeben kann. Dabei bietet er ein tolles Bassfundament, das bis in den Subbass-Bereich hineinreicht und stets akkurat und druckvoll erklingt. Kurze, knackige Kickdrums bringt er dabei genauso gut rüber wie knarzige Kontrabässe mit all den zugehörigen instrumentenspezifischen Geräuschen. Das ist schon bemerkenswert, wie viele Details man auf gut gemixten Alben mit dem passenden Kopfhörer (und Signalgeber) hören kann. Wobei ich auch gleich dem Violectric Kopfhörerverstärker, den wir hier bereits getestet haben, ein Lob aussprechen muss. Im Vergleich zu den anderen o. g. Signalgebern spielt der TH1100RP mit dem HPA V550 nochmal deutlich besser auf. Interessenten sollten sich also – sofern noch nicht vorhanden – auch gleich einen passenden TH1100RP-Partner ins Studio holen.
Tatsächlich spielt der Fostex-Kopfhörer aber auch mit den anderen Signalgebern sehr gut auf, der Unterschied zum AKG K812 ist dann aber geringer. Doch zurück zum Klang des TH1100RP.
Wie bereits kurz angemerkt, gehört der TH1100RP für mich nicht zu den ultra-neutralen Kopfhörern, denn Bass- und Höhenbereich sind im Vergleich zu den mittleren Frequenzanteilen präsenter. Doch auch in den Mitten bleibt und ist der Fostex-Kopfhörer sehr detailliert und schafft es, einzelne Mix-Bestandteile auch bei komplexen Arrangements gut von zu trennen, so dass alles seinen klanglichen Platz findet. Stimmen bringt er sehr gut ans Ohr und bietet dazu auch eine große Dynamikbandbreite, die vor allem bei klassischen Gesängen wunderbar rüberkommt.
Beim Übergang zu den hohen Frequenzbereichen ist der Fostex schön brilliant und klar. Hohe Stimmen, Schlagzeugbecken mit langen Ausklingphasen oder hoch gespielte Piccolo-Flöten werden wiederum mit vielen Details ans Ohr gebracht und dabei bleibt der TH1100RP schön entspannt.
Zusammen mit der hohen Detailtreue platziert der Fostex TH1100RP einzelne Bestandteile eines Mixes sehr gut auf der Stereobühne und auch bei der Impulstreue sehe ich keinen Grund zur Kritik.
Hier wäre ein Kopfhörertest der gängigsten sehr verlockend! Zugegeben: Ich würde diesen nicht machen wollen weil es eine echt große Herausforderung darstellt. Aber man stelle sich vor: Beyerdynamic, Neumann, Fostex (alle offen) in einem Vergleichstest! Wen würde das nicht interessieren? ;) Zugegeben hat es mir schon den Magen umgedreht, als ich mich für die 600€ Neumann entschiedenen habe. Von zwei Beyerdynamic (geschlossen und halboffen) hat man sich zuvor getrennt. Aber 3281€ ist nochmal ne richtig andere Hausnummer (und was soll bitte der einzelne Euro im Preis?). So mal ich mich selbst bei denen nicht trauen würde, mischen und mastern ausschließlich über diese zu bewerkstelligen. Hochwertige Monitore würde man trotzdem zum Vergleich heranziehen. Diese sind wirklich was für HiFi-Enthusiasten. Aber wäre mir Geld völlig egal, ich würde sie kaufen! Man kann im Audio,- und HiFi-Bereich nie das beste haben! Oder behauptet jemand dies zu besitzen? Nö, oder?
@Filterpad Ein Kopfhörertest ist aber auch immer etwas subjektiv. Da hat jeder unterschiedliche Klangvorlieben. Merkt man schon wenn man in einem Forum nach Empfehlungen fragt. Da bekommt man alles quer durch die Bank empfohlen und hilft einem überhaupt nicht weiter. Das einzig wahre ist immer noch, entweder in einem Musikgeschäft durchhören oder mehrere schicken lassen.
@Neogeo Absolut! Oder einfach von vornherein gute kaufen. Ich habe meine zwei Beyerdynamic weggegeben und dafür die Neumann zugelegt.
@Filterpad Also. Zum Einen: „Ich würde diesen (Kopfhörertest ) nicht machen wollen weil es eine echt große Herausforderung darstellt. “ und zum Anderen: „Oder einfach von vornherein gute kaufen. Ich habe meine zwei Beyerdynamic weggegeben und dafür die Neumann zugelegt.“
Macht einfach alle das Gegenteil davon und es wird besser.
@beni Wenn meinst 😂🤷♂️
Sennheiser ORPHEUS kaufen ! 😁