Druckvolle Double-Cut!
Viele Firmen aus Deutschland gibt es ja nun gerade nicht, die der übermächtigen internationalen Konkurrenz aus den USA, Japan oder Korea die Stirn bieten können. Nicht dass es nicht auch bei uns hervorragende Gitarrenbauer gäbe, die in Kleinauflagen eben so hervorragende Instrumente bauen können. Wenn es jedoch um größere Stückzahlen geht, müssen auch die in aller Regel passen und den Markt mehr oder minder den „Big Playern“ überlassen. Um so erstaunlicher ist es daher, wie der Traditionshersteller Framus aus dem beschaulichen Vogtland es immer wieder schafft, Instrumente von sehr guter Qualität und in ausreichenden Stückzahlen zu liefern, ohne dabei die Preise ins Uferlose treiben zu lassen.
So etwas geht nur, wir wissen es ja alle, mit einer Fertigung in fernöstlichen Produktionsstätten und genau aus einer solchen stammt auch unser heutiges Testinstrument, die Framus D-Series S 370 XG. Der traditionsreiche Name verpflichtet natürlich, kann diese E-Gitarre diese hohen Erwartungen erfüllen? Machen wir den Test!
Framus D-Series S 370 XG – Facts & Features
Auf den ersten Blick könnte man zu der Annahme kommen, dass hier die Gibson SG beim Design des Korpus Pate gestanden habe. Ganz von der Hand zu weisen ist das sicher nicht, genauer betrachtet zeigt sich jedoch der Unterschied in den beiden Cutaways, die leicht asymmetrisch ausgeführt wurden und wesentlich kräftiger ausfallen, als es bei der guten alten SG der Fall ist. Die Basis des Bodys mit seinem Vintage-Sunburst-Finish und den starken Konturierungen an den Seiten bildet ein Stück Mahagoni, das sowohl auf der Decke als auch auf der Rückseite eine durchaus attraktive Maserung aufweist. Auch der eingeleimte Hals besteht aus Mahagoni, die Schnittstelle zwischen diesen beiden Teilen wurde sehr homogen ausgeführt, mit besonders großem Widerstand braucht man also beim Bespielen der oberen Lagen in keinem Fall zu rechnen: Homogener geht es tatsächlich kaum! Zudem wurden beide Cutaways sehr großzügig ausgefräst, sodass selbst Spieler mit Schlosserpranken hier ganz zielsicher bis zum letzten Bund hinauf problemlos manövrieren können.
Überzogen wird das gesamte Instrument von einer absolut perfekt aufgetragenen, hochglänzenden Lackschicht, die auch die Rückseite des Halses bedeckt. Meine bei diesem Punkt immer wieder auftretende Sorge, der Greifhand könnte hier durch unangenehmes Kleben unnötig Widerstand entgegengebracht werden, erweist sich jedoch in der Praxis als unbegründet. Dem Hersteller ist es ganz offensichtlich mit diesem Lack gut gelungen, ein gesundes Mischverhältnis zwischen einem beständigen Schutz des empfindlichen Holzes und einer praxisgerechten Bespielbarkeit zu erreichen. Zu dieser angenehmen Bespielbarkeit trägt das flache Halsprofil einen nicht unwesentlichen Teil bei, man kann dieses Profil zweifellos als ein recht modernes C-Shaping bezeichnen, das selbst den technisch anspruchsvollsten Gitarristen vollends zufriedenstellen dürfte.
Auf den Hals aufgeleimt befindet sich ein Tigerstripe-Ebenholzgriffbrett mit 22 Neusilberbünden, die kaum besser hätten eingesetzt und abgerichtet werden können. An den Kanten der Bünde ist rein gar nichts zu spüren, ebenso wurden die Oberflächen sehr sorgfältig poliert, hier kann also von Anfang an fleißig ohne Nebengeräusche und Widerstand gezogen und „geslidet“ werden, was das Zeug hält. Eine saubere Verarbeitung finden wir auch am Sattel vor, der mit einer Breite von 42 mm nicht zu groß ausgefallen ist. Insgesamt besitzt die Framus D-Series S 370 XG E-Gitarre eine Mensur von 628 mm, was somit den Gitarren von Gibson entspricht. Also doch wieder ein klein wenig SG!
Framus D-Series S 370 XG – Seymour Duncan Pickups
Bei den Pickups setzt Framus auf US-Modelle von Seymour Duncan. So befindet sich am Steg ein SH4b, während am Hals ein SH-1n für Dampf sorgt. Geregelt bzw. geschaltet wird über einen Dreiwege-Toggle und je einen Volume- und Tone-Poti, die mit griffigen Metallknöpfen versehen wurden. Leider gibt es keine Singlecoil-Option, es stehen als nur die Kombinationen Hals-Pickup, beide Pickups oder Steg-Humbucker zur Auswahl bereit. Sowohl der Schalter als auch die beiden Regler sind von guter Qualität: Nichts wackelt oder hat Spiel, zudem rastet der Schalter satt und knackig in seinen drei Positionen ein.
Solide Hardware von oben bis unten
Ehrlich gesagt weist bislang überhaupt nichts darauf hin, dass die S 370 XG in China gefertigt wurde, hier wirft das Mutterhaus im fernen Markneukirchen wohl ein ganz genaues Auge drauf! Nicht anders verhält es sich mit der Hardware in Form der Tune-o-Matic-Brücke, dem dazu gehörigen Tailpiece und auch den Mechaniken an der Kopfplatte. Abgesehen von der satten und sehr wertig wirkenden Chromschicht dieser Parts überraschen vor allem die Mechaniken mit ihrer zuverlässigen Funktion in Sachen Stimmstabilität sowie dem eigentlichen Stimmen selbst, das ohne schwammiges Gefühl vonstattengeht und somit den Stimmvorgang auf die maximal kürzeste Zeit reduziert. Um ganz ehrlich zu sein: Würde nicht auf der Rückseite der Kopfplatte die Bezeichnung „Made in China“ auftauchen – man könnte es wirklich kaum glauben! Doch hält dieses äußerst positive Bild auch in der Praxis stand? Kommen wir nun zum Klang und der Performance der Framus D-Series S 370 XG!
Der Praxis-Check!
Akustischer Grundsound & Handling
Nein, das positive Bild setzt sich auch beim Klang der Framus D-Series S 370 XG fort! Bereits ihr Grundsound ist sehr resonant, ja gerade zu wuchtig und zudem mit einem satten Sustain bestückt. Die Bespielbarkeit ab Werk geht in Ordnung, Reserven nach oben bzw. in diesem Fall nach unten im Bezug auf die Saitenlage sind zwar noch vorhanden, aber auch so schon spielt sich das Instrument ganz easy „straight out of the box“ und pendelt zudem sehr ausgewogen am Gurt. Korrekturen der Saitenlage sind jedoch schnell möglich, da der Hals und die Bundierung wie bereits erwähnt sehr sauber ausgefallen sind und die ToM-Bridge mit ihren zwei Bolzen bzw. den beiden Justierschrauben innerhalb weniger Minuten auf das gewünschte Niveau bzw. die Vorlieben des Benutzers gebracht werden kann.
Elektrischer Sound
Die beiden Seymour Duncan Pickups ergänzen diesen erstaunlich resonanten und fast schon singenden Grundsound mit ihrer straffen und zugleich sauberen Basswiedergabe sowie einem drückenden und präsenten Mittenbild ganz hervorragend. Irgendwie vermisst man die fehlende Singlecoil-Schaltung überhaupt nicht, denn diese Gitarre möchte einfach gerockt werden und so habe ich die S 370 XG während der Testphase fast ausnahmslos nur mit Overdrive gespielt. Doch auch die Cleansounds profitieren von der Grundsubstanz der Konstruktion, es klingt zwar nicht ganz so perlig, wie man es von Singlecoils gewohnt ist, dafür aber trotzdem mit Charakter und vor allem mit einer überzeugenden Durchsetzungskraft, die diesem Instrument garantiert Respekt und Gehör in jedem Bandgefüge verschafft.
Doch nun genug der Worte, lassen wir ihren Sound sprechen! Kommen wir also zu den Klangbeispielen, für die ich die Framus D-Series S 370 XG E-Gitarre in meinen Referenz-Amp Orange Micro Dark mit angeschlossener 1×12″ Celestion Vintage 30 Box eingeklinkt habe. Vor der Box wurde ein AKG C3000 Mikrofon platziert, ehe das Signal in Logic Audio ohne weitere Effekte aufgenommen wurde. Nur ein Limiter wurde eingesetzt, um die ausgesprochen starke Dynamik des Instruments einzufangen.