Schau mir in die Augen, Kleines!
Fredenstein stellt mit dem Magic Pre einen weiteren Preamp für das 500er System vor, der sich vor allem durch seine spartanische Ausstattung auszeichnet – mal abgesehen vom unübersehbaren Blickfang: dem magischen Auge des Fredenstein Magic Pre.
Der deutsch-amerikanische Hersteller bietet bereits einige Module für das 500er System an – der Fredenstein Magic Pre ist aber der erste Vertreter der „Magic Series“. Das auffälligste Merkmal ist natürlich das magische Auge, eine Röhre (6E5C), die manchem vielleicht noch aus alten Röhrenradios bekannt ist. Dort diente es als Abstimmanzeigeröhre, die die Genauigkeit der Senderfrequenzeinstellung anzeigte. Im Prinzip also nichts weiter als eine optische Anzeige. Im Fredenstein Magic Pre dient es zur Anzeige des Ausgangspegels und erweist sich dabei als durchaus tauglich – allerdings sollte man diese Spielerei eher als Gimmick betrachten, eine LED-Anzeige hätte denselben Dienst getan. Die robuste Kassette offenbart dabei keine Mängel in Hinsicht auf Herstellungsqualität.
Die anderen Merkmale sind schnell aufgezählt: Es gibt eine Gain-Einstellung ohne Beschriftung des eigentlich eingestellten Gain-Wertes, einen Pad-Schalter zur Absenkung des Eingangssignals um 20 dB und einen Schalter für die 48V Phantomspeisung. Der Color-Schalter beeinflusst den harmonischen Anteil über eine dezent eingeführte Übersteuerung.
Die Verstärkung des Mikrofoneingangs reicht von minimal 35 dB bis 70 dB, mit maximal 70 dB Verstärkung wird der Magic Pre für die allermeisten Anwendungen ausreichend sein, zählt aber definitiv nicht zu den High-Gain-Preamps. Auf der Vorderseite ist zu guter Letzt dann noch ein D.I.-Eingang zu finden, an den sich vornehmlich E-Bässe und E-Gitarren anschließen lassen. Er bietet eine Eingangsimpedanz von 2 MOhm.
Diskretion ist angesagt
Wie der Artistic Mic Pre arbeitet auch der Fredenstein Magic Pre mit einem diskreten Opamp als einzig verstärkendem Element in der Schaltung. Die ganze Elektronik basiert eben auf diskreten Komponenten, also Transistoren, Widerständen, Kondensatoren etc. und nicht auf integrierten Schaltkreisen (ICs). Beide Vorverstärker bedienen sich des OPA2-Modells von Fredenstein. Dieser ist als eingegossener Block realisiert und bietet ein API2520-kompatibles Pin-Out, ist aber eine Eigenentwicklung und kein Klon einer bekannten Schaltung. Damit ist es möglich, verschiedene Variationen dieser diskreten Opamps zu nutzen und so den Klang entscheidend zu beeinflussen
Womit wir genau beim Thema sind. Der Magic Pre wird von Fredenstein nämlich nicht als präziser und glasklarer Preamp beworben, sondern wuchert ordentlich mit dem Pfund „Charakter“ und „Vintage“. Dafür sorgen laut Hersteller auch die beiden Übertrager: ein Cinemag-Modell CMMI-10PCA als Eingangs- und ein Edcor 1524 als Ausgangsübertrager – beide „made in USA“. Gerade der Ausgangsübertrager im EI-Profil mit Eisenkern soll, bedingt durch die schnelle Sättigung am Kern, an der Klangfärbung wesentlich beteiligt sein.
Das magische Auge
Dieses kann kein präzises Anzeigeinstrument für den Pegel sein, sondern gibt eine ungefähre Aussage über die Aussteuerung. Im Ruhezustand ist das Auge geöffnet. Bei zunehmendem Signal und dessen Verstärkung schließt sich der untere Spalt, so dass beim Berührung der beiden „Lider“ ein Ausgangspegel von ca. +15 dBu erreicht ist. Das entspricht dann dem „gelben Bereich“ einer herkömmlichen Anzeige mit einer LED-Kette. Die knappe englische Anleitung im PDF-Format bezeichnet diesen Bereich als optimalen Arbeitsbereich.
Klang
Um die Verstärkungseigenschaften zu untersuchen, habe ich mehrere Signalquellen herangezogen. Alle Aufnahmen wurden bei ungefähr gleicher Aussteuerung direkt über ein Focusrite Saffire Pro 40 in die DAW aufgenommen. Die Mikrofonaufnahmen wurden entweder mit einem Sennheiser e606 oder einem Sennheiser ME64 gemacht. Der Fokus der Beispiele lag dabei auf dem Unterschied des Klanges bei normalem und bei „Color“-Betrieb.
Es zeigt sich zunächst, dass der Color-Effekt bei den gewählten Klangquellen sehr dezent zu Tage tritt. Das gilt für die DI-Aufnahmen mehr als für die Aufnahmen über den Mic-Eingang.
Sicherlich, es gibt diese Unterschiede, aber sie sind nur marginal und bei unterschiedlichen Quellen auch unterschiedlich deutlich. Am stärksten tritt der Color-Effekt hier bei der Amp-Aufnahme zu Tage. Das Signal wird bei aktiviertem Color-Effekt etwas knödeliger und die Höhen treten dezent in den Hintergrund. Dazu sorgt die Sättigung, die vor allem im Mittenbereich angesiedelt ist, für eine Verdichtung in diesem Bereich. Es werden dem Signal Nuancen in den Höhen genommen, dafür aber ein kompakteres Klangbild im Mittenbereich erreicht, das sich im Mix tatsächlich definierter positioniert.
Das gilt auch für Aufnahmen über den DI-Eingang, am besten zu hören in den Beispielen LPP (Les Paul Professional mit niederohmigen Pickups). Hier habe ich zum Vergleich auch mal eine Aufnahme über die Mic-Eingänge des Pro 40 gemacht. Bei genauem Hinhören fällt auf, dass die Aufnahme über den Fredenstein Magic Pre tatsächlich lebendiger wirkt. Gerade der Bereich der oberen Mitten klingt beim Pro 40 steriler, ohne Bewegung.