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Test: Future Retro XS Analogsynthesizer

Future Retro XS

14. Oktober 2009

Lange hat’s gedauert, bis der monophone Analogsynthesizer Future Retro XS endlich in den Läden stand: Bereits auf der NAMM 2006 hatte sein Entwickler Jered Flickinger (auf dessen Kappe bereits Klassiker wie der Revolution, Mobius oder der 777 gehen) den Retro XS erstmals der Öffentlichkeit präsentiert. Dann aber hatte er sich noch einmal ins stille Kämmerlein zurückgezogen, die Wünsche der Messebesucher einfließen lassen und weitere Verbesserungen eingebaut und so den ersten semimodularen Synthesizer aus der Future Retro-Schmiede am Ende von Grund auf neu aufgebaut. Erstmals gibt’s von den Retros damit auch einen Synthesizer ganz ohne Sequenzer. Wer den will, nutzt den XS in Verbindung mit dem „ORB Sequenzer“. Einen Test dazu finden Sie ebenfalls auf Amazona.

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Der Future Retro XS von außen betrachtet

Wer beim Stichwort „analog“ noch Monsterkeyboards mit breiten Seitenteilen aus edlem Holz vor Augen hat (Moog, Oberheim etc.), der muss hier umdenken: Der XS ist angenehm kompakt und leicht, trotzdem aus massivem Metall und kann wahlweise dank seiner praktischen Pultform auf den Tisch gestellt oder ins Rack gedübelt werden, wo er dann vier Höheneinheiten belegt – die dazu notwendigen Rackwinkel werden gleich mitgeliefert. Die Anschlüsse sind so platziert, dass beides bequem möglich ist: Bis auf die Buchse für das Netzteil (die sich auf der Rückseite befindet) sind sowohl die elf Signalausgänge und die sieben Modulationseingänge als auch MIDI-IN und THRU auf der Gehäuse-Oberseite untergebracht (respektive auf der Vorderseite, wenn der XS im Rack eingebaut wurde).

Sämtliche Anschlüsse sind auf der frontplatte

Kleiner Schönheitsfehler am Rande dabei: Besagte Buchsen wurden in der obersten Etage untergebracht. Baut man den XS nun im Rack ein und bestückt die Klinkenschächte mit Patchkabeln (die lassen sich ja auch untereinander verdrahten – dazu später mehr), so hat man die Kabel vor den Reglern hängen. Sinnvoller wäre es gewesen, die Buchseneinheit am unteren Rand unterzubringen. Da wären sie dann zwar etwas im Weg, wenn man den XS auf dem Tisch platziert, doch wäre das dann das kleiner Übel. Wie gesagt – nur ein kleiner Schönheitsfehler.

Der Raum unter der Buchsenleiste ist dicht bestückt mit 43 Drehreglern, die aber erstens ausreichend groß sind und zweitens auch die notwendige Distanz zueinander halten, so dass auch die Dicke-Finger-Fraktion am Ende nicht von der Feuerwehr per Rettungsspreizer aus einer misslichen Lage befreit werden muss. Dazu kommen drei (etwas zerbrechlich wirkende) kleine Kippschalter und – sehr sparsam eingesetzt – einige blaue Status LEDs für LFO, Accent, Envelope 1 und Power. Die einzelnen Baugruppen des XS dokumentieren ihre Zusammengehörigkeit äußerlich durch weiße Rahmen, was der Übersicht sehr förderlich ist.

Ohne Rackwinkel kann man den XS auch auf den Tisch stellen

Aufbau des Analogsynthesizers

Der XS ist nach der Struktur subtraktiver Synthies aufgebaut und verkabelt, wobei die Vorverkabelung aber nicht zwingend ist, sondern durch Patchkabel oder Schalter verändert werden kann.

Die Stimmerzeugung erfolgt in zwei VCOs (OSC A und OSC B) plus einem Suboszillator. Die VCOs können sowohl als Tonquelle als auch als Modulationsquelle eingesetzt werden, auch lassen sie sich selber von außen modulieren. OSC A kommt mit den Wellenformen Sägezahn, Rechteck und Noise (plus extern) und kann sich oktavmäßig von -1 bis +4 ausbreiten, OSC B verfügt über Sinus, Dreieck, Sägezahn und Rechteck, über den gigantischen Umfang von -6 bis +5 Oktaven plus dem Suboszillator. Der läuft entweder eine, zwei oder drei Oktaven tiefer mit, hat aber auch noch obendrein die Optionen Ringmodulation, Noise und Extern. In einem Dreikanal-Mixer wird der Anteil des jeweiligen Klangerzeugers festgelegt.

OSC B lässt sich auf Wunsch mit OSC A syncen, kann aber auch unabhängig laufen und dann per leichtem Transpose den typischen analogen fetten, schwebenden Leadsound erzeugen. Über die Pitch Control lässt sich für jeden der beiden VCOs festlegen, ob die Tonhöhe vom MIDI-Keyboard oder von anderen, externen Quellen kontrolliert werden soll, was viel Raum für ausufernde Klangexperimente lässt.

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Gleich dahinter ist das 12dB Multimodefilter geschaltet (Low, Band, High und Notch), das durch den Overdrive auf Härte getrimmt werden kann. Für seine 12 dB kommt da ein erstaunlicher Biss zutage, den man durch die richtigen Einstellungen am Mixer noch schön verstärken kann, auch über die Steckplätze lässt sich da noch einiges rausholen.

In der Filter-Modulationseinheit kann man zudem die Modulationsquelle für das Filter festlegen; zur Wahl stehen da der interne LFO, das Mod-Wheel des angeschlossenen MIDI-Keyboards, aber auch externe Quellen oder die internen Oszillatorwellen B und C (Suboszillator).

Auch für die Oszillator-Modulation gibt’s eine kleine Matrix, auf der man munter Signalwege verschalten kann. Hier lassen sich die Modulationsquellen für OSC A und B aussuchen (inklusive invertierbarer Hüllkurve und Amount-Regler für die Frequenzmodulation der Oszillatoren). All das ist schön übersichtlich und nicht zu ausufernd aufbereitet, so dass man sich nicht in endlosen Spielereien verliert.

Die Hüllkurvenabteilung wartet mit einer Besonderheit auf: Neben der üblichen ADSR-Envelope (die per Keysync auch mittendrin wieder bei Null starten kann) gibt’s zusätzlich einen Accent mit Attack und Decay, der über einen Schwellwertregler bei Bedarf zugeschaltet wird – das bringt Leben in den Sound.

Da will der Amplifier schließlich auch nicht zurückstehen und bietet zusätzlich (neben Volume und Velocity) gleich vier Lautstärkehüllkurven an, die vom Envelope 2 kommen. Durchdachte Extras also, wohin man schaut.

Die Sache mit den Anschlüssen

Neben einem kompletten MIDI TO CV/Gate Converter (mit CV Out, Gate Out, Vel Out und Modwheel Out) gibt’s auch für die meisten Signale eigene Ausgänge, wie zum Beispiel für die drei Oszillatoren, den LFO, Envelope 1 und Filter. Über die lassen sich dann entweder externe Geräte anschließen und ansteuern oder aber auch Signale außerhalb des verdrahteten Signalwegs wieder an den XS zurückführen. Da kann man dann noch mal das Audiosignal zurück in den Filtereingang schicken, durch die Kombination von LFO Out an Gate In eine Art Arpeggiator basteln, aus Oszillator Out und Filter Out schöne Drumsounds kreieren oder den XS mit externen Signalen füttern – einen Audio In gibt’s natürlich auch. Die Verdrahtungsmöglichkeiten sind also immens und beileibe nicht nur auf „In and Out“ beschränkt.

Vor eventuellen Fehlschaltungen muss man da keine Angst haben: Alle Ein- und Ausgänge besitzen eine Schutzschaltung, da kann also nichts durchschmoren.

So klingt der Future Retro XS

Der XS hat so ziemlich alles drauf, was man aus der Analogecke erwarten darf. Vom fetten Bass über volle Leadsounds bis hin zu acidmäßigen Filterspielereien ist alles möglich; auch Drumsounds oder völlig abgefahrene FX-Spielereien sind drin. Dazu muss man noch nicht mal den kompletten Oszillator-Fuhrpark an den Start holen – schon ein VCO alleine hat mächtig Potential. Seine größten Stärken spielt er dann bei den aggressiven, schrillen Sounds aus, die aber nie zu synthetisch klingen, sondern durch die Bank sehr lebendig – vor allem, wenn man den XS mit einem externen Sequenzer verbindet.

Die gefundenen Sounds trägt man dann ganz klassisch mit all den Schalter- und Reglerstellungen auf ein Patchsheet des XS ein. Im übrigens sehr umfangreichen (englischen) Handbuch sind schon einige Sounds zum Ausprobieren und Kennenlernen abgedruckt. Die Leerseite kopiert man sich einfach und trägt dann eigene Kreationen ein. Was mich an meine Zeit auf der Bühne mit Juno 6 und Moog Prodigy erinnert. Damals wie heute gab und gibt es bei den Analogen eben keine Speicherplätze und Presets auf Knopfdruck.

Der Future Retro XS on YouTube

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Fazit

Was für ein wunderbares Kreativspielzeug der Future Retro XS doch ist. Statt sich durch hunderte von Presets zu klicken, schraubt man sich dank der fast unbegrenzten Möglichkeiten seine Sounds selber zusammen – und kommt dabei zu immer neuen, überraschenden Ergebnissen. Dabei ist die Vorgehensweise an den Reglern sehr intuitiv und praxisgerecht, auch Anfänger im Analogsektor finden sich da schnell zurecht – auch ohne nähere Kenntnisse von Synhtheseformen oder dem Aufbau eines Analogsynthies. Mit dem Anschluss externer Geräte lassen sich die Möglichkeiten des XS noch einmal potenzieren. Vor allem das MIDI to CV/Gate-Modul sorgt da als Bindeglied zwischen alt und neu für aufregende Experimente. Und schließlich: So umfassend die Möglichkeiten, so vielfältig ist auch der Sound. Damit hat der Future Retro XS jetzt schon das Zeug zum Klassiker, für den man gern die ganzen analogen Nachbauten auf Softwarebasis links liegen lässt.

{bild:14}

Plus

  • fetter Sound
  • vielfältige Modulationsmöglichkeiten
  • eingebauter MIDI to CV/Gate-Konverter
  • intuitive Bedienung
  • übersichtlich aufgebaut
  • angenehme Größe
  • gutes Preis-Leistungs-Verhältnis
  • Gehäuse sowohl Pult- als auch Racktauglich

Minus

  • beim Rackeinbau stören evtl. die Patchkabel

Preis

  • UVP: 1.349,- Euro
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Klangbeispiele
Forum
  1. Profilbild
    Cornel Hecht

    >Kleiner Schönheitsfehler am Rande dabei: Besagte Buchsen wurden in der obersten Etage untergebracht.< Das ist aber bei einem modularen System auch nicht anders ;-)

  2. Profilbild
    manu1412

    Ich bin selber stolzer Besitzer eines XS und sehr zufrieden.
    Dem XS wird manchmal nachgesagt, er könne nur hart, kratzig und verzerrt klingen. Die Audiobeispiele sind auch eher auf der härteren Seite.
    De XS kann aber auch sehr sanft und weich klingen! Mein Tip dazu ist einfach den Filter nicht zu übersteuern. Also im Mixer die Levels nicht über die 12-Uhr stellung. Dann kommt das Filter auch viel besser zur Geltung und der Sound ist schön weich und samtig ;)
    Alles in allem eine sehr ergiebige Kiste, die mich schon einige Nächte wachgehalten hat. Das Modulationskonzept lässt einiges an spielereien zu. Wenn man dann noch ein Patch-Kabel zur Hand nimmt, gibts wieder viele neue Möglichkeiten.

    Gruß,
    manuel

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