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Test: Gibson Les Paul Junior Tribute DC 2019, E-Gitarre

Klein und dreckig!

13. November 2018
Test: Gibson Les Paul Junior Tribute DC 2019, E-Gitarre

Test: Gibson Les Paul Junior Tribute DC 2019, E-Gitarre

Wir springen um sechs Dekaden zurück und schreiben das Jahr 1958. Amerikas ehemalige Vorzeigegitarrenschmiede Gibson kämpft mit allen Mitteln gegen die ständig steigende Beliebtheit der Fender Stratocaster an und versucht verzweifelt, seinen Parade-Endorser Les Paul in Szene zu setzen. Bereits 1954 fährt Gibson mehrgleisig, was seine Modellpolitik angeht und versucht das aufgrund der vielen Handarbeit vergleichsweise hochpreisige Les Paul Modell auch in preiswerteren Regionen anzubieten, um der aus regionalen Hölzern und teilweise von angelernten Arbeitern zusammengesetzten Stratocaster preislich Paroli bieten zu können. Neben der Standard-Version und der noch teureren Custo-Version bringt Gibson für den kleinen Geldbeutel die Special und als einfachstes Modell für Studenten und andere Hungerleider die Gibson Les Paul Junior auf den Markt.

1958 schließlich kann das Quartett durch die Erfindung des Humbucker-Pickups im Jahr 1957 sich noch besser aufstellen, als da wären die Custom (Gold-Hardware, schwarz), Standard (in Sunburst, heute bis zu einer halben Million Euro wert, bei berühmten Vorbesitzer noch mehr, auch als Gold-Top deckend lackiert), die Special (zwei P-90 Pickups ohne jegliche Aufhübschung) und die Junior, die „nur“ als einfaches Brett mit nur einem Pickup jetzt ein zweites Cutaway erhält. Letzteres Modell, welches 1963 eingestellt und 2001 reanimiert wurde, liegt uns nunmehr zum Test in der 2019er Variante vor.

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Gibson Les Paul Junior 2019 – Facts & Features

Als „dreckige, kleine Schwester“ der Les Paul Standard Übermutter war der Weg der „Planke“ schnell vorgezeichnet. Der aufkeimende Rock ’n’ Roll in dreckigen und kleinen Clubs verlangte nach einer Gitarre, die viel mitmacht, viel verzeiht und sich klanglich auch im Kellergewölben-Matsch gut durchsetzt. Ausgestattet mit dem wahrscheinlich besten Einspuler, der je gebaut wurde, erreichte die Gibson Les Paul Junior bei kräftigem Crunch einen einzigartigen Sound, welcher bissig, aber nicht schneidend war. Der Punk mit all seinen Abwandlungen schien geradezu prädestiniert für den Sound dieses Instruments, nicht umsonst ist Billie Joe Armstrong von Poppunker Combo Green Day der wohl aktuell bekannteste und erfolgreichste Gibson Les Paul Junior Spieler.

Fette Leadsounds und singende Solopassagen waren und werden wohl nie die Maxime der Gibson Les Paul Junior werden, aber im harten Rhythmusbereich gräbt niemand diesem Instrument so schnell das Wasser ab. Allerdings litten die Originale vor 60 Jahren gerne an verschiedenen Hardware-Problemen, von daher werden wir das Augenmerk vor allem auf diesen Punkt und die getroffene Holzauswahl legen.

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Gibson LP Junior Tribute DC 2019 WE rear

— Gibson LP Junior Tribute DC 2019 WE – die Rückseite —

Die Konstruktion der Gibson Les Paul Junior 2019

Mahagoni, wohin das Auge reicht, so war es zumindest in der Originalausgabe der Fünfziger. Mit dieser Doktrin hat die 2019er Version insofern gebrochen, als dass der Hals nunmehr aus Ahorn gefertigt wurde, dem man gemeinhin eine stärkere Höhenpräsenz nachsagt. Ein Palisandergriffbrett (Dalbergia Latifolia) und ein dreiteiliger Mahagonikorpus komplettieren die Holzauswahl. Experten streiten sich ja nach wie vor, ob ein einteiliger Korpus klanglich von einem mehrteiligen zu unterscheiden ist, von daher bin auch ich vorsichtig, ob sich klanglich etwas verbessern ließe.

Fakt ist hingegen, dass es gerade bei der Korpuskonstruktion primär um Einsparungen ging. So besteht der Korpus aus drei unterschiedlich großen Stücken, was man halt gerade noch an Verschnitt nehmen konnte. Die Lackierung ist auch nicht deckend, sondern offenporig gehalten, was ein weiteren optischen Makel offen legt. Bekanntermaßen ist Mahagoni ein vergleichsweise sprödes Holz, was gerade bei Maschineneinsatz gerne vor sich hin bröselt. Dies scheint bei der Fertigung unserer Gibson Les Paul Junior mehrfach der Fall gewesen zu sein.

In den Rundungen der Cutaways haben wir längs der Wuchsrichtung des Holzes unsaubere Abschlüsse, die auch nicht wirklich sauber von Hand nachgearbeitet wurden. Man bekommt geradezu den Eindruck, als ob die CNC-Fräsung vor der Lackierung gerade mal so übernommen wurde. Klar, hier bedarf es Handarbeit und die kostet nun mal. Der negative Höhepunkt ist jedoch der Sattel, der zwar sauber sitzt, an den Außenkanten jedoch einen Eindruck hinterlässt, als ob er mit dem Teppichmesser „abgehakt“ wurde. Sorry, bei „Made in USA“ geht so etwas beim besten Willen nicht.

Bei der Hardware setzt Gibson einmal mehr auf die einfachen, aber erprobten Deluxe-Varianten, während als Brücke ein kompensierter Wraparound-Steg zum Einsatz kommt. Die Oktavreinheit ist grob vorgegeben und lässt sich im Regelfall bei dem Großteil aller Saitensätze zu 90 % zufriedenstellend einstellen. Eine umsponnene G-Saite kommt bei diesem Steg allerdings nicht infrage.

Gibson LP Junior Tribute Griffbrett

— Gibson LP Junior Tribute DC 2019 WE – das Griffbrett —

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Klangbeispiele
Forum
  1. Profilbild
    tantris

    Braucht es wirklich eine Junior-Gitarre ? Stattdessen würde ich dem interessierten Nachwuchs eine preisgünstigere Normal-Ausgabe eines anderen Herstellers empfehlen. Aber wer weiss, vielleicht bringt Gibson ja bald die Varianten „my first wedding“, „midlife-crisis“ und „senior“ auf den Markt. Hauptsache, der Rubel rollt.

    • Profilbild
      Axel Ritt RED

      @tantris @tantris: Es hat den Anschein, dass du den Testbericht auf eine Art „Anfänger-Gitarre“ beziehst. In dem Fall siehst du das Instrument allerdings im falschen Kontest. Ich habe ja extra ein wenig Entstehungsgeschichte beigefügt, um den Grund der Entwicklung dieses Instrumententyps zu erläutern.

      Die Bezeichnung „Junior“ bezieht sich nicht auf das Alter des Spielers, sondern auf den Grad der Ausstattung wie Ahorndecken, Binding, Verziehrungen, Anzahl der Pickups und vieles mehr. Gibson hat damals an solchen Extras gespart, um den VK entsprechend senken zu können.

      Wie du anhand der Soundfiles erkennst, klingt die Gitarre innerhalb ihres klanglichen Habitats wirklich sehr gut, ich habe in meiner Karrieres selten so gute Crunch Sounds gehört. Von daher, immer schauen, warum diese Gitarre noch mal aufgelegt wurde und nicht vom Namen blenden lassen.

  2. Profilbild
    Coin AHU

    Ein Kumpel hat auch in allen 4 Zimmern seiner Wohnung eine Gitarre,
    damit er nichts rumschleppen muss.
    Wäre vielleicht eine Marktlücke:
    „Du brauchst eine Wohnzimmergitarre, eine Badezimmergitarre…“ usw. ^^
    .
    Bei Fahrrädern gibts ja auch verschiedene Rahmengrößen.
    Da ist es nur logisch auch z.B. kleine Gitarren für kleine Menschen
    zu bringen und große für große Menschen.

    • Profilbild
      Axel Ritt RED

      @Coin @coin: Siehe die Antwort an @tantris. Die Gibson Junior ist auch nicht kleiner als reguläre Gitarren der 62,5 – 64,8 cm Mensur Klasse, es wurde seiner Zeit lediglich an der Ausstattung gespart!

      • Profilbild
        Coin AHU

        @Axel Ritt Hi Axel, es war nicht ganz ernst gemeint.
        Aber in der heutigen Zeit will doch alles und jeder individuell sein.
        Von daher, wieso die Gitarre nicht auch der Gelegenheit oder Person anpassen.

  3. Profilbild
    uelef

    Axel, schöne Soundbeispiele hast du da gebracht – ich ziehe meinen virtuellen Hut!
    Ansonsten: Nicht, dass ich mir eine Gibson kaufen würde (ich gehöre zur Tele- und Strat-Fraktion), aber die P90 finde ich einfach interessante Pickups. Habe einen in einer japanischen Fender Aerodyne Tele (leider nur am Hals), und das ist ein ganz besonderer Pickup.

    • Profilbild
      Axel Ritt RED

      @uelef der P-90 überrascht mich immer wieder, ein extrem flexibler Pickup. Würde ich mich beruflich nicht in den High Gain Gefilden herum treiben, wäre er wahrscheinlich mein bevorzugter Pickup.

  4. Profilbild
    lerxt

    Mal kurz wegen der ‚fast schon schnodderigen und keineswegs „Made in USA“ gerechten Verarbeitung‘. Ein befreundeter einhaber eines gitarrenladens hier in den niederlanden hatte mal einen vertreter zu besuch und der hat ihn ein geheimes selber aufgenommenes smartphone video von einer factory tour innerhalb einer grossen chinesischen gitarrenfabrik gezeigt. Da standen viele gitarren verschienster marken in der reihe aber, grosser schreck, auch Gibson USA’s!

    Ich habe das video nicht selber gesehen, aber der laden einhaber ist vertrauenswürdig.

    • Profilbild
      Axel Ritt RED

      @lerxt dazu kann ich nichts sagen, da ich Gerüchte generell nicht kommentieren möchte. Aber wir kennen ja aus der Vergangenheit die Praxis, dass einige Hersteller in den USA noch mal die Schrauben fest ziehen um die Ware als „Made in USA“ deklarieren zu können. Ich enthalte mich jeglichen Kommentars diesbzgl. …

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