Die Tele für den Blues
Es war im Jahr 1980, als Leo Fender zusammen mit seinem langjährigen Freund und Weggefährten George Fullerton die Firma G&L gründete. Nach dem unschönen Abgang aus seiner eigenen Firma und dem Zerwürfnis mit dem Management von Music Man sollte es die dritte und letzte Firma sein, die das Genie des Gitarrenbaus aus der Taufe hob und bis zu seinem Tod im Jahr 1991 führte. Die Instrumente aus dem Hause G&L basierten und basieren bis heute weitestgehend auf den bewährten Formen von Telecaster und Stratocaster, wenn auch mit Verbesserungen im Design und der Funktionalität der verwendeten Bauteile – Leo Fender hatte seine Bastelwut offenbar auch im hohen Alter noch nicht verloren.
Das Angebot der Firma erstreckt sich heute in drei Kategorien: Instrumente aus Customshop-Produktionen, Instrumente aus US-Serienherstellung und welche aus fernöstlicher Fertigung, die übrigens unter der Obhut von Cort Guitars hergestellt werden. G&L-Gitarren aus Indonesien hatten wir bereits im Test, von daher haben wir uns mal eine Gitarre aus der US-Serienproduktion zukommen lassen. Ihr genauer Name: G&L Asat Classic Bluesboy.
G&L Asat Classic Bluesboy – Facts & Features
Ganz offensichtlich basiert unsere G&L Asat Classic Bluesboy auf dem Design einer klassischen Telecaster aus der Hand von Leo Fender. Entsprechend wurden die Materialien gewählt, so besteht der Korpus aus einem Stück Sumpfesche, in den ein einteiliger Ahornhals eingeschraubt wurde. Oben drauf gibt es eine rund 5 mm starke Decke aus Quilted Maple, die in einem zitronengelben Finish erstrahlt, der Hersteller nennt die Farbgebung der Gitarre entsprechend „Lemon Drop“. Gegenüber dem klassischen Tele-Body, der keinerlei Fräsungen besitzt, verfügt unser Testmodell über ein Shaping auf der Rückseite zum Anschmiegen an den Spieler – das hat sich unsere Tele wohl bei der Strat abgeschaut! Die Qualität der verwendeten Hölzer kann man als sehr hochwertig bezeichnen, lediglich ein paar winzige Astlöcher in der Maserung des Eschekorpus sind auf der Rückseite zu finden, die Maserung der Decke gibt hingegen ein makelloses Bild ab.
Ähnlich steht es um den Ahornhals, der, genau wie der Korpus, aus einem Stück besteht. Er wurde sauber in die Halstasche im Korpus eingeschraubt, da passt wahrhaftig keine Briefmarke mehr dazwischen. Seine Rückseite wurde mit einer Satinlackschicht überzogen, was ein griffiges Spielgefühl ohne Ankleben der Greifhand sicherstellt. Das schlanke Profil sowie der Griffbrettradius von 12″ tun das Übrige, um für eine bequeme Bespielbarkeit der G&L Asat Classic Bluesboy zu sorgen.
Beim Material des Griffbretts hält sich der Hersteller an die Vorgaben von CITES und verwendet das Holz „Chechen“, das als Strauchform wächst und seinen Ursprung im mexikanischen Raum findet. Rein optisch ist dieses Holz kaum von Palisander zu unterscheiden, ich würde es jedoch in seiner vollen Schönheit an der Gitarre betrachtet als einen Hauch heller bezeichnen. Die 22 Bundstäbchen wurden sauber eingesetzt und abgerichtet, der Hersteller bezeichnet die Bundierung als „Vintage-Frets“, was bei dem einen oder anderen die Befürchtung aufkommen lassen könnte, dass es sich hier um dünne „Spaghetti-Bünde“ handeln könnte. Doch dem ist nicht so, die Bünde bieten eine einwandfreie Intonation und durch den runden Querschnitt ihrer Oberfläche gehen Slides und Bendings sprichwörtlich ganz einfach von der Hand.
Über die Form der Kopfplatte mag man streiten können, in jedem Falle aber ist sie unverkennbar in ihrem Design. Sie trägt die sechs Mechaniken, die aus eigener Fertigung von G&L stammen und einen sehr guten Eindruck hinterlassen. Die Tuner laufen ohne Spiel auf den Achsen und hielten die Gitarre während der Testdauer einwandfrei in Stimmung.
G&L Asat Classic Bluesboy – Pickups & Hardware
Bei den Tonabnehmern gibt es deutliche Unterschiede zur klassischen Telecaster, wie wir sie alle kennen. Nicht nur dass die beiden Pickups aus eigener Produktion von G&L stammen, wir finden hier vor allem am Hals einen Alnico II Humbucker, der unter einer verchromten Blechkappe in das weiße Pickguard bzw. die Decke eingesetzt wurde. Üblicherweise erwartet man an dieser Stelle ja den bekannten kleinen Singlecoil in Lipstick-Form, doch unsere G&L-Tele soll ja die Fans des Blues beglücken – und dazu passt der wuchtige Sound eines Humbuckers in Halsposition gerade recht.
Im „Aschenbecher“ eingebettet hingegen wartet wie gewohnt ein Singlecoil auf seinen Einsatz. Er teilt sich den Platz mit den sechs Saitenreitern aus Messing, bei denen die Saitenführung nicht mittig, sondern links des Reiters entlang führt. Das wirkt ungewöhnlich, zumindest ich persönlich habe so etwas bislang nicht gesehen. Zweifel an der Funktionalität entstehen nicht, denn mit Stimmung halten, Intonation etc. hat die G&L Asat Classic Bluesboy überhaupt keine Probleme.
G&L Asat Classic Bluesboy – Tele-typische Schaltung
Bei der Schaltung der Asat Classic Bluesboy erwartet uns hingegen nichts Außergewöhnliches, wie gehabt werden die beiden Pickups über einen Dreiwegeschalter angesteuert und mit einem Tone- und Volume-Poti in Klangfarbe bzw. Lautstärke geregelt. Die Potis besitzen griffige Knöpfe aus Metall und entsprechen vollkommen den Erwartungen an ein Instrument dieser Preisklasse. Das Gleiche gilt im Übrigen auch für den Schalter, der knackig einrastet und ohne Spiel bombenfest in seinem Sockel sitzt. Ein besonderes Lob verdient an dieser Stelle die hochwertige Verchromung der Hardware, was besonders bei der Beschaffenheit der Metallblende für Potis und Schalter sowie dem „Aschenbecher“ auffällt: Hier bekommen aggressiver Handschweiß und/oder sonstige äußere Einflüsse auch auf Dauer kaum eine Chance, das darunter befindliche Metall zum Rosten zu bringen.
G&L Asat Classic Bluesboy – in der Praxis
Die traditionelle Konstruktion aus Eschekorpus, aufgeleimter Ahorndecke und geschraubtem Ahornhals hält das, was sie verspricht. Der akustische Grundsound ist wunderbar resonant und besitzt ein gutes Attack, gleichwohl kann auch das Sustain überzeugen. Die Bespielbarkeit ab Werk geht bei unserem Testmodell in Ordnung, Solisten würden sich vielleicht noch eine etwas bequemere Saitenlage jenseits des 12. Bundes wünschen. Dennoch lässt sich der Hals dank der satinierten Rückseite und seines recht flachen Profils auch so schon gut bespielen. Zum guten Handling der Asat Classic Bluesboy trägt übrigens auch ihr niedriges Gewicht bei, lediglich 3,5 kg zeigt die Waage an – das ist sehr angenehm für den Schoß und noch viel angenehmer für den Rücken!
Am Amp angeschlossen zeigt die Asat Classic Bluesboy ein wahrlich flexibles Klangbild. Der Singlecoil am Steg liefert die erwarteten spitzen und durchsetzungsfähigen Sounds einer Tele, der Humbucker am Hals hingegen schickt ein herrlich fettes und warmes Signal an den Verstärker, perfekt geeignet für Blues eben, da passt der Name „Blues“ in der Bezeichnung der Gitarre schlicht und ergreifend wie die Faust aufs Auge! In der Mittelposition des Schalters kommt man dann in den Genuss der Vorzüge beider Pickups: Das knackige und mittige Klangbild des Steg-Singlecoils harmoniert hierbei wunderbar mit dem voluminösen und druckvollen Sound des Humbuckers am Hals. Das Ergebnis ist ein Klang, den man so von einer Tele nicht unbedingt kennt und der sich enorm vielseitig einsetzen lässt. Hinzu kommt, dass die Dynamik und das Frequenzbild kaum spürbar abgeschwächt werden, wenn man das Volume-Poti herunterregelt. Etwas, was viele Spieler in Bezug auf die Interaktion mit einem guten Röhrenamp ja so schätzen und was die Möglichkeiten mit der Asat Classic Bluesboy noch einmal spürbar erweitert.
Was jedoch ganz sicher keiner schätzt, sind auftretende Nebengeräusche, die lassen sich aber konstruktionsbedingt kaum vermeiden und betreffen vor allem (als hätte man es geahnt …) den Singlecoil am Steg, der mit dem klassischen 50-Hz-Brummen vor allem bei höheren Gainsettings auf sich aufmerksam macht.
Nun zu den Klangbeispielen, für die ich die G&L Asat Classic Bluesboy in meinen Referenz-Amp Orange Micro Dark mit angeschlossener Celestion V-30-Box eingeklinkt habe. Vor der Box stand ein AKG C3000 Mikrofon, ehe die Tracks in Logic Audio aufgenommen wurden.
Im ersten Beispiel hören wir gleich die Kombination beider Pickups, eingespielt mit einem gepickten Cleansound.
Wir reißen jetzt den Dreiwegeschalter nach vorne und hören uns den Cleansound des Front-Pickups an:
Jetzt ganz nach hinten mit dem wuchtigen Schalter, rüber zum unverzerrten Klang des Steg-Singlecoils:
Wir werfen die Verzerrung an und hören den rotzigen Sound des Front-Humbuckers:
Zum Abschluss der verzerrte Sound des Singlecoils im Aschenbecher, vorm gefürchteten „Glas schneiden“ bleiben die Ohren erfreulicherweise verschont:
Toller Bericht… vielen Dank dafür….