Leos Legende ganz in Schwarz
Oft genug schon haben die Gitarren von G&L in unseren Tests bewiesen, dass sie den Instrumenten von Leo Fenders erster Firma (die mit dem großen „F“ im Namen) in kaum etwas nachstehen, ja sie sogar zum Teil in puncto Verarbeitung und Klang übertreffen können. Nun erreicht uns eine weitere E-Gitarre aus dem Hause G&L, die das unter Beweis stellen möchte: Die G&L Tribute Legacy Black ist eines der günstigeren Modelle des Herstellers, gefertigt in Indonesien und für nicht einmal 500,- Euro im Handel zu bekommen. Ob man auch hier wieder eine Kaufempfehlung aussprechen kann und was die schwarze Schönheit mit dem roten Pickguard sonst noch so drauf hat, werden wir uns im folgenden Review mal anschauen und vor allem anhören.
G&L Tribute Legacy Black – Facts & Features
Die Form des aus Linde hergestellten Korpus dürfte weitläufig bekannt sein, man kann also bei der G&L Tribute Legacy Black E-Gitarre mit gutem Gewissen von einer Strat sprechen, die in eine schwarze Hochglanzlackierung eingetaucht wurde. Und das sehr sorgfältig, denn der Lack wurde gleichmäßig aufgetragen und verhindert so wirkungsvoll zu erkennen, wie viele Teile Linde denn wohl hier für den Korpus verwendet wurden. Die bekannten und beliebten Fräsungen auf Vorder- und Rückseite gibt es hier auch wieder, sie sorgen dafür, dass sich das Instrument optimal an den Körper des Benutzers anschmiegt. Ganz so luftig-leicht, wie etwa eine Strat aus Erle oder Esche etwa, ist unsere G&L allerdings nicht, hier hat man schon etwas mehr zu stemmen. Dafür ist das Instrument jedoch gut ausbalanciert, was ja auch schon mal von Vorteil ist und einer guten Performance nur zuträglich sein kann.
Lackierter Ahornhals – wie immer Geschmackssache
Performance ist ein passendes Stichwort, denn spätestens beim Hals werden sich die Geschmäcker garantiert in zwei Lager teilen. Das liegt daran, dass das Stück Ahorn komplett mit einer Klarlackschicht versiegelt wurde, inklusive dem Griffbrett, das separat aufgeleimt wurde. Manch einer mag sich daran vielleicht nicht stören, für mich persönlich ist es jedoch immer eine große Umgewöhnung, um mit diesem „zähen“ Spielfluss umgehen zu können. Saitenzieher (Bendings) und Slides erfordern hier eine gewisse Zeit der Gewöhnung, obwohl man fairerweise sagen muss, dass es weitaus schlimmere Arten dieser „Versiegelung“ auf dem Markt gibt – die Leser meiner Artikel werden das sicher kennen, da ich immer wieder darauf zu sprechen komme. Die Frage bleibt jedoch, wieso man das nicht einfach weglässt und die Rückseite nur satiniert – ist ja auch immerhin ein Kostenfaktor.
Ansonsten aber gibt es rein gar nichts an der Verarbeitung zu bemängeln: Die 22 Bünde wurden sauber eingesetzt, akkurat an den Kanten abgerichtet und auch eine sorgfältige Politur der Oberflächen wurde gedacht. Ebenso verhält es sich mit dem Sattel, auch er wurde perfekt in seinem Sitz am Ende des Halses eingesetzt.
G&L Tribute Legacy – Hardware mit Fulcrum-Vibrato
Das von Leo Fender in den späten Jahren seiner Schaffenskraft entwickelte Fulcrum-Vibratosystem wurde in die Decke eingesetzt. Ganz im Gegensatz zum Standard-System der Fender-Flotte mit ihren sechs Schrauben in der Decke, ruht der Vibratoblock auf zwei Bolzen, was schon mal einen entscheidenden Vorteil in Sachen Stimmstabilität mit sich bringt. Und tatsächlich arbeitet dieses freischwebende System erstaunlich stimmstabil und würde sicher noch stabiler sein, wenn an der Kopfplatte ein Satz Klemmmechaniken angebracht wären. Dort oben sitzen aber nur Standard-Tuner, die der Preisklasse entsprechend mit etwas zickigem Verhalten auffallen. Man muss also schon etwas mehr Geduld aufbringen, möchte man die G&L Tribute Legacy Black der Stimmprozedur unterziehen, denn die Mechaniken besitzen spürbares Spiel auf ihren Achsen. Sie halten die Fuhre aber weitgehend stabil, wenn man es denn mit dem Hebel nicht zu sehr übertreibt. Und sollte es einem doch mal zu sehr auf die Nerven fallen, dann bietet der Zubehörmarkt reichlich hochwertigere Alternativen, die das Instrument nur aufwerten können.
Positiv zu betrachten ist der nur locker eingesteckte Vibratohebel, der nach dem Benutzen sofort aus dem Aktionsradius der rechten Hand verschwindet – ein nicht zu unterschätzender Vorteil im Gegensatz zu den „Gewindestangen“, die Fender der Strat seit jeher mit auf den Weg gibt. Darüber hinaus ist das System mit seinen drei Federn wunderbar weich (und daher sehr nuancenreich) bedienbar. Wer es trotzdem gerne etwas härter möchte, der kann gerne noch eine oder zwei Federn dazu tun, die befinden sich mit im Lieferumfang der Gitarre.
Alnico V Singlecoils und „PTB Tone System“
Wie gewohnt wurden in das rötliche Tortoise-Pickguard drei Alnico V Singlecoils eingesetzt, drei Potis und ein Fünfwegeschalter komplettieren die elektrische Schaltung. Hinter den beiden Tone-Potis verbergen sich jedoch keine einfachen Tonblenden, wie man vielleicht vermuten würde, sondern ein passiver EQ, mit dem man den Klang in Bässen und Höhen getrennt bearbeiten kann. Der Hersteller nennt dieses System „PTB Tone System“ und das Ergebnis reicht weit über das hinaus, was die einfachen Tone-Potis einer Standard-Strat in aller Regel bieten können. Sollte es also mal zu „harsch“ und vielleicht auch manchmal etwas zu schrill klingen, kann man hier den Klang ganz einfach an die Gegebenheiten bzw. den persönlichen Geschmack und/oder an den Charakter des angeschlossenen Amps anpassen.
Die G&L Tribute Legacy Black E-Gitarre in der Praxis!
Das Testinstrument erreichte uns in Sachen Saitenlage gut in Form und absolut sauber in der Oktavreinheit justiert. Auf die Sache mit dem lackierten Hals und dem Griffbrett möchte ich nicht erneut eingehen, das muss jeder für sich selbst bei einem persönlichen Antesten abklären. Der Grundsound ist resonant und mit einem guten Sustain ausgerüstet, ebenso kann das Attack gefallen. Beste Voraussetzungen also für die drei Singlecoils, die in der Tat auch das Beste daraus machen und den gelungenen Grundsound nahezu verlustfrei an den angeschlossenen Verstärker portieren.
Egal, ob nun klassische, cleane Strat-Sounds, angezerrte Klänge oder sogar High-Gain, für Einspuler klingen die drei Alnico V Tonabnehmer richtig gut und vor allem sehr flexibel, denn dafür sorgt die PTB-Schaltung, mit der man in Sekunden den Klang seinen Bedürfnissen bzw. an die des angeschlossenen Verstärkers anpassen kann. Nebengeräusche sind kaum zu vernehmen, dafür aber ein bissiger und kraftvoller Sound, der sich garantiert gut in einem Bandgefüge durchzusetzen weiß und auch nicht an Dynamik verliert oder das Frequenzbild ruiniert, wenn man das Volume-Poti etwas herunterregelt. Beste Voraussetzungen also für eine gelungene Interaktion mit einem guten Röhrenamp!
Wie das klingt, kann man in den nun folgenden Klangbeispielen hören. Dafür habe ich die G&L Tribute Legacy Black E-Gitarre an den Eingang meines Referenz-Amps Orange Micro Dark angeschlossen. Der war verbunden mit einer 1×12 Celestion Vintage 30 Box, vor dieser wurde wiederum ein AKG C3000 Mikrofon platziert, ehe das Signal in Logic Audio aufgezeichnet wurde. Effekte wurden keine benutzt, es fand lediglich die obligatorische Pegelanpassung mittels eines sanft eingesetzten Limiters statt.