Eurorack-Module aus Italien
Die GRP-Module von Paolo Groppioni für das Eurorack sind meist Auskopplungen aus den A2 und A4-Synthesizern von GRP. Hier nun der zweite Teil des Tests der GRP-Module. Im ersten Teil (HIER LICKEN) wurden ja bereits die Selbstschwinger und die Pegelregler besprochen, bleibt in dieser Kategorie noch das …
S&H Noise
Modul. Das Modul bietet gleich drei Funktionen: Sample and Hold (S&H) mit Slew-Funktion, eine interne Clock und einen Rauschgenerator, der in den Farben Weiß und Pink erstrahlt. Zu den Rauschern gesellt sich ein LOW-Rauschen, das noch weit unterhalb eines sogenannten braunen Rauschens liegt und für langsame und weniger sprunghafte zufällige Änderungen zuständig ist.
Die interne Clock taktet von 0,2 Hz bis 135 Hz und wird durch die CLOCK-LED visualisiert. Es ist aber genauso möglich, die Clock der S&H-Schaltung von außen zu steuern. Bei einer üblichen Clock-Rate von vier Schlägen pro Takt, bedeutet das eine Spanne von 12 BPM bis 8100 BPM.
Liegt kein Signal am S&H IN an, wird als Signal das interne weiße Rauschen hergenommen. Über den STEP-Ausgang wird die gesampelte Spannung einen Clock-Takt lang gehalten. Der SLEW-Ausgang verzögert die Spannungsänderungen von Takt zu Takt und zwar umso länger, je höher der Wert des GLIDE-Potis ist.
Bleiben noch die …
Filtertüten
Kommen wir damit zu den drei Filtern der GRP-Module. Die beiden Varianten 12db SVF (State Variable Filter) und 24 db LOW PASS (Transitor Ladder Filter) waren bereits im Modell A4 vertreten, das State-Variable-Filter kam dann als einziger Filter im A2 zum Einsatz. Und dann gibt es da noch das …
FIXED FILTER
… eine Filterbank mit 12 Festfrequenzen für Bandpass-Filter und zwei Shelving-Filter für Lo- und Highend. Der Vollständigkeit halber eine Auflistung aller Frequenzen:
Bandpassfilter
- 125; 175; 250; 360; 500; 700 (Hz)
- 1; 1,4; 2; 2,8; 4; 5,6 (kHz)
Kuhschwanzfilter (Shelving):
- Low: 88 Hz
- High: 7 kHz
Die Filterbank arbeitet dabei mit passiven Filtern, die nachher ein wenig aufgeholt werden. Das merkt man daran, dass das Signal im BYPASS-Modus immer lauter ist als im ACTIVE-Modus. Das bringt mich dann auch zu meinem ersten Kritikpunkt: Man hätte dem Modul ruhig noch eine Gain-Stage vorne und hinten verpassen können, vor allem wenn diese wieder so genial übersteuern.
Das erste Band liegt bei 125 Hz und somit ungefähr bei einem B2, das zweite Band liegt mit 175 Hz eine verminderte Quinte darüber, also beim F3. Diese Abstände werden dann oktaviert wiederholt (nicht ganz, es müssten eigentlich 350 Hz statt 360 Hz sein). Dabei beeinflussen sich nebeneinander liegende Bänder etwas. Dreht man eines hoch, erhöht sich der Gütefaktor (Q) des anderen ein wenig, sodass es für das Ohr etwas höher klingt, obwohl die Mittenfrequenz gleich bleibt.
Mit den einzelnen Bändern lassen sich aus weißem Rauschen schaurig-schöne geisterhafte Töne entlocken und das FIXED FILTER der GRP-Module wäre beinahe mein Favorit der Truppe geworden, rein vom Klang gesehen. Wenn da nicht leider das Problem der Unsteuerbarkeit wäre. Ja, man kann die einzelnen Bänder nur manuell reindrehen, es gibt keinen CV-Eingang, der das automatisieren könnte – und damit wird dieses GRP-Modul für mich zur größten Enttäuschung. Ich könnte mir so viele interessante Verläufe dafür vorstellen. Hier wurde eindeutig zu viel in Richtung „fertiger“ Synth gedacht und das Konzept geht im modularen Kontext so nicht auf.
Denn als einen reinen EQ, um eine Monosumme zu bearbeiten, kann man das FIXED FILTER auch schlecht hernehmen. Es gibt einfach keine Einstellung, in der man dem Bypass nahekommen kann. Dann könnte man von einer neutralen Stellung aus langsam anfangen, die Summe zu verbiegen und zu verdrehen, bis die Blasen aufsteigen.
12db SVF und 24 db LOW PASS
Damit nun zu den eigentlichen Performance-Filtern. Beide Varianten sind Auskopplungen aus den GRP Synthesizern A4 bzw. A2. Betrachten wir zunächst das 12db State-Variable-Filter. Es bietet wie beim A4 vier verschiedene Filtermodi: 12 dB HP, 6 dB BP, 12 dB LP und ein Notch-Filter. Das 24 dB LOW PASS Filter kann das Signal hinter jeder Transistorstufe abgreifen, so dass es eine 6 dB-, 12 dB-, 18 dB- und 24 dB-Variante gibt. Über den Select-Ausgang bei beiden Filtermodulen können die verschiedenen Varianten abgegriffen werden, die über einen Wahlschalter selektiert werden können – praktisch, so spart man sich kabelzupfen. Alle Ausgänge gibt es dann natürlich auch noch einzeln im Angebot, so dass man auch mit Rückkopplungen arbeiten kann.
Bei den Anschlüssen bekommt man (beinahe) das gesamte Packet. Es gibt zwei Audioeingänge. IN1 hat sogar einen eigenen Attenuator, während IN2 sofort in den Filterschaltkreis geht. Nicht ganz obligatorisch ist der 1 V/Oct-Eingang, mit dem die Filtereckfrequenz des Filters kennliniengenau angesteuert werden kann. Ist das Filter also in Eigenresonanz, hat man einen extra Oszillator am Start. Nützlich ist das eben für Sounds mit viel Resonanz, deren Tonhöhe sich aber mit dem Spiel auf der Tastatur oder des Sequencers so verändern soll, dass keine Dissonanz zwischen dem Ton des Oszillator und der Resonanz entsteht. Natürlich kann man den Eingang auch so nutzen, dass ständig Dissonanzen entstehen.
Beim 24 db LOW PASS kann man über die RES CV-Buchse diese so erzeugten Resonanzen ein- und ausblenden, das 12db SVF bietet keine Möglichkeit, die Resonanz über CV zu steuern. Allerdings hat es dafür einen dritten Eingang zur FM-Modulation (FM-Eingänge 12db SVF: 1 V/Oct, FM1+Attenuator, FM2), während der 24 db LOW PASS nur einen zusätzlichen FM-Eingang zur Steuerung der Filtereckfrequenz besitzt (FM-Eingänge 24 db LOW PASS: 1 V/Oct, FM+Attenuator).
Filter FM
Was mir aufgefallen ist, dass es einen ziemlichen Bleed von den FM-Eingängen auf das Ausgangssignal gibt. So kann man bei voll aufgedrehtem Attenuator das Signal am FM-Eingang bei beiden Filtern deutlich hören. Beim State-Variable-Filter liegt dieser Bleed 36 dBFS unterhalb des Signals am Audioeingang. Und obwohl das schon zu viel ist, ist das beim 24 db LOW PASS mit 17 dBFS noch wesentlich schlimmer. Das wirkt sich in der Praxis so aus, dass bei voll aufgedrehtem FM-Attenuator das modulierende Signal genauso laut wie das zu modulierende Signal ist, wenn der Input Regler auf der 12-Uhr-Postion steht. Naturgemäß wird dieser Bleed dann bei höheren Einstellungen vom Nutzsignal maskiert und wirklich hören kann man diesen Effekt dann nicht mehr – saubere FM-Modulationen mit leisen Eingangssignalen sind aber so ausgeschlossen.
Ab einer bestimmten Resonanzstärke wird das Ergebnis der FM auch merklich unstabiler und kippt von wohlgeformter FM in chaotische.
Geniale Übersteuerung
Genau wie in den konfektionierten Synths ist auch eine Distortion mit an Bord, die hinter dem Filter liegt. Diese Distortion klingt sehr musikalisch und lässt sich wohldosiert einsetzen, um dem Signal nach und nach ein aggressiveres Klangbild durch Addition von Obertönen zu geben. Dreht man die Distortion auf, so nimmt die Betonung der vierten und fünften Harmonischen zu, während die zweite, dritte, sechste und siebte Harmonische zurücktritt. Dabei wird das Signal bei der Distortion nicht direkt lauter, sondern leiser und „runder“ und druckvoller, sehr schön auch im Oszi zu sehen.
Besonders bei aufgedrehter Resonanz ist hier ein ergiebiges Feld für Lead- und Bass-Sounds zu finden. Und da die Distortion musikalisch so ergiebig ist, hätte ich mir hier eine CV-Steuerung gewünscht, mit der man den Anteil fernsteuern kann – leider haben weder das 12db SVF noch das 24db LOW PASS Filter solch einen CV-Eingang. Hier wurde meiner Meinung nach viel Performance-Potential liegengelassen.
Die Overload-Anzeige zeigt übrigens nicht an, ob die Distortion greift, sondern ob der Filterausgang vor der Distortion übersteuert. Um das mit einem Eingangssignal zu erreichen, muss man schon ordentlich Spannung draufgeben (und vor allem beide Audioeingänge nutzen), da die Module doch recht übersteuerungsfest sind. Bei Einsatz der Eigenresonanz sieht man den Overload jedoch öfters leuchten; klar die Betonung der Filtereckfrequenz bedeutet eben hier auch eine Erhöhung des Pegels.
Manchmal (be)rauschend
Man kennt ja auch genüg Filtervarianten, bei denen der Grundklang ausdünnt, sobald man die Resonanz hochdreht. Genau dafür haben beide Filter eine Automatic-Gain-Compensation (AGC) mit an Bord. Aktiviert man die AGC, so wird das Signal zunächst einfach mal 6 dB lauter, zusätzlich werden aber noch die Frequenzen ab 2 kHz betont, so dass das Signal einfach besser wahrzunehmen ist.
Zuletzt noch eine Anmerkung zum Rauschverhalten der beiden Filter. Betreibt man die Filter „klassisch“, das heißt im Kontext einer Synth-Stimme, hat man mit Eigenrauschen keinerlei Probleme – die eingehenden Signale sind so laut (z. B. die -6,5 dBu vom GRP Oszillator), dass es keine Probleme gibt. Anders verhält es sich mit Audiosignalen, die von einem Audiointerface kommen und besonders mit dynamischen Summensignalen. Schicke ich einen Mix meinem Saffire Pro40 in eines der Filter, so erreiche ich bei weitem nicht den Pegel eines Oszillators, entsprechend muss das Signal aufgeholt werden. Und dann wird das Eigenrauschen mitunter doch hörbar, naturgemäß in leiseren Passagen. Ich spreche dieses Thema an, da viele bei den GRP Synthesizern A2 und A4 die Möglichkeit vermisst haben, externe Audiosignale in das Filter einspeisen zu können – hier geht es, ist aber nicht uneingeschränkt nutzbar.
Smooth Operator (Multiple)
Bleibt nur noch das passive Multiple, zu dem es nichts weiter zu sagen gibt, dass es in drei Einheiten unterteilt ist: zwei Vierer- und ein Sechser-Multiple.
Irgendwie, ich weiß nicht warum, finde ich die normalisierten großgeräte cooler, obwohl ich modularschrauber bin…
Danke für die ehrlichen Berichte und auch für die Messungen, ein aufschlussreicher Test!
LFOs ohne Sync gibt es in der Modularwelt recht oft, was ich auch bei fixer Architektur nicht wirklich verstehe…
Das Übersprechen bei den Filtern finde ich Schade, aber wenn es bei heißeren Pegeln nicht auffällt kann man wohl damit leben?
Ringmod gibt’s nicht, oder übersehe ich das? Ich finde die Ringmod vom A2 ja richtig stark!
An meinem A2 schätze ich vieles, er ist klanglich der Anführer meines analogen Quartets.
Einzig einen dritten Osc hätte ich gerne auch wenn ich ihn nicht vermisse, deswegen die Überlegung irgendwann mal eine GRP Stimme ins Rack zu schrauben. Ich mag homogen aussehende Euroracksysteme, und die GRP sehen für meinen Geschmack supergeil aus =)
Die GRP Module in einem WMD Monolith… herrlich.
fixed filterbänke sind eigentlich immer ohne cv-steuerungsmöglichkeit, wäre das nicht auch viel zu aufwändig? da bräuchte man ja für jedes band eine quelle. auch im 5u-bereich kenne ich eigentlich nur filterbänke mit audio in/out.
Betreffs des Mankos einer FixedFilterBank (A-128) befragte ich einst Dieter D. per Mail. Soweit ich mich erinnere war die Antwort, dass hierfür für jedes Band ein eigener VCA von Nöten wäre, und dies erheblich aufwendig wie teuer sei. Ein Zusatzmodul das jedes Band einzeln abgreifen lies wäre jedoch möglich, und könnte bestellt werden. (Als GRP die Filterbank ankündigte, hoffte ich bezüglich des von dir genannten leider auch vergebens.) Ein Shelves erledigt bei mir inzwischen nicht gleiches, aber ähnliches …
Selbst die Fixed Filterbank von Moog hat keine CV-Anschlüsse; daher sehe ich das beim GRP auch nicht als Minuspunkt. Diesen sehe ich eher bei der fehlenden Bus-Speisung für den VCO und den ADSR, aber auch meine Analogue Systems RS95e sowie Roland 512 lassen dies vermissen, wie auch mein Doepfer A-142 VCD. Diese Module sind wohl eher im Ensemble zu verwenden; als Einzel-Module offenbaren sie einige Schwächen…