60 Jahre Hagstrom: alter Schwede!
Alter Schwede, sechzig Jahre gibt es sie nun schon, die Instrumente von Hagstrom! Die Geschichte des schwedischen Unternehmens begann eigentlich 1925 mit dem Bau von Akkordeons. Als die sich jedoch nicht mehr verkaufen ließen, sattelte man Ende der 50er Jahre auf elektrische Gitarren um – die Welle des Rock ’n‘ Roll erfasste auch die schwedischen Instrumentenbauer und bis Anfang der 80er Jahre surfte man auch ganz gut auf ihr mit. Dann aber kam das Aus und damit wurde es eine ganze Weile still um den Namen Hagstrom, ehe zu Beginn des neuen Jahrtausends die Massenproduktion wieder aufgenommen wurde. Dieses Mal aber nicht mit dem Siegel „Made in Sweden“, sondern hergestellt in asiatischen Produktionsstätten mit entsprechend günstigen Preisen. Von dort kommt auch die Super Swede Limited, die in begrenzter Stückzahl den runden Geburtstag würdigt und nun zum Test vor mir steht.
Hagstrom Super Swede Limited – Facts & Features
Könnte man sie eine „Paula-Kopie“ nennen? Ich denke schon, die Form des Korpus, die beiden Humbucker, die vier Potis … das alles sieht verdächtig nach Gibsons Evergreen aus. Aber Gibson hat ja nun mal kein generelles Patent auf Singlecut-Gitarren mit eingeleimtem Hals – oder etwa doch? Nun ja, diesem Vergleich muss sich die Hagstrom Super Swede Limited E-Gitarre wohl oder übel stellen, auch wenn man für ihren recht attraktiven Preis vermutlich keine echte US-Gibson bekommen dürfte. „Limited“ heißt bei Hagstrom wohl nicht gleich auch automatisch teuer, denn für dieses schneeweiße Spezialmodell sind nur etwas über 700,- Euro im Laden fällig. Erhältlich ist das Instrument zudem, im krassen Kontrast zum Weiß unseres Testmodells, noch in schlichtem Schwarz. Das ist jetzt nicht gerade eine besonders große und attraktive Farbauswahl, aber es handelt sich ja schließlich um eine E-Gitarre in limitierter Auflage. Wie groß die Limitierung ist, darüber ließen sich jedoch keine weiteren Informationen einholen. Aber nun zu den eigentlichen Fakten der Super Swede Limited.
Der Korpus wurde aus Mahagoni gefertigt und auf seiner Vorderseite mit einer hochglänzenden Lackschicht überzogen. Die Rückseite hingegen besitzt keinen glänzenden Klarlack, hier wurde die weiße Oberfläche satiniert belassen, was speziell dem Mahagonihals bzw. dessen Rückseite und somit einem natürlichen Spielgefühl zugutekommt. Korpus und Hals wurden sauber miteinander verleimt und ein schwarzes Binding am Rand der Decke sorgt für etwas Kontrast bei all dem Weiß, das das Auge beim ersten Betrachten überflutet. An der Lackierung gibt es wahrlich nichts zu meckern, von vorne wie von hinten wirkt das Finish sehr homogen und Dinge, wie etwa Lacknasen oder Schleifspuren, sind auch auf den genaueren Blick keine zu erkennen. Zum Schutz der Decke dient ein schwarzes Pickguard, das sich, je nach persönlichem Geschmack des Besitzers, auf Wunsch ganz einfach abnehmen lässt.
Hagstrom Super Swede Limited – Resinator-Griffbrett!?
Wie bei vielen anderen Instrumenten aus dem Hause Hagstrom, wird auch beim Griffbrett der Super Swede Limited „Resinator“ als Material für das Griffbrett verwendet. Dabei handelt es sich um einen Mix aus Holz und einer nicht näher bezeichneten Kunststoffmischung, die unter hohem Druck laminiert wird. Das Ergebnis soll den Eigenschaften von natürlichem Ebenholz nahekommen und oben drauf noch sehr widerstandsfähig sein. Ebenso sollen „Deadspots“ mit diesem Werkstoff nicht mehr auftreten – eine Schwäche, die man Instrumenten mit Ebenholzgriffbrettern ja gerne mal nachsagt. Für mich ist praktisch kein Unterschied zum Ebenholz erkennbar, das Brett ist pechschwarz und verhält sich auch bei Bendings, Fingervibratos oder Slides nicht anders als ein herkömmliches Griffbrett. Dazu kommen 22 sauber eingesetzte Jumbo-Bünde und Perlmutt-Inlays in Blockform an den bekannten Stellen. Alles sauber verarbeitet und von daher frei von jeglicher Kritik!
Die Hardware
Eine ToM-Brücke sowie ein Tailpiece dienen bei der Hagstrom Super Swede Limited E-Gitarre zur Aufnahme der Saiten. Schön, dass das Tailpiece eine (verchromte) Abdeckung besitzt, denn so findet jeder garantiert eine bequeme Auflagefläche für die rechte Hand. Am anderen Ende der Drähte sitzen die sechs Mechaniken mit ihren Knöpfen im typisch verspielten Hagstrom-Design an der nicht weniger charakteristischen Kopfplatte. Dort befindet sich neben dem Hagstrom-Logo zudem ein auflackierter und unübersehbarer Hinweis auf die Limitierung der Gitarre.
Die sechs Tuner entsprechen den Erwartungen an eine E-Gitarre dieser Preisklasse, sie verrichten ihren Job ausreichend. Ein Wunder an Präzision sollte man aber an dieser Stelle nicht erwarten.
Die Elektronik
Zwei Lundgren Design Humbucker wurden bei der Hagstrom Super Swede Limited in Hals- und Stegposition eingesetzt. Sie werden über einen Dreiwegeschalter angesteuert und verfügen über eine Singlecoil-Option, die durch die beiden Push/Pull-Tone-Potis aktiviert wird. Zwei Volume-Regler erlauben weitere Möglichkeiten der Klangbeeinflussung, sodass hier theoretisch eine Menge Möglichkeiten zur Verfügung stehen. Das Angebot klingt allerdings verlockender, als es sich in der Praxis zeigt. Doch dazu kommen wir gleich im Praxisteil.
Die vier Regler bieten eine adäquate Qualität, sie laufen ohne spürbares Spiel auf ihren Achsen und besitzen griffige Plastikknöpfe on top. Ein problematisches Bild gibt jedoch der Dreiwegeschalter ab, der ganz ordentlich in seinem Sitz wackelt. Trotzdem war wohl noch etwas im Budget übrig, um dem Schalter zumindest eine Kappe mit dem Hagstrom-Logo zu spendieren – die Hagstrom Super Swede Limited E-Gitarre ist ja schließlich ein limitiertes Sondermodell!
Hagstrom Super Swede Limited – In der Praxis
Die Vollmahagonikonstruktion bringt erwartungsgemäß einen druckvollen und mit viel Sustain bestückten Grundsound an den Start, der allerdings auch etwas träge anspricht und nicht gerade mit einem kräftigen Höhenbild und einer besonders großen Dynamik ausgestattet ist. Etwas zäh klingt das Ganze also, dazu kommt die nicht ganz optimale Saitenlage, mit dem zumindest unser Testinstrument ausgeliefert wurde. Dafür gefällt aber die „angeraute“ Halsrückseite, mit etwas Geschick beim Einstellen des Settings kann man hier sicher Traumwerte in Sachen Bespielbarkeit herausholen. In Sachen Gewicht und somit dem Handling bzw. der Performance können sich Interessenten für diese E-Gitarre grob an der Les Paul in ihren besten (schwersten) Tagen orientieren. Hier gilt es schon, eine recht ordentliche Masse zu stemmen! Zumindest aber ist das hohe Gewicht gut austariert, denn die Gitarre pendelt doch recht ausgewogen am Gurt.
Die beiden Lundgren-Pickups bzw. Designed by Lundgren Pickups – man kann hier wohl von einer Günstigvariante der schwedischen Pickups ausgehen – geben sich alle Mühe, sie können jedoch den etwas müden und stumpfen Grundsound der Gitarre auch nicht zu einem dynamischen Highend-Sound veredeln. Klar, druckvolle Riffs mit dem Humbucker am Steg gehen auch hier, ebenso kann der Front-Humbucker mit viel Gain eine Menge Spaß machen. Charaktervoll klingt allerdings anders und das gilt auch für die Singlecoil-Sounds, die ebenfalls eher magere Kosten bieten und ganz besonders mit der mangelnden „Frische“ der Grundkonstruktion zu kämpfen haben.
Hören wir rein in den Sound der Hagstrom Super Swede Limited E-Gitarre, für die ich meinen Referenz-Amp Orange Micro Dark mit angeschlossener 1×12″ Box sowie ein AKG C3000 Mikrofon zur Aufnahme verwendet habe. Als Effekt wurde ein ganz schwaches Delay benutzt, danach wurden in Logic Audio nur noch die Pegel angepasst.