Eine Semihollow für Sparfüchse
Na, an was denkt der aktive Musiker, wenn er den Namen Harley Benton hört? Klar, an Musikequipment und Zubehör zu Preisen, die eigentlich gar keine sind! Als Hersteller, Vertrieb und Handel in einem kann das Musikhaus Thomann eine preisliche Offensive fahren, bei der andere Hersteller nur schwer bzw. kaum mithalten können. Und dass die in der „fränkischen Provinz“ entwickelten Gitarren und Bässe von Haus aus eine gute Qualität mitbringen, davon konnten wir uns schon in diversen Tests überzeugen. Nun erreicht unsere Redaktion eine semiakustische Gitarre von Harley Benton, deren Preis mal wieder unglaublich erscheint. Nur knapp über 200,- Euro soll die Harley Benton CST-24HB Charcoal Flame kosten und wir werden im folgenden Test herausfinden, was man für solch kleines Geld erwarten kann. Oder eben nicht.
Facts & Features
Kenner der Materie werden es sicher auf den ersten Blick erkennen – bei der Entwicklung der Harley Benton CST-24HB Charcoal Flame hat man wohl ganz genau nach Stevensville zu PRS Guitars rüber geschaut. Macht ja nix, solange alles im rechtlichen Rahmen bleibt und davon ist auszugehen, werden sich sicher viele Spieler mit weniger dicker Brieftasche über eine Gitarre mit solch einer hübschen Form freuen. Denn für das Geld, was unser Testinstrument im Shop kostet, bekommt man bei PRS gerade einmal einen Satz Tonabnehmer in die Hand gedrückt.
Der Korpus der Harley Benton CST-24HB besitzt einen Resonanzraum, im Fachjargon nennt man das „Semihollow“. Als Holz wurde Mahagoni verwendet, darauf aufgeleimt sitzt eine leicht gewölbte Decke aus Ahorn mit einem schön gezeichneten Furnier noch oben drauf. Die Farbe unseres Testinstruments nennt der Hersteller „Charcoal Flame“, ein dunkles, graugrünes Finish, erhältlich ist die Harley Benton CST-24HB darüber hinaus noch in den drei weiteren Farben Black Cherry, Black Cherry Flame (dasselbe Modell mit aufwendigem Perlmutt-Inlay auf dem Griffbrett), Tobacco Flame und Tortoise Flame.
Abgesehen von ein paar leichten Schleifspuren im Lack auf der Rückseite und in der Innenseite des oberen Cutaways kann man die Verarbeitung des Korpus durchaus als in Ordnung bezeichnen. Und ein bisschen Luxus oben drauf gibt es in Form eines cremefarbenen Bindings dazu, das sogar die Innenseite der beiden F-Löcher bedeckt.
Hals & Griffbrett der Harley Benton CST-24HB
Der besteht aus drei Teilen Ahorn und wurde in den Korpus eingeleimt. Am Übergang zur Decke sind ein paar Unsauberkeiten zu erkennen, hier wurden die Kanten der Bünde und der Rand des Griffbretts offensichtlich nicht ganz sauber verarbeitet. Stört in der Praxis aber überhaupt nicht, das sei schon mal vorneweg geschickt. Zudem wurde uns von Thomann ein B-Ware-Modell zur Verfügung gestellt. Sehr wahrscheinlich, dass dieser und weitere Mängel in der Serie nicht auftreten werden.
Auch Thomann bzw. Harley Benton CITES macht Ernst und verwendet für die Verarbeitung ihrer Instrumente ab sofort kein Palisander mehr. Das betrifft natürlich vornehmlich die Griffbretter der produzierten Gitarren und Bässe und ist auch bei unserer Testgitarre nicht anders. Für etwas Verwirrung sorgte bei mir allerdings die Bezeichnung „Roseacer“ als Begriff für das verwendete Holz des Griffbretts der Harley Benton CST-24HB. Eine kurze Nachfrage bei einem befreundeten Gitarrenbauer schaffte jedoch Klarheit – das Holz Roseacer ist nichts anderes als wärmebehandeltes Ahorn. Eine Alternative, die in Optik und Spielgefühl durchaus in Ordnung geht, wie ich finde.
Etwas Luxus hat man der Gitarre auch hier spendiert, so wurden anstelle schnöder „Dots“ sternenförmige Griffbretteinlagen aus Perlmutt an den bekannten Stellen eingesetzt. Und das recht ordentlich. Gut ist auch die Verarbeitung der 24 Bünde gelungen, bis auf den kleinen, bereits beschriebenen Mangel am Übergang zum Korpus wurden alle Bundstäbchen sauber an ihren Kanten abgerichtet und auf ihrer Oberfläche ausreichend poliert. Sicherlich hätte man beim Polieren noch etwas sorgfältiger vorgehen können, doch das erledigen ohnehin die Zeit bzw. das Saitenziehen früher oder später.
Neuer Look – die Kopfplatte
Wirkt der Korpus schon sehr wie eine PRS-Kopie, so trifft das auf die Kopfplatte überhaupt nicht zu. Hier muss man den Leuten von Thomann bzw. Harley Benton ein echtes Lob aussprechen, denn gegenüber der eher biederen Optik der vorherigen Serien ist hier ein deutlich moderner Schritt nach vorne gemacht worden. Mit dem Ergebnis einer schön gezeichneten und vor allem sehr gut zur Gitarre passenden Kopfplatte, die hochglanzschwarz lackiert wurde. Die Krönung wäre natürlich noch ein „Matched Headstock“ gewesen, aber ein paar Optionen für die Zukunft muss man sich ja auch als Hersteller offen lassen.
Hardware & Elektronik unserer Harley Benton CST-24HB
An der Kopfplatte sitzen natürlich auch die sechs verchromten Mechaniken, die unerwartet gut arbeiten. Dieser Punkt – die Hardware nämlich – ist bei Instrumenten in dieser Preisklasse oft der Knackpunkt. Was gibt es Nervigeres, als alle zwei Minuten die Gitarre nachzustimmen? Die hier verbauten Mechaniken hingegen zeigen sich in Sachen wie Präzision beim Stimmen und dem Halten der Stimmung überraschend positiv. Grund dafür könnte auch der Grafitsattel sein, der zwar nicht ganz bündig an seiner vorgesehenen Stelle sitzt, dafür aber von Natur aus schon für minimale Reibungswiderstände sorgt.
Auf der anderen Seite sorgt eine Brücke von Wilkinson für die Aufnahme der Drähte. Es ist eine sogenannte „Wrap-Around-Bridge“, bei der die Saiten von vorne eingefädelt und dann um die Brücke herum aufgezogen werden. Das soll für mehr Sustain sorgen. Apropos Sorgen: Der Wilkinson DLX GTB Wrapover Steg verfügt nur über eingeschränkte Möglichkeiten, die Oktavreinheit der Gitarre einzustellen. So ist es lediglich möglich, die D- und die G-Saite dahin gehend zu beeinflussen, dafür existiert auf der Oberseite eine Bohrung mit einer Inbusschraube. Da kann man nur hoffen, dass die Oktavreinheit möglichst lange so sauber bleibt, wie es bei unserem Testinstrument der Fall war.
Auch die Pickups stammen von Trev Wilkinson, mittlerweile scheint der zum Standardausrüster in Sachen Hardware vieler asiatischer Anbieter geworden zu sein. Die zwei in der Harley Benton CST-24HB verbauten Humbucker besitzen Kappen aus verchromtem Blech, sind über einen robusten Dreiwegeschalter anwählbar und über das Push-Pull-Tonepoti sogar als Singlecoils zu betreiben. Beide Potis, Volume und Tone, besitzen Knöpfe aus Metall mit einer griffigen Randierung, hier geht auch bei schweißnasser Hand kein Griff daneben. Sie laufen allerdings etwas rau auf ihren Achsen, zudem schaltet das Tonepoti unseres Testmodells die Pickups nicht ganz sauber in den Singlecoil-Modus. Dazu aber jetzt mehr im Praxisteil.
Sound & Praxis mit der Harley Benton CST-24HB
So in Ordnung die Verarbeitung der Gitarre insgesamt geht, so in Ordnung geht auch der Klang. Wohlgemerkt immer mit dem Preis vor Augen, wahre Wunder in Sachen, wie ausdrucksstarker Charakter oder eine hohe klangliche Flexibilität etwa, sollte man hier allerdings nicht erwarten. Was man aber auch in dieser Preisklasse erwarten kann, das kann die Harley Benton CST-24HB liefern. Dazu gehören vor allem eine gute Bespielbarkeit, eine saubere Intonation auf dem gesamten Griffbrett und ein elektrischer Sound, der, wie bereits angesprochen, zwar nicht sehr flexibel ist, dafür aber weitestgehend ohne übermäßige Nebengeräusche auskommt. Das gilt auch oder besser ganz speziell für unerwünschte Feedbacks, die bei einer halbakustischen Gitarre ja gerne mal in den ungünstigsten Momenten auftreten. Hier wurden die Pickups bzw. die Elektronik gut abgeschirmt.
Die beiden Wilkinson Pickups klingen im Humbucker-Betrieb sehr ordentlich, im Singlecoil-Modus allerdings kaum anders. Das mag auch daran liegen, dass unser Testinstrument Schwierigkeiten mit dem Tonepoti hatte und zum Teil nicht sauber schalten konnte. Sicher wieder eines der berühmten Montagsteile – und zur Not für wenig Geld gegen ein hochwertigeres getauscht bzw. ohnehin im Zweifel ein Fall für die Garantie. Und die ist bei Thomann ja sehr ausgiebig.
Nun aber zu den Klangbeispielen, für die die Harley Benton CST-24HB in meinen Orange Micro Dark eingeklinkt wurde. Als Box diente wie immer die H&K GL-112 Box mit dem Celestion Vintage 30, davor platziert das AKG C3000 Mikrofon.
Klangbeispiel 1 zeigt den Cleansound der beiden Pickups im Singlecoil-Modus. Mit etwas Geschick war es mir gelungen, das Push-Pull-Tonepoti doch noch zur Arbeit zu bewegen und sauber umzuschalten.
Nun ein weiterer Cleansound, eingespielt mit dem Humbucker am Hals. Speziell bei einzeln gepickten Noten macht sich die etwas müde Dynamik beim Spieler bemerkbar.
Weiter geht es mit den Overdrivesounds, im nächsten Klangbeispiel nun der Klang des Steg-Humbuckers mit einem angezerrten Sound des Orange Micro Dark. Auch hier ist die Dynamik wieder etwas zäh und das Klangbild nicht wirklich offen. Es reicht aber.
Wir erhöhen die Zerrung. In Klangbeispiel 4 jetzt der Leadsound des Steg-Humbuckers. Die Obertöne und die Dynamik des kleinen Orange Amps mit seiner Röhrenvorstufe kommen hier dem Klang der Harley Benton CST-24HB nur zugute.
Zum Schluss der Klang des Wilkinson am Hals. Beide Pickups sind identisch („MWCHB Live Humbucker“), das Modell am Hals kommt aber bei der Bewertung nicht ganz so gut weg. Im Gegensatz zum Gegenüber am Steg, der mit einem noch recht ausgeglichenen Frequenzbild befriedigt, fällt der Klang hier recht muffig aus.
Gut, (viel) mehr ist zwar nicht zu erwarten bei ’nem Cheapo, es wäre aber schon schön gewesen, wenn man euch nicht unbedingt so’n mangelhaftes B-Stock Instrument zum Testen gegeben hätte. Letztendlich bleibt beim Leser eine doch mit einigen Mängeln behaftete Gitarre im Schädel hängen. Damit schießt Thomann sich mit seiner Eigenmarke in diesem Fall schon ein ziemliches Eigentor.
Ansonsten – guter Test, wie gewohnt.
Generell eher obertonarm, die Klampfe. Muss im Mix halt irgendwo ihre Nische finden.
Gitarren sind ohnehin schwierig zu testen und wenn dann geh ich eh in Laden und vergleiche zwischen 100 verschiedenen Modellen. Meist wird es dann etwas teurer aber wurscht egal. Du bist den Rest deines Lebens zufrieden damit. Einfach von Thomann.de sich was günstiges schicken lassen ist so eine Sache, für mich wäre das eher nix. Aber warum um himmelwillen schickt ein riesen Kaufhaus eine ungeprüfte Klampf und dazu noch ein B-Modell! Unglaublich ungeschickt!
Ich bin der Meinung, dass man die Oktavreinheit sehr wohl weitergehend einstellen kann, nicht nur die (im Übrigen) G und H-Saiten.
Hinten am Steg sind meines Wissens 2 Imbusschrauben, mit denen man den kompletten Steg einstellen kann.
Ist nicht so elegant wie bei einzelnen Saitenreitern, funktioniert aber weitestgehend problemlos und ich hatte auch einige PRS SE-Modelle, wo das ganz genauso war.
Die Aussage ist also schlicht falsch, genauso wie die Aussage vor einiger Zeit, dass aus den Wilkinson Tremolos der Jammerhaken herausfällt, nur weil man nicht weiß, dass auch da eine kleine Imbusschraube zum Feststellen vorhanden ist.
Ich hatte die Gitarre kurz hier, fand sie auch nicht schlecht, da ich aber kaum noch spiele und genug andere (höherpreisige) Gitarren mein Eigen nenne, ging sie wieder zurück.
Ich fand sie für den Preis sehr gelungen und bei mir funktionierte auch alles.