Immer weniger kann immer mehr
Das Harley Benton DNAfx GiT Advanced ist das neueste Multieffektgerät der Harley Benton Boards und kann durch gute Sounds und einfache Bedienbarkeit überzeugen.
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Harley Benton mal wieder. Immer, wenn man denkt, da kommt nichts mehr, hauen die noch einen raus. Das neue Harley Benton DNAfx GiT Advanced ist kompakt, bietet zahlreiche Amps, Cabs und Effekte und verfügt über reichlich Möglichkeiten, die Sounds den eigenen Idealen anzugleichen.
Harley Benton DNAfx GiT Advanced – Facts & Features
Sehr handlich ist es, das Harley Benton DNAfx GiT Advanced. Gerade einmal 273 × 148 × 32,8 mm sagt die Messlatte. Die Waage sagt, dass wir es hier mit einem Leichtgewicht von 1,3 kg zu tun haben. Angesichts der Features ist das schon mal ein äußerst gutes Feature-Gewichts-Verhältnis. Ob der Preis zur Leistung passt, klären wir in diesem Testbericht.
Zunächst sprechen wir mal über Äußerlichkeiten. Das Gehäuse aus Kunststoff wirkt stabil und wertig, die Oberfläche sieht aufgeräumt und benutzerfreundlich aus. Drei Fußtaster und ein Expression-Pedal übernehmen die Steuerung per Fuß, wobei hier die drei Fußtaster teilweise doppelte Funktionen übernehmen.
Ein winziges Expression-Pedal am rechten Gehäuserand ermöglicht es, Parameter in Echtzeit zu steuern. Natürlich kann es dadurch auch als Volume- oder Wah-Pedal genutzt werden. Ein kleines Display gibt ein wenig Auskunft über die Dinge, die im Inneren des Gerätes vor sich gehen. Eine LED-Kette in Blau zeigt an, welche Effekte aktiv und ob die Amp-Sim und die Cab-Sim eingeschaltet sind.
Neun Slots gibt es, inklusive Amp und Cabs. Vorneweg ist ein Slot mit „FX“ betitelt, hier kann einer von sechs Wah-Effekten oder einer von zwei Kompressoren hineingelegt werden, die typischen Start-Effekte in einer Kette. Danach folgt eine Distortion-Slot, in dem eine von 20 verschieden Pedalsimulationen aufgerufen werden kann.
Es folgen die Amp- und die Cab-Sektion. 52 Amps unterschiedlichster Stilistiken stehen hier zur Verfügung, gefolgt von drei Akustiksimulationen. 26 Cabinets sind vorhanden, eins davon ist für die Wiedergabe akustischer Instrumente optimiert. Wem das nicht reicht, der kann eigene Impulse-Responses laden.
Wenn eine Kombination von Highgain-Amp und Distortion-Pedal mal etwas Nebengeräusche erzeugen sollte, stehen drei unterschiedliche Noise-Gates zur Auswahl. Frequenz-Tetris spielt man dann mit einem der vier folgenden Equalizer, wobei drei davon grafisch (je einmal 5-Band für Gitarre und Bass und einmal 6-Band für Gitarre optimiert) und einer parametrisch arbeiten.
19 mehr oder weniger klassische Modulationseffekte werden im nächsten Slot angeboten, hier gibt’s alles, vom Chorus über Flanger bis hin zu Swell- und Lo-Fi-Effekten. Die zeitbasierten Effekte Delay und Reverb schließen die Kette mit jeweils einem eigenen Slot ab, Delays gibt es neun und Reverbs sieben unterschiedliche Typen. Die maximale Delay-Zeit beträgt 2.500 ms. Die Reihenfolge der Effekte ist nicht veränderbar, parallele Effekt-Settings sind ebenfalls nicht möglich.
Ein Looper ist auch an Bord, dieser wird aktiviert, indem man den dritten Fußtaster (Taster C) gedrückt hält. Danach übernehmen Taster A und B die verschiedenen Funktionen des Loopers, diese werden im Display angezeigt. Bis zu 80 Sekunden zeichnet der Looper auf. Einen Tuner erreicht man durch das Halten von Taster B.
Die Fußtaster A bis C übernehmen ansonsten die Funktion, die man von ihnen erwartet, sie rufen die Presets auf. Dabei sind jeweils drei Presets in einer Bank gruppiert, diese können direkt per Druck auf den jeweiligen Taster aufgerufen werden. Die Bänke wechselt man, indem man Taster A & B oder B & C gleichzeitig drückt. Eigentlich easy gelöst. Ob und was der externe Editor da noch für uns tun kann, klären wir gleich.
Ansonsten finden wir auf der Oberfläche noch drei Drehregler, einer kümmert sich um die Lautstärke des Ausgangs, die beiden anderen sind als endlos Drehregler mit Push-Funktion für den Zugriff auf die Parameter und das Verändern dieser zuständig. Ruft man ein Preset auf, scrollt der mit „Mode“ bezeichnete Regler durch die einzelnen Effektslots, ein Druck aktiviert oder deaktiviert den Slot. Mit „Value“ erreicht man die einzelnen Parameter und aktiviert die Bearbeitung per Druck.
Sechs Buttons vervollständigen die Benutzeroberfläche, ganz links befindet sich der Rhythm-Button, der den eingebauten Drumcomputer startet. Dahinter verbergen sich 40 Drum-Patterns verschiedener Stilistiken und 10 Metronom-Settings, die natürlich alle in Geschwindigkeit und Lautstärke regelbar sind. Der TAP-Tempo-Button daneben wirkt sich auf das Tempo der Rhythm Machine und die Delay-Zeit aus.
Der Exp-Button bietet Zugriff auf die Funktionen des Expression-Pedals, hier kann festgelegt werden, ob das Pedal als Volume- oder Parameter-Pedal dienen oder einer der Parameter gesteuert werden soll. Hier kann jeder verfügbare Parameter zugewiesen werden, aber natürlich immer nur einer auf einmal. Belegt man das Pedal mit dem Wah-Effekt, kann es keine weitere Steuerung mehr vornehmen. Einen zusätzlichen Anschluss für ein zusätzliches externes Expression-Pedal gibt es nicht.
Die drei übrigen Buttons gewähren einem den Zutritt zu den Systemeinstellungen, wobei die Einstellmöglichkeiten recht rudimentär sind. Der Input-Level und die Bildschirmhelligkeit können hier geregelt werden, die Cab-Sim kann für linken und rechten Kanal getrennt abgeschaltet werden und der OTG-Level wird hier festgelegt.
OTG steht für „On The Go“ und ermöglicht die Aufnahme auf ein Mobile-Device, das über die USB-C-Buchse angeschlossen werden kann. Übrigens steht im Benutzerhandbuch irrtümlich „Micro-USB“, das stimmt so nicht, das ist eine waschechte USB-C-Buchse. Ein Reset auf die Werkseinstellungen erfolgt bei Bedarf ebenfalls im System-Menü. Der Button Save speichert die eigenen Soundkreationen, „Play“ ist hier im Sinne von „Exit“ zu verstehen und führt zum Hauptbildschirm zurück.
Die Konnektivität des Harley Benton DNAfx GiT Advanced
Die Frontseite des Gehäuses ist recht übersichtlich gestaltet. Neben dem Gitarren-Input und einer Miniklinkenbuchse für externe Soundquellen. Die Outputs links und rechts stehen jeweils als Klinken- oder XLR-Buchsen zur Verfügung. Hätte man hier Kombibuchsen verbaut, wäre noch reichlich Platz für ein externes Expression-Pedal oder einen Einschleifweg gewesen. Beides hätte das Gerät nicht wesentlich verteuert, aber deutlich flexibler gemacht.
Ein Ground-Lift-Schalter eliminiert eventuelles Brummen bei Masseschleifen, eine weitere Buchse führt das Signal einem Kopfhörer zu, einen separaten Lautstärkeregler für den Kopfhörerausgang gibt es nicht. Ein USB-Anschluss zur Verbindung mit einem für direktes Recording und die Kommunikation mit der Harley Benton DNAfx GiT Advanced Software befindet sich neben der OTG-Buchse.
Über OTG-Recording habe ich eben schon kurz geschrieben, hier handelt es sich um die Möglichkeit des mobilen Recordings auf Smartphones und Tablets. Da es mittlerweile reichlich Apps für mobiles Recording gibt, ist das eine sinnvolle Erweiterung.
Ich gebe allerdings zu bedenken, dass iPhone-User mit Lightning-Anschluss hier ohne den Kamera-Adapter keinen Erfolg haben dürften, da das iPhone das Harley Benton DNAfx GiT Advanced als externes Gerät gar nicht erkennt.
Den Abschluss bildet die Netzteilbuchse, hier wird das mitgelieferte, 9 V starke Netzteil angeschlossen. Da 300 mA für die Versorgung des Harley Benton DNAfx GiT Advanced ausreichen, kann hier auch eine zentrale Netzversorgung eines Floorboards zur Energieversorgung herhalten. Ein Batteriebetrieb ist nicht vorgesehen.
Die Stromversorgung über eine USB-Buchse hätte es übrigens ermöglicht, das Gerät per Powerbank mit Strom zu versorgen, was den Einsatz in Straßen, Strand- und Fahrstuhlmusik erheblich erleichtern würde. Fan vom Batteriebetrieb bin ich wirklich nicht und so wäre die Variante „Powerbank“ genau das Richtige!
Die Harley Benton DNAfx GiT Advanced Software
Die Harley Benton DNAfx GiT Advanced Software erleichtert die Einstellung und Verwaltung von Sounds erheblich, allerdings fehlt mir hier die Möglichkeit, die Presets in der Reihenfolge direkt zu verschieben, um so einfach und schnell eigene Bänke mit je drei Sounds zu erstellen. Die Aufteilung und Benennung der Presets erfolgt in 70 Bänken mit je drei Presets.
Will ich etwa Preset 60C Riff DS durch Preset 15A Tremolo CL ersetzen, geht das nur über einen Umweg, ich muss das zu verschiebende Preset im Ordner auf meinem Rechner ablegen und von dort per Drag & Drop in die Preset-Liste an die gewünschte Stelle zurückziehen. Da das irgendwie keinen Sinn ergibt, tippe ich auf einen Bug und hoffe auf Besserung.
Ansonsten bildet die Software im Großen und Ganzen die Bedienelemente des Gerätes ab und erlaubt auch keine weitergehenden Modifikationen, eine Backup-Funktion möchte einen Ordner auf meinem Rechner erstellen und das Backup-File dort ablegen. Das funktioniert einwandfrei, auch das Wiedereinspielen des Backups erfolgt problemlos.
Was mich irre macht, ist die Bedienung der virtuellen Potis in der Software per Maus. Jede mir bekannte Software dreht die Potis nach dem Anklicken, indem man die Maus hoch oder runter bewegt. Bei der Harley Benton DNAfx GiT Advanced Software muss ich dem Lauf des Potis folgen und einen Kreis beschreiben. Auch Scrollen funktioniert bei manch anderen Software-Lösungen, hier leider nicht.
Das Harley Benton DNAfx GiT Advanced in der Praxis
Da kein zusätzlicher Netzschalter verbaut wurde, erwacht das Harley Benton DNAfx GiT Advanced direkt zum Leben, sobald man das Netzteil einsteckt. Die Bedienung ist einfach und selbsterklärend, das Farbdisplay ist gut lesbar, solange man das Gerät auf dem Tisch vor sich stehen hat. Editieren von Sounds macht ja aber sowieso kaum jemand auf dem Fußboden. Ist das Gerät im Play-Mode, erscheinen wesentlich größer und ausschließlich die Banknummer.
Der Tuner ist aus 1,86 m Höhe schon schlechter zu erkennbar, was mich daran aber wirklich stört, ist die Zappeligkeit der Nadel. Es zwar durchaus möglich, die Gitarre sauber zu stimmen, aber eine Tuner-Nadel, die sanft einschwingt, kommt der Bewegung der tunenden Hand meiner Meinung nach mehr entgegen.
Der Anschluss an die eigenen Instrumente und Geräte ist grundsätzlich problemlos, ich vermisse jedoch eine Anzeige, die eine Übersteuerung des Eingangs anzeigt. Ich nutze Gitarren mit deutlich voneinander abweichenden Ausgangslautstärken. Das Einpegeln ist zwar über den System-Button problemlos und schnell erledigt, aber der Wechsel von der Strat auf die mit EMGs bestückte Charvel Mario Sfolgli war dann doch zu krass und es kam zu Verzerrungen im Input.
Die Verbindung zum Rechner und zur Software per USB erfolgt problemlos, die Software verbindet sich sofort mit dem Gerät und es kann gearbeitet werden. In der Liste der verfügbaren Eingangsgeräte taucht das Harley Benton DNAfx GiT Advanced aber nicht auf, so dass ich kein direktes USB-Recording betreiben kann. Hierzu muss ich die OTG-Buchse belegen und habe somit zwei Verbindungen zum Rechner, was für mich keinen Sinn ergibt.
Ein Update der Firmware bringt keine Abhilfe. Das Update erfolgt, indem man die Schalter B & C gedrückt hält, während man das Netzkabel einsteckt. Startet man dann die Software, erfolgt automatisch ein Update auf die neueste Version. Ich nehme also Kontakt zum Kundenservice auf und versuche zu klären, ob dieser und der oben bereits genannte Fehler bekannt sind und wie man Abhilfe schaffen kann.
Bleibt also vorübergehend die Möglichkeit des Recordings über die Audioausgänge oder über USB-C. Kabel zwischen Harley Benton DNAfx GiT Advanced und Audiointerface, kurz einpegeln und los. Die Alternative ist die Aufnahme direkt im Smartphone oder Tablet. Das dem Gerät beiliegende USB-Kabel ist für die Verbindung zum Rechner gedacht, ein USB-C-Kabel muss man also selber besitzen.
So klingt das Harley Benton DNAfx GiT Advanced
Es folgt eine Auswahl diverser Presets, die meiner Meinung nach einen guten Querschnitt der Möglichkeiten des Harley Benton DNAfx GiT Advanced darstellen. Auf allzu spacige Effektgewitter habe ich weitgehend verzichtet, wenn ich eins der Presets etwas modifiziert habe, steht am Ende des Audiofiles MODIFIED. Zum Einsatz kommt ausschließlich meine Ibanez AZ226. Here we go …
Alternativen zum Harley Benton DNAfx GiT Advanced
Generell habe ich bei einigen der Presets das Gefühl, ds man vergessen hat, die Erlkönig-Verkleidung vom Speaker zu nehmen. Mit wenigen Klicks und ein paar Höhen mehr ist das aber selbstverständlich leicht zu beheben. Wenn ich mir andere Geräte in diesem Segment anschaue, muss ich dem Harley Benton DNAfx GiT Advanced attestieren, dass es vom Sound und Handling seiner Konkurrenz wie den Geräten von Mooer oder Valeton überlegen ist.
Edit: Der Support hat geantwortet. Direktes USB-Recording funktioniert tatsächlich nur über den OTG-Anschluss, somit sind bei Verwendung des Editors zwei USB-Verbindungen nötig. Das Verschieben von Presets per Drag’n Drop im Editor ist nicht vorgesehen, somit muss ein Preset von Grund auf editiert werden, oder man den oben beschriebenen Umweg über der Ordner „Computer“ im Editor.
Die Variante „Powerbank“ ist durchaus möglich. Für wenige € gibt’s USB-Adapter die die Powerbankspannung von 5V auf 9V hochtransformieren. Funktioniert gut. Manko ist, dass die meisten Adapter eine „nicht-Effektgeräte-kompatibele“ Polung aufweisen, also Pluspol innen. Kann jedoch mit etwas Geschick leicht „korrigiert“ werden.
@Dorni00 es gibt von myvolts kurze Kabel die die Polarität Umkehren. hab Mal einen myvolts Adapter für einen mxr Kerry king Equalizer gekauft. da war genau so ein Kabel dabei.