Akustik-Gitarre mit Preis-Leistungs-Plus
Da Geiz ja bekanntlich leider geil ist, macht dieser natürlich nirgendwo Halt. Auch in der Musikwelt bekommt man dies immer wieder zu spüren. Natürlich gibt es schon seit längerer Zeit Anbieter von Musikinstrumenten und Equipment, die versuchen, den Preis ihrer Produkte möglichst niedrig zu halten, um Einsteigern das Leben leichter zu machen und dabei immer noch akzeptable Qualität zu bieten. Doch spätestens wenn man dann im Discountermarkt vor dem „Gitarren-Starter-Set“ mit Notenständer und Lehrbuch für 59,99 Euro steht, kommt da doch bei manchem die Frage auf, ob man es mit einem echten Instrument oder einem Staubfänger für die Zimmerecke zu tun hat. Denn allzu oft erweisen sich diese verlockenden Angebote nach kurzer Zeit als nahezu unbrauchbar und vermögen es, der Zielgruppe Anfängern und solche die es werden wollen, die Lust am Instrument zu nehmen, noch bevor sie je richtig in Kontakt damit gekommen sind. Die Harley Benton befindet sich mit ihrem Preis von deutlich unter 200,- Euro in einem Bereich, der vielen als untere Schmerzgrenze gilt und einen absoluten Mindestsollwert für eine Gitarre darstellt. Bei der Hausmarke Harley Benton des Musikhauses Thomann kann der Preis durch die Herstellung in China sowie einen direkten Vertriebsweg ohne Zwischenhändler sehr niedrig gehalten werden, und natürlich sind die Instrumente und andere Gerätschaften gerade dadurch bei Einsteigern beliebt, aber auch bei solchen, die eine günstige Zweitgitarre oder eine „Klampfe“ suchen, die man auch mal mit in den nächsten Campingurlaub nehmen kann, ohne sich allzu große Sorgen um Luftfeuchtigkeit und Temperaturschwankungen im Zelt machen zu müssen.
Langer Rede kurzer Sinn: Schauen wir uns die Harley Benton HBJC503CEQ NT mal in der Form eines Tests auf Amazona.de näher an.
Konstruktion und Verarbeitung
Geliefert wird die Western-Gitarre wie in der Preisklasse üblich im Pappkarton, nebst einem Inbusschlüssel zum Einstellen des Halses. Der Jumbo-Body mit Cutaway ist aus Palisander und Fichte gefertigt, wobei der Boden und die Zarge aus dem dunklen und fein gemarterten Palisander bestehen und von der Fichtendecke gedeckelt werden. Das Finish ist vollkommen natürlich, das Holz wurde lediglich mit einem glänzenden, klaren Lack vor Witterungseinflüssen geschützt. Das weiße Binding, das alle Kanten am Korpus verziert, ist sauber und ohne größere Unregelmäßigkeiten lackiert, und es gibt sogar ein paar schöne Details zu entdecken, wie beispielsweise die perlmuttartigen Verzierungen rund um das Schallloch und ein Längsstreifen auf der Rückseite im Geflecht-Stil. Das rote Plastik-Pickguard in Horn-Optik ist groß genug, um die schöne Decke vor Plektren und Fingernägeln aller Art zu schützen. Des weiteren ist der Body so geformt, dass er sich ab der Mitte zum Hals hin leicht verjüngt, was wohl gleichermaßen dem Komfort und auch der Klangentwicklung dienen dürfte.
In der oberen Beuge der Zarge befindet sich auch der McCoy 4-Band Equalizer-Preamp zur Steuerung des Piezo-Tonabnehmers für den direkten Anschluss an die PA oder den Verstärker. Das Batteriefach ist unter dem hochklappbaren Bedienteil des Equalizers untergebracht und ohne Werkzeug zu erreichen.
Der Mahagoni-Hals ist ebenso wie der Rest der Gitarre mit einer klaren Lackschicht überzogen und hat ein ausgeprägtes D-Shaping für einen satten Halt. Hier ist Zupacken angesagt, was sicherlich nicht Jedermanns oder „Jederfraus“ Geschmack ist, ein massiger Hals wirkt sich jedoch meistens positiv auf die Klangentfaltung aus. Das Palisander-Griffbrett, ebenfalls mit einem Binding ausgestattet, ist mit 20 sehr sauber und gleichmäßig eingesetzten Bünden bestückt. Bei der Orientierung helfen dem Gitarristen hier die kleinen Dots auf der oberen Kante sowie große, weiße Block-Inlays aus Plastik mit einem Perlmut-Imitat Streifen diagonal durch das Inlay. An der Kopfplatte mit Palisander-Furnier sind die sechs goldenen Mechaniken mit Plastikgriffen montiert, die sich mit gesundem Widerstand und gleichmäßig drehen lassen und das Instrument während der Testphase recht zuverlässig in Stimmung hielten.
Alles an der Gitarre macht auch auf den zweiten Blick einen vergleichsweise hochwertigen Eindruck, und die Verarbeitungsqualität ist wirklich gut, besonders wenn man sich ins Gedächtnis ruft, für wie wenig sauer Erspartes diese Gitarre den Besitzer wechselt. Einzig am Übergang von Hals und Korpus sind einige marginale Mängel auszumachen, deren Beanstandung angesichts der Tatsache des geringen Preises wirklich nicht gerecht wäre. Woran hat man also gespart, um am Ende auf diesen Preis zu kommen?
Eine Gewisse ungute Vorahnung lässt sich bei dieser Frage natürlich nicht unterdrücken.
Praxis und Klang
Aha! Hier ist also die Erbse unter dem königlichen Matratzenstapel. Die Einstellung ab Werk, mit der die Gitarre ausgeliefert wird, ist wirklich unbrauchbar. Der Saitenabstand am 20. Bund ist so groß, dass man bequem einen Finger zwischen Griffbrett und Saiten platzieren kann. Mit dem mitgelieferten Inbusschlüssel ist dieses Problem jedoch innerhalb von drei Minuten erledigt, und man kann die Gitarre noch einmal stimmen und dann loslegen. Zur Schraube zwecks Einstellung gelangt man sehr bequem über das Schallloch. An sich problemlos, für Anfänger, die ja sicherlich ein Teil der Zielgruppe sind, aber doch eventuell eine Hürde.
Ah, das ist schon wesentlich angenehmer! Schon bei den ersten Akkorden fällt auf, dass der Klang laut und satt ans Ohr kommt und die Gitarre einiges an Durchsetzungsvermögen besonders im Mittenbereich zu bieten hat. Auch die Bässe sind in Ordnung, auch wenn es ihnen ein wenig an Durchsetzungskraft fehlt. Dabei klingt die Gitarre sauber differenziert und hat einen eher hellen und knackigen Klang. Bei leichteren Strummings und Fingerpicking ist der Klang ein wenig flach mangels Obertönen, jedoch muss sich die HB JC503CEQ NT auf gar keinen Fall verstecken. Aufgrund des wie vorher schon erwähnt sehr kräftigen Halsprofils ist ein wenig mehr Krafteinsatz gefragt als bei einem flacheren Hals, jedoch gewöhnt man sich schnell daran, und der sattere Klang, der von der puren Masse von Mahagoni erzeugt wird, ist nicht zu verachten. Selbst wenn man die Saitenlage auf den relativen „Verwöhnmodus“ von nur wenigen Millimetern stellt, ist in keinem der Bünde ein Schnarren auszumachen, noch treten irgendwo Deadspots auf. Das ist in dieser Preisklasse ja nicht unbedingt selbstverständlich, da ja des öfteren an Materialien oder der Genauigkeit der Fräsungen gespart werden muss, um die Gitarre günstig zu halten. Der Hals ist jedoch sehr gerade und gleichmäßig und lässt so eine sehr angenehme Spielweise (auch für die verwöhnten Hände und Sehnenscheiden von E-Gitarristen) zu. Durch das großzügige Cutaway und die gute Dynamik der Gitarre ist auch das Bespielen der höheren Lagen bequem und problemlos zu bewältigen.
Schließt man die Gitarre an einen Verstärker oder eine PA an, bekommt auch hier klanglich gute Ergebnisse. Mit Hilfe des Equalizers kann der Ton gut und vielseitig beeinflusst werden. Einzig der Volume–Regler gibt bei seiner Benutzung ein paar kratzende Geräusche von sich. Natürlich ist so ein Piezo-Tonabnehmer kein Weg, alle Nuancen einer Gitarre vollständig weiterzuleiten und zu verstärken, der Klang ist doch streckenweise recht „anonym“ und eine wenig steril. Allerdings ist der in der Harley Benton HBJC503CEQ NT verbaute McCoy–Preamp durchaus geeignet, um die Gitarre auf Gigs oder für zu Hause zu verstärken. Ein weiterer Vorteil ist, dass das „reinplärrende Handy“ des Autors bei Aufnahmen (wie im zweiten Klangbeispiel zu hören ist) bei der Piezo-Abnahme keine Rolle spielt.
Generell ist bei Aufnahmen mit einer akustischen Gitarre eher ein Mikrofon zu verwenden, weil dadurch der Charakter einer Gitarre besser übermittelt wird, leider aber eben auch unerwünschte Störgeräusche.
Die Soundbeispiele wurden mit einem Shure PG 81 Mikrofon über ein Tascam US 144 Audiointerface in Audacity aufgenommen, mit Ausnahme von Beispiel Nummer drei, das über den Preamp und Audiointerface direkt aufgenommen wurde.