Moderner Klassiker zum unschlagbaren Preis
Der Harley Benton MV-4P ist ein Precision E-Bass mit hochwertigen Tonabnehmern und einem starken Preis-Leistungsverhältnis aus der Deluxe-Serie von Harley Benton – ein starker Anfänger-Bass, der auch für fortgeschrittene Spieler attraktiv ist. Wir haben den Test gemacht.
Inhaltsverzeichnis
Meine Geschichte mit Harley Benton
Der Markenname „Harley Benton“ ist in letzter Zeit immer mehr in den sozialen Medien und auf den einschlägigen Bass-YouTube-Channels präsent. Ich hatte meine erste Berührung mit der Thomann Eigenmarke im Alter von 14 Jahren, als ich im Sommer 2008 die spontane Idee hatte, E-Bass zu lernen. Damals verbrachte ich einen Großteil der Sommerferien allein zu Hause und ich weiß noch ganz genau, wie ich vor der Thomann Website saß und mich fragte: Was ist ein Jazzbass? Und was ist ein Precision Bass? Na ja, aber ich war damals (noch mit einem anderen Instrument) in der Jazz-Band der Musikschule und da ich Jazz mochte, fiel meine Wahl auf einen Harley Benton Jazz Bass.
Er war mein erster Bass und ich habe damit viel erlebt. Er war zwar nicht besonders gut einstellbar und auch nicht so leicht zu bespielen, allerdings hat er mir damals trotz meines bescheidenen Lohns als Zeitungsausträger eine Welt eröffnet: Ich durfte Bass spielen! Fast 17 Jahre später sitze ich heute hier, Bass spielen ist mein Beruf und ich darf diesen Test über einen Harley Benton Bass schreiben. Und so viel kann ich schon mal verraten: Mit dem Einsteigerbass aus 2008 hat der Testkandidat nicht mehr viel gemeinsam – abgesehen von dem äußerst erschwinglichen Preis.


Der erste Eindruck des Precision Bass
Ich hatte den Harley Benton MV-4P noch von der Guitar Summit 2024 in Erinnerung, bei der ich den Bass schon mal anspielen durfte. Schon da war ich wirklich beeindruckt. Beim Auspacken des Harley Benton MV-4P kam es bei mir erneut zu einem Wow-Effekt: Die Optik mit dem Metallic-Finish „Burgundy Mist“ mit Matching-Headstock in Verbindung mit den Perloid-Block-Inlays und dem Binding am Hals triggert mich schon extrem auf G.A.S., denn ich bin zum einen ein absoluter Preci-Fan und zum anderen sind besagte Features genau diejenigen, die mir bei Bässen gut gefallen.
Für die Vintage-Fans ist auch noch ein Thumbrest in der 60s-Position verbaut. Überraschend hochwertig ist auch das „Unboxing-Erlebnis“, der Bass kommt bei mir sehr sorgfältig in einem Karton verpackt an und ist mit einem hochwertig bedruckten Hang-Tag als „Case Candy“ bestückt. Die Anmutung des Basses ist zudem (und nicht nur für den Preis) sehr hochwertig! Er liegt kompakt und sauber verarbeitet in der Hand. Die Bünde sind schön abgerundet und der Hals fühlt sich weich und geschmeidig an.
Lieferumfang des Harley Benton Precision Basses
Zum Lieferumfang des Harley Benton MV-4P gehören zwei einfache Werkzeuge: ein kleiner Inbusschlüssel für die Saitenreiter der Bridge und ein Werkzeug für die Einstellung des Trussrods. Letzteres ist jedoch nicht zwingend notwendig, jedoch sehr hilfreich. Dazu gibt es sogar noch ein einfaches Klinkenkabel. Sehr beeindruckend finde ich, dass der Bass ab Werk mit D’Addario EXL .045-.105 Saiten bespannt ist.
Gerade bei der Fülle an Ausstattungsmerkmalen und dem Preis von 229,- Euro ist das alles andere als selbstverständlich, zumal allein dieser Saitensatz bei Thomann mit einem Preis von 22,90 Euro veranschlagt ist. Einen Bass mit hochwertigen Saiten auszuliefern, halte ich für sehr klug. Zum einen sind die Saiten die Schnittstelle zwischen Mensch und Instrument, also der Berührungspunkt, der einen großen Anteil am Spielgefühl hat, zum anderen machen die Saiten auch einen entscheidenden Anteil am Klang des Instruments aus.
Die Konstruktion des Harley Benton MV-4P Basses
Die Überschrift des Herstellers zu dem Bass lautet: „Tradition neu interpretiert“ und ist nicht zu viel versprochen. Es handelt sich bei dem Instrument um einen Bass der „Deluxe Series“, was auch in silbernen Buchstaben auf dem „in Wagenfarbe“ lackierten Headstock zu lesen ist. Die Optik ist mit der Metallic-Lackierung in der Farbe „Burgundy Mist“ in Kombination mit einem Tortoise-Pickguard ein echter Hingucker. „Deluxe Series“ bedeutet bei Harley Benton, dass der Bass quasi alles an Sonderausstattung hat, was man sich bei einem passiven Precision Bass vorstellen kann.
Trotz des geringen Preises von nur 229,- Euro sind hochwertige Komponenten verbaut: leichte Tuner, der gleiche Saitenniederhalter (für A-, D- und G-Saite) wie bei meinen Sandberg Bässen, 20 „Premium Medium 2,9 mm Neusilberbünde“, ein 2-Wege-Trussrod mit Speichenrad zur Einstellung wie bei Musicman und eine Bridge mit Messing-Saitenreitern. Von dem 2-Wege-Trussrod mit Speichenrad zur Einstellung bin ich sehr begeistert! Die Halskrümmung lässt sich mit dem mitgelieferten Werkzeug butterweich einstellen und dazu ist nicht mal das Lockern der Saiten notwendig.
Außerdem besteht keine Gefahr, dass man wie beim Inbusschlüssel mit dem Werkzeug abrutscht oder metrische und zöllische Schlüssel vertauscht und die Halsspannschraube runddreht. Das ist ein Feature, das meiner Meinung nach wirklich alle Bässe haben sollten.
Zudem verfügt das Instrument über einen Hals aus Roasted Canadian Maple sowie ein Lorbeer-Griffbrett mit Creme-Binding und Perloid-Block-Inlays. Das Rösten des Halses ist nichts anderes als eine thermische Behandlung. Durch das Erhitzen des Holzes wird die natürliche Trockenphase künstlich verkürzt und das Holz verhält sich, als sei es Jahre länger abgelagert gewesen. Das beeinflusst zum einen die klanglichen Eigenschaften des Halses, zum anderen nimmt die Empfindlichkeit gegenüber Temperaturänderungen ab.
Schließlich führt der Prozess auch noch zu der karamellartigen Farbe des Holzes. Der Hals überzeugt mit ergonomischen Maßen, darunter ein Griffbrettradius von 305 mm, eine Sattelbreite von 38 mm und ein komfortables Soft-D-Profil. Er ist nicht so breit wie bei einem 50s Preci und nicht so schmal wie bei einem Jazzbass, eine goldene Mitte also, die sicherlich vielen Bassisten entgegenkommt und sich sowohl für Einsteiger als auch erfahrene Bassisten sehr gut eignet.
Pickups und Elektronik
Der eingebaute Split-Coil-Pickup trägt das „HBZ Custom Wound“-Branding und ist mit AlNiCo5-Magneten ausgestattet. Der Pickup gefällt mir persönlich recht gut! Er liefert einen offenen und dennoch druckvollen Sound. Zum Thema Elektronik ist hier nicht viel zu sagen, da es sich um eine einfache passive Precision-Bass-Schaltung mit einem Volume- und einem Tone-Regler handelt.
Der Harley Benton MV-4P in der Praxis
Im Folgenden werde ich meine Erfahrungen mit dem Harley Benton MV-4P schildern. Ich habe den Bass nicht nur zu Hause im Studio, sondern auch in Recording- und Live-Situationen in meinem Berufsalltag dabeigehabt und bin durchweg begeistert. Außerdem habe ich einige Komplimente für Sound und Optik bekommen. Dazu sei gesagt, dass ich hauptsächlich Precision Bässe spiele und über mehrere Precis aus dem Premium- und dem Vintage-Segment verfüge.
Meine Bandkollegen und ich haben also genügend Referenzerfahrung zum Thema P-Bass, um behaupten zu können, dass es sich beim Harley Benton MV-4P um einen vollwertigen Bass und kein Einsteigerinstrument handelt, bei dem man in irgendeiner Art und Weise Abstriche machen müsste. Ich würde (und werde) diesen Bass definitiv wieder auf eine professionelle Bühne mitnehmen. Der MV-4P ist mit einem Gewicht von 4,15 kg zwar nicht gerade ein Leichtgewicht, aber immer noch gut zu handhaben. Müsste ich auf Biegen und Brechen eine Schwäche bei dem Instrument anführen, so wären es die Tuner.
Hier bemerkt man am ehesten das günstige Preissegment, weil sie nicht ganz so präzise arbeiten, wie ich es von meinem Sandberg gewohnt bin. Aber in Anbetracht des Preises ist diese Kritik wirklich nicht gerechtfertigt, zumal ich innerhalb dieses Segmentes auch noch nie präzisere Tuner erlebt habe.
Der Sound des Harley Benton MV-4P
Der Harley Benton MV-4P liefert einen klassisch knurrenden Precision Bass-Sound. Die Pickups klingen dabei vergleichsweise offen und verleihen dem Bass einen leicht modern angehauchten P-Bass Sound. Im ersten Klangbeispiel wird der Einfluss der Tonblende hörbar. Diese hat einen verhältnismäßig breiten Regelbereich und beeinflusst den Klangcharakter des Basses wesentlich.
So reicht das Spektrum von einem lebendigen, höhenreichen Sound bis hin zu deutlich dunkleren Oldschool-Vibes. Im ersten Klangeispiel wird dreimal ein Riff gespielt, das erste Mal mit 100 %, das zweite Mal mit 50 % und das dritte Mal mit 0 % Tonblende (100 % ist offen und 0 % ist geschlossen). Beim zweiten Klangbeispiel habe ich nach einer Einstellung gesucht, die für mich den Sweetspot mit neuen Saiten bildet. Sie befindet sich bei 75 % Tonblende und wird dann mit dem Altern der Saiten sukzessive auf 100 % gesteigert.
In den nächsten beiden Beispielen wird der Bass gemutet gespielt. Beim ersten handelt es sich um Palm-Mute mit Daumen gespielt und beim zweiten um Palm-Mute mit Plektrum gespielt. Bei der Plektrum-Variante steht der Tone-Regler bei ca. 66 %. Hier kommen dem Bass bei den Attacks die reichlich vorhandenen Höhen zugute, die sich sicherlich auch mit etwas Verzerrung gut machen würden.
Bei offenem Plektrumspiel zeigt der Harley Benton MV-4P, dass er es rockig kann! Selbst ohne Verzerrung ist da genügend Biss vorhanden und der Bass zeigt einen schiebenden Charakter.
Ebenso zeigt der Harley Benton Bass beim Slappen-Kante. Im Spektrum des P-Bass Slap-Sounds sowie allgemein befindet sich der MV-4P eher an der spitzeren, moderneren Kante.
Dem offenen Charakter der Pickups stehen Akkorde sehr gut. Der Klang ist über das gesamte Spektrum klar und differenziert und die tiefen Saiten werden in hohen Lagen nicht zu wuchtig.
Wenn man sich mit einem Precision Bass beschäftigt, ist natürlich eines interessant: Wie verhält sich der Bass im Vergleich zu einem P-Bass von Fender? Zu diesem Zweck habe ich ein Klangbeispiel aufgenommen, bei dem ich zunächst den Harley Benton und dann einen Fender spiele. Es handelt sich dabei um einen Player-Series Bass aus mexikanischer Produktion für knapp 900,- Euro. Beide Bässe sind mit D’Addario Saiten ausgestattet, wobei die Saiten des Fenders etwas mehr bespielt sind (zu 90 % neu), als die des Harley Benton (100 % neu). Zur optimalen Vergleichbarkeit habe ich die Höhen des Harley Benton mit der Tonblende bei ca. 75 % auf die Höhen des Fenders angepasst und minimale Lautstärkeunterschiede nach der Aufnahme angeglichen.
Ich finde es sehr interessant, wie nahe die beiden Bässe klanglich beieinander liegen. Der Harley Benton klingt etwas härter an als der Fender, die Mittenstruktur ist minimal unterschiedlich. Diese Unterschiede sind aber sehr subtil und machen den Charakter des jeweiligen Instrumentes aus.
Ich kann unter den beiden klanglich keinen klaren Favoriten für mich ausmachen. Dieser Vergleich untermauert meine These, dass es sich beim Harley Benton MV-4P um einen vollwertigen P-Bass ohne Abstriche handelt, der mich auch über diesen Test hinaus auf die Bühne begleiten wird. Doch wo liegen nun die Unterschiede zwischen einem Instrument für 229,- Euro und einem für fast 900,- Euro? Ehrlich gesagt finde ich darauf in diesem Fall nicht wirklich eine Antwort.
Wie gesagt, wenn ich etwas finden müsste, dann wären es allenfalls die Tuner und vielleicht das Material des Pickguards (was beim Fender etwas hochwertiger wirkt), aber daran störe ich mich persönlich überhaupt nicht. Dafür hat der Harley Benton Features, beispielsweise das Rad am Trussrod, die für mich ein Kaufgrund wären. Zugegeben, die Konstruktion des Precision Basses ist sehr einfach und um einen brauchbaren Preci-Sound hinzubekommen, braucht es nicht viele Zutaten, das können andere günstige Bässe auch.
Aber dort hat man immer haptisch sowie optisch Abstriche machen müssen. Günstige Instrumente ließen sich oft schwer einstellen, es ließen sich nicht so niedrige Saitenlagen erreichen. Dazu kamen unsauber verarbeitete Bünde sowie unattraktive Finishes.
Doch was der Harley Benton MV-4P hier leistet, ist nicht nur in Anbetracht des geringen Preises begeisternd: Der Hals ist super bespiel- und einstellbar, die Bünde sind sauber verarbeitet und die Optik ist sehr ansprechend. Auch die anderen verfügbaren Finishes sind chic und sicherlich nicht langweilig. So gibt es den MV-4P auch in Shell Pink, Seafoam Green, Daphne Blue und Schwarz.
Hinweis für Interessierte: Die Variante mit PJ-Pickup-Bestückung – zum selben Preis! – ist im Anflug.
https://www.thomann.de/de/harley_benton_mv_4pj_burgundy_mist.htm