Alles andere als billig!
Der Harley Benton MV-5JB ist nach dem MV-4P der nächste Bass aus unserer Testreihe für Harley Benton Bassgitarren. Als fünfsaitiger Bass bringt er mehr tonale Vielfalt mit sich, wartet aber ebenfalls wieder mit exzellentem Preis-Leistungs-Verhältnis auf. Wir haben den Test gemacht und den Jazz Bass auf Herz und Nieren überprüft.
Inhaltsverzeichnis
Meine Erfahrung mit Harley Benton Bässen
Vor Kurzem durfte ich bereits den Harley Benton MV-4P testen und war sehr angetan. Umso mehr freue ich mich, dass ich heute einen Jazz Bass aus der Deluxe Serie von Harley Benton vor mir habe. Wie in besagtem Testbericht bereits dargelegt wurde, habe ich von der Thomann-Marke bereits früh Eindrücke sammeln dürfen: Mein erster Bass war 2008 ein Harley Benton Jazz Bass. Warum es sich beim Harley Benton MV-5JB trotz des günstigen Preises von nur 249,- Euro nicht um einen Billigbass handelt und was man für diesen Preis für einen unglaublichen Gegenwert bekommt, werde ich in diesem Testbericht zeigen.
Der erste Eindruck beim HB MV-5JB
Schon beim Auspacken des Basses fällt direkt die exklusive Optik auf: Der Bass hat ein schickes violettes Metallic-Finish mit der edel anmutenden Beschreibung „Burgundy Mist“. Dazu verfügt er über einen Matching-Headstock, Perloid-Block-Inlays und ein Binding am Griffbrettrand. Das Griffbrett selbst besteht aus Lorbeer.
Diese Farbkombination passt super zu dem Tortoise-Pickguard mit dem Thumbrest in der 60s-Position und verleiht dem Instrument eine sehr edle Anmutung, die schon fast an einen teuren Custom-Bass erinnert. Nimmt man den Bass das erste Mal in die Hände, so bekommt man einen Eindruck eines wertigen, kompakt verarbeiteten Instruments. Der Hals fühlt sich geschmeidig an, die Bundstäbchen sind zum Griffbrettrand hin abgerundet und alles fühlt sich so an, wie es sein muss.
Die Konstruktion des Harley Benton MV-5JP
Beim Harley Benton MV-5JB handelt es sich um eine moderne Interpretation eines passiven Jazz Basses mit Vollausstattung! Es ist alles verbaut, was in einen passiven 5-String Premium Jazz Bass hereingehört: Der Body besteht aus Erle, der Hals aus roasted Maple und das Griffbrett wie gesagt aus Lorbeer. Neben den oben genannten „optischen Zutaten“ wie Matching-Headstock, Inlays und Binding gibt es noch einen Saitenniederhalter wie bei Sandberg Bässen und ein Double Action Trussrod mit Einstellrad, wie man es von den Ernie Ball Bässen her kennt.


Gerade dieses Feature halte ich für extrem wertvoll und würde mir wünschen, es noch in viel mehr Instrumenten zu sehen: Durch dieses Einstellrad ist es noch einfacher, die Halsspannung zu justieren als mit einem herkömmlichen Inbus-System, da man das Rad nicht durch die Benutzung von nicht passendem Werkzeug runddrehen oder sonstig ruinieren kann. Außerdem ist es am unteren Griffbrettrand sehr gut zugänglich und erlaubt ein einfaches und schnelles Nachjustieren ohne das Lösen der Saiten. In Kombination mit der klassischen Bridge mit Messing-Saitenreitern und 18 mm String-Spacing lässt sich auf diesem Bass eine sehr angenehme Saitenlage einstellen. Aufgrund des geringen Preises ist dieser Bass auch sehr attraktiv für Neulinge, für die ein leicht bespielbares Instrument genau so wichtig ist, wie für Fortgeschrittene.
Der Hals fällt im Allgemeinen recht massiv aus. Er hat mit einem Griffbrettradius von 305 mm und einer Sattelbreite von 43 mm die typischen Maße für einen 5-String Jazz Bass und ist im Profil einigermaßen dick. Gerade das gefällt mir aber sehr gut, weil er sich so in allen Lagen leicht greifen lässt. Der massive Hals kommt dem Bass gerade auch im Zusammenhang mit dem wärmebehandelten Ahornholz klanglich zugute.
Er hat ein direktes Ansprechverhalten und klingt auch beim Slappen fett. Außerdem trägt diese Wärmebehandlung zur Stabilität des Halses bei: Durch das Erhitzen des Holzes wird die natürliche Trockenphase verkürzt und der Hals verhält sich, als sei er jahrelang abgelagert worden. Das führt neben der Verbesserung der klanglichen Eigenschaften auch dazu, dass der Hals nicht mehr so empfindlich auf Temperatur- und Luftfeuchtigkeitsschwankungen reagiert. Nebenbei ist natürlich auch die karamellfarbene Optik sehr ansprechend.
Die 20 „Premium Medium 2,9 mm Neusilberbünde“ sind vernünftig abgerichtet und an den Griffbretträndern abgerundet, sodass ein komfortables Spiel möglich ist. Ansonsten handelt es sich um eine klassische und bewährte Jazz Bass Konstruktion.
Pickups und Elektronik
Im Harley Benton MV-5JB sind zwei „HBZ-Custom Wound“ Pickups mit AlNiCo5-Magneten verbaut, die ordentlich Punch liefern und mir sehr gut gefallen. Zur Schaltung gibt es nicht viel zu sagen. Es handelt sich um eine klassische Jazz Bass Schaltung mit je einem Volume-Regler für Hals- und Steg-Pickup und einer Klangblende.
Lieferumfang der Bassgitarre
Dem Harley Benton MV-5JP liegen zwei einfache Werkzeuge bei: ein kleiner Inbusschlüssel für die Saitenreiter und ein Werkzeug zur Einstellung des Trussrods. Bemerkenswert gerade in Relation zum Preis ist die Werksbesaitung: Der Bass ist mit einem Satz Daddario EXL165 .045-.105 ausgestattet, der allein schon 29,- Euro kostet! Bei einem Kaufpreis von 249,- Euro hätte ich das nicht erwartet und umso mehr freue ich mich darüber, denn die Saiten sind der Berührpunkt von Spielern und Instrument und haben großen Anteil an Spielgefühl und Sound. Schließlich gibt es dann sogar noch ein (sehr einfaches) Klinkenkabel dazu.


Der Harley Benton MV-5JB in der Praxis
Wie bereits beschrieben, handelt es sich bei dem Bass um einen klassischen 5-String Jazz Bass und so verhält er sich auch. Allerdings ist er auch eine moderne Interpretation des Klassikers, was durch sehr sinnhafte Features wie ein Double-Action-Trussrod mit Einstellrad deutlich wird. Ich habe den Bass mehrfach im Live-Kontext dabei gehabt und war ehrlich beeindruckt, was zu diesem Preis möglich ist.
Man vergisst wirklich schnell, dass es sich nicht um ein teures Instrument handelt und ich habe nicht zuletzt wegen der frischen Optik Komplimente von meinen Band-Kollegen bekommen. Der Bass hat Punch in allen Lebenslagen und lässt sich angenehm spielen. Ich bin davon so angetan, dass ich mir selbst einen als Backup zulegen werde, denn es ist ein sehr befreiendes Gefühl, dass man mit diesem Bass nicht immer Vermögenswerte mit auf die Bühne bringen und trotzdem keine Abstriche machen muss. Wenn ich die Nadel im Heuhaufen suchen müsste, würde ich allenfalls die Tuner bemängeln, da man hier am ehesten das Preissegment erahnen kann.
Sie funktionieren einwandfrei, sind aber im Vergleich zu höherpreisigen Mechaniken relativ unpräzise. Aber das ist in Anbetracht des Preises kein wirklich angebrachter Kritikpunkt. Natürlich schlägt sich die massive Konstruktion sowie der dicke Hals nicht nur im Klang, sondern auch im Gewicht nieder: Mit 4,65 kg ist der Harley Benton MV-5JB ganz sicher kein Leichtgewicht. Gewicht bei Bässen ist natürlich ein individuelles Thema, ich habe aber dadurch im Handling keine Schwierigkeiten gehabt. Wer die 5. Saite nicht so wichtig findet, kann zu Gunsten des Gewichts auch zum 4-saitigen Pendant, dem Harley Benton MV-4JB, greifen. Auch diesen Bass hatte ich bereits in den Händen und er steht seinem 5-saitigen Geschwister in nichts nach.
Der Sound des Harley Benton Jazz Bass
Kurz und bündig: Der Harley Benton MV-5JB klingt, wie ein passiver Jazz Bass klingen muss. Er hat ordentlich Punch und knurrt gut! Im Folgenden habe ich ein paar Klangbeispiele aufgenommen:
Beim ersten Beispiel sind alle Regler offen. Beim Fingerspiel gibt sich der Bass punchy mit ordentlich Low-End. Durch den kräftigen Hals zeigt er deutliche 70s-Vibes und kann ordentlich funky. Beide Pickups zusammen lassen den Bass schön knurren und bieten viel Definition, ohne dass das Low-End verloren geht, während der Neck-PU preciähnliche Töne hervorbringt. Dieser Vintage-Charakter wird im zweiten Beispiel gezeigt. Aber auch der Bridge-PU allein klingt keineswegs dünn und trägt allein. Dieser Sound ist vor allem in der Funkszene beliebt.
Aber auch „ungleichmäßige“ Mischungen aus beiden PUs harmonieren beim Harley Benton MV-5JB sehr gut. So kann man einen klassischen „Jaco“-Sound erzielen, wenn man aus beiden aufgedrehten PUs den Neck-PU leicht zurücknimmt. Dadurch kommt die Knurrigkeit des Bridge-PU zur Geltung, ohne dass allzu viel Low-End fehlt. Umgekehrt kann man auch einen sehr rockigen Sound erzielen, indem man aus beiden PUs den Bridge-PU leicht zurücknimmt: So wird der Charakter basslastiger, aber bleibt dennoch definierter als nur mit dem Neck PU.
Der Hals und die Bespielbarkeit laden zum Slappen ein. Auch hier zeigen sich 70s Jazz Bass Vibes: Der Sound ist schön definiert und trägt dennoch von unten heraus. Auch die Pick-Sounds sind ausgewogen und punchy.
Insgesamt gefällt mir der Sound sehr gut. Der Bass ist klanglich über alle Saiten gut ausgewogen und auch die tiefe B-Saite fügt sich harmonisch ins Gesamtbild ein, ohne zu dünn zu sein oder zu dick aufzutragen.
Hier gab es wohl ein paar copy+paste-Fehler, im Text ist gelegentlich (erster Absatz, Überschrift) noch von einem “Precisionbass” zu lesen.
@janschneider Hallo Jan,
Vielen Dank für den Hinweis, ich habe den Artikel umgehend korrigiert.
Liebe Grüße,
auch Jan 😁
Iiiiiirgendwann ´wollte ich mir mal einen Jazzbass leisten, es muss ja kein HighEnd sein. Ich hatte überlegt auf einen Sire V5 oder V7 zu sparen, aber ich brauche definitiv keinen aktiven Bass. Wäre der Harly Benton im Vergleich eine echte Alternative?
@calvato Ich habe einen Sire V5, der ist nicht aktiv, und sehr empfehlenswert, wirklich exzellent verarbeitet. Vielleicht etwas moderner abgestimmt vom Klang, wenn man da mehr vintage-knurrig will, könnte man sich den Squier Classic Vibe 70 angucken (wobei mein Testexemplar in der Verarbeitung deutlich dem Sire hinterher hing…)
Persönlich keine Erfahrung mit den günstigen HB-Bässen, nur etwas mit Akustik-Gitarren, und die Erfahrung lässt mich schon etwas vermuten, dass die Tester doch eher extra selektierte Exemplare für den Test erhalten…
@janschneider Hey Jan,
Ich bin auch ein Fan von den Sire Bässen! :) Nach meiner Erfahrung mit der MV-Serie von Harley Benton gefallen mir die Bässe derzeit besser, als die Sqier-Instrumente. Das mit den selektierten Bässen kann ich so nicht bestätigen. Außerdem haben zwei Schülerinnen von mir Bässe aus der MV-Serie gekauft und alle vier Stück, die ich bislang in der Hand hatte, waren einwandfrei.
Liebe Grüße,
Sebastian ✌️
@Sebastian Noecker Wurde nicht hier auch schon mal geschrieben, dass ausnahmslos alle HB Gitarren und Bässe bei Thomann eingestellt werden?
@TheTick123 Echt? Ist ja deren ihre Eigenmarke daher würde mich das wundern.
@calvato Meiner Meinung nach wäre der Harley Benton eine Alternative. Sire Bässe habe ich auch schon gespielt und finde sie klasse.
Ich habe den Testbass allerdings auf einigen Bühnen dabei gehabt und der ist meiner Meinung nach wirklich ernst zu nehmen.
Liebe Grüße:)
@Sebastian Noecker Danke für die Einschätzung! Für das Geld scheint es ja ein No-Brainer zu sein.