Strat-Kopie mit eingebauten Effekten
Die Harley Benton ST-JAMster MDS verspricht viel: E-Gitarre, integrierte Effekte und kabelloses Spielgefühl – alles zu einem sensationellen Preis. Doch kann ein günstiges Komplettpaket für Einsteiger wirklich überzeugen oder steckt hier mehr Schein als Sein? Unser Test zeigt, was die Gitarre wirklich draufhat.
Inhaltsverzeichnis
Harley Benton – günstige Gitarren mit steigendem Qualitätsanspruch
Immer wieder Harley Benton. Kaum ein anderer Name hat in den letzten Jahren den Einsteigermarkt so aufgemischt wie die Hausmarke von Thomann. Wo früher billige Gitarren aus Fernost häufig als Wegwerfware galten, hat Harley Benton es geschafft, ein beachtliches Maß an Qualität, guter Bespielbarkeit und ansprechendem Design für erstaunlich wenig Geld auf den Markt zu bringen.
Inzwischen reicht das Portfolio von klassischen Einsteigermodellen über Vintage-inspirierte Liebhaberstücke bis hin zu modernen High-Gain-Geschossen mit Edel-Features – alles zu Preisen, die man eigentlich zweimal lesen muss. Und ja: Natürlich sind nicht alle Modelle gleich gut. Aber der Punkt ist – und das wissen nicht nur Einsteiger zu schätzen – Harley Benton liefert meist mehr, als man für das Geld erwarten dürfte.
Nun also ein weiterer Versuch, Gitarristen und da vor allem Einsteigern das Leben einfacher zu machen: Die Harley Benton ST-JAMster MDS ist eine E-Gitarre mit eingebautem Effektgerät und einer ganz eigenen Philosophie: Kein Amp, keine Kabel, kein Stress – einfach spielen. Ob das Konzept wirklich aufgeht oder ob sich hier eine gute Idee an ihren eigenen Ambitionen verschluckt, klären wir im folgenden Testbericht.
Harley Benton ST-JAMster MDS – Facts &Features
Auch hier überrascht wieder der Preis, der nur knapp über 100,- Euro liegt und das Instrument damit vor allem Einsteigern schmackhaft macht. Denn am Anfang des neuen Hobbys steht ja nicht nur der Kauf einer Gitarre, sondern auch der eines Verstärkers an, der auch ein paar Euro vom Budget verschlingt. Optisch macht die ST-JAMster MDS direkt klar, dass sie nicht in der Masse der Einsteiger-Strats untergehen will.
Das “Metallic Deep Silver” Finish changiert je nach Lichteinfall zwischen urbaner Coolness und einem Hauch von Glam – irgendwo zwischen modernem Indie-Charme und Sci-Fi-Ästhetik. Schon auffällig, aber nicht zu aufdringlich. Kombiniert mit den schwarzen Pickups, den schwarzen Potiknöpfen und einem ebenfalls schwarzen Pickguard ergibt sich ein fast schon futuristisches Gesamtbild.
Der Korpus besteht aus Pappel – ein Holz, das sich seit Jahren in der Budget-Kategorie bewährt hat. Es ist leicht, gut zu verarbeiten und bietet eine eher neutrale Klangbasis. Die Lackierung wirkt auf den ersten Blick hochwertig und ist gleichmäßig aufgetragen, keine typischen “Budget-Fails” wie Lacknasen oder unsaubere Übergänge an den kritischen Stellen.
Der Hals ist aus Ahorn gefertigt, wie man es bei vielen Strat-Style-Gitarren kennt. Das Griffbrett besteht aus Roseacer, einem Holz, das optisch und haptisch stark an Palisander erinnert. Roseacer ist mittlerweile fester Bestandteil vieler Harley Benton Modelle und hat sich mit angenehmer Haptik, mattem Look und einem komfortablen Spielgefühl als nachhaltige Alternative etabliert. Auch klanglich liegt es eher auf der „bassigen“, runderen Seite, was im Kontext mit einer ST-Style-Gitarre mit Singlecoils durchaus sinnvoll ist.
Das Halsprofil ist ein klassisches, angenehmes C-Shape, das sich sowohl für Einsteiger als auch für erfahrene Spieler eignet. Die 22 Bünde sind sauber eingesetzt, die Kanten ordentlich abgerundet, nichts sticht, kratzt oder steht irgendwie über. Das satinierte Finish auf der Halsrückseite sorgt für eine geschmeidige Bespielbarkeit, kein Vergleich zu vielen klebrigen Hochglanzhälsen, die uns in dieser Preisklasse oft begegnen.
Unterm Strich macht die Harley Benton ST-JAMster MDS in Sachen Bauweise und Verarbeitung eine überraschend gute Figur. Hier wurde clever gespart, ohne dass sich das Instrument wie ein Kompromiss anfühlt. Wer das Ding in die Hand nimmt, merkt schnell: billig ja – billig gemacht, nein!
Die Elektronik ist solide: klassisches Strat-Layout mit einem 5-Wege-Schalter, einem Volume- aber nur einem Tone-Poti. Die Regler laufen leichtgängig, der Schalter rastet gut ein, nichts wackelt, nichts kratzt. Auch das ist keine Selbstverständlichkeit in dieser Preisregion. Klar, Premiumkomponenten sollte man hier nicht erwarten – aber es funktioniert und es gibt keine bösen Überraschungen.
Interne Effekte – Spielereien mit Grenzen
Ein besonderes Feature der Harley Benton ST-JAMster MDS sind zweifellos die integrierten Effekte, die sich über ein 5-stufiges Poti anwählen lassen. Zur Auswahl stehen: Clean/Delay, OD/Delay, Clean/Reverb, OD/Reverb und Overdrive. Ein kleiner Kippschalter bestimmt, ob das Signal ganz klassisch über die regulären Pickups läuft oder ob man in die Welt der internen Effekte abtaucht. So charmant das Konzept in der Theorie auch ist – man darf nicht vergessen, dass wir hier über eine Gitarre für 129,- Euro sprechen.


Klanglich bieten die Effekte keinen Studio- oder Live-Standard, sondern eher einfache, digitale Spielereien, die sich zum Üben oder für spontane Einfälle jedoch gut eignen. Die Reverbs und Delays wirken etwas flach und eindimensional, der Overdrive kratzt mehr, als dass er drückt – aber für eine Jam-Session auf dem Sofa oder unterwegs reicht die gebotene Qualität allemal aus.
Die Stromversorgung läuft über drei AA-Batterien, die schnell eingelegt sind – kein USB-Laden, kein Akku, einfach simpel. Außerdem bietet die Gitarre einen 3,5 mm Kopfhöreranschluss sowie einen 3,5 mm Recording-Ausgang, um in Ruhe zu üben oder eine Idee mal eben in die DAW zu schicken. In der Praxis eine nette Ergänzung, aber kein Ersatz für echte Effektpedale oder hochwertige Recording-Tools, das sollte jedem klar sein.
Die ST-JAMster MDS in der Praxis
Wer sich bei einer Strat-Kopie auf ein klassisches Set-up einstellt, liegt hier nicht daneben. Die ST-JAMster MDS kommt mit einer S-S-H-Konfiguration, also zwei Singlecoils in Hals- und Mittelposition und einem Humbucker am Steg. Was das auf dem Papier bedeutet, ist klar, in der Praxis bietet dieses Set-up eine recht ordentliche Klangbandbreite, die vom cleanen Funk bis zum High-Gain-Distortion reicht.
Die verbauten Pickups stammen, wie so oft in dieser Preisklasse, aus eigener Fertigung und tragen kein großes Label, aber sie machen ihren Job recht gut. Der Hals-Singlecoil klingt überraschend warm, mit einem Hauch von „Vintage Vibe“, der vor allem in cleanen Passagen oder leicht angecrunchten Licks angenehm durchscheint. Der Mittelpickup bringt das typische, leicht nasale Strat-Zwischenband – perfekt für funky Rhythmusarbeit, vor allem in der Zwischenposition mit dem Hals-PU. Hier geht echt was, was man bei dem Preis nicht erwartet.
Der Steg-Humbucker ist eine andere Baustelle. Er liefert ordentlich Output und macht sich gut für Gain-lastige Sounds, klingt aber etwas muffig und zuweilen dumpf, wenn man ihn alleine betreibt. Mit ein bisschen EQ-Tweaking oder im Bandkontext verschwindet das, aber wer’s wirklich fett und dreckig will, könnte hier früher oder später upgraden wollen. Andererseits: Für Einsteiger, Homerecorder und Hobbyisten reicht das völlig – und für Lo-Fi-Sounds oder etwas Garagencharme passt er sogar perfekt.
Die Elektronik ist solide – klassisches Strat-Layout mit einem 5-Wege-Schalter, einem Volume- und zwei Tone-Potis. Die Potis laufen leichtgängig, der Schalter rastet gut ein, nichts wackelt, nichts kratzt. Auch das ist keine Selbstverständlichkeit in dieser Preisregion. Klar, audiophile Komponenten darf man hier nicht erwarten – aber es funktioniert, es macht Spaß und es gibt keine bösen Überraschungen.
Und überhaupt: Der Sound ist immer das, was man draus macht. Mit einem guten Amp oder einem ordentlichen Modeller/Multi-Fx kann man hier durchaus zufriedenstellende Ergebnisse erzielen. Die ST-JAMster MDS reagiert auf Spielweise, sie lässt sich formen und sie klingt besser als sie dürfte – solange man nicht versucht, mit ihr ein Boutique-Instrument zu ersetzen. Aber das will sie ja auch gar nicht sein. Sie will Spaß machen, zum Üben motivieren, Ideen anstoßen – und das tut sie!
Harley Benton ST-JAMster MDS – Klangbeispiele
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Einst vor vielen, vielen Monden, als ich noch ein Jüngling mit lockigem Haar war, bekam ich eine Gitarre mit eingebautem Rhythmusgerät der Qualität „duff-daff-duff-daff“ zum Nachlöten in die Finger.
Bis heute stelle ich mir amüsiert vor, was passiert, wenn der Gitarrengott während seines epischen Gitarrensolos kniend auf der Bühne versehentlich an den „duff-daff-duff-daff“-Schalter kommt 😜
@bluebell Nur zu ärgerlich, dass hier keine Rhythm-Section eingebaut ist ….
@Stephan Güte Irgendwas ist halt immer …
@bluebell Ganz einfach: das langweilige Gedudel endet und die Techno-Party beginnt 🔥
Eine E-Gitarre mit eingebauten Effekten. Warum nicht? Funktioniert bei Synths schon länger. Und der Anfänger muss nicht lange herumsuchen. Kopfhörer anschließen und los gehts. Zum schnellen rumdudeln auch für Fortgeschrittene eine gute Idee. Ich finde das Ganze ein interessantes Konzept.
@MadMac von Ibanez gab’s Mal eine mit dem mini kaoosspad 2 von Korg! leider wohl ein Flop gewesen..gute Idee denke ich. hab das kaoss Pad 2. Spiele aber synths und mit der Gitarre ist es nix geworden. 😁
@Numitron Ich bin ja meistens nebenan bei den Keys unterwegs. Aber ich klimpere immer mal wieder auf meiner uralten Paula-Kopie herum. Hat bei mir damals mit der Gitarre auch nicht so recht funktioniert und bin dann Keyboarder geworden. Dann konnte ich wenigstens mit richtigen Gitarristen abhängen. 😉
Aber so eine Harley Benton mit einem eingebauten Model D wäre schon geil. 👍
@MadMac lustig. hatte eine epi les Paul.
aber letztes Jahr an einen Freund verkauft.
mit einem Seymour Duncan Slash Pickup bei der Bridge und Beim Hals einen Gibson p94.
@Numitron Matt Bellamy habe ich mit so einer KaossPad-Gitarre gesehen…
https://youtu.be/rBIQ69P_qzw?t=9
Es gab ja schon mehrere Versuchhe mit solchen FX-Gitarren, aber die floppen seit Jahrzehnten jedes mal- Gitarristen wollen sowas wohl wirklich nicht.
MEINE Interpretation des Themas wäre eine Version, wo der Jammerhaken einen Effekt steuert…
@mort76 stimmt! glaub er war der erste !
wundere mich, dass Gitarristen oft so konservativ sind. 😄 aber bei den synthies lieben wir auch noch immer das ladderfilter. 😎
An sich gut umgesetzt, immerhin ein Recording-Out, Hall und Delay gut für Kopfhörer
und Üben.
Ok der Overdrive ist mir ein bischen ?? , vielleicht sparsam einsetzen, aber ich glaube
das ist schon fest vorgegeben.
Die Strats von HB sind unglaublich preiswert, vielleicht gibt es mal ein Modell mit
besserer Effektqualität, gibt ja auch Mooer Guitar solche Strats mit guten Effekten,
so ab 399€ .
Sag ich mal so als Player 😀
Hurra, darauf hat die Gitarrenfraktion gewartet : eine Strat mit zügig erwartbarer Obsoleszenz.
DREI Outputs 😆 , da kann man theoretisch drei Verzerrer parallel betreiben.
Ich finde das Ding ganz gelungen, die Lackierung ist auch nicht alltäglich für eine Strat, muss man jetzt nicht pauschal abwerten. Billig ist eben heute normal.