Flexible Hollow-Body zum fairen Kurs
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Ibanez bringt nicht nur bei der Herstellung ihre Solidbody E-Gitarren eine Menge Erfahrung mit, schon von Beginn an befanden sich immer auch halbakustische Instrumente im Portfolio der Japaner. Mit der AM93ME-NT erreicht unsere Redaktion nun ein weiteres Modell auf der Evolutionsstufe der Semi-Hollow-Gitarren aus dem Land der aufgehenden Sonne. Na ja, fast zumindest, denn gebaut wird unser Testmodell nicht etwa in Japan, sondern unter eigener Regie im Ibanez-Werk in Indonesien, was meiner Erfahrung nach schon mal für eine sehr solide Qualität steht. Und das zu einem deutlich geringeren Preis im Vergleich zu den unter der Obhut von Fujigen-Guitars in Japan hergestellten Instrumenten. Schauen wir also mal, was uns diese natürliche Schönheit zu bieten hat.
Ibanez AM93ME-NT – Facts & Features
Semihollow-Gitarren üben von jeher einen besonderen Reiz aus. Durch den hohlen Korpus und einen massiven Sustain-Block entsteht ein warmer und obertonreicher Klang mit einem farbigen Mittenspektrum, den vor allem von Jazz-Spielern so geschätzt wird, aber dabei auch immer Brücken zum Einsatz im Blues oder Rock schlägt. Die Voraussetzungen dafür scheinen gegeben zu sein, denn mit laminiertem Makassar-Ebenholz für den Korpus sowie einem Nyatoh/Ahornhals kann die AM93ME-NT mit bewährten Hölzern von Kopf bis Fuß dienen. Nicht nur für Fans von traditionellem Look ist die Decke zusammen mit der vergoldeten Hardware, dem Tortoise-Pickguard und dem cremefarbenen Binding rund herum eine echte Augenweide, diese Klampfe fällt schlicht überall und immer auf. Das attraktive Bild beschränkt sich jedoch nicht nur auf die Vorderseite, ein Blick auf die Rückseite des konturierten Korpus sorgt ebenso für gute Laune und zeigt die Schönheit des verwendeten Holzes.
Wie zu erwarten, ist die Verarbeitungsqualität Ibanez-typisch sehr hochwertig, das bemerkt man auch mit einem Blick durch die beiden F-Löcher, die penibel genau in die Decke gefräst wurden. Das bestätigt denn überaus positiven Eindruck, den die in Indonesien hergestellten Instrumente bislang in unseren Tests hinterlassen haben erneut.
Durchgehender Hals
Der Hals ist durchgehend und besitzt ein Griffbrett aus, na was wohl, Ebenholz! Die dunkle Färbung des Holzes passt sehr gut zur intensiv gemaserten Decke, ergänzt wird der fast schon majestätisch wirkende Look von fetten Perlmutt-Inlays sowie den goldenen Mechaniken an der Kopfplatte in ihrer traditionellen 3-3-Anordnung. Die 22 eingesetzten Bundstäbchen besitzen ein Medium-Format, die eine saubere Intonation ermöglichen, ohne dabei etwa bei Bendings oder Slides unangenehm zäh aufzufallen. Die Qualität der Bundierung ist vorzüglich, sämtliche Bünde wurden sauber eingesetzt und an ihren Kanten unspürbar abgerichtet. Für eine ausreichende Politur der Oberflächen blieb ebenso genügend Zeit, somit kann es von Sekunde 1 an ohne Schaben oder andere Schleifgeräusche über das gesamte Griffbrett hinweg zur Sache gehen. Grünes Licht gibt es auch vom 43 mm breiten Sattel, der wurde absolut sauber und ohne überstehende Kanten in seiner Position eingesetzt.
Pickups & Hardware
Bei den Tonabnehmern setzt Ibanez mit einem Satz Super 58 H Humbuckern auf eigene Modelle. Es sind zwei reine Doppelspuler, die über einen Dreiwegeschalter ausgewählt und mit je einem Volume- und Tone-Regler weiter gesteuert werden können. Coil-Splitting oder ähnliche Spielchen sind nicht möglich, was bei einer Semi-Hollow aber nicht unüblich ist. Die Qualität der verwendeten Bauteile kann überzeugen, so rastet der Schalter knackig in seinen drei Positionen ein und die vier Regler mit ihren goldfarbenen Kunststoffknöpfen ermöglichen dank ihrer Leichtgängigkeit auch bei schweißnasser rechter Hand stets einen sicheren Zugriff.


Die Hardware der Ibanez AM93ME-NT besteht ebenfalls aus ganz traditionellen wie wohl bekannten Elementen. Eine Steg-Tailpiece-Konstruktion sorgt hier für einen im wahrsten Sinne des Wortes reibungslosen Verlauf der Saiten bis hinauf zu den Mechaniken an der Kopfplatte. Eine ungemein praktische, weil zeitsparende Sache ist ja dieses verbaute Quik Change III Tailpiece zur Aufnahme der Saiten schon. Denn falls mal einer der Drähte reißen sollte (was ja meistens nur beim Live-Gig passiert), dann entfällt das komplette Durchziehen der Saite, um sie zu ersetzen. Einfach unten ausgefädelt und mit dem Ball-End der neuen Saite rein, auf die Mechanik damit – und schon kann es weiter gehen. Und das zuverlässig, denn die geschlossenen Mechaniken ermöglichen ein präzises und schnelles Stimmen und halten die AM93ME-NT auch über einen längeren Zeitraum in bester Stimmung. Zumindest gab es während der ca. zweiwöchigen Testphase keinen Grund, an dieser Stelle Hand anzulegen.
Restlos alles, was zur Hardware gehört und somit aus Metall besteht, wurde mit einer dicken goldenen Chromschicht überzogen. Das mag sicher nicht jedermann gefallen, ich persönlich finde das jedoch sehr gelungen, weckt die Gitarre in diesem Design doch Erinnerungen an die 70er- und frühen 80er-Jahre, in denen der Aufstieg der damals noch vollkommen unbekannten Firma aus dem fernen Japan seinen Lauf nahm.
Die Ibanez AM93ME-NT im Praxis-Check
Akustischer Grundsound & Handling
Trotz des relativ schlanken Korpus erzeugt die Ibanez AM93ME-NT bereits ohne Verstärker einen lauten und vollen Sound, den man mit gutem Gewissen als „gehobene Zimmerlautstärke“ bezeichnen kann. Das heißt, dass nicht immer ein Amp vonnöten ist, um mal zwischendurch eine kurze Session zu starten. Bereits hier entwickelt sich ein warmer und voluminöser Sound, der von einem wunderbar farbigen Mittenbild und reichlich Obertönen geprägt wird. Überzeugen kann auch das Sustain, was auf den durchgehenden Hals und die darauf montierten Bauteile wie die Pickups und die Steg-Tailpiece-Kombination zurückzuführen ist. Typische Bauart einer Semi-Hollow eben, die auch hier wieder die Erwartungen vollends erfüllen. Komfortabel in seiner Bespielbarkeit zeigt sich darüber hinaus der schlanke Hals, der dank der nur schwach ausgeprägten Cutaways des Korpus eine vorzügliche Erreichbarkeit der oberen Lagen garantiert.
Elektrischer Sound
Das positive Bild hinsichtlich ihres Grundklangs setzt sich am Verstärker nahtlos fort. Die beiden Super 58 H Humbucker erzeugen genau den Klang, den man von einer guten halbakustischen E-Gitarre erwartet: Warm in den Bässen, dynamisch in der Reaktion und mit viel Headroom für luftige und glasklare Linien ausgerüstet. Dabei muss es aber nicht bleiben, denn auch mit Overdrive wissen diese beiden Doppelspuler eine Menge anzufangen. Das beginnt mit leicht angezerrten Sounds für schmatzigen und lebendigen Crunch und führt hin bis zu kräftig singenden Lead-Sounds, die ohne Brummen oder sonstige Nebengeräusche aus dem Speaker befördert werden. Das macht die Gitarre sehr flexibel einsetzbar für alles, was nur im entferntesten mit Rock ’n‘ Roll zu tun hat.
Erfreulich ist zudem, dass das Klangbild in keiner Weise leidet, sollte man das Volume der Gitarre absenken. Somit steht einer dynamischen Interaktion mit einem guten Amp kaum noch etwas im Wege, zumal sich das Instrument komplett resistent gegenüber unerfreulichen Feedbacks zeigt, wie sie vor allem Live bei diesem Typ Gitarre schon mal vorkommen können. Darüber muss man sich hier aber keine Sorgen machen.
Ibanez AM93ME-NT – Klangbeispiele
Für die folgenden Klangbeispiele habe ich die Ibanez AM93ME-NT zusammen mit einem Orange Micro Dark eingesetzt. Als Box wurde eine 1×12″ Celestion Vintage 30 verwendet, davor stand ein AKG C3000 Mikrofon. Aufgenommen wurden die Tracks ohne weitere Bearbeitung mit Logic Audio.
Sorry Stephan, aber der Korpus ist nicht massiv, sondern Laminat. Eine Semi-Hollow mit einem Korpus aus massiven Hölzern wäre ungleich teurer….
Der Hals ist nicht durchgehend sondern eingeleimt – Thomann liegt da leider (auch) daneben😎