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Test: Ibanez AZS2200 Prestige E-Gitarre

Gelungene Interpretation eines Klassikers

31. Mai 2022

Die drei größten und bekanntesten Klassiker des E-Gitarren-Designs dürften allen bekannt sein: Les Paul, Stratocaster und Telecaster. Natürlich gibt es rechts und links vom Weg der Geschichte auch ein paar andere erwähnenswerte Varianten und Details, aber letztendlich enthalten diese drei Modelle alle klassischen Merkmale der E-Gitarre. Geschraubter oder geleimter Hals, Humbucker oder Singlecoil, Tremolo oder fester Steg. So oder ähnlich und gegebenenfalls in Kombination funktionieren sie alle. Gerade unter Fans des puristischsten aller Gitarrendesigns, der Telecaster, werden Neuinterpretationen des Klassikers aber oft argwöhnisch beäugt und bekommen im Vorfeld bereits vernichtende Urteile ausgestellt. So auch im Fall der neuen Ibanez AZS-Serie. Sobald die ersten Bilder im Netz auftauchten, spaltete sich die Gitarrengemeinde erwartungsgemäß in zwei Lager. Doch was soll so schlimm daran sein, ein bewährtes, aber altmodisches Konzept in die Moderne zu führen? Und zwar so, dass man das Original noch erkennen kann, aber Sounds und Handling moderner E-Gitarren zur Verfügung hat? Die Ibanez AZS2200 Prestige will die hochgelegte Latte reißen. Ob ihr das gelingen kann?

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Ibanez AZS2200 Prestige Body

Auf den ersten Blick zu erkennen und sehr gut umgesetzt: Die Telecaster ist Patin der AZS2200

Ibanez AZS2200 Prestige – was ist noch Telecaster?

Das große Vorbild der Ibanez AZS2200 Prestige ist sofort beim Auspacken der Gitarre ersichtlich. Das Design der Telecaster war die Referenz für die AZS2200. Was sofort auffällt, ist die etwas moderne Formgebung in dieser Interpretation, die Gitarre wirkt nicht so klobig und kantig wie das Original, dezente Shapings und eine etwas rundere Erscheinung katapultieren das Design in die Gegenwart.  Das untere Korpushorn wurde elegant modernisiert, der Verzicht auf das Telecaster-typische Pickguard lässt den Blick auf die gemaserte Decke aus Quilted Maple zu, das durchsichtig blau lackiert wurde und sehr edel wirkt. Die klassische Kontrollplatte der Telecaster musste weichen. In meinen Augen auch gut so, denn ergonomisch sinnvoll war die nie. In dieser Version der Telecaster ist der Volume-Regler erstklassig mit dem kleinen Finger erreichbar und wird nicht vom 3-Wege-Schalter in Stegposition blockiert. Ein großartiges Zitat des kultigen Originals findet sich in der Montage des Steg-Pickups. Eine Metallplatte trägt den schräg eingebauten Steg-Pickup, unabhängig davon werkelt hinter der Platte ein vom Werk aus fest auf der Decke liegendes Vibratosystem, das von zwei Lagerbolzen gehalten wird. Dem Saitenzug stehen sage und schreibe fünf Federn gegenüber. Da ist also ans sanfte Vibrieren und modulieren zunächst eine klare Absage erteilt. Optisch ist das auch hier wieder eine sagenhaft gelungene Umsetzung des klassischen Design mit würdevoller Reminiszenz an das Original. Schauen wir uns die Konstruktionsdetails an – werfen aber vorher noch einen Blick auf ein paar andere, formidable AZS Modelle von Ibanez.

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Ibanez AZS2200 Prestige – Facts & Features

3600 g bringt das Baby auf die Waage, also ein Gewicht irgendwo im mittleren Bereich der Geburtsgewichtsgeschichte der E-Gitarren. Meine Bandscheiben würde sich über etwas weniger freuen, aber irgendwie sind all meine Gitarren in dieser Gewichtsklasse angesiedelt. Unter der oben schon erwähnten in Royal Blue Sapphire lackierten Quilted-Maple-Decke sorgt der Erlenkorpus für den Hauptteil des Gewichtes. Ein sanftes Shaping der Decke ermöglich die schmerzfreie Armauflage. Auf der Rückseite des Korpus ist das Shaping schon deutlich stärker ausgeprägt. Ein Rippenspoiler und ein großzügig ausgefräster Hals-Korpus-Übergang machen die Gitarre ergonomisch. Am Gurt hängt die Gitarre ausgewogen und auch auf dem Schoß ist keine ausgeprägte Kopflastigkeit zu vermelden. Der eingeschraubte Hals besteht, genau so wie das Griffbrett, aus geröstetem Ahorn. 22 Edelstahlbünde und Perloid-Dots verhelfen zu korrekter Intonation und Orientierung.

Ibanez AZS2200 Prestige Back

Die moderne Umsetzung des Telecaster-Designs erlaubt großzügige Shapings, die den Spielkomfort deutlich erhöhen

Die Saiten laufen schnurgerade über den Knochensattel zu den Mechaniken, die überraschenderweise auf den ersten Blick die Locking-Schraube an der Rückseite vermissen lassen. Aber halt, ein genauerer Blick sagt mir, dass da doch was anderes im Busch ist. Und richtig, es handelt sich bei den Mechaniken um die Gotoh Magnum Lock Machines, bei denen ein Mechanismus allein durch die Drehung der Mechanik die Saite im Schaft festklemmt. Grandios! Der Hals hat das mittlerweile bekannte ovale C-Profil der AZ-Serie. Sehr satt in der Hand liegende Hälse, die sich tatsächlich innerhalb kürzester Zeit anfühlen, als hätte man nie eine andere Gitarre in der Hand gehabt. Aus diesem Grund habe ich mir eine AZ226 zugelegt, der Hals war tatsächlich der ausschlaggebende Faktor. Als Steg fungiert ein Gotoh T1802 Vibratosystem. Dieses ist, wie in der Einleitung bereits beschrieben, mit Hilfe von fünf Federn quasi auf die Decke genagelt und es bedarf einiges Kraftaufwandes, den Hebel nach unten zu drücken. Natürlich steht es ja jedem frei, die Anzahl der Federn zu reduzieren und das System „Floating“ zu installieren. Das wäre jetzt meine persönliche Form der Modifikation an der Ibanez AZS2200, weil ich einfach sehr gerne Akkorde und Töne mittels des Vibratosystems einschwingen lasse oder Flageolett-Töne nach oben und unten moduliere. Wer aus der klassischen Telecaster-Dengel-Krabang-Ecke kommt, wird dieses Feature nicht vermissen. Security-Locks sind leider mal wieder nicht serienmäßig verbaut, was für mich immer noch unverständlich ist. Für knapp 2.500,- Euro Verkaufspreis gehören für mich solche Dinger ohne jede Diskussion zum Lieferumfang. Im Lieferumfang enthalten ist aber, wie bei Ibanez üblich, das wirklich hilfreiche Multitool und ein Luxuskoffer aus robustem Kunststoff.

Die Elektronik der Ibanez AZS2200

Die Wandlung von der Saitenschwingung zu elektrisch verstärkbaren Impulsen übernehmen zwei Kollegen der beliebten Seymour Duncan Pickup-Schmiede. Am Steg arbeitet ein Seymour Duncan Alnico II Pro Custom Singlecoil, der Hals-Pickup ist ein Seymour Duncan Magic Touch-mini Humbucker. Letzterer zerstört dank seiner schmalen Bauform nicht das gewohnte Design der Telecaster, fungiert aber trotzdem als Humbucker, was uns gerade in der Halsposition deutlich mehr Flexibilität verleiht, als ein reinrassiger Singlecoil. Ein Dreiwege-Schalter verwaltet die Kombinationen der Tonabnehmer, ein zusätzlicher „Alter Switch“ vervielfacht die Möglichkeiten der Schaltung wie folgt:

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Ibanez AZS2200 Prestige Switching Diagram

Die Möglichkeiten der Verschaltung der beiden Pickups auf einen Blick

Was sofort auffällt, ist die Tatsache, dass der gesplittete Hals-Pickup niemals allein verfügbar ist. Das ist zunächst etwas verwunderlich, da sich ja gerade der Hals-Pickup der Telecaster als gern gehörter Sound entwickelt hat. Ob das ein Nachteil ist, werden wir also noch unseren Ohren zur geneigten Überprüfung vorlegen müssen. Ansonsten folgt das verstromte Gitarrensignal dem klassischen Weg über Volume- und Tone-Poti zur im AZ-Style schräg nach hinten oben montierten Buchse. Diese kann bei Verwendung moderne Funksysteme wie dem Boss WL-20 schon mal Probleme bereiten. Ich selbst nutze das Sennheiser XSW-D System, bei dem das Gehäuse dann schon arg ans Holz gepresst wird. Um das zu vermeiden gibt es natürlich aber auch bei Letzterem den alternativen Gürtelclip und ein kurzes Kabel.

So klingt die Ibanez AZS2200 Prestige

Der erste Trockentest ohne Verstärker zeigt, neben der wirklich komfortablen Bespielbarkeit, einen ausgewogenen, sustainreichen Klang, der zunächst mit der Drahtigkeit der klassischen Telecaster nicht viel gemein zu haben scheint. Auffällig ist aber, dass die Gitarre schon jetzt schön knallt, wenn man mit den Fingern spielt und die Saiten aufs Griffbrett slappen lässt. Die tiefe E-Saite schnarrt beim Trockentest ganz ordentlich über dem zweiten oder dritten Bund. Mal schauen, ob das verstärkt noch relevant ist. Die Saitenlage jedenfalls ist sportlich, aber ohne den Flitzefinger-Touch anderer Ibanez Modelle. Ich bin gespannt, was jetzt aus den Boxen perlt, wenn der Sound übers Kabel freigelassen wird.

Zunächst schalte ich mich durch die drei Schaltpositionen des Pickup-Wahlschalters vom Hals- zum Steg-Pickup, während der Alternate-Switch in der unteren Position verbleibt. Der Hals-Pickup klingt dabei wunderbar rund und weich ohne ein einziges ätzendes Zwischentönchen. Die Mittelstellung entpuppt sich als telig-twangig, während der Steg-Pickup ganz schön zulangt und sich bereits jetzt auf die crunchigeren Töne freut. Im zweiten Beispiel ist der Switch in der oberen Position. Der Hals-Pickup bleibt gleich, die Zwischenstellung bekommt etwas mehr Bottom und die Steg-Stellung knallt jetzt richtig. Die sauber arbeitenden Mechaniken erlauben ein Dropped-D on the fly. Sehr schön!

Dann schalten wir mal einen Gang hoch. Etwas Zerre, der Grenzbereich zwischen Clean und Crunch. Die Paradedisziplin der Telecaster. Prozedur wie eben, Neck to Bridge. Die Gitarre reagiert wunderbar auf die Dynamik des Anschlags. Der Charakter der einzelnen Sounds bleibt erhalten. Die Bässe bleiben straff und definiert, kein Mulm oder Matsch nervt das Spielvergnügen. Die Höhen kratzen nie, wirken aber präsent und durchsetzungsstark.

Bleibt die oberdreckige Zerre. Distortion auf 11. Die Nuancen zwischen den einzelnen Stellungen des Alternate-Switches geraten jetzt natürlich ein bisschen unter die Räder. Aber die Gitarre drückt, schreit, charaktert und quietscht, wie ich es von einer hochwertigen E-Gitarre erwarte. Mit einem freischwebenden Vibratosystem wäre jetzt richtig Achterbahn hier, aber dafür habe ich ja auch noch andere Gitarren. Die schnarrende E-Saite ist im verstärkten Betrieb nicht störend, ich vermisse lediglich den gesplitteten Mini-Humbucker am Hals für ein paar klassisch kehlig-aggressive  Crunchsounds.

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Fazit

Mit der Ibanez AZS2200 Prestige ist dem Hersteller uneingeschränkt sehr gut gelungen, das Thema Telecaster in die Moderne zu transferieren. Außer dem gesplitteten Hals-Pickup allein vermisse ich an der Gitarre nichts, sieht man von den nicht vorhandenen Security-Locks ab. Die erwarte ich eigentlich standardmäßig bei jeder Gitarre. Beides lässt sich natürlich mit wenig Aufwand nachträglich realisieren, wobei ich wirklich nicht verstehe, warum die Hals-Pickup-Stellung des Pickup-Wahlschalters nicht mittels des Alternate-Switches direkt die letzte, wirklich charakteristische Stellung zur Verfügung stellt. Das kann ich nur raten. Der Preis ist happig, aber durchaus noch vertretbar. Well done!

Plus

  • Optik
  • Sounds
  • Verarbeitung
  • Flexibilität

Minus

  • Hals-Pickup gesplittet nicht allein verfügbar
  • keine Security-Locks im Lieferumfang

Preis

  • 2.499,- Euro
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