Was taugt ein günstiges E-Gitarren-Einsteigerset?
Die E-Gitarre ist sicherlich, und wie ich finde zurecht, eines der beliebtesten Instrumente bei musizierwilligen Anfängern, sind die ersten Schritte doch schnell gemacht und die populärsten Songs meist leicht erlernbar. Das große Manko der E-Gitarre als Anfängerinstrument gegenüber den akustischen Schwestern ist aber nun mal das „E“ davor. Ohne einen Verstärker und anderes, kleineres Zubehör passiert nämlich erst einmal nicht viel, und auch wenn man sich für eine günstige Einsteigergitarre entschieden hat, muss man damit rechnen, fast das Gleiche an Erspartem für einen Verstärker zu lassen, um die Gitarre hörbar zu machen. Ibanez ebnet mit dem GSA6JU Starter-Set nun die ersten Schritte in die Welt der „Strom-Gitarren“ und bietet ein Einsteiger-Komplettpaket für knapp 300,- Euro an, welches alle Fliegen mit einer Klappe schlagen soll.
Verarbeitung & Konstruktion
Ausgeliefert wird das Set in einer schicken Papp-Box, das alle Teile des Sets enthält. Hierzu gehört neben der Gitarre der IBZ15GR-Verstärker, eine einfache Tasche, ein Nylongurt, ein Kabel, diverse Inbusschlüssel und Plektren in einem kleinen Täschchen sowie ein Stimmgerät. Alles, was man also zum Losmusizieren noch braucht, ist eine Steckdose. Aber schauen wir uns die Komponenten der Reihe nach an.
Die Gitarre Gio GSA6
Der Rock-Allrounder schlechthin ist ja bekanntermaßen die Superstrat, und so hat man mit der im Set enthaltenen Gio GSA6 auch hier einen Vertreter dieser Alleskönner beigesteuert, da man mit dieser Bauweise nur schwer etwas falsch machen kann. Der in „Jewel Blue“ lackierte Korpus besteht aus Nato, einer Mahagoni Unterart. Aus wie vielen Teilen der besteht, lässt sich natürlich nicht sagen, auffällig ist aber das für den Mahagoni-Korpus doch recht geringe Gewicht. Der Hals ist ganz klassisch aus Ahorn gefertigt, mittels vier Schrauben mit dem Korpus verbunden und mit einem Palisander-Griffbrett ausgestattet, das mit 22 Medium-Bünden bestückt wurde. Einfache Dot-Inlays helfen bei der Orientierung. Natürlich darf auch hier die Ibanez-typische Kopfplatte nicht fehlen, die man mit verchromten, hauseigenen Stimmmechaniken versehen hat.
Viel Chrom hat man auch weiter südlich beim Fat6 Vibrato-Steg und den Volume- und Tonepotis verwendet, auch wenn das Metallimitat der Potis keinen wirklich überzeugen dürfte. Über den Fünfwege-Schalter hat man die Wahl zwischen dem Ibanez-eigenen PSNDS-Humbucker an der Stegposition und den beiden gleichnamigen Singlecoils in der Mittenposition und am Hals. Mit dieser altbewährten Kombination stehen dem Spieler viele Klangmöglichkeiten offen. Sogar ein Vibrato kann die Gitarre vorweisen, obwohl die Kombination aus günstigen Komponenten und Vibrato-Systemen ohne Toplock meist an verstimmte Saiten denken lässt.
Alles in allem hinterlässt die Verarbeitung aber einen sehr guten Eindruck. Weder an der Lackierung des Bodys noch an der Verarbeitung des Halses oder der Einpassung der Bundstäbchen gibt es etwas zu meckern, und so gibt es an dieser Stelle schon mal die ersten Pluspunkte für die GSA6 zu verbuchen.
Praxis und Klang
Trocken angespielt klingt das gute Stück gar nicht mal so schlecht. So kann die GSA6 mit einem vergleichsweise lauten, brillanten Grundsound aufwarten und schwächelt lediglich bei den Mitten ein wenig. Besonders langes Sustain darf man auch hier nicht erwarten, er liegt aber durchaus in dem Bereich, den man normalerweise von Superstrats mit geschraubtem Hals erwarten darf. Hier kommt es ja auch eher auf das Ansprechverhalten und die Dynamik der Gitarre an, und in diesem Bereich schlägt sich die „Nachwuchs-Ibanez“ ganz vernünftig. Zusammen mit der angenehm flachen Saitenlage ergibt sich hier ein wirklich angenehmes Spielgefühl, das jedem Gitarren-Anfänger entgegenkommen dürfte. Es wäre ja auch wirklich schade, wenn die Lust am Musizieren vorzeitig von einem schwergängig und unmittelbar anmutendem Spielgefühl, wie es bei vielen Einsteigermodellen leider der Fall ist, getrübt oder gar gestoppt würde. Einzig das verhältnismäßig füllige Halsprofil ist ein wenig gewöhnungsbedürftig. Deadspots oder etwa scharrende Bünde lassen sich nicht ausmachen.
Um mir ein Urteil allein über den Klang der Gitarre bilden zu können und einen direkten Vergleich zu haben, habe ich die sie erst einmal an einen Peavey Bandit angeschlossen, über den ich auch andere Gitarren spiele. Clean gespielt gefallen die beiden Singlecoils durch einen klaren und gut differenzierten Klang, auch wenn sie etwas schwach auf der Brust sind und von den ohnehin spärlich vorhandenen Mitten nicht viel an den Verstärker transportieren. So kommt der Klang etwas trocken daher, und das Singlecoil-typische „Perlen“ sucht man vergeblich. Der Humbucker in der Stegposition stellt dabei ziemlich exakt das Gegenteil dar. Hier gibt es zwar mehr Output, dafür „matscht“ das Ganze aber auch gehörig und ist im Vergleich zu den Kollegen doch etwas platt und undifferenziert. Im angezerrten Modus setzt sich das Ganze dementsprechend fort. Den Singlecoils fehlt es an Durchsetzungskraft, und der Humbucker meint es damit etwas zu gut. Zwar erledigen die Tonabnehmer ihren Job ganz O.K., könnten aber etwas besser aufeinander abgestimmt sein.
Das Vibratosystem der GSA ist ungewöhnlich schwergängig, hält aber gegenüber allen Befürchtungen die Stimmung stabil, jedenfalls bei moderatem Gebrauch. Intensive „Divebombs“ und wilde Einlagen sollten also vermieden werden, für Systeme ohne Toplock sind diese aber ohnehin nur bedingt zu empfehlen.
Der Verstärker
Nun soll aber endlich zusammenkommen, was zusammen gehört. Höchste Zeit, die Gitarre an den Verstärker zu koppeln. Bei diesem handelt es sich um den IBZ 15 GR, eine relativ kompakte (35,5 x 21 x 34 cm) Verstärkercombo mit einer geschlossenen 8“-Box und 15 Watt Leistung. Das Gehäuse ist aus robustem Kunststoff gefertigt, und ein Tragegriff an der Oberseite erleichtert den Transport der angenehm leichten Kiste. Wie zu erwarten, fällt hier alles recht minimalistisch aus. Dem Spieler stehen zwei Kanäle zur Auswahl, die beide über den selben Dreiband-EQ geregelt werden. Zusätzlich zur Lautstärke und Reverb lässt sich im Distortion-Kanal noch der Gain regeln, und das war es dann auch. Praktisch ist der 3,5mm-Klinkenausgang für Kopfhörer, sodass man ungestört (und ohne andere zu stören) jammen kann. Darüber hinaus befindet sich an der Vorderseite ebenfalls ein 3,5mm-Klinkeneingang, um beispielsweise einen MP3-Player oder andere Tonquellen anzuschließen und dazu zu spielen.
Angeschaltet und an die Gitarre angeschlossen rauscht es leider deutlich und das auch bei geringer Lautstärke. Auch wurde hier mal wieder ein wenig mit den Volume-Potis geschummelt. In der ersten Hälfte des Regelweges sind die Lautstärkeunterschiede so enorm, dass es viel Fingerspitzengefühl bedarf, um von Null auf Zimmerlautstärke zu kommen, und ab der zweiten Hälfte ändert sich kaum etwas. An sich klingt der 15 GR erwartungsgemäß eher höhenlastig. Über die Singlecoils präsentiert sich der Klang aber auch hier sauber und differenziert. Die Klangregelung über den Dreiband-Equalizer eröffnet zahlreiche Möglichkeiten und ist effektiv, auch wenn es bei höher aufgedrehten Bässen schnell brummt. Crunchy wird es über den Humbucker auch im Clean-Kanal, da der Tonabnehmer aufgrund des hohen Outputs recht schnell zum Übersteuern neigt.
Im Distortion-Betrieb gibt es zwar nicht viele Gainreserven, es wird aber Ausreichendes geboten, um auch rockige Riffs spielen zu können. Singende Leadlines sind hier schon schwieriger, da es hier doch an Dynamik fehlt und das Ganze ein wenig trocken rüber kommt.
In Sachen Durchsetzungsvermögen stößt der 15GR im Proberaum schnell an seine Grenzen. Rein lautstärkemäßig kommt er zwar gegen Schlagzeug und Bass an, muss sich dann aber schon sehr verausgaben und kreischt mehr, als dass er singt und murmelt. Für eine kleine Garagenband oder zum ruhigeren Musizieren mit anderen Instrumenten fehlt es dem kleinen Brüllwürfel aber an nichts.
Das Zubehör
Wenn man sich den Preis des Jumpstart-Set vergegenwärtigt, ist es selbstverständlich, dass die zahlreichen Dreingaben qualitativ eher unten anzusiedeln sind. Im Grunde ist aber alles vorhanden, was man fürs Erste braucht, und eine kleine Tasche hilft beim Ordnung halten. Einzig das Kabel, das im Jumpstart-Set mitgeliefert wird, ist weniger vertrauenerweckend und dürfte schon beim zweiten Mal darüber stolpern den Löffel abgeben. Auf einem großen Beipackzettel werden alle Funktionen und Einstellmöglichkeiten der Gitarre erklärt und ein paar Sätze über die Wartung verloren.