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Test: Ibanez RGA42HPT-LBM, E-Gitarre

Mit extravagantem Finish und Röstaroma!

23. Februar 2020

Ibanez RG Serie

Was könnte man über die RG Serie von Ibanez schreiben, was nicht schon unzählige Male bemüht wurde? Als eins der ersten eigenständigen Modelle, mit Sicherheit allerdings der größte Umsatzträger des japanischen Herstellers, hat die erfolgreichste Powerstrat aller Zeiten ganze Shredder-Generationen geformt und populär gemacht. Kaum ein Nudelkönig der Achtziger, der nicht mit einer Unterart dieses Modelltyps unterwegs war, zumeist auch noch mit einem Finish, was nur knapp unter der Körperverletzung lag. Mit der Ibanez RGA42HPT-LBM schicken die Japaner ein Instrument um die Käufergunst ins Rennen, das viele RG Trademarks mit sich bringt, einige interessante Innovationen parat hält und sich in Sachen Ladenpreis im dreistelligen Bereich verhaftet fühlt. Auf geht’s!

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Das Konzept der Ibanez RGA42HPT-LBM

Warum schießt mir spontan das Bild der blauen Elise durch den Kopf, jener legendären Ameisenbärin, die im Rahmen der rosaroten Panther Zeichentrickfilme nicht zuletzt durch die brillante, vorwurfsvoll-altjungferliche Synchronstimme von Marianne Wischmann (u. a. Miss Piggy) Legendenstatus erreichte? Nun, das Finish der Ibanez RGA42HPT-LBM, das firmenintern als „Laser Blue Matte“ bezeichnet wird, könnte kaum auffälliger sein. Das Finish, insbesondere im Zusammenspiel mit der goldenen Hardware, hat schon etwas Prätentiöses mit einem Hang zum amerikanischen Kitsch. Geschmacksache, aber auf jeden Fall ein Blickfang.

Auf den ersten Blick biete die Ibanez RGA42HPT-LBM alle Trademarks, die man von diesem Instrumententyp gewohnt ist. Ein mit zwei ausladenden Cutaways versehener Contour-Body, der außer ein paar Korpusecken so gut wie keine harten Kanten mehr sein Eigen nennt. Nahezu jeder Bereich, wo ein Körperteil am Instrument an- oder aufliegt, ist angenehm abgerundet und minimiert die Reibungswiderstände. Auffällig ist jedoch das Korpusholz mit dem Namen Nyatoh, das strukturell in Richtung Mahagoni geht. Warum das?

Ibanez RG Serie

Ibanez RGA42HPT-LBM Aufsicht

Weil die Ibanez Strategen nicht dumm sind und sich allem Anschein nach die kaufmännische Fibel von Amerikas Vorzeigeunternehmer und Oberknauser Leo Fender mehrfach intensiv durchgelesen haben dürften. Genauso wie Leo Fender die Holzauswahl bei seinen genialen Schachzügen wie Tele- und Stratocaster einfach nach dem auswählte, was preiswert bei ihm vor der Tür wuchs, wählt auch Ibanez bei dem in Indonesien gefertigten Modell das Holz aus den Sapotengewächsen, was im südostasiatischen Raum ansässig ist. Da sag noch mal einer, die Asiaten würden sich nicht um die Umwelt scheren, im Gegenteil. Kurze Transportwege lassen da den einen oder anderen Hersteller jenseits des Pazifiks schon deutlich älter aussehen.

Die zweite ungewöhnliche Holzauswahl folgt auf dem Fuß. Das mit 24 Jumbo Bünden besetzte Griffbrett besteht aus Jatoba, das überwiegend aus Brasilien stammt, teilweise auch aus der Karibik und Westindien. Optisch kommt es mit der mittelbraunen Färbung und seinen großen Poren der Palisander-Familie sehr nah, klanglich werden wir sehen. Die Griffbretteinlagen sind einfache Dots, seitlich angeordnet.

Ja und dann gibt es da noch ein bräunlich, fast schon karamellisiert anmutendes Halsholz, das strukturell frappierend an Ahorn erinnert, farblich jedoch viel zu dunkel anmutet. Ihr habt es euch wahrscheinlich schon gedacht, ja, es ist Ahorn, aber getoastet. Wer jetzt an sein Frühstück mit Aufstrich denkt, ist gedanklich gar nicht mal so weit von dem „Rösten“ entfernt, was im Moment als neuster Umsatzträger seine Runden zieht.

Ibanez RG Serie

Ibanez RGA42HPT-LBM Headstock

Ibanez RG-Serie – Röstaroma?

Sinn und Zweck des Röstens/Backens o. ä. ist wie immer eine Verbesserung des Schwingungsverhaltens des Holzes. In einem zusätzlichem Erhitzungsverfahren wird das Holz regelrecht verbacken, sprich es legt sich eine Art „Karamelschicht“ (man verzeihe mir den Ausdruck) um die einzelnen Holzfasern, was das Schwingungsverhalten des Holzes in Sachen Attack und Sustain verbessert und das Holz zudem widerstandsfähiger gegen Wasseraufnahme, sprich Aufquellen, macht. Insbesondere Ahornhälse profitieren von dieser Behandlung, weshalb auch des Öfteren der Name Fender im Zusammenhang mit diesem Verfahren fällt.

Die Abmessungen des Halses sind ebenfalls sehr anwenderfreundlich. Mit der bevorzugt verwendeten langen Mensur von 648 mm haben wir einen Griffbrettradius von 400 mm und einer Sattelbreite von 43 mm. Das Halsprofil wird als „Wizard“ bezeichnet, einem geschmackvollen „D“ mit genügend „Fleisch“ im Griff, was dem überwiegenden Teil der Nutzer entgegenkommen dürfte. Was mich auch nach vielen Jahren bei Ibanez immer wieder erfreut, sind die kleinen Details bzgl. Problemlösungen, wie z. B. die seitlich ausklappbare Abdeckung zum Trussrod. So einfach, so effektiv. Ja, ich weiß, wie of muss man an diesem Teil des Instruments etwas nachjustieren, aber erst letzte Woche hat mich eine extrem nervige Fummelarbeit an genau diesem Teil bei einem anderen Hersteller zur Weißglut gebracht.

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Ibanez RG Serie

Ibanez RGA42HPT-LBM Rückseite

In Sachen Hardware setzt Ibanez mittlerweile nahezu durchgehend auf eigene Fertigung. Das Prinzip des Vibratosystems ist zwar noch von Floyd Rose, allerdings scheint das Patent ausgelaufen zu sein, so dass Ibanez das Messerkantenprinzip nun auch aus eigener Fertigung beziehen kann. Dies gilt ebenfalls für die Mechaniken und den Klemmsattel der Gitarre. Das Vibratosystem ist free floating, sprich man hat alle Vor- und Nachteile des Systems. Dem Vorteil der maximalen Ausbeute an künstlerischer Ausdruckskraft in Sachen Vibrato und Bending steht die Unmöglichkeit von Double-Bendings oder Zweiklängen mit gezogener Saite entgegen. Schon mal einen Country-Gitarristen gesehen, der ein Floyd Rose System spielt? Nein? Eben!

In Sachen Tonabnehmerwahl greift Ibanez einmal mehr auf die Produkte von DiMarzio zurück, eine Kooperation, die ich weiß nicht wie viele Dekaden jetzt schon anhält. Ich würde gerne einmal den Berg von bestimmt mehreren hunderttausend Tonabnehmern sehen, die DiMarzio schon an Ibanez ausgeliefert hat. Bei der vorliegenden Ibanez RGA42HPT-LBM sind es einmal mehr die Fusion Edge Humbucker, die über einen Dreiwegeschalter nebst Singlecoil-Miniswitch angewählt werden.

Ibanez RG Serie

Ibanez RGA42HPT-LBM Vibratosystem

Die Ibanez RGA42HPT-LBM E-Gitarre in der Praxis

OK, fangen wir direkt mal mit etwas Pöbeln an. Die Gitarre ist in der Tat vom Werk aus bzgl. Saitenlage und Halswinkel sehr gut eingestellt, aber was ist das da für ein Kratzen bei den Bundstäbchen, wenn man zum Fingervibrato ansetzt? Hier hätte man in der Tat etwas sauberer polieren müssen, um dem Niveau der restlichen Abrichtungen gerecht zu werden. Mag sein, dass das Vibratosystem einem Spieler einiges an Fingervibrato abnimmt, für den persönlichen Ausdruck ist er hingegen unerlässlich.

Was sich hingegen ganz hervorragend im Klangbild bemerkbar macht, ist der geröstete Hals. Natürlich wäre es anmaßend, das gesamte Schwingungsverhalten nur auf den gebackenen Hals zurückzuführen, es ist jedoch sehr offensichtlich, dass die Ein- und Ausschwingphase des Instrumentes eine deutlich höhere Qualität hat, als was diese Komponenten im Normalfall liefern können. Der Ton springt ungewöhnlich schnell an und hält die Spannung außergewöhnlich lange, deutlich länger, als was die durchschnittliche RG Serie in petto hat.

Bekanntermaßen zeichnet hauptsächlich der Hals für das Schwingungs- und Klangverhalten eines Instrumentes verantwortlich, womit man hier genau am richtigen Punkt ansetzt. Das oft als Sustainkiller verschriene Floyd Rose System hat hier keine Chance, das Schwingungsverhalten negativ zu beeinflussen. Man hat vielmehr das Gefühl, das Instrument stehe kurz vor dem Sustain-Verhalten eines durchgehenden Halses, was bekanntermaßen die bisher beste Bauweise ist, wenn man seinen Fokus auf einen möglichst lange ausschwingenden Ton setzt.

Durch die praxisgerechte Pickup-Schaltung lassen sich sechs durchweg gute Sounds abrufen, mit der man den flexiblen Charakter des Instrumentes zusätzlich unterstützt. Vom cleanen Funk über angezerrte Crunchs bis hin zum typischen High-Gain auf passiver Pickup-Basis bietet das Instrument alle Nuancen, die man von einem flexiblen Handwerkszeug erwartet. Wieder einmal bleibt nur der Verweis auf die gut gebuchte Coverband, bei der das Instrument seine ganze Bandbreite in Kombination mit dem passenden Verstärkereinsatz über ein 2-3 Stunden Set ausspielen kann. Mit dieser Optik hingegen kann es dann aber auch gerne die Hausband der AIDA oder aber die Begleitband von Andrea Berg sein.

Was man aber immer im Hinterkopf haben sollte, in der Werksauslieferung sind Floyd Rose bestückte Instrumente baulich bedingt für High-Gain Staccato/Palm-muted Spielweisen nicht zu gebrauchen. Die Federn des Vibratosystems arbeiten wie eine Hallspirale und schwingen entsprechend nach, was zu einem völlig verwaschenen, undifferenzierten Sound führt. Abhilfe schaffen z. B. Schaumstoff-Pads, die zwischen Federn und Korpus geklemmt werden.

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Fazit

Mit der Ibanez RGA42HPT-LBM hat das japanische Unternehmen ein optisch und akustisch hervorstechendes Instrument in seinen Reihen. Der geröstete Hals erweist sich als echter Gewinn im Bezug auf das Ein- und Ausschwingverhalten des Instruments, schiebt er doch Attack und Sustain gehörig nach vorne. Das Instrument ist in bester RG Manier sehr flexibel in Sachen Einsatzgebiet und besticht einmal mehr durch die sehr gute Ergonomie.

Einziger Makel bleiben die mangelhaft polierten, leicht kratzenden Bundstäbchen, was aber auch nur ein einmaliger Ausreißer in der Produktkette gewesen sein kann. Nach mehreren Stunden Spielpraxis dürfte sich dieser Punkt dann auch von alleine gegeben haben.

Plus

  • Verarbeitung
  • Sound
  • extravagante Optik
  • gerösteter Hals
  • Detaillösungen

Minus

  • Bundstäbchen nicht optimal poliert
  • baulich bedingtes Nachschwingen der Vibratofedern

Preis

  • 899,- Euro
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Klangbeispiele
Forum
  1. Profilbild
    bluebell AHU

    Großes Lob für das Thematisieren und Hörbarmachen des Spring Ring. Ob es einen potenziellen Käufer stört, mag jeder selbst entscheiden. Nach dem Lesen Deines Testberichts wird aber niemand eiskalt überrascht.

    • Profilbild
      Axel Ritt RED

      @bluebell Es ist in der Tat verwunderlich, dass viele Gitarristen diesen Effekt nicht kennen und sich zunächst wundern, warum ihr Sound so verwaschen ist. Vielleicht werden die Hersteller auch hier in der Zukunft einmal eine vom Werk aus gedämpfte Variante auf den Markt bringen.

  2. Profilbild
    OscSync AHU

    Mal wieder ein gewohnt guter Testbericht. Nur eine kleine Anmerkung/Ergänzung zum Thema Floyd Rose: der Patentschutz für FR ist tatsächlich 2003 ausgelaufen. Die Ibanez-Vibratohardware stammte auch schon vorher aus eigener Fertigung, allerdings gegen Zahlung von Lizenzgebühren, was eben durch die Aufschrift „Under license by Floyd Rose“ oder ähnlich kenntlich gemacht wurde.

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