Neve EQ fürs 500er Rack
Bei dem IGS Audio 573EQ handelt es sich um einen Equalizer mit drei Bändern und Low-Cut für das System 500. Die Firma des polnischen Musikers und Produzenten Igor Sobczyk bietet damit einen weiteren Nachbau eines Studioklassikers an, in diesem Fall der Filter-Sektion des legendären Neve 1073 Channelstrips. Wie alle anderen Produkte von IGS Audio, ist der 573EQ keine 1:1 Kopie, sondern eine Hommage an verschiedene Modelle der frühen Neve Equalizer.
Mit der 1073 Kassette, die erstmalig in der A88 Konsole verbaut wurde, erzielte der britische Hersteller Neve Anfang der 70er-Jahre seinen großen Durchbruch. Bis heute ist diese Kombination aus Vorverstärker und Equalizer in der Studioszene ein Synonym für druckvollen und musikalischen Aufnahmeklang.
Dabei hat Neve in den 60er- und 70er-Jahren zahlreiche verschiedene Kanaleinschübe produziert, die grundsätzlich einen sehr ähnlichen Klangcharakter haben, sich aber durch ihre Filtersektionen voneinander absetzen.
Die Idee „die besten“ Filterbänder mehrerer Generationen in einem Equalizer zu kombinieren, wurde übrigens auch schon von Rupert Neve Designs bei dem Shelford Channel realisiert.
IGS Audio 573EQ Equalizer auf den ersten Blick
Der 573EQ hat gemäß dem von API im Jahre 1969 eingeführten 500er Format drei Höheneinheiten und benötigt einen freien Slot in einem entsprechenden Gehäuse. Für diesen Test wird ein Fredenstein Bento S6 Rack mit Standardnetzteil verwendet, das Einsetzen des Moduls gestaltet sich dank seiner gekapselten Seiten ganz einfach.
Auf Anhieb macht die Verarbeitung des 573EQ einen hochwertigen Eindruck, das massive Frontpaneel ist überaus solide, ebenso wie die übereinander angeordneten Regler der drei Bänder. Entsprechend dem Vorbild von Neve, verwendet IGS Audio konzentrische Drehknöpfe, deren etwas eigenwillige Bedienung wie folgt funktioniert:
In der Mitte befindet sich ein gerastertes Potentiometer, dessen 0-Wert auf die 6-Uhr-Position ausgerichtet ist. Für Anhebungen muss es nach links gedreht werden, für Absenkungen nach rechts. Mittels des geriffelten Drehschalters aus Aluminium, der den Gain-Regler säumt, lässt sich die Eckfrequenz festlegen. Für das Höhen- und Tiefenband kommen Kuhschwanz-Filter zum Einsatz, das Mittenband ist in Glockenform ausgelegt. Wie bei dem Original haben alle drei eine festgelegte Güte.
An unterster Stelle sitzt ein weiterer Drehschalter zum Einstellen des Low-Cut-Filters. Zwischen diesem und dem darüberliegenden Tiefenband liegt – dezent eingepfercht – der Bypass-Schalter, dessen Betätigung etwas Fingerspitzengefühl bedarf.
Zu guter Letzt gibt es noch eine mehrfarbige LED, die am oberen linken Rand des Frontpaneels eingelassen ist und als Übersteuerungsanzeige dient.
Wenige, technische Details zum IGS Audio 573EQ Equalizer
Schon für vorherige Tests von IGS Audio Produkten, wie dem ONE LA oder NE573 Modul, standen oft nur wenige Informationen seitens des Herstellers zur Verfügung.
Bei dem 573EQ ist es sogar noch schwieriger, da es keine Bedienungsanleitung oder Angaben zu den technischen Spezifikationen gibt.
Zumindest die Produktbeschreibung deutet darauf hin, dass es sich wie beim Original um einen Induktionsspulen basierten Equalizer handelt. Trotz mehrfacher Nachfrage ließ IGS Audio alle ungeklärten Fragen offen und teilte lediglich mit, dass die konzentrischen Potentiometer von dem renommierten schweizerischen Hersteller ELMA stammen.
IGS Audio 573EQ Equalizer: Die Filterbänder
Auch wenn alle technischen Angaben mehr als dürftig ausfallen, gibt die Beschriftung des Frontpaneels doch einige wenige Informationen zu den Filtern preis:
Das Höhenband des originalen 1073 liegt unveränderbar bei 12 kHz, das des 573EQ erinnert mit den drei Optionen 10, 12 und 16 kHz eher an die späteren 1084 und 31102 Einschübe von Neve, plus die von IGS eigens hinzugefügten Einsatzfrequenzen bei 8 und 20 kHz.
Auch das Mittenband ist wesentlich flexibler als beim 1073, da es anstatt sechs insgesamt zehn Auswahlmöglichkeiten bietet (0,25 – 0,36 – 0,5 – 0,7 – 1,1 – 1,6 – 2,3 – 4,8 – 7,2 und 10 kHz).
Die Selektion des Lowshelving-Filter hingegen entspricht der des 1073 (35 – 60 – 110 und 220 Hz) plus eine Erweiterung bei 20 Hz.
Vollkommen anders geartet ist dagegen das Low-Cut-Filter, dessen Eckfrequenzen (25 – 45 – 70 – 160 und 360 Hz) anscheinend von dem Vorgänger, der Neve 1066 Kassette, übernommen wurden. Lediglich bei der 25 Hz Position handelt es sich um eine weitere Neuerung von IGS.
IGS Audio 573EQ Equalizer in der Praxis
Das Arbeiten mit dem 573EQ ist tatsächlich auch ohne technische Spezifikationen und Handbuch überaus einfach und die Bedienung selbsterklärend.
Klanglich erinnert der Equalizer durchaus an den klassischen Neve-Sound, allerdings mit einer leicht modernen Note. Diese macht sich besonders bei den Höhen und Bässen auf sehr positive Art und Weise bemerkbar:
Gerade die oberen Frequenzen haben einen klaren und luftigen Charakter, wie man ihn eher von Air-EQs kennt. Trotzdem greift das Höhenband sehr behutsam zu, wodurch das Resultat stets weich und angenehm klingt.
Wesentlich druckvoller ist hingegen der Bassbereich, der dank des Low-Cuts und Tiefenbandes sensationell präzise in Erscheinung tritt. Neve-EQs sind generell für ihr kräftiges, straffes Lowend berühmt, IGS Audio scheint diese Qualität aber durch eine besonders schnelle Ansprache noch etwas mehr hervorgehoben zu haben.
Das Mittenband sorgt mit einem klassischen, smoothen Neve-Ton für eine sehr schöne und unaufdringliche Präsenz, so dass bei Bedarf auch kräftige Anhebungen kein Problem darstellen – das Gleiche gilt übrigens auch für die anderen beiden Bänder.
Klangbeispiele mit dem IGS Audio 573EQ Equalizer
Alle Audiofiles sind wieder wahlweise im WAVE-Format (44,1 kHz, 24 Bit) oder als MP3 (320 kBit/s) aufrufbar.
Vocal
Das erste Klangbeispiel ist eine Gesangsaufnahme, die mit einem Neumann U87 Kondensatormikrofon der ersten Generation und dem erst neulich getesteten IGS Audio NE573 Vorverstärker erstellt wurde. Bei dem NE573 handelt es sich um einen Nachbau des Preamp der 1073 Kassette und ergibt folglich in Kombination mit dem 573EQ einen vollständigen Neve Channelstrip. Die rohe Aufnahme ohne Equalizer klingt zunächst so:
Mit dem Equalizer werden nun die Höhen bei 12 kHz, die oberen Mitten bei 2,3 kHz und die Bässe bei 110 Hz ungefähr im gleichen Maß angehoben, zusätzlich greift das Low-Cut-Filter bei 70 Hz.
Während die Aufnahme zuvor eine starke Betonung in den unteren Mitten hatte und dadurch schon leicht dumpf wirkte, tritt sie nun wesentlich ausgewogener und offener in Erscheinung. Der Gesang gewinnt deutlich an Präsenz und vor allem das Höhenband erzeugt einen schönen, silbrigen Schimmer. Insgesamt kann sich der sehr weiche und musikalische Charakter des 573EQ gut entfalten, natürlich geht damit eine starke Färbung einher, die recht plakativ ist.
Einstellung:
HF: 12 kHz, + ca. 5 dB / MF: 2,3 kHz, + ca. 3 dB / LF: 110 Hz, + ca. 4 dB / Low Cut 70 Hz
E-Bass
Als Zweites folgt eine E-Bass Aufnahme, die mit einem Bogart 5-String Custom Bass mit Bartolini Tonabnehmern und dem Vorverstärker des Rupert Neve Designs Sheford Channels aufgezeichnet wurde:
Durch eine leichte Verstärkung der Höhen wirkt die Aufnahme etwas offener, wodurch aber auch ein leichter Anstieg des Rauschens der Tonabnehmer entsteht.
Um dem E-Bass mehr Präsens und Durchsetzungsvermögen zu verleihen, werden die Mitten bei 1,6 kHz herausgearbeitet.
Eine weitere Anhebung bei 110 Hz mit dem Tiefenband verleiht dem Bass wesentlich mehr Fülle und Kraft, um den Sub-Bereich zu bändigen, greift das Low-Cut bei 45 Hz. Es ist sehr beeindruckend, wie die Wechselwirkung dieser beiden Filter für eine enorm saubere Kontur des Lowends sorgt:
Einstellung:
HF: 8 kHz, + ca. 2,5 dB / MF: 1,6 kHz, + ca. 6 dB / LF: 110 Hz, + ca. 7 dB / Low Cut 45 Hz
Bassdrum
Weiter geht es mit einem Bassdrum-Track, den der Schlagzeuger Christoph Eggener auf einem Pearl Masters Custom Maple Shell für den Test des UnderToneAudio MPDI-4 Vorverstärker eingespielt hat. Als Mikrofon diente ein Electro-Voice RE 320 im Kick-Drum-Mode, das mit dem Kopf im Loch des Resonanzfells positioniert wurde:
Auch hier sind die oberen und mittleren Frequenzen in etwa gleich angehoben, wovon vor allem die Attack-Phase bzw. Kick profitiert. Dadurch erhält die Bassdrum nicht nur einen sehr offenes und luftiges Flair, sondern ihr eh schon moderner, „klickender“ Charakter tritt noch mehr in den Vordergrund.
Besonders spannend ist wieder das Zusammenspiel des Low-Cut-Filters und des Tiefenbandes, mit dem sich wunderbar ein sauberes, straffes und überaus definiertes Lowend formen lässt.
Einstellung:
HF: 10 kHz, + ca. 6 dB / MF: 700 Hz, + ca. 5 dB / LF: 60 Hz, + ca. 9 dB / Low Cut: 45 Hz
Snaredrum
Während des Tests des UnderToneAudio MPDI-4 entstand auch folgende Snare-Aufnahme, die nun als letztes Beispiel mit dem 573EQ bearbeitet wird. Dabei handelt es sich ausschließlich um das Top-Mikrofon, ein Shure SM57, das ungefähr in einem Winkel von 45 Grad zum Schlagfell ausgerichtet war:
Um das fehlende Bottom-Mikrofon am Snare-Teppich zu kompensieren, werden die Höhen stark angehoben. Auch die Mitten und der Bauch der Snare sind deutlich betont, während das Low-Cut-Filter bei 70 Hz aktiv ist.
Anschließend klingt die Snare wie ausgewechselt, sie hat plötzlich viel mehr Punch und die Transienten können sich besser entfalten. Vor allem die kräftig hervorgehobenen Höhen überzeugen mit einem erstaunlich natürlichen und angenehmen Klang:
Einstellung:
HF: 10 kHz, + ca. 9 dB / MF: 700 Hz, + ca. 4 dB / LF: 220 Hz, + ca. 6 dB / Low Cut: 70 Hz
Infos zu den Klangbeispielen
Vocal:
Sänger: Mani Mathia
Mikrofon: Neumann U87
Preamp: IGS Audio NE573
E-Bass:
E-Bass: Bogart 5-String Custom
Preamp: Rupert Neve Designs Shelford Channel
Bassdrum:
Schlagzeuger: Christoph Eggener
Bassdrum: Pearl Masters Custom Maple Shell
Mikrofon: Electro-Voice RE 320 (Kick-Drum Mode)
Preamp: UnderToneAudio MPDI-4
Snaredrum:
Schlagzeuger: Christoph Eggener
Snare: Sonor Special Edition
Mikrofon: Shure SM 57
Preamp: UnderToneAudio MPDI-4
Audiointerface: RME Fireface 800, Lucid 88192
DAW: Logic Pro
Die Klangbeispiele sind unbearbeitet, nur die Lautstärken wurden angepasst.
Schick isser ja schon mal. Aber wenn man davon ausgehen darf, dass die klanglichen Möglichkeiten dem Preis gerecht werden, sicher ein dankbares Werkzeug.