Großer Sound für kleines Geld
Dass gewisse Proportionen bei Menschen zu vorhersehbaren Reaktionen führen, ist bekannt. Der Anblick von Seehund-Babys, Hundewelpen und kleinen Eisbären führt reflexhaft zum Ausruf „Ach ist der süüüüß!“, in Gegenwart attraktiver Frauen mit vermeintlichen „Idealmaßen“ benehmen sich die meisten Männer wie Deppen und kleine Kunststoff-Lautsprecher werden gedanklich automatisch in die Schublade „PC-Plastik-Quäken“ ein- und gleich als klangliches „No-Go“ aussortiert.
Was so klein ist, kann ja schon mal nichts sein. Oder etwa doch? Immerhin bewirbt IK Multimedia seine winzigen iLoud Micro Monitore als „Ultra-compact, high quality reference studio monitors“. Und weiter: „High-end sound without the high-end price“. Finden wir also mal heraus, was der IK Multimedia iLoud Micro Monitor wirklich drauf hat. Alles nur heiße Werbeluft? Oder tatsächlich ein Soundwunder im Miniaturformat?
Die neuen IK Multimedia iLoud Micro Monitore
Erster Eindruck: Ok, allein die Verpackung ist deutlich kleiner als ein einziger meiner Fostex-RM 780-Monitore. Zweiter Eindruck nach dem Öffnen (und nachdem ich festgestellt habe, dass die beiden Boxen sogar nur zwei Drittel des ohnehin nicht besonders großen Kartons belegen): Echt jetzt? In nackten Zahlen: Jede der Boxen misst gerade einmal 180 x 135 x 90 mm. Doch immerhin fühlen die sich für die schmalen Abmessungen recht massiv an. Der linke Speaker bringt 920 Gramm auf die Waage, der rechte 800 Gramm. Warum unterschiedlich schwer? Weil in der linken Box die Schaltzentrale sitzt. Aber dazu gleich mehr.
Zum Lieferumfang gehört – neben den beiden Boxen – ein zwei Meter langes, proprietäres Verbindungskabel mit Steckern, die ein wenig wie die von PC-PS/2-Mäusen aussehen (falls sich noch jemand an die erinnert), sowie ein Verbindungskabel (2x Mono-Cinch auf Stereo-Klinke), ein Netzteil (mit Klotz in der Mitte und schmalem Euro-Stecker am Ende – meine Mehrfach-Steckdose bedankt sich), ein Handbüchlein im Pixie-Bilderbuch-Format, das dann tatsächlich auch nur aus Bildern besteht und eine Karte mit der Registriernummer und der Aufforderung, sich die zu den Monitoren gehörigen Apps herunterzuladen. Der Link führt dann aber nur auf die übliche Download-Sammlung von IK Multimedia, wo es gar keine speziellen Apps zum iLoud gibt. Tolle Wurst. Na ja, Apps werden eh völlig überbewertet.
Technische Daten des IK Micro Monitors
Ein Boxen-Check ohne technische Daten – geht gar nicht. Wer nicht so auf Zahlen steht, darf den Abschnitt gerne überspringen, für alle anderen gibt es das hier: Jede der 50 Watt-Boxen (RMS, 70 W Peak) enthält einen 3-Zoll-Tieftöner, einen ¾-Zoll-Neodym-Hochtöner und einen frontseitigen Bassreflex-Port, befeuert durch vier separate Class-D-Verstärker (7 / 18 Watt), die 107 dB SPL (in 50 Zentimeter Abstand) produzieren. Mit anderen Worten: Die Teile sind mal so richtig laut. Der Frequenzgang wird mit 55 Hz bis 20 kHz angegeben, bei nur 3 dB Abweichung. „The best bass response in its category“ schreibt IK Multimedia. Ohne allerdings jetzt genauer zu erklären, welche Kategorie gemeint ist (Vermutlich: kleinste Studio Referenz-Monitore oder so). Aber – hört sich trotzdem beeindruckend an. Auch, weil im Inneren je ein 56 Bit-DSP-Prozessor als Frequenzweiche arbeitet und den Dynamikbereich kontrolliert.
Angeschaut: Design und Technik
Mattschwarz (neudeutsch: anthrazit), was die Boxen dann etwas empfindlich für Staub und Prints macht, abgerundete Kanten, Hoch- und Tieftöner durch Metallgitter geschützt, unten (wo auch sonst) die ebenfalls abgerundete Bassreflex-Öffnung. Das Gehäuse hätte auch keinen Millimeter schmaler sein dürfen, der 3-Zoll-Tieftöner schließt haarscharf am Rand ab. Unten drunter zwei gummierte Füße, wobei sich der vordere auf ausklappen und hochstellen lässt, so dass die Box dann schräg nach oben abstrahlt. An den kleinen Details erkennt man durchdachtes Design. Wer die iLoud Micros nicht auf den Tisch stellen will, kann sie mit Hilfe der 3/8 Zoll-Gewinde auch auf handelsübliche Stative schrauben. An den Seiten dann – in etwas dunklerem Schwarz – der iLoud-Schriftzug, schön dezent, mal will ja nicht prahlen, aber trotzdem sagen, wer sich die kleinen Schmuckstücke ausgedacht hat.
Die komplette Anschlusstechnik steckt in der linken Box. Dazu gehören neben der Buchse für den Netzanschluss samt Powerswitch ein Volumeregler mit Mittelrasterung bei 0 dB, so dass man auch im Blindflug weiß, wo man gerade ungefähr ist auf dem Weg zum +6 dB-Maximum. Der Drehregler hätte aber gern etwas weniger flach ausfallen dürfen, alternativ wäre auch eine Gummierung willkommen gewesen. Halt irgendwas, um etwas komfortabler schrauben zu können, wenn man der Box von vorne an den Hintern fasst. Noch praktischer wäre es natürlich gewesen, den Regler nach vorn zu verlegen. Praktischer, aber eben nicht schöner.
Zur Technik des IK Multimedia iLoud Micro Monitor gehören auch drei Schieberegler, um den Frequenzgang der Boxen an die jeweilige Umgebung anpassen zu können, so eine Art 3-Band-EQ, aber mit jeweils zwei festen Einstellungen. Ganz oben – beschriftet mit „Flat“ und „Desk“ – werden die Frequenzen zwischen 1 und 10 kHz um +3 dB angehoben und die unter 400 Hz um 1 dB abgesenkt – perfekt, wenn man die Speaker auf dem Tisch oder anderen großen Oberflächen stehen hat, um Verzerrungen vorzubeugen. Darunter dann ein High-Shelf- und ein Low-Shelf-Schalter. Ersterer senkt auf Wunsch alles über 4 kHz um 3 dB ab, letzterer alles unter 250 Hz. Wie sich das alles in der Praxis auswirkt, schauen wir uns gleich mal an.
Verkabelt und gestartet
Verbunden werden die beiden Boxen über das – anfangs erwähnte – proprietäre, zwei Meter lange Verbindungskabel. Das demonstriert dann zwar – deutlich dicker als etwa normale MIDI-Kabel – dass es anscheinend gut abgeschirmt ist und viel Innenleben hat, ist aber auch dementsprechend starr und störrisch ist. Und da es zudem recht eng gewickelt in die Verpackung gequetscht wurde, hat man dann am Ende den Eindruck, eine junge, sich windende Schlange auf dem Pult liegen zu haben, die sich weigert, sich mal ordentlich gerade zu strecken. Na gut, man kann nicht alles haben.
Für den Anschluss des IK Multimedia iLoud Micro Monitor gibt es gleich drei Möglichkeiten, die zudem parallel genutzt werden können, falls da Bedarf bestehen sollte: Einmal über Cinch, dann über Miniklinke und schließlich auch per Bluetooth. Hab ich natürlich direkt mal ausprobiert: Bluetooth-Taste auf der Rückseite der linken Box drücken (vorne blinkt dann eine kleine LED), worauf auf dem Smartphone – oder was auch immer verbunden werden soll – die iLoud Micro Monitore dann auch tatsächlich als „iLoud Micro Monitor“ in der Liste der Geräte auftauchen (und nicht als kryptische Zahlenwüste). Ausgewählt, Box quittiert mit Signalton und ab dafür, Verbindung steht. Da hab ich mit anderen Audio-Geräten (Boxen oder Kopfhörer) schon viel umständlichere Geschichten erlebt, in deren Verlauf die Verbindung erst einige Male gekappt werden musste bis es lief.
Angehört
Gutes Design, sinnvolle Technik, einfacher Anschluss so sieht es beim IK Multimedia iLoud Micro Monitor aus. Alles gut und schön, aber wichtig ist nun mal das, was auf dem Platz passiert beziehungsweise im Gehörgang. Kommen wir also zu der alles entscheidenden – und eingangs bereits gestellten – Frage: Können so kleine Monitore überhaupt einigermaßen vernünftig klingen?
Erste Reaktion nach dem ersten Einschalten: Ganz schnell den Pegel runterdrehen. Den hatte ich einfach mal auf die Mittelstellung (Null) gebracht, um dann anschließend fast weggeblasen zu werden. Notiz an mich selber: Der IK Multimedia iLoud Micro Monitor ist laut. Sehr laut. Und hat „viel Bämm“ unter der Haube. Nachdem das Piepen in den Ohren nachgelassen hat, der nächste Anlauf mit deutlich kleinerem Volume.
Und siehe da: Die Teile sind nicht nur laut, sondern klingen auch richtig gut. Der Sound ist kein bisschen mittig – wie sonst fast immer bei kleinen Kunststoffboxen – sondern erstaunlich ausgewogen, klar und präsent, was sich in einem sauberen Stereobild niederschlägt. Nicht schrill und überbetont in den Höhen, sondern fein gezeichnet, die Mitten sehr detailliert, ohne sich in den Vordergrund zu spielen. Am meisten überrascht war ich aber von den Bässen, die tiefer in den Keller gehen als jede andere Box in dieser Größe, ohne dabei aber dabei in dumpfes Gewummer auszubrechen und trotzdem sehr voll klingen.
Klar – bei der Größe (oder besser: bei der „Kleine“) der Boxen können die Bässe nicht dasselbe Volumen, denselben großen Bauch präsentieren wie deutlich größer dimensionierte Speaker. Die Bauform bleibt nun mal auch ein Klangfaktor. Auch verliert der Bass ein klein wenig an Präsenz, wenn man den IK Multimedia iLoud Micro Monitor recht weit aufdreht, dann gewinnen Mitten und Höhen leicht die Oberhand. Aber trotzdem: Für Monitore mit diesen bescheidenen Dimensionen ist das unglaublich gut. Und – vermutlich kommt eh niemand auf die Idee, da über 100 Dezibel abfragen zu wollen. Es sind nun mal in erster Linie Abhör-Monitore und keine Partykeller-Beschaller. Alles in allem: Ich bin wirklich tatsächlich schwer beeindruckt und auch überrascht: Das hätte ich wirklich nicht erwartet.
Die drei angesprochenen EQs sind da eher für das Feintuning zuständig und greifen nicht unbedingt dramatisch in das Klangerlebnis ein. Da muss man dann schon recht genau hinhören, will man die Unterschiede hören – vorhanden sind sie aber. Da sollte man einfach ein wenig experimentieren. So auch beim Standort und bei der Art der Aufstellung (mit hochgestelltem Frontfuß oder ohne). Der Verbindungstyp spielt hingegen keine Rolle; egal ob über Bluetooth oder Kabel, das Ergebnis ist durchweg gut.
umfassender, kompetent und doch unterhaltsam geschriebener test. danke! muss mir die dinger doch mal anhören.
beim fazit unter minus sehe ich vor einem sperrigen kabel eher das fehlen von symmetrischen eingängen.
@mdesign Einerseits richtig: symmetrische Anschlüsse wären schon schön gewesen. Andererseits wäre das in dieser Preisklasse dann vielleicht doch etwas viel verlangt, daher hab ich das nicht als Minuspunktd verzeichnet.
Schöner test. Danke! Nur ein detai verstehe ich nicht. 7+18 watt pro box,,, dann 50watt rms und 70 peak? Was von allen stimmt? Also ich gehe davon aus das jede box 25 watt hat … zummindest laut rechnung plus die 107 db angabe auf 50 cm….kann ich mir nicht vorstellen. Werde sie mir trotzdem anhören
@pytrel siehe specs auf der website: 50w rms insgesamt, 7w+18w pro box.
@mdesign Ah ok. Jetzt verstehe ich. Also wir reden von 50 watt summe beide Boxen. Habe den Satz „jede der 50 watt boxen…“ falsch verstanden. Ich kannte es halt „Ey was sind das für boxen?“ und da antwortete man damals „1000 watt“ und man meinte pro box… :-) (das pro box stimmte.. :-)
@pytrel Ja, sorry, da hab ich mich nicht ganz klar ausgedrückt. Auf der Webseite heißt es: „iLoud Micro Monitor is two extremely portable, high-performance bi-amped speakers that delivers a combined 50W RMS of power for solid bass, plenty of headroom and a stunningly defined stereo image. „.
Also „combined 50W RMS“.
Interessant wär ein Vergleich zum Eve Audio SC203, der schlägt ja genau in die selbe Kerbe.
Die Eve hatten wir im Dezember 2015 im Test. (https://www.amazona.de/test-eve-audio-sc203/). Aber vielleicht ergibt sich ja mal eine Möglichkeit, mehrere Systeme direkt miteinander für einen Test zu vergleichen. Behalten wir im Hinterkopf, danke für die Anregung!
@m.steinwachs Hmmm. Ich habe die iloud gekauft.
Ich kann den Autor durchaus bestätigen.
Die haben echt eine beindruckende wiedergabe.
Allerdings habe ich leider zwei kleine sachen die mich beunruhigen. Die treten nur auf einen bzw am Aktiven Monitor auf.
1) Beim einschalten habe ich manchmal ein leises piepsen. Dieses läuft mal ein paar sekunden mal bleibt es still. Nicht schlimm aber es ist da. Wenn man unter 80cm nah kommt wird es deutlich.
2) Das schlimmste. Ich höre BR Kanal Turbulenzen. Nämlich komischer weise nur vom Lautsprecher mit den Endstufen . Ich weiss nicht ob sie „matched“ sind vom Pegel aber bei Basslastiger Musik tritt es bei nicht Allzu hohen Lautstärken auf.
Wenn ich den Tiefpass Shelf einschalte ist das problem Größtenteils behoben. Jedoch normal finde ich das nicht. Vor allem tritt es nur beim Lautsprecher der die Endstufen trägt auf. Ich bin zwiegespalten .
Und ja das Kabel um die beiden zu verbinden ist echt ein bisschen zu starr und schwer. Der Stecker ist wohl eine Sollbruchstelle-Könntebrechestelle.
@pytrel Also – weder das leise Piepsen noch sonst irgendwelche Turbulenzen hab ich im Test vernommen. Und ich hatte die ziemlich lange mit allen möglichen Sounds gefüttert. Sind vielleicht gar nicht die Boxen die Ursache?
@pytrel Ich kann den hochfrequenten, nervigen Ton bestätigen. Es ist der Bluetooth chip, der Verbindungen sucht und währenddessen hörbar ist. An sich ist der Klang dieser kleinen Teile mega. Allerdings nur per Kabelverbindung. Während einer Bluetooth Verbindung mit Audioübertragung ist leider ein hochfrequentes Störgeräusch zu hören. Wenn kein Signal anliegt, geht es in ein kurzes „keepalive“, bzw. Suche-Ticken über und verstummt dann. Mixing oder gar Mastering sind über Bluetooth so jedenfalls beeinträchtigt. Möchte man sie per Kabel betreiben, muss man nur damit leben, dass sie trotzdem in den ersten paar Sekunden während der Verbindungssuche fiepen, danach ist das Signal aber sauber und der Klang beeindruckend für diese Größe, und sehr gefällig.
@m.steinwachs Ich besitze ein Paar Jbl lsr 305 Monitore, wollte evtl. Raum/ Balast einsparen und fragte mich ob die iloud mit meinen jbl 305 von der Klangqualität vergleichbar sind? LG
Prima Test, ich überlege die Zwerge zu bestellen.
Aber wie sieht es mit Rauschen aus, wenn kein Signal anliegt? Ist es deutlich vernehmbar, oder muß man mit dem Ohr an den Hochtöner gehen, um etwas zu vernehmen?
Danke für die Info,
Mir ist im Test jetzt kein übermäßiges Rauschen aufgefallen. Zumindest keines, das meinen Rechner übertönt hätte. Das kann jetzt natürlich von Nutzer zu Nutzer verschieden sein – und ist wohl auch abhängig vom Hörvermögen (Stichwort -> zu lange im Proberaum neben der Bassbox ;) )
Ich kann sowohl ein fieses Pfiepen nach dem Einschalten bestätigen als auch ein starkes Grundrauschen attestieren. Der Klang an sich ist prima, aber demgegenüber stehen für mich so viele Minuspunkte (Anschlüsse, Erreichbarkeit der Bedienelemente, Design, aber vor allem: Grundrauschen), dass ich die Dinger zurück geschickt habe.
Hmm … Class-D-Amps, RCA, Miniklinke, Bluetooth … klingt für mich jetzt alles weniger nach „High End“. ;-)
Vorneweg, die Monitore sind als kleine Abhoere und fuer den Musik Konsum wirklich gut. Allerdings verzerren sie bei meinem Nord Stage 3 und Grand Piano Sounds bei 1-2 Tasten in hen Hoeheren Oktaven. Und das selbst bei niedrigen Lautsaerken.