Image-Line Harmless
Harmless – das klingt erst mal nicht nach einem Jungfrauenblut trinkenden, fleischfressenden Soundmonster. Aber natürlich ist der Name des Software-Synthesizers der belgischen Firma Image-Line, vor allem bekannt durch den Sequencer Fruity Loops, nicht ganz unironisch gewählt, worauf auch die Manga-Teufelsbraut hindeutet, die sich nach Klick auf den „?“-Button auf dem Bildschirm räkelt. Das Manual rät, vorher die Eltern aus dem Zimmer zu schicken. Erfahrene Musiker sind da natürlich anderes gewohnt. Es handelt sich bei Harmless laut Hersteller um einen „additiven Synthesizer, der subtraktive Synthese betreibt, oder um einen subtraktiven Synthesizer mit einer additiven Engine“. So eine Aussage ist erklärungsbedürftig, zumal es sowohl subtraktive als auch additive Softsynths eigentlich genug gibt, allein schon im Hause Image-Line. Und was soll man sich unter der Synthese zweier Synthesearten vorstellen?

Es geht nicht, wie man vielleicht zuerst vermutet, um eine additive Klangerzeugung, der ein klassisches Filter nachgeschaltet ist. Vielmehr wird jeder, wirklich jeder Schritt der Klangformung mit additiven Mitteln simuliert – nur die vier Effekte am unteren Rand sind gewissermaßen extern. Während also ein gewöhnlicher Subtraktiver zunächst möglichst obertonreiche Wellenformen erzeugt, aus denen die benötigten Obertöne herausgefiltert werden, werden bei Harmless letzten Endes nur genau jene Obertöne erzeugt. Die Einstellungen von Filter, Phaser etc. schreiben demnach vor, wie sich die zu generierenden Obertöne verhalten sollen. Dieser Ansatz ermöglicht sowohl die Kontrolle über sonst unzugängliche klangliche Feinheiten, als auch die Erstellung höchst ungewöhnlicher Sounds. Der Blick durch die subtraktive Brille lässt den Klangtüftler Sachen machen, auf die er mit einem der gängigen Additiven höchstwahrscheinlich nicht gekommen wäre, weil die Bedienung sie nicht nahelegt.
Harmless steht übrigens für Less Harmonics (engl. Obertöne) und deutet gleichzeitig an, dass man vor der eigentlich schwer bezwingbaren additiven Synthese hier mal keine Angst haben soll. Na gut, dann wollen wir mal sehen, wie ungefährlich das Ding wirklich ist …
Installation
Harmless kommt als VST- und Fruity-Loops-Plug-in für Windows; Mac-User können vom Charme der „harmlosen“ Synthese leider nicht profitieren, und es gibt auch keine Standalone-Variante. Prinzipiell verläuft die Installation sehr einfach: Man lädt das Installationsfile aus seinem Image-Line-Account herunter, führt es aus, gibt den Ort des VST-Verzeichnisses an und hat ein neues Instrument spielbereit im Sequenzer. Läuft das wider Erwarten noch im Demo-Mode, lädt man ein neues „Regfile“ herunter, das man einfach ausführt und damit die Lizenzinformation in die Registry schreibt. Es ist sehr angenehm, dass man nicht wie bei vielen anderen Herstellern nach der Installation erneut ins Internet gebeten wird, um die Rechtmäßigkeit das Besitzes zu bestätigen.
Für alle Preset-Freunde sei noch erwähnt, dass man relativ viele kostenfreie Soundbänke im Internet finden kann.
Die Sounddemos geben den Charakter des Synth ganz gut wieder. Er klingt halt sehr „digital“, was er ja auch möchte.
Gut, das Ding hat eben nur das Notwendigste drin und ehrlich gesagt brauch ich Sustain nie. Wer spielt auch mit dem Teil nen 10-Sekunden-Orgelsound? :)
Ich habe das Teil für 9 Euro damals gekauft :)
Aber es ist ziemlich limitiert was die Sounderstellung angeht, selbst wenn man externe Wellenformen reinläd.
Es klingt eben alles ziemlich ähnlich.
Wer z.B. vorher mit einer V-Station geschraubt hat und Semitones einstellen konnte etc., der wird eben Harmless eher als Spielzeugsynth sehen :)
@Jesus In der Tat, die „Custom“-Option bei den Wellenformen führt erstaunlicherweise immer zu sehr ähnlichen, etwas dünnen Ergebnissen, egal was man reinlädt.
Die V-Station ist klasse, aber eben „nur“ virtuell analog. Harmless ist auch klasse, aber eben „nur“ ‚additiv-virtuell-subtraktiv‘. Beide decken einfach unterschiedliche Gebiete ab und ergänzen sich sogar ganz gut. Aber ein Spielzeugsynth ist Harmless trotz gewisser Grenzen sicher nicht, eher was für Fortgeschrittene, weil ohne Vorwissen teils schwer zu durchschauen und gezielt zu programmieren.
Ein vorzüglicher Beitrag von P. Lange. Der Autor beschreibt den Synth so wie er ist, mit all seinen vielen Vorzügen und einigen Einschränkungen. Alles andere ist halt davon abhängig, was man sich von einem Synth erwartet bzw. erwarten kann.
Ein sehr brauchbarer Softsynth.
Für mich stellt sich die Frage… weshalb keine Mac bzw. AU Version?
Mein Kommentar bezieht sich auf Harmor nicht Harmless. @Admin: Bitte verlagern :-)