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Test: Kammer Electronics Tiny K, Gitarrenverstärker

Pedal-Power aus dem Schwarzwald

22. September 2017

Wer unsere Artikel aufmerksam liest, der wird sich vielleicht noch an den Namen Kammer Electronic Design erinnern. Die kleine Firma am Fuße des Schwarzwalds schickte uns vor knapp drei Jahren ein Gespann aus einer Gitarren-Röhrenvor- und Endstufe zum Test, das sowohl in puncto Sound als auch in der Verarbeitungsqualität überzeugen konnte. Und zudem, trotz Handarbeit „Made in Germany“, zu einem attraktiven Preis (immer noch) angeboten wird. Die Uhr dreht sich weiter und mit ihr auch die Entwicklung im Hause Kammer, die mit dem Kammer Tiny K nun einen nahezu vollwertigen Gitarrenverstärker mit 40 Watt Ausgangsleitung in Pedalform präsentieren. Auch diesmal stellte uns Firmeninhaber und Entwickler Jürgen Kammer ein Testgerät zur Verfügung, das wir nun genau betrachten werden.

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Kammer Electronics Tiny K 1

Facts & Features

Nie und nimmer käme man auf die Idee, im Innern des Kammer Tiny K eine 40 Watt leistende Endstufe zu vermuten. Denn mit nur 550 Gramm Gewicht und gerade einmal 125 x 186 x 55 mm Größe könnte in dem robusten Stahlblechgehäuse auch einfach nur ein Overdrive oder ein Echo sitzen. Dieses kompakte Design macht den kleinen Tiny K zum idealen Reisebegleiter, der schnell im Gigbag der Gitarre verschwunden ist. Einen Schönheitspreis gewinnt das Pedal mit seiner grauweißen Lackierung allerdings nicht, dafür sind aber alle Bedienelemente auf der Oberfläche klar und deutlich zu erkennen.

Zwei Kanäle bietet die Schaltung, dazu einen per Fuß zuschaltbaren Booster, der das Signal in beiden Kanälen um weitere 12 dB anhebt. Somit sind es vier Sounds, die mit dem Kammer Tiny K erzeugt werden können: Clean, Clean mit Booster, Overdrive und Overdrive mit Booster. Die Kanalauswahl und das Zuschalten des Boosters erfolgen über die zwei Metallschalter, die in genügend Abstand zu der Reihe der Potis im oberen Teil eingesetzt wurden. Man müsste sich wirklich schon sehr anstrengen, um hier beim Treten auf einen der beiden Schalter einen Regler mit zu erwischen.

Die Anschlüsse des Kammer Tiny K

Bevor wir uns mit der Bedienung befassen, noch schnell ein Blick auf die Stirnseite, an der sich alle Anschlüsse des Kammer Tiny K befinden. Sollte der Verstärker also auf einem Pedalboard seinen Platz finden, so ist hier schon mal vorab für Ordnung gesorgt. Zunächst wäre da die Eingangsbuchse für das Instrument – und das darf auch gerne ein E-Bass sein. Weiter geht’s mit den zwei Buchsen für den seriellen Effektweg, der nicht nur praktisch für das Einschleifen von Effekten ist, sondern über seine Send-Buchse zudem ein frequenzkorrigiertes Signal abgibt. Laut Hersteller kann das hier anliegende Signal direkt an einen Mixer oder das Audiointerface zur Abnahme zugeführt werden. In der Praxis zeigen sich allerdings ein paar Schwächen, doch dazu später im Soundcheck mehr.

Genauso gut könnte natürlich die 40 Watt Endstufe des Tiny K als Verstärker für einen anderen Preamp oder als Power-Amp am Ende des Pedalboards genutzt werden. Dazu steht dann die Return-Buchse des Effektwegs parat, sinngemäß mit der Bezeichnung „Poweramp In“ bezeichnet.

Kammer Electronics Tiny K Stirn

— Kammer Tiny K Stirnseite —

Der Anschluss für die Lautsprecherbox begnügt sich mit Widerständen ab 6 Ohm, zugegebenermaßen ein etwas untypisches Format. Doch nur dann liefert die Endstufe des Tiny K die angegebenen 40 Watt, bei dem Großteil der erhältlichen Speaker muss man also leider auf ein paar „PS“ verzichten. Beim Anschließen einer 8-Ohm-Box sind es nur zwei Watt Verlust, bei einer mit 16 Ohm dann allerdings schon zwanzig.

Den Abschluss an der Stirnseite des Kammer Tiny K macht die Buchse für das Netzteil, das sich im Lieferumfang befindet. Das ist auch gut so, denn hier ist ein spezieller Adapter mit 24 Volt nötig, um die Kiste zuverlässig in Betrieb zu nehmen. Wird das Netzteil hier eingesteckt, erwacht der Tiny K zum Leben. Etwas überraschend ist es schon, dass kein Netzschalter diese Prozedur übernimmt, es handelt sich doch laut Hersteller eigentlich um einen vollwertigen Gitarrenverstärker – und nicht bloß um ein Effektpedal.

Kammer Electronics Tiny K Layout

— Layout des Kammer Tiny K —

Oberseite & Bedienelemente des Kammer Tiny K

Auf der Oberseite warten fünf Drehregler auf ihren Einsatz. Selbstverständlich sind sie fest mit dem Gehäuse verschraubt und bieten einen angenehmen Drehwiderstand bei faktisch keinem Spiel auf ihren Achsen. Darüber hinaus wurden die Potis mit genügend Abstand zueinander eingesetzt, sodass man jedes von ihnen problemlos mit drei oder mehr Fingern umgreifen kann.

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Die Bedienung ist kinderleicht und vergleichsweise simpel aufgebaut, es gibt einen Volumeregler für die Gesamtlautstärke, eine Zweiband-Klangregelung sowie ein Poti für die Lautstärke des Cleanchannels und eines für die Stärke des Overdrives. Die beiden Metallschalter habe ich schon angesprochen, der linke wählt zwischen den beiden Kanälen, der rechte aktiviert den Booster, der dem Signal eine  Pegelanhebung von 12 db zufügt.

Schade nur, dass beide Schalter mechanisch arbeiten und somit beim Betätigen von einem deutlichen Knacken begleitet werden. Auf diesen Fakt angesprochen versicherte mir Hans-Jürgen Kammer aber, dass hier die Verwendung von elektrischen Typen geplant sei.

Kammer Electronics Tiny K 3

Zwei LEDs informieren über den aktuellen Status, wobei die linke, über dem Channel-Switch platzierte beim Kanalwechsel ihre Farbe von grün (Clean) auf rot (Overdrive) wechselt. Beim Drücken auf den Boost-Schalter leuchtet die rechte LED in einem kräftigen Rot. Beide LEDs strahlen nicht zu hell, somit ist ein Einstellen in dunkler Umgebung kein Problem.

Zwischenzeugnis

Obwohl der Begriff „Made in Germany“ dann und wann schon etwas abgenutzt klingen mag, passt er beim Kammer Tiny K wie die Faust aufs Auge. Abgesehen von der hochwertigen Verarbeitung und der sinnvollen Ausstattung mit dem Effektweg verblüfft vor allem die Tatsache, dass sich in diesem Pedalgehäuse doch tatsächlich ein waschechter Gitarrenverstärker bzw. ein vollwertiges Gitarrentopteil mit 40 Watt Ausgangsleistung verbergen soll! Dann schnell mal nachschauen, was mit dem Tiny K so geht!

Sound & Praxis mit dem Kammer Tiny K

Meine anfängliche Befürchtung, der Tiny K könnte nach dem Einstecken des Netzteils und bei gleichzeitig angeschlossener Box durch ein Krachen die Idylle jäh zerstören, erwies sich als unbegründet. Sicherlich ist ein leichtes Knacken zu hören, aber nicht viel lauter, als würde man eben einen Gitarrenamp einschalten. Dennoch sage ich, dass ein Netzschalter nicht viel Mehraufwand erfordert hätte und hier doch eine deutlich elegantere Lösung darstellen würde.

Neben dem erstaunlich niedrigen Rauschspektrum begeistert vor allem der unglaublich hohe Dynamikumfang der kleinen weißen Kiste. Und das unabhängig davon, ob man sich nun im unverzerrten oder in einem der beiden Overdrive-Modi befindet. Beide Kanäle besitzen eine spürbar amerikanisch geprägte Färbung, so ganz werde ich Erinnerungen an den Sound der frühen Boogies (Mark I) nicht los. Das gilt natürlich besonders für den Overdrivesound und den zugeschalteten Booster, der mit einem wunderbar singenden und lebendigen Ton glänzt.

Der Zweiband-EQ reißt in seiner Wirkungsweise zwar keine Bäume aus, kann den edel klingenden Grundsound des Kammer Tiny K aber ausreichend erweitern. In jedem Fall aber arbeiten die Potis des EQs und überhaupt auch alle übrigen Regler sehr linear in ihrem Regelbereich, es sind also keine „Sprünge“ zu erwarten. Hören wir rein in den Sound des Kammer Tiny K, für den das Pedal an eine H&K GL112-Box mit einem 12″ Celestion Vintage 30 Speaker angeschlossen wurde. Als Mikro diente ein AKG C3000.

Steigen wir gleich mit einem saftigen Overdrivesound ein, bei dem der Booster aktiviert wurde. Der Bassregler befindet sich nahezu auf Vollanschlag, der Treble-Regler in 3-Uhr-Stellung. Ein knackiger und matschfreier High-Gain-Sound mit einer hervorragenden Dynamik.

Nun eine Sololinie, bei der die Höhen auf 12 Uhr abgesenkt wurden. Der Booster ist nach wie vor aktiv und bringt den Ton wunderbar zum Singen.

Im nächsten Klangbeispiel nun der Cleansound, auch hier punktet der Tiny K mit seiner hervorragenden Dynamik – ich kann es nur immer wiederholen.

Klangbeispiel 4 zeigt den Kammer Tiny K mit angezerrtem Sound des Cleanchannels. Mit einem Humbucker am Steg ist es kein Problem, dem Amp leichte Crunchsounds zu entlocken.

Kammer Electronics Tiny K 4

Das abschließende Klangbeispiel wurde direkt aus der Send-Buchse über das Audiointerface eingespielt. Eine echte Speaker-Simulation ist das nicht gerade, wie man deutlich hören kann. Hier sind in jedem Fall noch Korrekturen am Frequenzbild nötig, um den Tiny K fit für Aufnahmen zu machen.

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Fazit

Der Kammer Tiny K hinterlässt nach dem Test  einen sehr guten Eindruck! Hervorzuheben ist, neben der hochwertigen Verarbeitung und dem geringen Rauschen, vor allem der dicke und schmatzige Leadsound, der nur so vor Sustain strotzt und hervorragend dynamisch selbst auf kleinste Nuancen der Gitarre bzw. des Spielers reagiert. Wenig Sorgen muss man sich auch bezüglich der Lautstärke und des Schalldrucks des Tiny K machen, die interne Endstufe kann auch mit einer entsprechenden Box eine Höllenlautstärke entfachen und im Bandkontext ganz sicher locker mithalten. Oben drauf gibt es noch einen Effektweg, dessen Send-Signal, wenn auch mit Einschränkung, zur Not auch Aufnahmen ohne eine angeschlossene Box ermöglicht. Ein interessanter Gitarrenverstärker in einem ungewöhnlichen Format, wir freuen uns auf weitere Produkte aus dem Hause Kammer Electronics!

Plus

  • Sound
  • Lautstärke/Schalldruck
  • hervorragender Dynamikumfang
  • sehr gute Verarbeitung
  • beste Rauschwerte

Minus

  • kein Netzschalter
  • Klangregelung nicht besonders effektiv

Preis

  • UVP: 379,- Euro
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Klangbeispiele
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