Gutes noch verbessern?
Knappt drei Jahre ist es her, dass ich das Stagepiano Kawai ES-100 getestet habe. Der japanische Hersteller wagte sich mit diesem Modell erstmals in den hart umkämpften Einsteigermarkt, der neben den günstigen Modellen der Platzhirsche Roland und Yamaha vor allem von den Eigenmarken der großen deutschen Musikhäusern dominiert wird. Diese sind meist preislich kaum zu schlagen, da muss man als Markenhersteller schon gute Argumente liefern, damit sich der Kunde für das eigene Modell entscheidet. Mit dem Kawai ES-100 ist das auf ganzer Linie geglückt, so war ich sehr gespannt, wie sich der Nachfolger Kawai ES-110 im Test schlägt.
Aufbau
Optisch gibt es beim Kawai ES-110 keinerlei Veränderungen zum Vorgänger. Das Stagepiano ist mit 1312 x 286 x 145 mm genauso groß wie das ES-110, lediglich beim Gewicht wurde erfreulicherweise etwas eingespart. 3 kg weniger bringt das Stagepiano nun auf die Waage, 12 kg lassen sich weiterhin einfach transportieren. Am Gehäuse hat sich nichts verändert, daher passen der optional erhältliche Holzunterbau HML-1 und die Fußleiste F-350 auch zum aktuellen Modell. Wer auf das aktuelle Modelle umsteigt, kann sich also zumindest die Anschaffung dieser beiden Zubehörteile ersparen.
Die Bedienung des Kawai ES-110 ist aufgrund der wenigen Bedienelemente schnell durchschaut. Ein Power On/Off, ein Schieberegler zur Einstellung der Lautstärke, drei Tasten zum Anwählen der Soundkategorien Piano, E-Piano und Others sowie vier weitere Tasten für Function, Play/Stop, Rec und Lesson. Wie im Einsteigersegment üblich, werden die meisten Funktionen, die nicht über dedizierte Taster verfügen, über die Tastenkombination Function plus Taste der Klaviatur gesteuert. Dafür ist am Anfang auf alle Fälle das Handbuch notwendig, muss man ja zunächst herausfinden, auf welcher Taste der Klaviatur welche Funktion liegt. Auch wenn das am Anfang etwas zeitaufwändig ist, diese Kombinationen werden von den allermeisten Pianisten sicherlich nur selten genutzt. Die Sounds lassen sich ohnehin über die Kategorietasten anwählen und durchsteppen.
Die Verarbeitung des Kawai ES-110 ist sehr gut. Das Kunststoffgehäuse macht einen stabilen Eindruck, so dass man es neben dem Einsatz zu Hause auch durchaus zu Proben oder gelegentlichen Auftritten transportieren kann. Zwei Kopfhöreranschlüsse befinden sich praxisgerecht auf der Vorderseite, die restlichen Anschlüsse liegen auf der Rückseite des Geräts. Dazu zählen ein Stereo-Klinkepärchen als Line-Ausgang, ein MIDI Duo, der Anschluss für das Haltepedal sowie die Netzteilbuchse. Entgegen dem Vorgänger ES-100 kann man beim ES-110 somit das Signal auch an eine externe Beschallungsanlage ausführen, das wertet das aktuelle Modell deutlich gegenüber dem Vorgänger auf. Die internen Lautsprecher lassen sich dann entweder als Monitor nutzen oder abschalten. Besonders für Musikschulen, Klavierlehrer oder Chöre ist das ein klarer Vorteil.
Kawai legt seinem ES-110 sowohl Netzteil als auch ein Haltepedal bei. Dass es sich hierbei um ein äußerst stabiles und groß ausfallendes Pedal handelt, gibt schon mal ein Pluspunkt. Die meisten Hersteller legen meistens nur klapprige Fußtreter bei oder verzichten ganz auf ein Pedal. Ebenfalls mit zum Lieferumfang gehören eine mehrsprachige Bedienungsanleitung sowie ein Notenständer.
Tastatur und Lautsprechersystem
Im Bereich der Tastatur hat Kawai beim ES-110 nachgelegt, dieses verfügt über eine „Responsive Hammer Compact Action“-Tastatur. Die 88 Tasten der Klaviatur fallen sehr gut aus, sind ordentlich gewichtet und federn schnell in ihre Ausgangsposition zurück, wichtig, um schnelle Repetitionen umzusetzen. Wie in diesem Preissegment üblich, besteht die Tastatur natürlich aus Kunststoff, dennoch schafft es Kawai, beim ES-110 ein gutes Spielgefühl zu ermöglichen.
Beim 2x 7 Watt Lautsprechersystem gibt es gegenüber dem ES-100 auch eine leichte Verbesserung. Laut Hersteller kommen neue Lautsprecher zum Einsatz und der interne Equalizer wurde dahingehend ebenfalls angepasst. Dadurch ergibt sich mehr Power und eine bessere Basswiedergabe. Die beiden nach unten abstrahlenden Lautsprecher sorgen für ein ordentliches Bassfundament, was bei vielen Einsteigerpianos problematisch ist. Hier gelingt das sehr gut, der Klang des ES-110 ist ausgewogen und klar.
Sounds
Das Kawai ES-110 bietet 19 interne Sounds, die sich auf die drei Kategorien Piano, E-Piano und Others verteilen. Hauptaugenmerk sind natürlich die Pianos, die mit acht unterschiedlichen Modellen gut vertreten sind. Der Rest verteilt sich auf drei E-Pianos, jeweils zwei Orgeln und Streicher-Presets, zwei Bässe, Harpsichord und Vibraphon. Die maximale Polyphonie liegt bei 192 Stimmen, was bereits Oberklasse-Niveau ist. Hier geht auf keinen Fall ein Ton verloren. Gegenüber dem Vorgänger ES-100 hat sich hinsichtlich der Klangerzeugung nichts geändert, es kommen somit die gleichen Samples zum Einsatz. Auch wenn die Soundpalette des ES-110 bereits gut ausfällt, hätte Kawai die Messlatte nach 3 Jahren durchaus noch etwas höher setzen dürfen.
Allerdings wurde der Bereich der Bearbeitungsmöglichkeiten leicht erweitert. Mit Hilfe der Parameter Dämpferresonanz, Intonation, Hammerrückfallgeräusch und Dämpfergeräusch lassen sich die Piano-Sounds an die persönlichen Vorlieben anpassen. Das ging bereits beim Vorgänger, neu ist allerdings die Möglichkeit, die Temperierung samt Grundtonart anzupassen.
Die vielseitigen A-Pianos klingen allesamt sehr authentisch und können mit vielen Klangdetails aufwarten. Gerade in den hohen Lagen der Klaviatur können vor allem die Hauptsounds Concert Grand oder die zweite Variante Concert Grand 2 sehr gut überzeugen. Dank der weiteren sechs A-Pianos ist dazu genug Material vorhanden, um sowohl klassische Klavierstücke als auch Jazz- oder modernere Pop-Songs zu spielen.
Bei den drei E-Pianos handelt es sich um jeweils eine Variante eines Rhodes, Wurlitzers und FM-Pianos. Während Rhodes und Wurlitzer mit einem sehr schönen Klang aufwarten und dank ausreichend Velocity-Stufen auch tatsächlich etwas Klangformung während des Spielens gestatten, fällt die FM-Variante leider etwas ab. Besonders in den hohen Lagen ist der Sound etwas dünn und könnte insgesamt etwas mehr Brillanz vertragen.
Die restlichen Sounds sind durch die Bank weg gut bis sehr gut. Die Streicher könnten etwas authentischer und realistischer klingen, dafür bieten der akustische und elektrische Bass ausreichend Fundament in den tiefen Lagen. Eine Jazz- sowie eine Pfeifenorgel sorgen für den passenden Sound in der klassischen Kirchenmusik wie auch im modernen Bandkontext. Allerdings ist es schade, dass Kawai dem ES-110 keine ordentliche Rock-Orgel mit auf den Weg gegeben hat, denn die gehört meiner Meinung nach einfach zu einem Stagepiano hinzu. Gerade wenn man das ES-110 auch auf der Bühne einsetzen möchte. Harpsichord und Vibraphone runden das insgesamt sehr gute Soundangebot des ES-100 gekonnt ab.
Extras
Das Kawai ES-110 verfügt über eine kleine Effektsektion mit drei Hall-Varianten, einem Equalizer und einem Brillanzregelung. Damit man als Anfänger das eigene Klavierspiel aufzeichnen und somit im Nachhinein kontrollieren kann, erlaubt das Stagepiano die Aufnahme von maximal drei Songs, das Fassungsvermögen des internen Speichers beläuft sich auf rund 15.000 Noten. Leider lassen sich die Aufnahmen nur intern nutzen, eine spätere Bearbeitung am Computer fällt durch die fehlende USB-Verbindung leider flach. Alternativ sollte man das Spiel über eine MIDI-Verbindung extern aufnehmen, um die Stücke auch später bearbeiten zu können.
Die Lieblings-Soundkombinationen lassen sich auf vier Registrierungen abspeichern. Split und Layer beherrscht das Kawai ES-110 ebenfalls, d.h. die Tastatur lässt sich entweder in zwei Bereiche mit unterschiedlichen Soundkombinationen wie Piano/Bass, E-Piano/Streicher etc. aufteilen bzw. es lassen sich maximal zwei Sounds als Layer übereinander schichten. Das Lautstärkeverhältnis ist dabei sowohl bei Splits als auch bei Layer individuell einstellbar.
Damit man nicht nur mit dem oftmals sehr eintönigen Metronom üben muss, bietet das Kawai 100 interne Rhythmen. Dabei handelt es sich um einfache Schlagzeuggrooves, zu denen man im Tempo spielen kann, eine schöne Abwechslung. Eine Lesson-Funktion mit 25 Übungsstücken von Burgmüller und aus Alfreds Basic Piano 1A/1B Buch sind ebenso enthalten wie 12 Demo-Songs.
Gegenüber dem Vorgänger ES-100 bietet das ES-110 eine Bluetooth 4.0 Schnittstelle. Damit lassen sich MIDI-Daten beim neuen Modell nicht nur per klassischer MIDI-Kabelverbindung herstellen, sondern auch drahtlos via Bluetooth. Potentielle Bluetooth-Mitspieler sind natürlich Smartphones oder Tablets und deren passende Apps. Mit der KAWAI Virtual Technician App lassen sich dann z.B. alle Piano-Parameter einstellen oder man verbindet das ES110 via BT-LE mit Apples GarageBand. Im Laufe des Jahres soll noch ein vollständiger Editor für iOS und Android folgen.
Noch ein Hinweise zu den Audiobeispielen: Da das ES-110 die gleiche Klangerzeugung bietet wie der Vorgänger ES-100, findet Ihr hier die gleichen Audiobeispiele.
Hast du zufällig die MIDI-Latenz via Bluetooth getestet?
@Chick Sangria Hi Chick Sangria,
nein, tut mir leid, die habe ich nicht getestet.
Viele Grüße
Felix
Mir ist es unverständlich, warum das Gerät „ur-alt“-Midi und Bluetooth, aber kein USB hat.
Letzteres gibt es ja nicht gerade erst seit vorgestern. Sehr seltsame Schnittstellen-Politik. Für 700€ sollte das drin sein.
Habe letztens auch vor der Wahl gestanden und für die schnelle Mugge zwischendurch + Einsatz zu Hause mit Anbindung zum Rechner nach einem ein Stagepiano gesucht und mich deshalb lieber für das Yamaha P-115 entschieden.
@vssmnn Tja, so unterschiedlich sind die Bedürfnisse. Ich finde midi din viel besser. Als USB.
Deshalb (u. A.) will ich keins der. Einsteiger Yamahas kaufen
Zitat:“ Entgegen dem Vorgänger ES-100 kann man beim ES-110 somit das Signal auch an eine externe Beschallungsanlage ausführen, das wertet das aktuelle Modell deutlich gegenüber dem Vorgänger auf. Die internen Lautsprecher lassen sich dann entweder als Monitor nutzen oder abschalten. „Zitat Ende
Nach meinen Informationen durch einen Bekannten,der das ES100 besitzt hat das ältere ES100 die gleichen Möglichkeiten,lediglich 3 kg weniger Gewicht und die leichten Veränderungen bei den Sounds sehe ich als Vorteil.beim neuen ES110.
Was ist denn jetzt richtig bitte?
@YC45D Hallo,
entgegen dem ES-100 verfügt das ES-100 über Line Ausgänge. Die gab es beim ES-100 nicht. Man konnte eine externe PA zwar über den Kopfhörerausgang anschließen, mit Line Outs geht das aber deutlich besser. Zusätzlich kann man dann auch noch zwei Kopfhörer anschließen.
@Felix Thoma Hallo Felix Thoma,danke,ich vermute mal einen Schreibfehler…?
Aber bitte zur Richtigstellung noch einmal posten,danke.
„entgegen dem ES-100 verfügt das ES-100 über Line Ausgänge. Die gab es beim ES-100 nicht. „
@YC45D Tut mir leid, ein Schreibfehler. Es sollte heißen: Entgegen dem ES-100 verfügt das ES-110 über Line Ausgänge. Die gab es beim ES-100 nicht…
“ Entgegen dem Vorgänger ES-100 kann man beim ES-110 somit das Signal auch an eine externe Beschallungsanlage ausführen, das wertet das aktuelle Modell deutlich gegenüber dem Vorgänger auf. Die internen Lautsprecher lassen sich dann entweder als Monitor nutzen oder abschalten. “
Nach meinen Informationen durch einen Bekannten,der das ES100 besitzt hat das ältere ES100 die gleichen Möglichkeiten,lediglich 3 kg weniger Gewicht und die leichten Veränderungen bei den Sounds sehe ich als Vorteil.beim neuen ES110.