Entertainer-Keyboard in Modul-Form
Der Hersteller Ketron produziert seit Jahrzehnten tolle Entertainer- und Arranger-Keyboards, steht aber auch heute noch etwas im Schatten der großen Keyboard-Hersteller Yamaha, Korg und Roland. Mit dem Ketron EVM Expander hat das italienische Unternehmen seit einiger Zeit ein interessantes Entertainer-Modul im Portfolio, das zusammen mit einem Touchscreen betrieben wird. Wir haben uns das EVM Bundle einmal näher angeschaut.
Kurz & knapp
- Authentischer Klang: Hochwertige Sounds und live eingespielte Styles sorgen für authentischen Klang.
- Komfortable Bedienung: Die Touchscreen-Bedienung ist komfortabel und übersichtlich.
- Vielfältige Anschlüsse: Mikrofon-, MIDI- und zahlreiche weitere Verbindungen stehen zur Verfügung.
- Live-Nachteile: Externes Netzteil und lauter Lüfter stören den Live-Betrieb.
- Gehobener Preis: Preislich im oberen Segment, aber mit guter Ausstattung.




Inhaltsverzeichnis
Was ist das Ketron EVM Modul?
Im Gegensatz zum kürzlich getesteten Dexibell SX8 handelt es sich beim Ketron EVM nicht um ein reines Sound-Modul. Vielmehr ist das EVM ein waschechtes Entertainer- bzw. Arranger-Modul, das die komplette Bandbreite eines solchen Keyboards bietet, nur eben in Modul-Form. D.h. neben allerhand Sounds ist das Modul auch mit Styles und einer kompletten Begleitautomatik, Effekten uvm. ausgestattet.

Das kompakte Modul besitzt nur wenige Bedienelemente und wirkt eher wie ein unscheinbares kleines Audio-Interface
Das Modul selbst ist 270 x 200 x 60 mm groß und bringt rund 2 kg auf die Waage. Allzu klein ist es also nicht. Das Modul besteht aus einem Kunststoffgehäuse mit abgeschrägten Ecken und macht insgesamt einen gut Eindruck. Ein Rahmen aus Metall hätte die Haptik aber definitiv noch einmal aufgewertet.
Die Vorderseite bietet einen Power-on/off-Schalter sowie die komplette Eingangssektion des Moduls. Denn wie auch bei einem richtigen Entertainer-Keyboard lässt sich am EVM Modul allerhand anschließen. Entsprechend bietet die Vorderseite einen Mikrofoneingang im Combo-Format (XLR/TRS) samt Gain-Regler und schaltbarer Phantomspeisung.
Direkt daneben liegt ein weiterer Eingang, der im Klinkenformat gehalten ist und laut Ketron sowohl für Mikrofon- als auch für Line- und Instrumentensignale ausgelegt ist. Auch für diesen Eingang gibt es einen Gain-Regler.
Während sich die Main-Ausgänge des Moduls auf der Rückseite befinden, hat Ketron den Kopfhörerausgang praktischerweise auf die Vorderseite gesetzt. Für eine bessere Übersicht zeigen mehrere kleine LEDs den Betriebszustand der MIDI-Ports, LAN, HDMI und VNC an. Abgeschlossen wird die Vorderseite des Moduls mit einem Lautstärkeregler.
Welche Anschlüsse bietet das Ketron Modul?
Auf der Rückseite des Moduls bietet das Ketron EVM zunächst zwei 6,3 mm Klinkenausgänge, die als Main-Ausgang dienen. Weitere (Sub-) Ausgänge, wie es beispielsweise das Ketron Event bietet, gibt es beim EVM nicht.
Zwei Pedale (Sustain, Volume) plus eine Footswitch-Einheit lassen sich am Modul betreiben. Dazu bietet es insgesamt zwei MIDI-DIN-Eingänge, einen Thru-Anschluss und einen MIDI-Ausgang. Über einen USB-B-Port lässt sich das Modul mit einem Computer verbinden, die anderen beiden dienen zur Verbindung mit dem Touchscreen. Ein HDMI-Ausgang für den Anschluss dieses Touchscreens bzw. eines externen Monitors, ein SD-Kartenslot sowie eine Ethernet-Buchse runden die Rückseite des Moduls ab.
Betrieben wird das Ketron EVM mit einem externen Netzteil. Dieses gehört zum Lieferumfang. Für den Einsatz zu Hause ist das absolut ok, für den Einsatz auf der Bühne hätte ich lieber ein internes Netzteil gesehen, das mit einem überall erhältlichen Kaltgerätekabel angeschlossen wird.
Verbindung: Ketron EVM Modul mit einem Touchscreen
Für die Verbindung zwischen dem EVM Modul und dem zugehörigen Touchscreen sind genau drei Kabel notwendig, wobei ein Kabel ausschließlich als Stromversorgung für den Touchscreen dient. Den Strom für den Touchscreen kann man grundsätzlich auch über ein USB-Gerät beziehen. Praktischer ist es aber natürlich, wenn man einfach alle drei Kabel mit dem Modul verbindet.
Zwar benötigt das Ketron EVM Modul irgendeine Art von Bedienungshilfe, zwingend erforderlich ist der zum Bundle gehörende Touchscreen aber nicht, denn das EVM Modul lässt sich auch drahtlos mit einem Tablet verbinden. Mit einem iPad der 10. Generation hat das während des Tests auch sehr gut funktioniert, es gibt aber wohl einige Tablets, bei denen dies hinsichtlich einer zu größeren Latenz nicht empfohlen wird.


Deutlich komfortabler, da einfach größer, ist der mitgelieferte Touchscreen aber definitiv. Dieser misst 15,6 Zoll und reagiert gut auf Fingerdruck, wenn auch etwas langsamer als bei einem Apple Tablet.
Im folgenden Video stellt Ketron die Verbindungsmöglichkeiten kurz dar:
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Touchscreen-Bedienung des Ketron EVM Expanders
Das Ketron EVM Modul bietet die gleichen Features wie die Keyboards der EVENT-Reihe, d. h. man holt sich mit dem Modul ein komplett ausgewachsenes und professionelles Entertainer-Modul nach Hause, das mit unzähligen Sounds, Rhythmen, Effekten und Playern ausgestattet ist.
Hat man die Verbindung erfolgreich hergestellt, was im Test ohne Weiteres funktionierte, wird auf dem Touchscreen eine sehr übersichtliche Oberfläche angezeigt, die mit virtuellen Buttons und Fadern ausgestattet ist. Im Gegensatz zur Oberfläche eines Entertainer-Keyboards ist das alles natürlich kompakter zusammengestellt, so dass es für einen Touchscreen passend ist, aber es sind alle Funktionen vorhanden und, sofern nicht direkt über den Hauptbildschirm erreichbar, erreicht man alles mit nur wenigen Klicks.
Konzipiert ist das Ketron EVM Modul sowohl für den Einsatz zu Hause als auch für Auftritte. Dank seiner MIDI-Kompatibilität lässt sich es sich ohne Weiteres in bestehende Setups einbinden und dank des bedienungsfreundlichen Touchscreens kann man das Modul mit ausreichend langen Kabeln auch in einem Rack oder sogar hinter der Bühne verschwinden lassen.
Für den Touchscreen ist natürlich ein geeigneter Platz notwendig. Beispielsweise könnte man ihn auf dem Notenständer eines Keyboards platzieren. Alternativ bietet Ketron auch einen passenden Ständer für den Touchscreen an:
Einsatz des Ketron EVM Expanders
Mit 464 Voices ist das Ketron EVM Modul von Haus aus gut ausgestattet. Die Bandbreite ist, wie es sich für ein Entertainer-Gerät gehört, sehr groß, so dass Nutzer von akustischen und elektrischen Pianos über Orgeln, Gitarren, Streicher bis hin zu Synthesizer- und Drum-Sounds alles geboten bekommen. Maximal zwei Voices, die beide jeweils bis zu drei Sounds beinhalten dürfen, plus Lower-Part können gleichzeitig gespielt werden, die maximale Polyphonie liegt bei ordentlichen 216 Stimmen.
Wer eigene Voices erstellen möchte, kann diese auf einem der 1.280 User-Voices ablegen und hierfür einen 1 GB großen Flash-Speicher nutzen. Weitere 1,5 GB stehen für zusätzliche Werks-Soundbänke zur Verfügung. Toll ist, dass man die einzelnen Sounds des Moduls nicht nur aufrufen und spielen, sondern tatsächlich auch verändern kann. Hierfür steht u. a. eine ADSR-Kurve zur Verfügung.
Klanglich bekommt man beim Ketron EVM Modul viel Gutes geboten. Die akustischen und elektrischen Pianos klingen hervorragend und auch die Orgel-Sounds können sich hören lassen. Für diese steht unter Drawbars ein eigener Klangerzeuger zur Verfügung, der neben sehr guten Sounds auch tolle Orgel-spezifische Parameter und Einstellungen bietet. So lassen sich für den virtuellen Rotor beispielsweise zwei Einstellungen anlegen (Low & High Drive), dazu diverse Rotor-Parameter beeinflussen und Percussion einstellen. Das ist schon sehr amtlich, toll!
Auch wenn mir der Effekt bei meinem Nord Electro 5 noch etwas besser gefällt, braucht sich das Ketron Modul klanglich hier nicht zu verstecken! Super ist auch die Möglichkeit, das Modul mit einem Orgel-Controller zu nutzen, d. h. man kann Upper, Lower und Pedal auf verschiedenen MIDI-Kanälen ansprechen und spielen.
Neben den Orgel-Sounds gefallen mir die Solo-Streicher- und Bläser-Sounds der „Real Sound“-Kategorie, da diese insgesamt deutlich authentischer klingen als klassische MIDI-Streicher und -Bläser, was vor allem an der Ausklingphase der Sound-Presets liegt. Aber auch die instrumentenspezifische Artikulationen der Real-Sounds sowie die Round-Robin-Samples dieser Instrumente sorgen dafür, dass diese deutlich realistischer klingen als die normalen Sounds.
Einige Soundbeispiele findet ihr im folgenden Video (ab 04:00 min) und am Ende dieses Tests:
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Styles
Bei den Styles gilt Ketron bereits seit vielen Jahren als Vorreiter, setzt man beispielsweise doch schon lange auf live eingespielte Drums und komplette Patterns, die aus Intro, Ending, Groove und Variationen bestehen. Im Gegensatz zu klassischen MIDI-generierten Drum-Grooves klingt das natürlich deutlich besser und authentischer. Auch im Bass- und Akkord-Bereich der Styles hat Ketron solche Live-Aufnahmen zu bieten, so dass die Begleitautomatik, die beim Ketron EVM Expander im Übrigen ganz normal in Form eines Tastatursplits (also links der Akkord-Bereich, rechts die Melodieinstrumente) gesteuert wird, insgesamt sehr hochwertig klingt.
Alle Styles sind mit jeweils vier Intros und Endings, vier Variationen des Styles-Patterns sowie Fills und Breaks ausgestattet. Alle können mit Hilfe der Audio Style Modeling Section bearbeitet werden, was nicht nur die MIDI-Patterns, sondern auch die o. g. Audio-Patterns mit Schlagzeug, Bass und Akkorden einschließt. Auch eigene Styles lassen sich erstellen.
Hier ein Video mit weiteren Sounds und Styles des Ketron EVM Expanders:
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Effekte
Im Bereich der Effekte lässt sich Ketron nicht lumpen und hat dem Ketron EVM Expander neben zwei Stereo-FX-Inserts, die Voice 1 und Voice 2 zugewiesen werden können, einen weiteren Insert für die Arranger-Akkorde sowie einen für die Real-Chords spendiert. Aus insgesamt 64 einzelnen Effekten sowie 64 Effektketten darf man als Nutzer hier auswählen und die Qualität ist durch die Bank weg sehr hochwertig. Klar, man hat hier nicht so detaillierte Einstellungsmöglichkeiten wie man das von einem Plug-in kennt, aber für den Live-Einsatz ist das alles sehr gut einsetzbar.
Stems
Das Thema Stems bringen die meisten Leser vermutlich mit den Stem-Gruppen eines Mixers oder mit der aktuell in vielen DAWs und Audio-Tools zu findenden Funktion in Verbindung, bei der aus einem fertigen Stereo-Mix wieder die einzelnen Song-Bestandteile wie Drums, Bass, Akkorde und Vocals entmixt werden.
Beim Ketron EVM Expander kann ein Stem oder ein Stem-Projekt dagegen aus vier Szenen bestehen, wobei jede Szene aus fünf Audiospuren, insgesamt also 20 Spuren, bestehen kann. Innerhalb jeder Szene können die fünf Audiospuren gleichzeitig geloopt werden. So lässt sich ein fertiger Song in unterschiedliche Bestandteile aufgeteilen, die sowohl hinsichtlich des Arrangements als auch hinsichtlich der Lautstärke durch Starten/Triggern der einzelnen Szenen live kombiniert werden können.
Anschluss eines Mikrofons
Wie bereits erwähnt, lassen sich am Ketron EVM Modul über die zwei Eingänge INPUT und MICRO auch Mikrofone oder andere Instrumente anschließen. Für den Mikrofoneingang bietet Ketron ab Werk mehrere Klang-Presets an (im Bild ist Preset „Standard“ gewählt), die Kombinationen aus Reverb-Effekt, Equalizer-Einstellungen und Kompressor enthalten. 10 Presets plus ein User-Preset lassen sich nutzen und auf Wunsch lassen sich die Factory-Einstellungen auch überschreiben.
Player und Recorder
Das Ketron EVM Modul verfügt über zwei vielseitige Player, die die üblichen Mediendateien/Formate wie WAV, MP3, MP4, AVI, MOV, SMF und KAR verarbeiten können. Zusätzlich lassen sich Textdateien im TXT- und Bilddateien im JPG- und PNG-Format anzeigen und via Bluetooth kann auch ein externer Player eingebunden werden. Texte und Noten lassen sich natürlich synchron zur Audio- oder MIDI-Datei auf dem Touchscreen anzeigen. Nutzt man für die Steuerung des EVM Moduls ein Tablet, lässt sich am rückseitigen HDMI-Ausgang auch ein externer Monitor für diese Anzeige anschließen.
Innerhalb der zwei Player stehen diverse Funktionen und Parameter wie das Setzen von Markern, das Erstellen einer Playlist, Anpassung des Tempos oder die Jukebox-Funktion zur Verfügung. Diese Funktion ähnelt den Performances, also den kompletten Speichereinträgen, die Sounds, Styles, Effekte etc. beinhalten. Der Unterschied ist, dass die Jukebox-Funktion lediglich mit Musik- und Videodateien kombiniert werden kann.
Aufzeichnen kann das Modul in den Format WAV und MIDI und überzeugt hier beispielsweise mit einer Auto-Record-Funktion, die gestartet wird, sobald ein zuvor eingestellter Threshold überschritten wird. Ebenfalls interessant ist die „Style Song Aufnahme“, bei der das EVM Modul die gesamte Begleitautomatik, Backing-Parts und Akkordwechsel im MIDI-Format aufzeichnet. So lässt sich beispielsweise ein komplette Song mit allen Teilen wie Intro, Strophe, Refrain etc. vorbereiten und bei einem Auftritt komplett abspielen.
Eigentlich eine gute Idee, wenn man sein schweres 88 Tasten Keyboard nicht immer zwischen Proberaum und den eigenen 4 Wänden umhertragen will, sondern nur die Sound(erzeugung) zwischen beliebigen Keyboard-Controllern physisch hin- und herbewegt.
Letzendlich ist aber der Preis doch recht ambitioniert. Da ist man mit einem kleinen Laptop, VST-Host/-plugins und einem kleinen Audio-IF doch billiger unterwegs – und sogar flexibler, da man ja bei VST Plugins kaum Beschränkungen hat…. und der (Touch-)Bildschirm ist auch schon fest montiert :-)
Die Idee finde ich super.. Aber ganz ehrlich… Da leg ich lieber was drauf und hol mir ein komplettes Keyboard, wo ich dann auch alles vernünftig bedienen kann…
Nur ein Modul, wo ich noch weiteres Equipment benötige sollte nicht so teuer sein.. Ich meine noch ne Tastatur und ein Touchscreen, Halter usw… Da kann ich mir gleich ein Genos kaufen
Aber wäre schön, wenn es sowas mal für kleineres Geld gäbe
@Andreas Der Preis ist recht hoch. Hier hängt aber alles davon ab, wie gut Ketron das Modul pflegt und mit Updates versorgt. Wenn man schon ein gutes Keyboard hat und nicht für einige neue Sounds und Styles auf immer das neueste Entertainer Keyboard upgraden möchte, ist das eventuell eine gute Alternative. Vielleicht ist das Modul gerade für Besitzer älterer Ketron Keyboards interessant? Keine Ahnung. Das Ketron Modul richtet sich ganz sicher nicht an die Gelegenheitsspieler zu Hause, sondern an Bühnenmusiker, die mit möglichst leichtem und kleinem Besteck professionell unterwegs sind und entsprechende Gagen aufrufen. Da schreckt dann der Preis nicht so sehr ab und für diejenigen ist es ein Abschreibeobjekt. Ich denke da auch an Musiker, die mal mit Band und mal solistisch unterwegs sind. Die Styles und Sounds sind jedenfalls sehr gut und gerade das Funk-Hörbeispiel hat es mir angetan.