Ein modulares Spring-Reverb
Der Moisturizer der kleinen Firma Knas Ekdahl aus Baltimore ist ein Federhalleffektgerät in Pultform mit offenliegenden Hallfedern und integriertem Filter, das über den eigenen LFO moduliert werden kann. Was man mit dem Knas Ekdahl Moisturizer alles anstellen kann, zeigen wir im folgenden Testbericht.
Inhaltsverzeichnis
Trotz ihrer technischen Mängel und ihrem leicht unnatürlichen, metallischen Klang sind Spring-Reverbs weiterhin populär, was auch mit ihrem mechanischen Aufbau zusammenhängen mag: Eine vibrierende Feder wirkt auf viele Musiker faszinierender als ein integrierter Chip eines digitalen Halls.
Spring-Reverbs sind immer wieder Thema bei AMAZONA.de. Für die Geschichte des Federhalls empfehle ich diesen Artikel, für eine Marktübersicht diesen.
Aufbau des Moisturizer
Der Moisturizer ist ein Beispiel gelungenen Industriedesigns dank eines übersichtlichen Aufbaus mit Sektionen für Input, Filter, LFO und Output sowie farbigen Potikappen: schwarz für Gain, Filter-Cutoff, Resonance, Effektanteil und Output, während die roten Potikappen für den LFO und dessen Intensitäten stehen.
Das helle Gehäuse setzt einen angenehmen Kontrapunkt zum weithin dominierenden Schwarz der meisten Studiogeräte und ist durch die schräge Frontpartie ergonomisch gestaltet. Definitiv ein Desktop-Gerät. Ein Rack-Einbau ist nicht vorgesehen, was bei den offenliegenden Hallfedern auch eher schwierig umzusetzen wäre.
Der Moisturizer ist üppig mit Anschlüssen gesegnet. Auf der Rückseite finden sich neben den beiden obligaten Audioein- und ausgängen ein LFO-Output sowie CV-Eingänge für Reverb Mix, VCF Cutoff, Filter Mode, Filter Mix und LFO Frequenz. Alle Anschlüsse sind für große Klinke ausgelegt. Die Stromversorgung erfolgt über ein externes Netzteil.
Der Halltank kann dank offenliegender Cinch-Anschlüsse, die bei Federtanks weiterhin Standard sind, problemlos ausgetauscht werden. Ein passender Ersatzfedertank schlägt mit 65,- Euro zu Buche, wobei natürlich auch andere (größere) Federtanks angeschlossen werden könnten. Da diese natürlich einen großen Anteil am Klanggeschehen haben, kann es sich durchaus lohnen, mit anderen Federtanks zu experimentieren.
Der Signalfluss ist mehrheitlich von links nach rechts strukturiert, wobei zuerst die Hallspiralen und danach das Filter durchlaufen werden, obwohl das Bedienpanel etwas anderes vermuten lässt. Ändern lässt sich diese Konfiguration nicht, trotz des ansonsten modularen Aufbaus.
Links beginnt es mit der Input-Kontrolle mit einem maximal zehnfachen Gain, so dass auch schwache Pickups und Mikrofonsignale ausreichend verstärkt werden können. Das Multimodefilter lässt sich stufenlos von Tiefpass über Bandpass zu Hochpass überblenden, dies auch über Steuerspannung, wobei drei LEDs den Status des Filters anzeigen. Die Resonanz reicht bis zur Selbstoszillation, während Cutoff wie auch der Filter-Modus durch eine externe Steuerspannung oder den LFO moduliert werden können. Ein Filter mit einem gewissen Seltenheitswert: Überblendbare Multimodefilter sind nicht gerade häufig anzutreffen, erst recht nicht mit spannungssteuerbarem Filtermode, wodurch der Moisturizer nur schon deshalb für Musiker mit modularem Equipment interessant ist.
Der LFO schwingt mit einer Frequenz von ca. 20 Sekunden pro Zyklus bis knapp unter den Audiobereich, die Schwingungsform lässt sich dabei stufenlos von Dreieck zu Rechteck überblenden. Außerdem kann der Ausgang des LFOs auch extern abgegriffen werden. Praktischerweise mit eigenem Abschwächer, wodurch man ihn auch auf andere CV-steuerbare Eingänge des Moisturizers routen könnte, z.B. den Reverb Mix. Und last but not least ist die LFO-Frequenz spannungssteuerbar.
In der letzten Sektion (Output Mixer) werden neben der Ausgangslautstärke auch die Effektanteile bestimmt, getrennt für die Hallspirale und das Filter. Etwas ungewohnt, doch durchaus passend, sind dabei die Beschriftungen. Der Hall wird nicht von „Dry“ zu „Wet“ geregelt, sondern zu „Soup“, was den Charakter bei vollem Effektanteil treffend umschreibt.
Der Knas Ekdahl Moisturizer in der Praxis
Das Eingangssignal ist in einem weiten Bereich regelbar, so dass Pickups passiver Instrumente kein Problem darstellen. Bei hohen Werten beginnt das Signal leicht zu verzerren, wie es im folgenden Beispiel mit einer Sinusschwingung zu hören ist:
Dabei bleibt das Signal weitgehend rauschfrei und durchläuft als erstes den Spiralhall:
Bei (zu) hohen Pegeln können Knackgeräusche der Hallspirale auftreten:
Die Besonderheit des Moisturizers schlechthin sind die offenliegenden Federn, die geradezu einladen, berührt zu werden. Je nach Material (Stück Pappe, Metallstift, Finger etc.) und Spielweise sind damit sehr unterschiedliche Klänge möglich, auch in Kombination mit dem Filter, wodurch der Moisturizer zum Instrument wird, auch ohne angeschlossenen Klangerzeuger.
Filter
Das Filter halte ich für eines der bestklingenden, mit denen ich je das Vergnügen hatte, so dass ich es zweifelsfrei in mein modulares Setup integrieren würde.
Gitarre
Der Moisturizer macht auch an einer akustischen Gitarre eine gute Figur. Das Signal einer Levin mit Nylonsaiten wird mittels Piezo (Schaller Oyster) direkt in den Moisturizer geführt, dessen Eingangsverstärker problemlos mitspielt.
Rhodes
Auch ein Rhodes profitiert vom Klang eines Spring-Reverbs. Da mein Mark 1 gerade nicht griffbereit war, behalf ich mir mit dem Roland RD-2000EX, das gerade zu einem Test bei mir steht. Zu Beginn ist das unbearbeitete Signal zu hören, nach ca. zehn Sekunden mit Effekt. Der Spring-Reverb-Sound macht den Sound angenehm breit mit einem unüberhörbaren Vintage-Charakter.
Zum Schluss noch zwei experimentelle Aufnahmen mit direkt angespielten Hallfedern. Beim Ersten ist der LFO mit dem spannungssteuerbaren Reverb-Mix verbunden, beim Zweiten habe ich ein Delay-Pedal (TC-Electronic Nova) nachgeschaltet.
Allgemein klingt der Moisturizer stets sauber und frei von (unerwünschten) Nebengeräuschen. Ehrlich erstaunt war ich ob der Tatsache, dass die offenliegenden Federn gegen Einstreuungen von Stromkabeln oder Mobiltelefonen immun sind. Die Verarbeitung ist tadellos. Eine Besonderheit ist mir noch aufgefallen: Mein Testmodell ließ sich nicht über die Stromleiste einschalten, sondern nur durch erneutes Einstecken des Netzteils am Gerät.
Knas Ekdahl: Eine Firma als Kunstprojekt
Knas (ausgesprochen Ka-nahs) ist Karl Ekdahls Über- und Künstlername. Der gebürtige Schwede ist, wie er selbstironisch anmerkt, sowohl „kapitalistischer Besitzer“ als auch „proletarischer Arbeiter“ der Firma Knas Ekdahl, die unter Mithilfe einiger Freunde seit 2009 in Baltimore den Moisturizer baut, „for the purpose of world domination“, wie er mit künstlerischer Übertreibung anmerkt.
Überhaupt betrachtet er Knas weniger als Firma, sondern eher als Kunstprojekt seiner eigenen Kreativität. Perfektion hält er für überschätzt, für ihn zeige sich der wahre Wert eines Instrumentes im Unperfekten. Den Moisturizer „paper-perfect“ zu kalibrieren hält er für Zeitverschwendung. Dennoch werden alle seine Effektgeräte natürlich getestet, bevor sie verschickt werden; es könne aber vorkommen, dass zwei baugleiche Moisturizers leicht unterschiedlich klingen.
Nebst dem Moisturizer baut Knas den Quad Massager: ein quadrophonischer Panner mit Joystick. Die Produktion des Drone-Synthesizers Polygamist wurde hingegen eingestellt.
Vielen Dank für den guten Test, Martin Andersson.
Aussagekräftige Soundbeispiele inklusive Synth, super.
Interessantes Gerät, sympathischer Künstler.
Gruß masterBlasterFX
Angesichts der relativ simplen Technik eines Federhalls und Filtern erschien mir erst der Preis etwas hoch. Aber es ist kein Massenprodukt und sicherlich auch nicht minderwertig verarbeitet. Von daher denke ich geht das klar für dieses einzigartige Produkt. Das mit dem Mute-Taster kann ich mehr als verstehen. Wer schon mal einen Federhall in voller Lautstärke angeschubst hat, weiß was für eine „Ohrenmassage“ er bekommt. Zärtliche Berührungen sind daher sehr zu empfehlen. 😁 Allem in allem gefällt mir dieses Gerät wirklich gut und ich denke es trifft auf eine große Breite an Musikern. Vom Dub-Reaggae-DJ bis zum Synthesizerfreak dürfte alles dabei sein. Klingt gut und sieht stylisch aus. Ein wirklich zeitloses Teil.
@Filterpad 👍
Was mich bei den Klangbeispielen erstaunt, dass dein Moisturizer kaum rauscht. Meiner rauscht leider wie Hölle. Hmm vielleicht sollte ich den mal öffnen. Schöner Test.
@superdisco101 Ja, das hatte mich beim Test auch erstaunt.
Das Testgerät war defacto frei von Störgeräuschen.
Ich nutze den Moisturizer seit vielen Jahren und ich liebe ihn.
Mein letzter Einsatz war übrigens gerade erst gestern am Modularsystem und morgen wird er wieder eingeschaltet.
Ich hatte schon sehr viel Federhall in den Händen, aber dieser ist wirklich einzigartig gut.
Dazu kommt noch dieses enorm gute Filter, es klingt so sahnig schön.
Eigentlich möchte ich euch das wunderbare Gerät gar nicht weiter empfehlen, weil ich diesen Sound am liebsten ganz für mich alleine hätte.
Also, bitte bitte nicht kaufen!
Es wird euch süchtig machen!
Wenn ihr dann noch mit den Fingernägeln zart über die Federn kratzt, dann GRRRRR, wird euch das ganz wuschig machen.
😁
@Bernd-Michael Land Danke für Deinen ausführlichen Kommentar, Bernd-Michael. Mir gefiel der Moisturizer auch ausserordentlich gut während der Testphase. Und das Filter klingt hervorragend. „Sahnig schön“ – kann ich nur unterschreiben.
@Bernd-Michael Land haha 😅
@Bernd-Michael Land 👍
… und da möge noch einer sagen, was es nicht bei Thomann zu kaufen gibt, wird bei AMAZONA totgeschwiegen😉. Als digitale Alternative könnte ich den Primavera von Pulsar Audio empfehlen.
@Ebi …und dann klopfst und kratzt du nicht auf der Hallspirale, sondern auf dem Rechner herum?
Das stelle ich mir sehr lustig vor.
@Bernd-Michael Land … ja das geht tatsächlich mit der Maus, kann die Haptik der Hardware aber natürlich nicht wirklich ersetzen.
Definitiv auch optisch ein ansprechendes Effektgerät.
Man sieht sofort, dass das Gerät sehr stabil gebaut ist.
Den Synthesizer „The Ekdahl Polygamist“ aus selben Hause fand ich auch interessant.
Wird aber schon länger nicht mehr hergestellt.
Wahnsinn wie lange der schon am Markt ist. Bei dem bin ich seit Anfang an in Lauerstellung, hab aber nie zugeschlagen. Was sich durch diesen Artikel ändern könnte.
@Bave the Dutcher Du kannst nichts falsch machen, denn schon wegen dem coolen Filter lohnt die Anschaffung.
tolle Klangbeispiele, toller Federhall! Danke für den Test:)
Das ist ja originales 60’s Design. Filter klingt top.
An der Feder rumspielen klingt alles nach „Gewitter ist die Treppe runtergefallen“. Nix für mich. 🤔
Der Ekdahl Polygamist war mein liebster Semimodularer Synth den ich in den Händen hielt.