Liebling, ich hab die PA geschrumpft
Mit Konnect bringt der japanische Musikelektronik-Hersteller Korg ein portables Beschallungssystem auf den Markt und verspricht dabei nicht weniger als großartigen Stereo-Sound im Kompaktformat. Dabei hat Korg vor allem die Situationen im Blick, bei denen schnell und unkompliziert Stimmen, Musik und Instrumente für ein überschaubares Publikum verstärkt werden sollen. Das umfasst kleine Live-Shows, Partys und Tanzveranstaltungen, aber auch Seminare, Ausstellungen und Präsentationen gleichermaßen. Dank der drahtlosen Steuerung per Tablet- oder Smartphone-App gelingt die Bedienung auch aus der Ferne und die automatische Feedback-Unterdrückung schützt vor allem unerfahrene Anwender vor unerwünschten Rückkopplungen. Ob die Mini-PA das Versprechen nach großartigem Sound auch auf der AMAZONA.de Teststrecke halten kann, wird der folgende Testbericht zeigen.
Ausstattung des Korg Konnect
Korg Konnect erinnert äußerlich an eine moderne Version des Ghettoblasters aus den 90ern. Diejenigen, die ihre Musik noch von Kassetten abgespielt haben, werden sich an die Zeit der auf der Schulter getragenen Musik-Kisten erinnern. Korgs Kompakt-PA präsentiert sich technisch jedoch wesentlich moderner und beherbergt neben drei Lautsprechern ein digitales 4-Kanal-Mischpult mit integrierten Effekten. Der Bass- und Tiefmittenbereich wird dabei von einem 6,5 Zoll Tieftöner wiedergegeben. Die zugehörige Endstufe wird mit 140 Watt Spitzenleistung angegeben. Der Hochtonbereich wird von zwei 1 Zoll-Treibern abgestrahlt, die jeweils von einer Endstufe mit 20 Watt Spitzenleistung angetrieben werden. Die Treiber werden dabei von einer Limiter-Schaltung gegen zu hohe Signalspitzen geschützt. Die beiden Hochtöner sitzen links und rechts des mittig angeordneten Tieftöners und strahlen bei Stereo-Signalen auch jeweils nur einen der beiden Kanäle ab. Hier offenbart sich also die Stereo-Fähigkeit des Korg Konnect. Man sollte bei einer Stereobasis von ca. 30 Zentimetern aber nicht allzu viel Stereo-Klang erwarten.
Die Lautsprecher werden von einem Metallgrill geschützt, während die Bassabstrahlung über die beiden Bassreflex-Ports unterstützt wird. An der Oberseite des Konnect wurde ein großzügiger Handgriff eingearbeitet, die Oberflächenbeschichtung des Kunststoffgehäuses würde ich mir aber etwas robuster und kratz-resistenter wünschen. An der Unterseite befindet sich ein 35 mm Boxenflansch für die Montage auf ein Boxenstativ.
Ein- und Ausgänge des Korg Konnect
Auf der Rückseite des Korg Konnect befinden sich die Eingänge der vier Mischpultkanäle. Kanal eins und zwei sind als Mono-Kanäle mit jeweils einem XLR-Eingang für Mikrofone und einem unsymmetrischen Line-Eingang im 6,3 mm Klinkenformat ausgestattet. Eine Umschaltung der Klinkeneingänge auf Hochohm-Betrieb für den direkten Anschluss von E-Gitarren ist leider nicht implementiert wie eine 48 V Phantomspeisung. Benötigt man derlei Features , muss man auf externe Vorverstärkung zurückgreifen.
Kanäle drei und vier sind als Stereo-Kanal zusammengefasst. Als Eingänge stehen wahlweise zwei unsymmetrische 6,3 mm Klinkenbuchsen und eine Stereo-Miniklinkenbuchse zum analogen Anschluss von mobilen Abspielgeräten zur Verfügung. Kanal 3/4 kann alternativ aber auch per Bluetooth mit Audiodaten beschickt werden. Dazu muss nur kurz die Pair-Taste auf dem Bedienfeld der Rückseite gedrückt und Konnect in den Bluetooth-Einstellungen des Mobilgerätes ausgewählt werden. Die analogen Eingänge haben hier Priorität, ist also ein Stecker in den analogen Eingängen von Kanal 3/4 gesteckt, wird kein Bluetooth-Signal wiedergegeben. Für Bluetooth-Signale sowie analog eingespeiste Musik lässt sich eine Center-Cancel-Funktion aktivieren. So lassen sich z.B. Stimmen weitgehend aus Musik entfernen, was für Karaoke-Zwecke durchaus interessant ist.
Bedienung des Korg Konnect
Die grundlegende Bedienung kann auf der Rückseite des Gehäuses vorgenommen werden. Mit den vier Reglern und fünf Druckknöpfen kommt man dabei schon recht weit. Direkt am Konnect lässt sich die Gesamt- und Einzelkanal-Lautstärke, der Hallanteil, das Hallprogramm und verschiedene EQ-Voicings einstellen. Mit den beiden rechts gelegenen Reglern wird immer der aktive Kanal bearbeitet, wobei sich der aktive Kanal durch das Aufleuchten der zugehörigen gelben LED erkennen lässt. Auch Center-Cancel und die Feedback-Unterdrückung für die Mikrofonkanäle lassen sich direkt am Gerät aktivieren. Die einzelnen Kanäle werden mithilfe sogenannter Voicings im Klang verändert. Direkt am Konnect kann zwischen fünf Voicings ausgewählt werden (Music, Male Vocal, Female Vocal, Electric Guitar, Acoustic Guitar). In der Konnect-App, zu der ich später noch komme, stehen viele weitere Voicings zur Verfügung. Der integrierte Hallprozessor besitzt mit SMALL, MEDIUM, LARGE und BRIGHT & LARGE insgesamt vier Hallprogramme, die sich direkt am Gerät auswählen lassen. Leider wird hier der Reverb-Typ und die Lautstärke mit ein und demselben Regler vorgenommen. In der Konnect App ist das zum Glück anders. Doch grundlegend kommt man auch ohne die App ans Ziel, was für die anvisierte Zielgruppe wichtig sein dürfte.
Korg Konnect App
Heutzutage gibt es anscheinend für alles die passende App und Kompaktgeräte wie das Korg Konnect können durchaus von den tiefergehenden Eingriffsmöglichkeiten in die DSP-Architektur profitieren. Alles, was sich am Gerät einstellen lässt, kann auch in der App aus der Ferne geregelt werden. Dazu wird Konnect per Bluetooth mit einem iOS-Gerät (ab Version 8.1) oder Android-Gerät (ab Version 5) verbunden. Die Konnect App kann kostenlos aus dem iStore oder Google-Play-Store geladen werden. Ist das alles geschehen, wird in der Konnect App der An-Knopf gedrückt und die Verbindung zwischen App und Hardware hergestellt.
Beachten muss man hierbei, dass die Steuerung und falls gewünscht das Musik-Streaming nicht gleichzeitig über Bluetooth erfolgen können. Möchte man Musik per Bluetooth streamen, sollte man die App nicht aktivieren, denn sonst wird die Musik unterbrochen und umgekehrt. Ob das jetzt am verwendeten Bluetooth-Standard (A2DP) liegt, kann ich mangels Information nicht genau sagen und auch das kurz gehaltene Handbuch schweigt darüber. Aber im Test mit iPad-Mini und iOS 9 hat beides gleichzeitig nicht funktioniert. Hier sollte man also entweder alle Einstellungen vorher erledigen oder die Musik analog zuspielen.
Voicings
Pro Kanalzug lässt sich in der App aus insgesamt 17 verschiedene Voicings auswählen, darunter z.B. eine Lautsprechersimulation für E-Gitarren oder auch Bassgitarre sowie weitere Instrument-Voicings. Diese Voicings werden von einem internen 5-Band-Equalizer erzeugt, der laut Korg in Frequenz, Gain und Güte pro EQ-Band akribisch auf den speziellen Einsatzzweck abgestimmt wurde. Im Advanced-Modus hat der Nutzer Zugriff auf die Anhebung und Absenkung von drei der fünf Bänder, wobei die Eckfrequenzen je nach Voicing variieren.
Im Advanced-Modus können pro Kanal mit Chorus, Delay und Kompressor drei Effekte eingesetzt werden. Die Effekte lassen sich aber nur in ihrer Intensität regeln, eine tiefergreifende Einstellungsmöglichkeit gibt es aktuell leider nicht. Für die meisten Nutzer dürfte das in der Regel ausreichend sein, nur das Delay könnte doch wenigstens eine Tap-Funktion zum Einstellen der Delay-Zeit besitzen.
Korg Konnect in der Praxis
Kommen wir gleich zum Eingemachten, denn neben der nötigen Anschlussvielfalt ist bei einer Kompakt-PA der Klang das wichtigste Kriterium. Und hier kann Korg die Werbeversprechen definitiv halten. Der Klang ist im Obertonbereich klar und detailreich und kann hier auch mit Studiomonitoren aus dem gleichen Preissegment mithalten. Der Bass kommt voluminös und kräftig mit einer leichten Überbetonung der oberen Bässe. Aus diesem Grund ist es ratsam, bei einer Sprachbeschallung den Bassbereich der Stimme zu verschlanken, sonst dröhnt es. So richtig überrascht war ich dann bei hohem Pegel. Für einen 6,5 Zoll-Treiber mit relativ kleinem Gehäusevolumen liefert die Kompakt-PA von Korg erstaunlichen Bassdruck. Bei entsprechender Musik spürt man die Bässe regelrecht und auch der Luftzug lässt sich bei vorgehaltener Hand deutlich spüren. Wichtig ist, dass sich die Klangabstimmung auch bei annähernd Maximalpegel kaum ändert. Eine kleine DJ-Beschallung sollte also kein Problem darstellen.
Die Stereo-Beschaltung der Hochtöner ist wohl eher aus Marketinggründen, denn aus klanglicher Sicht implementiert worden. Bei einer Stereo-Basis von ca. 30 cm, die vor allem nur im Hochtonbereich wirksam ist, würde ich von echtem Stereo nicht sprechen. Obwohl Korg in die Software konsequenterweise sogar einen Panning-Regler eingebaut hat. Und da Konnect keinen Stereoausgang zur Weiterleitung der Mischpult-Summe an eine weitere PA besitzt, wird das Signal also zwischen linkem und rechtem Hochtöner gepannt.
Ich muss zugeben, der Unterschied ist hörbar und auch der Gesamtklang ist aus der Entfernung mehr als nur mono. Der Klang verteilt sich besser im Raum und es klingt insgesamt breiter und größer als bei einer reinen Mono-Beschallung durch eine Einzelbox. Damit einher geht aber auch ein gewisser Kammfilter-Effekt im Übergangsbereich der beiden Hochtöner, der bei der geringen Stereobreite nicht zu vermeiden, aber auch nicht wirklich störend ist.
Die Mikrofon-Preamps habe ich wieder mit meinem Shure SM7 getestet, dem großen Bruder des SM58. Der Output ist bei diesem dynamischen Studio-Mikrofon relativ gering, geringer als beim SM58. Dafür bekommt man auch einen feineren, detailreicheren Klang. Am Konnect konnte ich immerhin so viel Verstärkung erzeugen, dass ich ab zwei bis drei Metern Entfernung ernste Feedback-Probleme bekommen habe. Hier macht Korg seine Sache also besser als JBL mit der kürzlich getesteten EON One Pro. Der Stimmenklang gefällt mir auch auf Anhieb sehr gut. Mit dem Male Vocal-Voicing konnte ich im Zusammenspiel mit dem SM7 sogar die typische, sonore Radiosprecherstimme nachbilden – sehr gut. Dabei konnte ich auch gleich die Feedback-Unterdrückung testen. Man hört klar, wenn sie eingreift. Schaukelt sich ein Feedback auf, wird es bei aktivierter Feedback-Unterdrückung fast sofort unterbrochen. Nur wenn man wirklich alles falsch macht, sich mit Mikrofon bei hohem Pegel direkt vor den Lautsprecher stellt und dann noch den Mikrofonkorb zuhält (der typische Fehler unbedarfter Musiker), dann kann auch die Feedback-Unterdrückung nichts mehr ausrichten. Der Umgang mit einem Mikrofon will eben gelernt sein.
Der Hall klingt in jeder Einstellung eher blechern mit klar hörbaren Delay-Rückwürfen, ist live aber nutzbar und es sind immerhin unterschiedlich lange Nachhallzeiten auswählbar.
Obwohl das Handbuch zu einem externen Preamp rät, habe ich meine Gibson SG Special testweise direkt an den Line-Input eingesteckt. Auch wenn der Höhenglanz etwas fehlt, klingt es alles andere als schlecht und weniger dumpf als ich es erwartet hätte, vor allem bei gesplittetem Humbucker. Auch der Test mit vorgeschaltetem T-Rex Dual Drive verlief passabel. Als Voicing habe ich dafür die Guitar Cab Simulation genutzt, um das sonst unvermeidliche hochfrequente Sägen zu vermeiden. Einen echten Gitarrenverstärker ersetzt es definitiv nicht, es sei denn man nutzt einen guten Gitarren-Preamp mit integrierter Lautsprechersimulation. Aber im Notfall ist das eine passable Lösung.
Was man bei so einem Kompakt-System vielleicht erwarten würde, ist der mobile Betrieb per Akku. Wer das benötigt, muss sich weiter umsehen, denn mit Konnect geht das nicht. Betrachtet man das kompakte Gehäuse und das moderate Gewicht von knapp über 5 kg, dann ist es technisch wohl einfach nicht möglich, einen zusätzlichen leistungsstarken Akku unterzubringen, ohne die Verstärkerleistung und den Klang negativ zu beeinflussen.