MIDI-Songspuren mit KI erstellen
Mit dem LANDR Composer Kompositionsmodul ist ein Plug-in auf den Markt gekommen, das alle vorherigen Plug-in-Kompositionshilfen in den Schatten stellt – so viel sei schon mal verraten. Dabei stellt sich die Frage: Wieviel hat das mit „künstlicher Intelligenz“ zu tun? Oder basiert das Ganze schlichtweg auf ausgefeilten Algorithmen, die bei der Zusammenstellung von Chord-Progressions, Bassläufen oder Melodiespuren auf vorgefertigte Muster zurückgreifen? Wir werden sehen.
Inhaltsverzeichnis
Kurze Übersicht zum LANDR Composer
Der LANDR Composer fungiert als polyphones Vierspur-Kompositionstool, das nicht als MIDI-Plug-in aufgerufen wird wie die meisten anderen Kompositionstools, sondern als Audio-Plug-in mit eigener Klangerzeugung. Die Klangerzeugung ist aber rudimentär und dient nur zum Vorhören. Am Ende lassen sich die gewünschten Ergebnisse als MIDI-Spuren auf andere Spuren ziehen.
Im obigen Bild seht ihr die Chord-Spur und darunter die Möglichkeit, drei weitere Spuren hinzuzufügen: Bass, Melody und ARP. Die Chord-Spur bildet dabei immer den Master, dem die anderen drei Spuren sklavisch folgen. Ändert man Akkorde im Master, ändern sich auch Bass-, Melody- und Arpeggiator-Spur. Final sieht das dann etwa so aus:
Features des LNDR Composers
Definitiv eine der Stärken des Plug-ins ist seine unkomplizierte Bedienung. Selbst ohne das Tutorial-Video (siehe unten), das nebenbei bemerkt wirklich hervorragend gemacht ist und schnell die Bedienung erklärt, ist alles so logisch aufgebaut, dass sich vieles von selbst erklärt.
Über den vier Spuren befinden sich „Reiter“, über die man Song-Segmente wie Strophe, Bridge, Chorus etc. generieren kann. Links neben dem Button SAW SYNC (weiß hinterlegt in der obersten Zeile), seht ihr ein Sternchensymbol mit zwei Punkten. Dahinter verbirgt sich die Magie dieses Plug-ins bzw. die KI, um die Beschreibung des Herstellers zu verwenden. Der Einsatz dieser „KI“ ist sehr simpel: Man wählt entweder eine Scene (einen Reiter) aus oder einen Akkord innerhalb eines Reiters, drückt den Magic-Button und erhält eine neue Chord-Abfolge oder eben nur einen neuen einzelnen Akkord, der dann aber zu den vorhandenen passt.
Die Ergebnisse sind wirklich erstaunlich gut und gerade für all diejenigen, die keinen blassen Schimmer von Harmonietheorie oder Noten haben, erschließt sich hier spielerisch ein vollkommen intuitiver und einfacher Zugang zu Songs.
Chords können eingefügt, umgedreht, gekürzt, verlängert und in vielerlei Hinsicht den persönlichen Bedürfnissen angepasst werden. Und selbstverständlich gibt es für alle Akkorde Vorhörfunktionen oder durch Sync mit der DAW gleich die Möglichkeit, die Akkorde in einem vorhandenen Song-Arrangement auszuprobieren oder mit Drums etc. zu unterlegen.
Die Freiheit des Chord-Generators lässt sich jederzeit über die rechte Spalte in die richtigen Bahnen lenken (Tonart, Länge, Takt). Gleichzeitig kann die Masterspur mit (gefühlt unendlich vielen) etablierten Chord-Progressions gefüllt werden. Dafür steht ein eigenes Menü zur Verfügung:
Ihr seht hier schon, dass die rechte Spalte verständliche Beschreibungen anbietet, statt staubtrockener Akkord-Abkürzungen (wie man sie auf der rechten Seite findet).
Extra-Features des LANDR Composers
Jede der vier Spuren kann umfangreich editiert werden – und auch das geschieht zum Teil wieder automatisch. Wieviel Noten sollen pro Akkord angeschlagen werden oder wieviel „Human Feeling“ soll die Bass-Spur enthalten, welche rhythmischen Muster soll der Arpeggiator spielen usw. Und selbstverständlich lässt sich über einen Doppelklick auf eine der vier Spuren, jeder MIDI-Trigger manuell anpassen, wie man das auch aus der DAW heraus gewöhnt ist.
MIDI-Export in die DAW
Jede Spur bietet über die rechte Spalte die Möglichkeit, per Drag & Drop die MIDI-Informationen auf eine beliebige Spur der DAW zu ziehen.
Was an diesem Tool ist nun „künstlichen Intelligenz“?
Meine Meinung: Gar nichts. Das schmälert aber keineswegs die großartigen Möglichkeiten dieses Plug-ins. Doch am Ende werkelt hier lediglich ein raffinierter Algorithmus im Hintergrund – nicht mehr und nicht weniger. Für mich beginnt KI dort, wo ich der Software in freien Worten Wünsche mitteilen kann, sie meine Vorlieben mit der Zeit erlernt, speichert und bei nächster Gelegenheit automatisch berücksichtigt. Mit anderen Worten, wo echte Interaktion zwischen Mensch und Maschine stattfindet. Das ist hier nicht der Fall.
Generell finde ich außerdem den Begriff „KI“ in der Werbung maßlos überstrapaziert. Viel zu oft wird dabei übersehen, dass keine KI der Welt über echte Intelligenz verfügt. Letztlich setzt eine KI immer nur vorhandene Datensätze neu zusammen. Hier beginnt auch die Grauzone des Missbrauchs geistigen Eigentums Dritter. Etwas völlig Neues kann sie von sich aus nicht erschaffen.
Online Tutorial für den LANDR Composer
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Für 79€ hört sich das sehr interessant an. Denke aber erstens: es sind wenig Möglichkeiten an Chord-Auswahl, wenn man nur ein einziges Genre produziert und zweitens: hört man immer noch heraus wenn einer keine Ahnung von Musik hat. Finde ich allerdings kein Nachteil! Aber spätestens bei tonalen SFX und Gesang hört man wer loopbasiert arbeitet oder weiß was er tut. Dennoch habe ich auch schon mit den Cubase Chords gearbeitet und ja: Man weiß einfach doch nicht alles über Musik und die Ergebnisse waren erstaunlich brauchbar. Das gilt garantiert auch für dieses Tool. Hab es auch nie studiert, leider! Denke aber das im Laufe der Zeit solche Tools absolut Standard in jeder DAW werden. Etwas enttäuscht bin ich von neuen Chord-Assistant in Native Instruments Komplete. Entweder verstehe ich den noch nicht oder er braucht eine Generalüberholung für gute Ergebnisse. Daran sieht man aber das es überall Einzug findet. Wo man allerdings keine Ahnung von Takt, Töne und Musik mehr haben muß ist der allseits bekannte Magix Music Maker. Ein solches Tool in Verbindung mit dem MMM und man kann definitiv nicht mehr unterscheiden, wer was macht. Zumindest technisch betrachtet weil nur wer seine Gefühle in die Musik einbindet macht einen vernünftigen Song. Leider sind zuviele Musiker technisch orientiert und wundern sich dann das ihre Songs nicht zünden. In einem Jahr heißt es dann: „Nicht noch ein Chord-Tool!“ 😁
Wird die meisten nicht betreffen, aber Vorsicht, dieses Plugin läuft nicht in einer virtuellen Maschine (VM).
Ich habe mir das Plugin aufgrund dieses Artikels und reduziertem Preis spontan gekauft.
In meiner eigentlichen Bitwig-DAW unterLinux/Wine konnte ich es installieren, aber nicht starten, wahrscheinlich wg. Problemen mit OpenGL; ok, war ein erwartetes Risiko.
Da mir der MIDI-Export reichen würde, habe ich es dann in einer Windows11-VM installiert, und konnte da aber die Lizenz nicht aktivieren („the license is deactivated“), obwohl 0 von 2 benutzt waren laut Account-Info.
Erst nach vier Tagen meldet sich der Support und fragt gezielt nach Virtualisierung, sagt dann, daß das Plugin in einer VM nicht läuft „for security reasons“.
Auf meine Rückfrage, was das für „security reasons“ sind: keine Antwort mehr.
Auch nicht auf die Frage, wo diese Einschränkung in den Systemvoraussetzungen steht (habe nichts dazu bei Landr.com gefunden).
Meine DAW ist mein Hobby, beruflich als Systemadministrator ist die Verwendung von VMs mein täglich Brot, eben wegen besserer Security, Wartbarkeit, Backup/Restore etc..
Das ist das erste Programm, das mir in einer VM die Arbeit verweigert. Sehr merkwürdig.
Habe mal wieder nicht beachtet, nur ein Programm zu kaufen, das ich in einer Demo-Version vorher testen kann, seufz.