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Test: Lewitt LCT 1040, Tonstudio-Mikrofonsystem

Das ultimative Mikrofonsystem?

15. April 2022
lewitt lct1040 test

Lewitt LCT 1040, Tonstudio-Mikrofonsystem

Lewitt Audio schickt sich anno 2020 zum 10-jährigen Firmenjubiläum an, das nach eigener Vision gefertigte ultimative Mikrofonsystem vorzustellen. Na, wenn es weiter nichts ist, dann ab dafür, dachte ich beim ersten Lesen der Headline.

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Nun steht er da, der Hartschalenkoffer mit den schön stechend grün und glänzend beschrifteten  Lewitt LCT 1040 Lettern. Der stoß- und wasserfeste Hartschalenkoffer, der locker in einem James Bond Film den Inhalt zur Rettung der Welt hätte tragen können.

Als dieses Etwas mit den Ausmaßen 50 x 45 x 25 cm angeliefert wurde, dachte ich zuerst, der Postmann hätte seinen üblichen Aprilscherz vorverlegt und eine Ladung Metall mit in die Kartonage geschmuggelt. Doch weit gefehlt. Alles echt. Eine Menge Material und so muss der oben beschriebene Koffer sofort zum Unboxing herhalten.

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Das Mikrofonsystem LCT 1040: Vision bis Release

Gegründet in den jungen 10er-Jahren des 21. Jahrhunderts, ist Lewitt global im Pro-Audio-Markt etabliert und respektiert, doch vermag ein auch noch so innovativ gestricktes Team nicht eine Vision binnen ein Paar Jahren marktfertig aus dem Ärmel zu schütteln. Nach Eintagsfliegen wurde ja schließlich nicht gesucht. Zwischen 2010 und 2015 wurde sich in Sachen Mikrofonie gut und breit aufgestellt. 2018 konnte ein früher Prototyp des LCT 1040 Systems gefertigt werden, der dann 2019 als Basis voll funktionsfertig war. Wir reden nicht nur von einem irgendwie gearteten und designten Mikrofon, es ist gleich ein ganzes Mikrofonsystem, das im Studioalltag eine echte Bereicherung in Sachen Sound und Workflow erlangen soll. Hierzu muss die komplette Lieferpalette dieses Systems angesprochen werden, denn auch und grade die Kleinigkeiten der Peripherie heben das LCT 1040 deutlich von den üblichen Verdächtigen Studioklassikern ab.

lewitt lct1040 test

In 2020 sprach man offiziell vom Start des Projekts 1040, jeder konnte das via YouTube mitverfolgen, sich gar als Beta-Tester anmelden. Das Kernstück des Systems kam damals noch aus dem 3-D-Drucker. Lewitt suche schon zu diesem frühen Zeitpunkt die Meinung der späteren User, schickte das System auf Studiotour und war offen für Verbesserungen. Man mag von der Globalisierung halten was man will, doch kann eine weltweite Vernetzung auch Innovationen fördern und Feedback bündeln. Lewitts Schaltzentrale befindet sich in Wien fußläufig unweit der früheren kaiserlichen Residenz Schönbrunn. Viele Persönlichkeiten, Unikate und Know-how erstrebten und gelangten von dort zu Weltruhm. Doch Lewitt geht in der Findungsphase den genau umgekehrten Weg, es wurden Prototypen auf Messen gezeigt, einige Exemplare zum Beta-Test weltweit versendet und das so angeforderte Feedback in den Entwicklungsprozess mit eingebunden. Unter dem Namen Project 1040 ging man buchstäblich hausieren. Und das ist keineswegs abwertend gemeint. Wie gerne möchte man doch nach seiner Meinung gefragt werden und im besten Falle noch Ideen zusteuern, die dann einen globalen Teamgedanken tragen.

Lewitt Audio LCT 1040, die Idee, Tech und Facts

Im März 2022 ist es dann soweit, das LCT 1040 ist vom Projektstatus zum offiziellen Release finalisiert. Doch was haben wir denn eigentlich genau vor uns?

Eine abnehmbare Remote-Steuerung, die alle Features des Centerpiece-Mikrofons bequem vom Sweet-Spot des Producer-Sessels steuern lässt.

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lewitt lct1040 test

Die abnehmbare obere Remote-Control-Einheit, die per normalem 3-adrigen XLR-Kabel bis 150 m verlängerbar, mit der nun abgekoppelten unteren Einheit, der Stromversorgung des Mikrofons verbunden ist.

Hiervon führt ein 10-Pin-Kabel zum Mikro. Das 10-Pin Kabel liefert Phantom-Power und alle gegebenen Remote-Befehle. Die verbaute Technologie korrespondiert nur hausintern. Das Mikro kann nicht per normalem XLR-Kabel an einen anderen Preamp angeschlossen werden.

-Das Großmembrankondensatormikrofon, das 4 vollanaloge Röhrencharakteristika Presets jeweils stufenlos zu einem parallelen laufenden FET Schaltkreis mischen kann und neben linear noch zusätzlich 3 Lowcut-Presets und neben 0 dB 3 PAD-Abstufungen per Full-Remote bedienbar hat. So die Quintessenz des Herstellers, gepaart mit all jenen Feedback-Lieferanten der Projektphase.

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Das Zauberwort ist doppelte Signalausgabe, FET parallel zur MIX-Bereich, der stufenlos diesen Output von 0 bis 100 % mit dem Röhrensound ausgibt.

Wenn ich mir den Studioalltag und die technischen Gegebenheiten in den Studios so anschaue, ist das LCT 1040 System eine äußerst praxisbezogene, dem Workflow entsprechende Lösung.

lewitt lct 1040

Die wichtigsten Zahlen des Systems:

Die Charakteristika der Doppelmembrankapseln können stufenlos von Kugel zu breiter Niere, über Niere zur Superniere, bis zur Acht verstellt werden. 20 Hz bis 20 kHz sind als Frequenzspektrum ab Werk vorgesehen. Die 1″ Doppelmembrankapsel wird durch verschiedene Spannungen in die jeweilige Charakteristik versetzt. Mit einer Reverse-Funktion an der Remote-Einheit kann auch die Rückseite des Mikros mit sämtlichen Charakteristika eingestellt werden. Das ermöglicht alle Aufnahmemöglichkeiten, die eine Monoaufnahmeeinheit bewerkstelligen kann. Diese Wirkungsweise hat das LCT 1040 mit allen anderen Multipattern-Mikros gemein. Mit 137 dBSPL Grenzschallpegel und einem Dynamikumfang von 127 dB kann das Mikrofon wohl so ziemlich alle Lautstärken schultern. Die unterschiedlich steilen Lowcut-Funktionen senken das Signal bei entweder 40, 80 oder 120 Hz um 12,12 bzw. 6 dB ab. Die Stromversorgung von 230 V bis 110 V ist ohne Umstecken einer Sicherung direkt möglich. Als Röhrentyp ist die Doppel-Trioden-Röhre von JJ Electronics E88CC oder auch 6DJ8 genannt angegeben, die sich durch weiche Mitten und Höhen mit feiner, detaillierter Abbildung auszeichnet. Im Findungsprozess wurde zuerst mit 12AX7 und 12AY7 Röhren begonnen, doch setzt sich dann die E88CC geschmacklich durch.

Am Netzteil-Remote liegen 2 XLR-Outputs an, der eine liefert das 100 % pure FET-Signal, der andere schickt das Mix-Signal an einen weiteren Preamp oder Wandler. Es gibt selbstverständlich keinerlei Laufzeitunterschiede. Es können immer 2 Klangfarben parallel aufgezeichnet werden.

LCT 1040 Frequenzgang

LCT 1040 Frequenzgang

Wer noch mal sein Wissen in Sachen Charakteristika auffrischen möchte, dem sei dieser Link empfohlen.

LCT 1040 – vergleichbar mit anderen Lewitt Mikrofonen?

Kurz gesagt: jein. Zwar hat Lewitt Audio zwei weitere Tube-Mikrophones im Sortiment, doch haben sowohl das LCT 840 und das LCT 940 eine 12AX7 Röhre im Body. Interessanterweise sind einige Features des LCT 1040 schon bei den anderen Modellen am Start. Doch hat Lewitt dem LCT 1040 die Vollausstattung in Sachen Flexibilität spendiert. Auch ist das Netzteil nun komplett von der oberen abnehmbaren Kontrollsektion getrennt.

Der Grundsound ist durch die E88CC  6DJ8 Röhren auch ein anderer.

Ultimate Microphone System

Wie eigentlich immer in diesen Preisregionen gilt: Qualität braucht nicht viel Schnickschnack. Streng betrachtet machen die Features des LCT 1040 nichts bahnbrechend Neues, doch können sämtliche Funktionen des Mikrofons bequem vom Sweet-Spot fernbedient werden, OHNE auch nur einen Knopf oder Schalter am Mikro selbst anfassen zu müssen. Alleine das ist schon wegweisend. Nicht zu unterschätzen sind zwei Faktoren: Bei Gesangs- und Sprachaufnahmen kann der Künstler direkt hören, was die verschiedenen Features mit der Stimme machen, ohne dass am Mikro gefummelt werden muss. Mit dem gemeinsam erzielten Wohlfühlsound singt es sich besser und die Aufnahme wird dadurch wertiger. Punkt 2 ist die Zeitersparnis, gekoppelt mit dem direkten Soundvergleich am Sweetspot. Wer vom Pult öfter weg muss, um Charakteristika und ähnliches am Mic zu verstellen, hat logischerweise eine längere Zeitdauer zwischen dem Sound vor und nach der Veränderung liegen, das Ohr vermag dann träger sein, der schnelle Soundvergleich, weil ohne aufstehen zu müssen vom Sweetspot aus realisierbar, erleichtert in jedem Fall die Entscheidungsfindung zum besten Soundergebnis.

Was jetzt noch fehlt? Ganz klar, eine Automatisierung der Mikrofonposition, dann könnte hier wirklich über die Eier legende Wollmilchsau geschrieben werden, aber auch das wird irgendwann kommen.

LCT 1040 Orpheus TLM 193 Vergleichshörtest

LCT 1040 Orpheus TLM 193 Vergleichshörtest

Centerpiece Qualitäten?

Jawohl, denn im Vergleich mit anderen Mikrofonen schneidet das LCT 1040 sehr fein ab. Alleine schon die parallele FET- und Tube-Signalführung schaffen Auswahl. Im oberen Frequenzspektrum reagiert das Mikrofon recht deutlich auf den Ansprechwinkel, grade bei Closeup-Mikrofonie wie dem Nahbesprechungseffekt spielen Millimeter eine Rolle. Hervorheben möchte ich den hervorrageden Popschutz der mit zwei feinsten Metallmembranen quasi alles wegfiltert, was da stören auf die Kapsel auftreffen könnte. Weil der Popfilter zwischen den Membranen offen ist, kann die Luft bequem nach oben entweichen, der Hersteller Pauly hat das ähnlich gelöst. Das LCT 1040 klingt grundsätzlich neutral, aber warm. Der sättigende Eindruck wird bei der Zumischung des Röhrenanteils stärker. Schnelle Signale und laute Signale schultert das Mikro problemlos, probiert habe ich das mit Snare-Rimshots. Klar hat jeder seine Favoriten im Studio, nicht umsonst sind einschlägig bekannte Mikrofone zu Klassikern geworden, doch darf meiner Meinung nach ein Centerpiece-Mikrofon keine großen Schwächen haben und muss ein guter Allrounder sein, grade bei dem doch recht üppigen Preis.

LCT 1040 Popfilter Doppelwandig

LCT 1040 Popfilter doppelwandig

Klangbeispiele zum Lewitt LCT 1040

Das LCT 1040 weckt selbstverständlich Begehrlichkeiten, nämlich zwei davon haben zu wollen, denn momentan reden und hören wir lediglich Monoaufnahmen. Wie weit würde ein Testszenario wohl getrieben werden können, hätte ich zwei Full-Remote-Mikros hier gehabt. Chor-Mikrofonierung, grundsätzlich jegliche Stereo-Darstellung usw.

Alle aufgenommenen Klangbeispiele zeigen verschiedene Schallquellen bei fixem Recording-Punkt des Mikrofons. Immer parallel FET-Transistorsound und 100% Mix-Tube-Sound zur Gegenüberstellung. Andere Mikros habe ich nicht zum Vergleich herangezogen.

Der Mini-Song ist eher Gedudel auf Schülerband-Niveau, ohne die Instrumente zu hart zu bedienen, ich wollte hören, wie das Mikro im Nierenbetrieb alle Signale schultert. Mal DRY mal WET, interessant sind die Unterschiede zwischen den FET- und den Röhrensounds.

Anmerkungen zum LCT 1040

Der mitgelieferte Popschutz ist klassisch für die Frontbespielung des Mikros vorgesehen und hält magnetisch fixiert am Spinnengestänge. Hat man aber zwei Sprecher oder Sänger sich bei einer Aufnahme gegenüberstehend und möchte man mit Kugel oder Acht aufnehmen, fehlt auf der hinteren Seite ein Popfilter, sofern beide nahbesprechen möchten.

Bitte etwas Geduld haben, denn schaltet man die Charakteristik um, so benötigt das System ein paar Momente, bis es den gewünschten Zustand hörbar hergestellt hat, als optische Hilfe dazu blinkt die Operational LED. Ist die LED durchgehend an, ist die neue Situation bzw. Polarisation bereit. Umschaltzeiten sind völlig normal, das ist bei anderen Mikrofonen auch so.

lewitt lct 1040

Vergleiche zu Lewitts 840 zu 940 oder 640 TS liegen auf der Hand, da Röhren im Einsatz sind bzw. Polarisationsveränderungen gemacht werden können. Beides hat maßgeblichen Einfluss auf den Klang und bei Stereomikrofonie auch wesentlich auf die Wahrnehmung des Stereobildes. Doch das 1040 ist von Grund auf neu und anders aufgebaut.

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Lewitt LCT 1040
Lewitt LCT 1040
Kundenbewertung:
(2)

Mit einer Remote-Unit können mehrere LCT 1040 synchron umgeschaltet werden, dazu wird ein XLR-Y-Kabel oder ein XLR-Signalsplitter nötig. Das zusätzlich angeschlossene Mikro, hier gehen wohl bis zu 8 parallel, muss dann über ein weiteres Netzteil angeschlossen werden. Generell sind zwei gleichzeitig über eine Remote verwendeten LCT 1040 Mikros durch die Remote und Signalführung automatisch gematcht.

Die Position der hinteren Membran hat bei mir keinerlei hörbare Auswirkung auf die Klangaufnahme der Soundquelle durch die vordere Membran. Also der Sound, der rückseitig auf die vordere Membran auftrifft, durchläuft ohne negativen Einfluss die hintere Membran.

LCT 1040 Zubehör

LCT 1040 Zubehör

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Fazit

Das Lewitt LCT 1040 System, genauer das selbstbetitelte „ultimate microphone system“ hat sehr starke Qualitäten in Sachen Flexibilität und Bedienkomfort aufzuweisen. Die parallele FET- & Tube-Signalführung und gleichzeitige Remote-Fähigkeit macht das Leben im Studio für den Producer und Engineer um einiges leichter. Der transparente wie auch der gefärbte Sound kann problemlos mit anderen Größen der Branche mithalten und bekommt daher ein sehr gut mit Sternchen für Fleißarbeit in der Entwicklung. Um jedoch eine mögliche Bestbuy-Bewertung abgeben zu können, hätte ich andere Mikros in dieser Preisklasse zur Hand haben müssen, denn der Anschaffungspreis ist durchaus ein wichtiges Kriterium.

Plus

  • Sounds
  • Variabilität
  • parallele Signalführung FET & Tube
  • Workflow-Erleichterung durch Remote vom Sweet-Spot

Minus

  • Popschutz zwar stabil, aber schwächstes Glied der Kette

Preis

  • 3.449,- Euro
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Klangbeispiele
Forum
  1. Profilbild
    Garfield Modular AHU 21

    Hallo Jochen,

    Wow was ein Traum Mikrofon ist das! :-) Ich habe mit viel interesse dein Artikel gelesen und war (und bin immer noch) sehr begeistert. Ich hatte schon ein kleines Vermuten das es kein billiges Mikrofon sein wurde aber kannte der Preis noch nicht, bis ich dann ganz unten der Preis gesehen habe!

    Ha, ha, okay, das erklärt mindestens zum Teil wieso das so ein cooles Mikrophon ist :-)

    Vielen Dank für dein Artikel und viele Grüße, Garfield.

  2. Profilbild
    dAS hEIKO AHU

    Mal davon abgesehen, dass MIR! das moderne Design nicht gefällt, ist es ja vieleicht mal an der Zeit den Look&Feel von vor 50 Jahren mal abzulösen… aber sind erleuchtete Röhren wirklich standesgemäß?
    Naja, am Ende des Tages muß es gut klingen und nicht gut aussehen. Und das tut es wohl mit bravour. Die erlauchte Studiokundschaft wird allerdings schon noch an ihren traditionellen Lieblingen festhalten („Ich singe bitte nur in ein 67er XYZ mit handgeklöppeltem Mitrilkabel“). Aber vertraut man seinem Studiomann, und beherrscht der dieses Gerät gut, kann man sich viel Lager-Hardware sparen. Denke ich.

  3. Profilbild
    TheTick123

    Ich finde es ein sehr interessantes Konzept. Gerade durch das direkte Einstellen von mehreren Patterns und Voicings vom Sitzplatz aus kann man als Einmannstudio sehr viel an Klangformung überprüfen, ohne viel hin und her laufen zu müssen. Und was in einem Testvideo noch gesagt wurde und sich nicht von der Hand weisen lässt: Wenn man Spuren links-rechts doppelt, kann man auch gleich das Voicing bei der zweiten Spur umstellen und erhält so ein minimal anderes Signal ohne Aufwand.

    Es könnte wirklich „das eine“ Mikro sein.

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